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Regulierung von Leasing- und Factoringunternehmen

Veröffentlicht/Copyright: 24. September 2015
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96Hartmann-Wendels, Regulierung von Leasing- und FactoringunternehmenZBB 2/10Thomas Hartmann-Wendels*)Regulierung von Leasing- und FactoringunternehmenLeasing- und Factoringunternehmen gelten seit Ende letzten Jahresals Finanzdienstleistungsunternehmen im Sinne des Kreditwesenge-setzes und unterliegen damit der Bankenaufsicht. Was auf den ers-ten Blick als zügige Umsetzung der in Folge der Finanzmarktkriselaut gewordenen Forderung aussieht, dass es künftig keine aufsichts-freien Zonen mehr geben dürfe, entpuppt sich bei näherem Hinsehenals eine Maßnahme, die nur zufällig mit der Finanzmarktkrise zu-sammenfällt, ihre eigentliche Ursache aber in der Unternehmensteu-erreform hat. Die folgende Arbeit gibt zunächst einen kurzen Über-blick über die neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen, die für Lea-sing- und Factoringunternehmen gelten. Dann wird die Notwen-digkeit einer Regulierung aus wissenschaftlicher Sicht überprüft unddabei aufgezeigt, dass keines der Motive, die für eine Regulierungvon Banken vorgebracht werden, auf Leasing- und Factoringunter-nehmen anwendbar ist.InhaltsübersichtI. Unternehmensteuerreform und RegulierungII. Überblick über die bankaufsichtlichen Anforderungenan Factoring- und LeasingunternehmenIII. Regulierungsmotive im Überblick1. Zentrale Bedeutung für die Volkswirtschaft2. Geldpolitik3. Tendenz zum Monopol4. Verbraucherschutz5. Schutz der Kunden6. Instabilität des BankensystemsIV. GläubigerschutzV. Systemische RisikenVI. FazitI. Unternehmensteuerreform und RegulierungMit der Unternehmensteuerreform wurde die Regelung einge-führt, dass die in Leasingraten und Factoringgebühren implizitenthaltenen Zinsanteile analog zu den Zinsen für aufgenom-mene Kredite anteilig zur Bemessungsgrundlage der Gewer-besteuer hinzugerechnet werden. Damit sollten Leasing,Factoring und Kreditfinanzierung steuerlich gleichgestellt wer-den. Übersehen wurde bei dieser Argumentation allerdings,dass Leasing- und Factoringunternehmen anders als Kredit-institute im Rahmen ihrer Refinanzierung mit Gewerbesteuerbelastet werden, wohingegen Kreditinstitute das so genanntegewerbesteuerliche Bankenprivileg nutzen können, das dieZinsaufwendungen von der Gewerbesteuerbelastung freistellt.Die vor der Unternehmensteuerreform geltende steuerlicheBehandlung des Leasing und Factoring führte somit ... vergli-chen mit der Kreditfinanzierung ... lediglich zu einer Verlage-rung der Gewerbesteuerlast vom Leasingnehmer auf den Lea-singgeber, sie enthielt aber keine Regelung, die Leasing undFactoring grundsätzlich gegenüber der Kreditfinanzierungsteuerlich bevorzugte.1)Die Hinzurechnung fiktiver Zinsantei-le in den Leasingraten und Factoringgebühren zur gewer-besteuerlichen Bemessungsgrundlage hätte eine Doppelbelas-tung mit Gewerbesteuer bedeutet, die Leasing und Factoringgegenüber der Kreditfinanzierung benachteiligt hätte. Um diesteuerliche Gleichstellung von Leasing und Factoring mit demKredit auch auf Kapitalgeberseite herzustellen, wurde das gewer-besteuerliche Bankenprivileg auf Leasing- und Factoringunter-nehmen ausgeweitet. Eine vollständige Gleichstellung ist damitnatürlich nur dann gewährleistet, wenn die für steuerliche Zwe-cke angesetzten fiktiven Zinsanteile den effektiven ZinsanteilenindenLeasingratenundFactoringgebührenentsprechen.Dadie effektiven Zinsanteile beimLeasing von Laufzeit und Zins-satz abhängen, können pauschaliert bemessene Zinsanteilehöchstens im Durchschnitt, niemals aber bezogen auf den ein-zelnen Leasingvertrag den Zinsanteil korrekt erfassen.2)Die Gewährung des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegsmachte es notwendig, Leasing- und Factoringunternehmen ei-nen offiziellen Status zu verleihen. Dies wurde erreicht, indemFactoring und Finanzierungsleasing in den Katalog der Fi-nanzdienstleistungen gem. § 1 Abs.1a KWG aufgenommenwurden, sodass Unternehmen, die diese Geschäfte betreiben,als Finanzdienstleistungsunternehmen von der Bankenauf-sicht erfasst werden.Die Gewährung des gewerbesteuerlichen Bankenprivilegs ge-gen die Inkaufnahme der Bankenregulierung wurde zwar vonder Politik als ein ausgewogenes Geben und Nehmen angese-hen, tatsächlich ist es aber ein Junktim von zwei Regelungs-bereichen, zwischen denen es keinen sachlogischen Zusam-menhang gibt. Steuergesetze sollten sich an dem Ziel der Ent-scheidungsneutralität orientieren, d. h. alle Finanzierungsalter-nativen einschließlich Eigen- und Kreditfinanzierung sowieFactoring und Leasing sollten gleichermaßen besteuert wer-den, um Finanzierungsentscheidungen nicht durch steuerlicheAspekte zu verzerren. Vor diesem Hintergrund ist die steuerli-che Gleichbehandlung von Leasing und Factoring mit derKreditfinanzierung durch die Freistellung des Zinsaufwandsvon der Gewerbesteuerbelastung kein Privileg, für das eine Ge-genleistung eingefordert werden könnte oder das durch die In-kaufnahme von anderweitigen Nachteilen ausgeglichen wer-den müsste, sondern ein Gebot, das aus dem Ziel der Ent-scheidungsneutralität folgt. Eine Regulierung von Unterneh-men dagegen folgt aus gänzlich anderen Erwägungen heraus.Regulierung ist dann notwendig, wenn bei einem freien Spielder Marktkräfte Schäden für die Volkswirtschaft drohen.*) Dr. rer. pol., Universitätsprofessor, Leiter des Seminars fürBankbetriebslehre an der Universität zu Köln und geschäftsführen-der Direktor des dortigen Instituts für Bankwirtschaft und Bank-recht.1) Vgl.Hartmann-WendelsundSuchy(2004), S. 85 ff.2) Vgl.Hartmann-WendelsundWohl(2008), S. 3 ff.
Published Online: 2015-09-24
Published in Print: 2010-04-01

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