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5. Bellum omnium contra omnes: Konflikttheorie und Naturzustandskonzeption im 13. Kapitel des Leviathan

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Thomas Hobbes: Leviathan
Ein Kapitel aus dem Buch Thomas Hobbes: Leviathan
5Julian Nida-RümelinBellum omnium contra omnes Konflikttheorie und Naturzustandskonzeption im 13. Kapitel des LeviathanAnthropologie, Moralphilosophie und politische Theorie bündeln sich bei Hobbes in der Theorie des Naturzustandes. Die Naturzustandskon-zeption, wie sie insbesondere in Kap. 13 des Leviathan entwickelt wird, kann man als Kondensat der politischen und ethischen Theorie lesen. Dies erklärt, daß gerade die in jüngerer Zeit wieder aufgelebten Kontroversen um eine angemessene Interpretation Hobbes’ in unterschiedlichen Inter-pretationen des Naturzustandes kulminierten. Neben einer auf die innere Stringenz der Hobbesschen Argumentation abhebenden Interpretation (Watkins, Weiß) stehen traditionalistische (Taylor, Warrender, Hood), die die Bindung Hobbes’ an das traditionelle Naturrechtsdenken betonen (und damit seine Selbsteinschätzung als Neubegründer der politischen Wissenschaft desavouieren), und liberalistische (Hampton, Kavka, Rapa-czynski), die Hobbes in größerer Nähe zu John Locke verorten und das düstere Menschenbild, wie es insbesondere in den einschlägigen Passagen des Leviathan gezeichnet wird, domestizieren. Die große Vielfalt unterschiedlicher Interpretationen des Naturzustandes verdankt sich zum Teil zweifellos unterschiedlichen Akzentsetzungen, die Hobbes an verschiedenen Stellen – sowohl in einschlägigen Textstel-len im Leviathan als auch in De Homine und De Cive – vorgenommen hat und die, zumindest prima facie, mit der strengen methodischen Diktion Hobbes’ nicht im Einklang stehen. Bedeutsamer für diese große Vielfalt von Interpretationen scheint mir aber zu sein, daß Paradigmen der jeweils zeitgenössischen politischen Philosophie, Ethik und Theorie praktischer Rationalität den begrifflichen und methodischen Rahmen der Interpreta-tionen explizit oder implizit prägen, was – wie die Wissenschaftstheorie in den vergangenen zwei Jahrzehnten sorgfältig zu analysieren versucht hat

5Julian Nida-RümelinBellum omnium contra omnes Konflikttheorie und Naturzustandskonzeption im 13. Kapitel des LeviathanAnthropologie, Moralphilosophie und politische Theorie bündeln sich bei Hobbes in der Theorie des Naturzustandes. Die Naturzustandskon-zeption, wie sie insbesondere in Kap. 13 des Leviathan entwickelt wird, kann man als Kondensat der politischen und ethischen Theorie lesen. Dies erklärt, daß gerade die in jüngerer Zeit wieder aufgelebten Kontroversen um eine angemessene Interpretation Hobbes’ in unterschiedlichen Inter-pretationen des Naturzustandes kulminierten. Neben einer auf die innere Stringenz der Hobbesschen Argumentation abhebenden Interpretation (Watkins, Weiß) stehen traditionalistische (Taylor, Warrender, Hood), die die Bindung Hobbes’ an das traditionelle Naturrechtsdenken betonen (und damit seine Selbsteinschätzung als Neubegründer der politischen Wissenschaft desavouieren), und liberalistische (Hampton, Kavka, Rapa-czynski), die Hobbes in größerer Nähe zu John Locke verorten und das düstere Menschenbild, wie es insbesondere in den einschlägigen Passagen des Leviathan gezeichnet wird, domestizieren. Die große Vielfalt unterschiedlicher Interpretationen des Naturzustandes verdankt sich zum Teil zweifellos unterschiedlichen Akzentsetzungen, die Hobbes an verschiedenen Stellen – sowohl in einschlägigen Textstel-len im Leviathan als auch in De Homine und De Cive – vorgenommen hat und die, zumindest prima facie, mit der strengen methodischen Diktion Hobbes’ nicht im Einklang stehen. Bedeutsamer für diese große Vielfalt von Interpretationen scheint mir aber zu sein, daß Paradigmen der jeweils zeitgenössischen politischen Philosophie, Ethik und Theorie praktischer Rationalität den begrifflichen und methodischen Rahmen der Interpreta-tionen explizit oder implizit prägen, was – wie die Wissenschaftstheorie in den vergangenen zwei Jahrzehnten sorgfältig zu analysieren versucht hat
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