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A. Das Behandlungsverhältnis

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Arzthaftungsrecht
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1 A. Das Behandlungsverhältnis I. Grundlagen Die Behandlungsbeziehungen sind rechtlich auf vertraglicher und deliktischer Ebene geordnet. Keine Ordnung schließt die andere aus, so dass Haftungs-ansprüche insbesondere des Patienten gegen den Behandlungsträger aus der einen wie der anderen Ordnung nebeneinander bestehen können. Vertragliche Behandlungsbeziehungen, die nunmehr in §§ 630a bis h BGB geregelt sind, knüpfen an die im Arzt- und Krankenhausvertrag vereinbarte Behandlungs-aufgabe, deliktische an die vom Behandelnden faktisch in Anspruch genom-mene Garantenstellung für die Steuerung der physiologischen Abläufe, vor allem der Krankheitsrisiken in seinem Berufsfeld an. Für die Reichweite der deliktischen Garantenstellung kann neben dem Fachgebiet und der organisa-torischen Rollenverteilung auch die vertraglich übernommene Behandlungs-aufgabe von Einfluss sein, wie andererseits faktische Kontrollzuständigkeiten die vertragliche Behandlungsaufgabe mit ausgrenzen. Dabei werden – wie bei jeder Berufshaftung – vertraglich und deliktisch Be-fugnisse und Verantwortung der Behandlungsseite entscheidend durch die in Anspruch genommene Expertenautorität bestimmt. Zusammen mit der Ein-willigung des Patienten verschafft die Expertenstellung dem Arzt und der Krankenschwester die Legitimation, in die Integrität des Patienten hinein zu behandeln bis hin zu deren partieller Verletzung, um zu heilen. Als Korrelat erwächst ihnen die Verantwortung dafür, dieser Expertenstellung auch gerecht zu werden. Die beanspruchte Expertenstellung legt nach Inhalt und Umfang vertraglich wie deliktsrechtlich die Haftungsverantwortung fest. Für die Krankenbehandlung einschließlich der Vor- und Nachsorge ist vertrag-licher und deliktischer Schutz prinzipiell identisch. BGH, Urt. v. 25.6.1985 – VI ZR 270/83, NJW 1985, 2749 = VersR 1985, 1068, 1069; BGH, Urt. v. 20.9.1988 – VI ZR 37/88, VersR 1988, 1273; BGH, Urt. v. 25.6.1991 – VI ZR 320/90, NJW 1991, 2960 = VersR 1991, 1058. Daran hat sich durch das am 26.2.2013 in Kraft getretene Patientenrechte-gesetz (PatRG) nichts geändert. Behandlung ist hier ganz der gesundheitlichen Integrität des Patienten ver-bunden, deren Schutz von Hause aus Deliktsmaterie ist. Nicht- oder Schlecht-erfüllung des vertraglichen Heilauftrages verletzt Deliktspflichten ebenso; ver-tragliche Begleitpflichten des Arztes, die wie die Patientenaufklärung und die Schweigepflicht Persönlichkeitsrechte des Patienten sichern sollen, übernimmt der deliktische Persönlichkeitsschutz gleichermaßen. Die Sorgfaltsanforde-rungen sind gleichermaßen am medizinischen Maßstab guter ärztlicher Qua-lität ausgerichtet. Dass vertraglich auch für Fremdverschulden des Gehilfen 1 2 3 4 5
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1 A. Das Behandlungsverhältnis I. Grundlagen Die Behandlungsbeziehungen sind rechtlich auf vertraglicher und deliktischer Ebene geordnet. Keine Ordnung schließt die andere aus, so dass Haftungs-ansprüche insbesondere des Patienten gegen den Behandlungsträger aus der einen wie der anderen Ordnung nebeneinander bestehen können. Vertragliche Behandlungsbeziehungen, die nunmehr in §§ 630a bis h BGB geregelt sind, knüpfen an die im Arzt- und Krankenhausvertrag vereinbarte Behandlungs-aufgabe, deliktische an die vom Behandelnden faktisch in Anspruch genom-mene Garantenstellung für die Steuerung der physiologischen Abläufe, vor allem der Krankheitsrisiken in seinem Berufsfeld an. Für die Reichweite der deliktischen Garantenstellung kann neben dem Fachgebiet und der organisa-torischen Rollenverteilung auch die vertraglich übernommene Behandlungs-aufgabe von Einfluss sein, wie andererseits faktische Kontrollzuständigkeiten die vertragliche Behandlungsaufgabe mit ausgrenzen. Dabei werden – wie bei jeder Berufshaftung – vertraglich und deliktisch Be-fugnisse und Verantwortung der Behandlungsseite entscheidend durch die in Anspruch genommene Expertenautorität bestimmt. Zusammen mit der Ein-willigung des Patienten verschafft die Expertenstellung dem Arzt und der Krankenschwester die Legitimation, in die Integrität des Patienten hinein zu behandeln bis hin zu deren partieller Verletzung, um zu heilen. Als Korrelat erwächst ihnen die Verantwortung dafür, dieser Expertenstellung auch gerecht zu werden. Die beanspruchte Expertenstellung legt nach Inhalt und Umfang vertraglich wie deliktsrechtlich die Haftungsverantwortung fest. Für die Krankenbehandlung einschließlich der Vor- und Nachsorge ist vertrag-licher und deliktischer Schutz prinzipiell identisch. BGH, Urt. v. 25.6.1985 – VI ZR 270/83, NJW 1985, 2749 = VersR 1985, 1068, 1069; BGH, Urt. v. 20.9.1988 – VI ZR 37/88, VersR 1988, 1273; BGH, Urt. v. 25.6.1991 – VI ZR 320/90, NJW 1991, 2960 = VersR 1991, 1058. Daran hat sich durch das am 26.2.2013 in Kraft getretene Patientenrechte-gesetz (PatRG) nichts geändert. Behandlung ist hier ganz der gesundheitlichen Integrität des Patienten ver-bunden, deren Schutz von Hause aus Deliktsmaterie ist. Nicht- oder Schlecht-erfüllung des vertraglichen Heilauftrages verletzt Deliktspflichten ebenso; ver-tragliche Begleitpflichten des Arztes, die wie die Patientenaufklärung und die Schweigepflicht Persönlichkeitsrechte des Patienten sichern sollen, übernimmt der deliktische Persönlichkeitsschutz gleichermaßen. Die Sorgfaltsanforde-rungen sind gleichermaßen am medizinischen Maßstab guter ärztlicher Qua-lität ausgerichtet. Dass vertraglich auch für Fremdverschulden des Gehilfen 1 2 3 4 5
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