Home Jugendschutz in der virtuellen Realität
Article
Licensed
Unlicensed Requires Authentication

Jugendschutz in der virtuellen Realität

Published/Copyright: February 15, 2016
Become an author with De Gruyter Brill

Felix Hilgert/Philipp SümmermannJugendschutz in der virtuellen RealitätMit einem Schlag wird alles anders? ̧Felix Hilgert, LL.M. (Köln/Paris I),ist Rechtsanwalt bei Osborne Clar-ke in Köln. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in der Beratung vonUnternehmern der Computerspielebranche. Philipp Sümmermann,LL.M. (Köln/Paris I), ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei OsborneClarke.Ein Spielerlebnis, das optisch nicht an den Kanten desBildschirms endet und ein Steuerungskonzept, bei demnicht Tastendruck und Mausklick, sondern die Bewe-gung von Kopf und Körper des Spielers einen Avatardurch Landschaften gehen und Gegenstände ergreifenlässt: Der rasante Fortschritt bei Virtual Reality-Technikmacht ein intensives Eintauchen in digitale Spielweltenmöglich. Zahlreiche Video- und Computerspiele setzenbereits auf Virtual Reality-Brillen, um Gamern täu-schend echte Spielerfahrungen zu ermöglichen. Dane-ben existiert auch Zubehör, das durch Vibrationen odersogar Stöße die Inhalte von Spielen physisch spürbarmacht. Bislang noch ungeklärt ist, wie sich die Verfüg-barkeit solcher – für das Spielgeschehen optionaler –Hardware auf die jugendschutzrechtliche Bewertungund Alterskennzeichnungen von Spielen auswirkt. Wel-che Hardware zum Konsum von Medieninhalten ver-wendet wird, ist bei dieser Beurteilung traditionell kaumbeachtet worden. Bei dezidierten Virtual Reality Inhal-ten dürfte indes eine differenziertere Betrachtung erfor-derlich sein, die Jugendschützer auch vor einige techni-sche Herausforderungen stellen wird.Der Beitrag skizziert zunächst das System der Alters-kennzeichnung von Computerspielen (I.) und be-schreibt sodann die Veränderungen für ein Computer-spiel durch momentan verfügbare Virtual Reality (II.).Den Schwerpunkt des Beitrag bildet die Analyse, wiesich der Einsatz verfügbarer Virtual Reality auf die ju-gendschutzrechtliche Bewertung auswirkt (III.), derenwesentliche Ergebnisse im Fazit zusammengefasst wer-den (IV.).I. Das System der Alterskennzeichnung vonComputerspielenAuf Trägermedien vertriebene Computer- und Video-spiele dürfen gem. § 12 JuSchG Kindern und Jugend-lichen nur zugänglich gemacht werden, wenn sie für diejeweilige Altersstufe freigegeben und gekennzeichnetsind. Das Verfahren ist in § 14 JuSchG normiert, die Al-terskennzeichnung erfolgt durch eine Freigabeentschei-dung der Obersten Landesjugendbehörden, die sich inder Praxis der Prüftätigkeit derUnterhaltungssoftwareSelbstkontrolle(USK) als gutachterlicher Stelle bedie-nen. Die Altersfreigaben sind wie bei Filmen auch gestaf-felt: Ohne Altersbeschränkung, ab 6, ab 12 und ab16 Jahren sowie „ohne Jugendfreigabe“, also ab 18 Jah-ren. Hinzu kommen die sog. „indizierten“ und dieschwer jugendgefährdenden Spiele, die den Beschrän-kungen des § 15 JuSchG unterliegen. Eine Besonderheitstellen Mobile Apps und andere Telemedien dar, sie un-terliegen (auch) den Regeln des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages.11Ausf.Hilgert/Sümmermann, K&R 2015, 543;Schwiddessen, CR 2015,515.Wenn ein Spiel geeignet ist, Minderjährige einer be-stimmten Altersstufe in ihrer Entwicklung zu beein-trächtigen, darf es für diese nicht freigegeben werden. InÜbereinstimmung mit der Vorgängerregelung des § 6Abs. 2 JÖSchG a.F. bezeichnet der Begriff „entwick-lungsbeeinträchtigend“ solche Inhalte, die geeignet sind,das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kin-dern oder Jugendlichen zu beeinträchtigen.22 Vgl. BT-Drucks. 14/9013, 22.Die Ent-wicklungsbeeinträchtigungsetzt dabei weit früher an alsder Begriff der Jugendgefährdung. Darüber, ob ein Spielfür die jeweilige Altersgruppe verständlich oder pädago-gisch wertvoll ist, besagt die Alterseinstufung nichts.II. Virtual Reality im SpielebereichDie Spielebranche entwickelt bereits mit HochdruckSpiele, die VR-Hardware unterstützen. Einem völlig im-mersiven Spielerlebnis stand bislang vor allem die Be-schränkung der Anzeigefläche des Spiels auf dem Bild-schirm im Wege. Die neue Technik ermöglicht es, virtuellin Computerspiele „einzutauchen“ – die sog. „Presen-ce“.33Vgl.Stöcker, Virtual-Reality-Test: Kichernd im Nirgendwo, Spiegel On-line v. 6.8.2015,http://www.spiegel.de/netzwelt/gadgets/oculus-rift-und-touch-controller-hands-on-auf-der-gamescom-a-1046924.html,alleOnlineadressen zuletzt abgerufen am 4.1.2016.Zahlreiche Hardwarehersteller bieten hierfür Pro-dukte an oder haben solche konkret angekündigt.Grundlage der meisten Systeme ist eine Brille mit inte-grierten Bildschirmen. Sensoren überwachen in Echtzeitdie Bewegungen des Nutzers. Bewegt der Spieler seinenKopf, wird auch die Darstellung entsprechend geändert.Jede Bewegung des Kopfes wirdunmittelbar in der virtu-ellen Umgebung umgesetzt. Es ist somit möglich, sich imvirtuellen Raum „umzuschauen“. Die Anzeige füllt dasgesamte Sichtfeld, die Darstellung ist sehr realitätsnah.Spieler haben das Gefühl, völlig in die virtuelle Umge-bung einzutauchen.Bereits heute sind zahlreiche Titel für das Spielen mitVR-Brillen ausgelegt oder zumindest für eine Verwen-dung mit diesen geeignet. Mit der Oculus Rift-Brille las-sen sich beispielsweise neben aktuellen Titeln wie „Dy-ing Light“ auch ältere Spiele wie das gut 10 Jahre alte„Half Life 2“ oder der „Euro Truck Simulator 2“ (ausdem Jahr 2012) spielen.Zusätzliche Technik ermöglicht es, in der virtuellen Um-gebung auch laufen zu können44 Vive, das VR-System von Hardwarehersteller HTC und Spieleentwick-ler Valve, bestimmt die Position des Spielers mit zwei Laser-Trackern imRaum. Beim Cyberith Virtualizer läuft der Spieler auf einem sog. „multi-direktionalen Laufband“., Vibrationen55S.Moss, Haptic technology: The next frontier in video games, wearab-oder104CR2/2016
Published Online: 2016-02-15
Published in Print: 2016-02-01

© 2016 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln.

Downloaded on 24.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.9785/cr-2016-0207/html?srsltid=AfmBOoqVZWlVfzzj7lZ7iqGu1hzONO2WtKYGDJKJyraPEteRamqmVEU6
Scroll to top button