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7 Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus

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Tourismus
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7Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus Vielfach wird der Tourismus als einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige der Welt ange-sehen, manchmal sogar an erste Stelle gesetzt. Ob diese Behauptungen stimmen, ist jedoch nur sehr schwer nachprüfbar. In den Systematiken amtlicher Wirtschaftsstatistiken wird man den Tourismus als Wirtschaftszweig in fast allen Ländern der Welt nämlich vergeblich su-chen: Es gibt ihn nicht. Der Grund dafür ist so einfach, wie die daraus folgenden Konsequen-zen unbefriedigend sind: Wirtschaftszweige werden traditionell von der Angebotsseite des Marktes her definiert, nicht von der Nachfrageseite. Tourismus ist deshalb selbst kein Wirt-schaftszweig, sondern ein Verhalten, das zu einer Nachfrage von Dienstleistungen und Gü-tern in verschiedenen Wirtschaftszweigen führt. Diese Wirtschaftszweige leben aber nicht ausschließlich von der touristischen Nachfrage, sondern ihre Produkte und Dienstleistungen werden auch von anderen Nachfragegruppen verlangt und gekauft. Der Tourismus als Wirt-schaftsfaktor ist also „versteckt“ in verschiedenen Wirtschaftszweigen (L. Dwyer, P. Forsyth & W. Dwyer 2010, S. 13, S. 240), die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben. Nachdem wir im vorangegangenen Kapitel die wichtigsten Anbieter und Leistungsträger im Tourismus kennengelernt haben, geht es in diesem Kapitel nun darum herauszubekommen, wie sich die durch den Tourismus ausgelösten wirt schaftlichen Produktionsprozesse und Transaktionen erfassen und analysieren lassen. Der traditionell angebotsorientierte Blick auf das Wirtschaftsgeschehen führt ja generell dazu, dass man die Zusammenhänge aus dem Auge verliert, die zwischen der Nachfrage nach Dienstleistungen und der nach Gütern be-stehen. Beispiel: In einer der Debatten über den „Wirtschaftsstandort Deutschland“ machte ein damals eigentlich für Bildung zuständiger deutscher Bundesminister den polemischen Einwurf, er könne sich keine Dienstleistungsgesellschaft vorstellen, „in der jeder jedem seine Pizza bringt“. Seine Absicht war es wohl, mit diesem flotten Spruch die Grenzen der weiterhin anhaltenden Entwicklung zu einer Dienstleistungsgesellschaft aufzuzeigen. Unfreiwillig hat er damit aller-dings ein Beispiel dafür geliefert, dass die Güterproduktion in einem immer stärkeren Ausmaß abhängig wird von der Nachfrage nach Dienstleistungen. Wenn der Pizzaservice nämlich funk-tionieren soll, braucht er dafür eine ganze Palette von Gütern. Die wesentlichsten davon sind: eine Kommunikationsinfrastruktur (Zeitung, Radio, Telefon, Fax, Computernetzwerk usw.), mit der er seine Angebote bekanntmachen und Bestellungen entgegennehmen kann; Räumlichkeiten und Geräte (Rührwerke, Öfen etc.) zur Herstellung von Pizzen; Fahrzeuge zur Auslieferung. Geht man davon aus, dass sich in vielen Fällen eine normale Pizzeria durch die hohen Fixkosten der entsprechenden Infrastruktur (Gasträume und ihre Einrichtung, Bestecke, Geschirr usw.) nicht lohnen würde, wäre die Herstellung normaler Restaurantpizzen keine Alternative. Damit

7Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus Vielfach wird der Tourismus als einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige der Welt ange-sehen, manchmal sogar an erste Stelle gesetzt. Ob diese Behauptungen stimmen, ist jedoch nur sehr schwer nachprüfbar. In den Systematiken amtlicher Wirtschaftsstatistiken wird man den Tourismus als Wirtschaftszweig in fast allen Ländern der Welt nämlich vergeblich su-chen: Es gibt ihn nicht. Der Grund dafür ist so einfach, wie die daraus folgenden Konsequen-zen unbefriedigend sind: Wirtschaftszweige werden traditionell von der Angebotsseite des Marktes her definiert, nicht von der Nachfrageseite. Tourismus ist deshalb selbst kein Wirt-schaftszweig, sondern ein Verhalten, das zu einer Nachfrage von Dienstleistungen und Gü-tern in verschiedenen Wirtschaftszweigen führt. Diese Wirtschaftszweige leben aber nicht ausschließlich von der touristischen Nachfrage, sondern ihre Produkte und Dienstleistungen werden auch von anderen Nachfragegruppen verlangt und gekauft. Der Tourismus als Wirt-schaftsfaktor ist also „versteckt“ in verschiedenen Wirtschaftszweigen (L. Dwyer, P. Forsyth & W. Dwyer 2010, S. 13, S. 240), die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben. Nachdem wir im vorangegangenen Kapitel die wichtigsten Anbieter und Leistungsträger im Tourismus kennengelernt haben, geht es in diesem Kapitel nun darum herauszubekommen, wie sich die durch den Tourismus ausgelösten wirt schaftlichen Produktionsprozesse und Transaktionen erfassen und analysieren lassen. Der traditionell angebotsorientierte Blick auf das Wirtschaftsgeschehen führt ja generell dazu, dass man die Zusammenhänge aus dem Auge verliert, die zwischen der Nachfrage nach Dienstleistungen und der nach Gütern be-stehen. Beispiel: In einer der Debatten über den „Wirtschaftsstandort Deutschland“ machte ein damals eigentlich für Bildung zuständiger deutscher Bundesminister den polemischen Einwurf, er könne sich keine Dienstleistungsgesellschaft vorstellen, „in der jeder jedem seine Pizza bringt“. Seine Absicht war es wohl, mit diesem flotten Spruch die Grenzen der weiterhin anhaltenden Entwicklung zu einer Dienstleistungsgesellschaft aufzuzeigen. Unfreiwillig hat er damit aller-dings ein Beispiel dafür geliefert, dass die Güterproduktion in einem immer stärkeren Ausmaß abhängig wird von der Nachfrage nach Dienstleistungen. Wenn der Pizzaservice nämlich funk-tionieren soll, braucht er dafür eine ganze Palette von Gütern. Die wesentlichsten davon sind: eine Kommunikationsinfrastruktur (Zeitung, Radio, Telefon, Fax, Computernetzwerk usw.), mit der er seine Angebote bekanntmachen und Bestellungen entgegennehmen kann; Räumlichkeiten und Geräte (Rührwerke, Öfen etc.) zur Herstellung von Pizzen; Fahrzeuge zur Auslieferung. Geht man davon aus, dass sich in vielen Fällen eine normale Pizzeria durch die hohen Fixkosten der entsprechenden Infrastruktur (Gasträume und ihre Einrichtung, Bestecke, Geschirr usw.) nicht lohnen würde, wäre die Herstellung normaler Restaurantpizzen keine Alternative. Damit
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