Home History Die militärischen Beziehungen der beiden deutschen Staaten zum Sudan. Ein Extrembeispiel für das Verhältnis von Bundesrepublik und DDR zur »Dritten Welt«
Chapter
Licensed
Unlicensed Requires Authentication

Die militärischen Beziehungen der beiden deutschen Staaten zum Sudan. Ein Extrembeispiel für das Verhältnis von Bundesrepublik und DDR zur »Dritten Welt«

Become an author with De Gruyter Brill
Wege zur Wiedervereinigung
This chapter is in the book Wege zur Wiedervereinigung
Roman DeckertDie militärischen Beziehungen der beiden deutschen Staaten zum Sudan. Ein Extrembeispiel für das Verhältnis von Bundesrepublik und DDR zur »Dritten Welt«Der vermeintlich marginal-periphere Sudan mit seinen extremen Bedingungen und Entwicklungen1 war stets ein besonderes Testgelände für die bundesdeutsche wie die westliche Außen- und Sicherheitspolitik. Er ist dies bis heute, wie etwa der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Präsident Omar Al Bashir und die islamistisch-militanten Ursprünge seines Regimes als früherer »safe haven« für Al Qaida zeigen. Zudem wurden durch die von westlichen Ländern geförderte Sezession Südsudans am 9. Juli 2011 erstmals in Afrika koloniale Grenzen revidiert. Die Bundeswehr beteiligt sich an den Friedensmissionen dort und in der westsu-danesischen Region Darfur. Das zusammen könnte schon Anlass genug sein, sich mit dem Land zu beschäftigen. Allerdings zeigt ein Blick in die Vergangenheit des Landes, dass es noch mehr Gründe gibt, die es auch für aktuelle Diskurse relevant machen.Vor 1945. Deutsche im Lande des MahdiDie deutsch-sudanesischen Beziehungen im militärisch-politischen Bereich wei-sen eine lange Tradition auf, deren Betrachtung für das Verständnis der dortigen Verhältnisse während des Kalten Krieges unerlässlich ist. Der gute Ruf Deutschlands im Sudan gründet sich auch auf der Wahrnehmung, dass die europäische Mittelmacht keinen offiziellen Anteil an dessen Kolonialisierung hatte.Tatsächlich aber spielte Deutschland bei der Unterwerfung des Landes eine kei-neswegs unbedeutende Rolle. So setzte Großbritannien als faktische Kolonialmacht Ägyptens, das unter osmanischer Flagge ab 1821 den Bilad as Sudan (das »Land der Schwarzen«) erobert hatte, in den 1870er Jahren auch deutsche »Administratoren« ein. Die bekanntesten waren der schlesische Arzt Eduard Schnitzer alias Emin Pascha 1 Die wichtigsten Merkmale dazu: Der Sudan ist der größte Flächenstaat Afrikas, er war das erste subsaharische Land, das die Unabhängigkeit erlangte, er bildete die Brücke zwischen der arabi-schen Welt und Innerafrika, und fungiert schließlich als wichtiger Nachbar Ägyptens (es gibt hier Projekte zur Regulierung des oberen Nils, die den Wasserhaushalt Ägyptens entscheidend beein-flussen könnten).

Roman DeckertDie militärischen Beziehungen der beiden deutschen Staaten zum Sudan. Ein Extrembeispiel für das Verhältnis von Bundesrepublik und DDR zur »Dritten Welt«Der vermeintlich marginal-periphere Sudan mit seinen extremen Bedingungen und Entwicklungen1 war stets ein besonderes Testgelände für die bundesdeutsche wie die westliche Außen- und Sicherheitspolitik. Er ist dies bis heute, wie etwa der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Präsident Omar Al Bashir und die islamistisch-militanten Ursprünge seines Regimes als früherer »safe haven« für Al Qaida zeigen. Zudem wurden durch die von westlichen Ländern geförderte Sezession Südsudans am 9. Juli 2011 erstmals in Afrika koloniale Grenzen revidiert. Die Bundeswehr beteiligt sich an den Friedensmissionen dort und in der westsu-danesischen Region Darfur. Das zusammen könnte schon Anlass genug sein, sich mit dem Land zu beschäftigen. Allerdings zeigt ein Blick in die Vergangenheit des Landes, dass es noch mehr Gründe gibt, die es auch für aktuelle Diskurse relevant machen.Vor 1945. Deutsche im Lande des MahdiDie deutsch-sudanesischen Beziehungen im militärisch-politischen Bereich wei-sen eine lange Tradition auf, deren Betrachtung für das Verständnis der dortigen Verhältnisse während des Kalten Krieges unerlässlich ist. Der gute Ruf Deutschlands im Sudan gründet sich auch auf der Wahrnehmung, dass die europäische Mittelmacht keinen offiziellen Anteil an dessen Kolonialisierung hatte.Tatsächlich aber spielte Deutschland bei der Unterwerfung des Landes eine kei-neswegs unbedeutende Rolle. So setzte Großbritannien als faktische Kolonialmacht Ägyptens, das unter osmanischer Flagge ab 1821 den Bilad as Sudan (das »Land der Schwarzen«) erobert hatte, in den 1870er Jahren auch deutsche »Administratoren« ein. Die bekanntesten waren der schlesische Arzt Eduard Schnitzer alias Emin Pascha 1 Die wichtigsten Merkmale dazu: Der Sudan ist der größte Flächenstaat Afrikas, er war das erste subsaharische Land, das die Unabhängigkeit erlangte, er bildete die Brücke zwischen der arabi-schen Welt und Innerafrika, und fungiert schließlich als wichtiger Nachbar Ägyptens (es gibt hier Projekte zur Regulierung des oberen Nils, die den Wasserhaushalt Ägyptens entscheidend beein-flussen könnten).

Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Inhalt V
  3. Vorwort IX
  4. Einleitung 1
  5. Ost-West-Konflikt und Deutsche Frage 1949-1969 31
  6. I. Der Weg in die Ost- und Entspannungspolitik ab 1970
  7. Entspannung in Europa, die deutsche Frage und die Staaten des Warschauer Pakts 1970-1990 47
  8. Den Status quo aufrechterhalten oder ihn langfristig überwinden? Der Wettkampf westlicher Entspannungsstrategien in den Siebzigerjahren 67
  9. Der KSZE-Prozess und die sicherheitspolitische Dynamik des Ost-West-Konflikts 1970‑1990 87
  10. II. Krisen und ihre Folgen 1970-1990
  11. Konsequenzen der polnischen Krise für den Prozess der Wiedervereinigung Deutschlands 107
  12. Die Nicht-Krise um »Able Archer 1983«: Fürchtete die sowjetische Führung tatsächlich einen atomaren Großangriff im Herbst 1983? 129
  13. Europäische Sicherheit, Rüstungskontrolle und die Wiedervereinigung Deutschlands 151
  14. III. Die Bündnisse und ihre deutschen Mitglieder
  15. Die Bundesrepublik Deutschland und die NATO in den Siebziger- und Achtzigerjahren 165
  16. Die blockinterne Koordination des Warschauer Pakts und die DDR 183
  17. Sicherheitspolitik in der Krise. NATO-Doppelbeschluss, parlamentarische Debatte und mediale Berichterstattung in der Bundesrepublik Deutschland 203
  18. IV. Die Interdependenz von innerer und äußerer Sicherheit
  19. Für eine andere Art von Sicherheit. Friedensbewegungen, deutsche Politik und transatlantische Beziehungen in den Achtzigerjahren 223
  20. Auf dem Weg zur Friedlichen Revolution: Widerstand, Opposition und Dissidenz in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR 245
  21. V. Operative Planungen: Zum Verhältnis von Strategie und wechselseitiger Perzeption
  22. Die NVA-Operationsplanung für Norddeutschland 1983-1988 265
  23. Die Operationsplanungen der NATO zur Verteidigung der Norddeutschen Tiefebene in den Achtzigerjahren 287
  24. Abschreckung, Provokation oder Nonvaleur? Die Allied Mobile Force (AMF) in den Wintex- und HILEX-Übungen 1970-1985 311
  25. VI. Bundesrepublik und DDR in globaler Perspektive
  26. Die militärischen Beziehungen der beiden deutschen Staaten zum Sudan. Ein Extrembeispiel für das Verhältnis von Bundesrepublik und DDR zur »Dritten Welt« 335
  27. Solidarität und Interessenpolitik. Militärhilfen der DDR für die Dritte Welt 357
  28. An der Schnittstelle zwischen kolonialer Vergangenheit und entkolonialisierender Gegenwart. Ost- und westdeutsche Außenpolitik in Südwestafrika/Namibia 377
  29. Abkürzungen 393
  30. Personenregister 397
  31. Die Autoren 403
Downloaded on 21.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1524/9783486855388.335/html?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOorqnBvpIkRaMfN5MbcmqjGhOVlZxgZg0dIT-BMnzth8LY-aXIu8
Scroll to top button