III. Dis Manibus. Zum römischen Grabrecht
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Ulrike Babusiaux
Summary
The Roman law of burial can be reconstructed not only from the legal sources, but also from the numerous funerary inscriptions that have been found in the city of Rome. Doing so requires resolving various inconsistencies between the two groups of sources. The main conflict stems from the categorisation of the tomb as a res religiosa in the legal sources, while the inscriptions seem to allow the transfer of the ius sepulchri through transactions and wills. Furthermore, the legal nature of the funerary inscriptions for qualifying a tomb and establishing burial rights needs to be clarified. Contrary to a scholarly opinion, the inscriptions themselves do not constitute the burial order. Instead, they merely reproduce parts of the underlying legal transactions that were used to establish the order of the tomb and the burial rights associated with it. Against this background, an analysis of the well-known distinction between sepulchra hereditaria and sepulchra familiaria provides for new insights into the design and the limits of the grave founder’s dispositions. In sum, the thorough comparison of the epigraphic and the legal material demonstrates the reliability of the funerary inscriptions for the legal analysis of Roman burial law.
I Einleitung
Die oftmals nur abgekürzt verwendete Formel d(is) m(anibus) ist eine auf lateinischen Inschriften bezeugte Weiheformel, die einen Ort als Grabstätte kennzeichnet[1)]. Sie bringt die Hoffnung zum Ausdruck, dass der oder die Verstorbene in den Kreis der Manen aufgenommen wurden[2)], und weist darauf hin, dass das Grab dem menschlichen Rechtsverkehr entzogen ist.
Hauptfunktion von Grabinschriften ist es, die Existenz einer Grabstätte anzuzeigen. Dabei ist generell zu differenzieren zwischen Inschriften, die an größeren Grabbauten, oftmals hausähnlichen Gebäuden, angebracht werden, um den oder die Grabgründer auszuweisen und die Bestattungsordnung bekannt zu machen, und denjenigen tituli, die vorrangig dazu dienen, auf den konkreten Bestattungsort einer oder mehrerer Personen hinzuweisen. Letzterer kann auch innerhalb einer größeren Grabanlage, für die bereits eine andere Grabinschrift’ vorliegt, angebracht sein[3)]. In den Rechtsquellen wird das Grab als besondere Sachkategorie untersucht; weiter werden grabrechtliche Fragen bei Behandlung der Klage wegen Aufwendungsersatz für Bestattungen (actio funeraria)[4)] und im Zusammenhang mit Interdiktenschutz der Grabstätte angesprochen.
Zwar herrscht Einigkeit darüber, dass Grabinschriften eine wichtige Quelle für die Rekonstruktion des römischen Grabrechts darstellen[5)], in einem in dieser Zeitschrift erschienenen Beitrag äußerte Max Kaser allerdings Bedauern hinsichtlich der „Fülle und den weit verstreuten Publikationsorten der inschriftlichen Quellen“. Er betonte daher die Vorläufigkeit seiner auf dem CIL und Auswahlsammlungen, namentlich den Fontes Iuris Romani Anteiustiniani [FIRA][6)] und Dessau[7)], beruhenden Überlegungen[8)]. Seit Erscheinen von Kasers Summe im Jahr 1978 hat es nicht nur zahlreiche Neufunde und Editionen gegeben; vor allem ermöglicht heute die Digitalisierung, namentlich die Epigraphische Datenbank (Clauss-Slaby) [EDCS][9)], einen einfachen Zugriff auf das gesamte Material und hat damit die Zugänglichkeit der inschriftlichen Quellen dramatisch verbessert[10)].
Diese Erschließung größerer Textmassen ist für die Grabinschriften zentral, da die schlichte Fülle des Materials eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung, die gerade auch Abweichungen würdigen muss, bisher verhindert hat[11)]. Trotz mancher Fortschritte durch und seit Kasers Beitrag sind daher nach wie vor zentrale Fragen des Grabrechts offen oder umstritten. Als Kernproblem lässt sich dabei ausmachen, dass zweifelhaft ist, ob die in den Inschriften erkennbaren Rechtsvorstellungen juristischverlässlich sind[12)]. Anlass für eine weit verbreitete rechtshistorische Skepsis gegenüber der epigraphischen Überlieferung bilden offensichtliche Widersprüchlichkeiten beim Vergleich von Rechtstexten und Inschriften vor allem mit Blick auf das rechtliche Schicksal des belegten Grabes: Während Rechtstexte betonen, dass die Begräbnisstätte als res religiosa außerhalb des menschlichen Rechtsverkehrs steht, bezeugen Grabinschriften vielfach Rechtsgeschäfte gerade auch über belegte Grabstätten. Kaser versucht, das Spannungsverhältnis zwischen beiden Quellengattungen durch die Annahme eines erheblichen Einflusses, wenn nicht eines Vorrangs des Sakralrechts zu lösen[13)]. Eine derartige sakralrechtliche Überlagerung der in den Rechtstexten überlieferten profanen Regeln ist hingegen nicht beweisbar. Zudem schneidet der diffus bleibende Verweis notwendige Differenzierungen ab. Diese betreffen nicht nur – wie zuletzt Werner Eck in Erinnerung gerufen hat[14)] – den archäologischen Kontext der jeweiligen Inschrift und die geographische Verortung eines Textes[15)]. Vielmehr sind auch rechtliche Unterschiede bei der Grabgründung zu beachten. Hierzu gehört nicht nur die aus den Juristenschriften bekannte Differenzierung nach Grabtypen[16)]. Rechtserheblich sind vielmehr auch Fragen nach der Berechtigung des Grabstifters am Grundstück sowie die konkreten Auswirkungen einer gemeinschaftlichen Innehabung einer Grabstätte.
Diese Fragen sollen im Folgenden ausgehend von den Rechtsquellen exemplarisch anhand der stadtrömischen Grabinschriften (mit Seitenblicken auf Latium, Ostia und Portus)[17)] untersucht werden[18)]. Durch den damit notwendigen Abgleich von juristischer und epigraphischer Überlieferung sollen nicht nur Kernfragen des Grabrechts erhellt werden. Ziel ist vielmehr, grundsätzliche Erkenntnisse zur Verlässlichkeit der inschriftlichen Quellen für die Rekonstruktion des römischen Grabrechts zu gewinnen.
II Das Grab als res religiosa
Nach den von den römischen Juristen unterschiedenen Sachkategorien ist die belegte Grabstätte als res religiosa[19)] dem menschlichen Eigentum[20)] entzogen. Damit scheiden die Herausgabeklage des Eigentümers (rei vindicatio), die Hinterlassung durch Vindikationswie Damnationslegat[21)] sowie die gerichtliche Teilung oder auch die Ersitzung von Eigentum an Grabstätten aus[22)].
1 Die Bestattungsbefugnis des Eigentümers
Grundlage für das Entstehen der res religiosa ist die Bestattung durch den Eigentümer:
Gai. Inst. 2,6 Religiosum vero nostra voluntate facimus mortuum inferentes in locum nostrum, si modo eius mortui funus ad nos pertineat.
D. 1,8,6,4 Marcian. 3 inst. Religiosum autem locum unusquisque sua voluntate facit, dum mortuum infert in locum suum. …
Gaius und Marcian stimmen darin überein, dass eine res religiosa durch (erlaubtes) Begräbnis im eigenen Grund geschaffen werde[23)]. Voraussetzung für das Entstehen einer res religiosa als Kategorie des weltlichen Rechts ist somit das Eigentum an Grund und Boden oder die Erlaubnis des Eigentümers zur Bestattung[24)]. Juristische Erörterungen im Zusammenhang mit der res religiosa betreffen dabei vorrangig die Berechtigung am Bestattungsplatz. Entsprechende Abgrenzungsfragen entstehen namentlich dann, wenn mehrere Berechtigte vorhanden sind oder wenn das Eigentum am Grundstück durch beschränkt-dingliche Rechte in verschiedene Befugnisse aufgespalten ist.
a) Bestattungsbefugnis bei Aufspaltung des Eigentums
Die Frage nach der Bestattungsbefugnis stellt sich u.a. dann, wenn das für die Bestattung vorgesehene Grundstück mit einem Nießbrauch belastet ist:
D. 11,7,2,7 Ulp. 25 ad ed. Si usum fructum quis habeat, religiosum locum non facit. Sed et si alius proprietatem, alius usum fructum habuit, non faciet locum religiosum nec proprietarius, nisi forte ipsum qui usum fructum legaverit intulerit, cum in alium locum inferri tam oportune non posset: et ita Iulianus scribit. Alias autem invito fructuario locus religiosus non fiet: sed si consentiat fructuarius, magis est ut locus religiosus fiat.
Nach Ulpian kann der Nießbraucher nicht auf dem ihm zum usus fructus überlassenen Boden bestatten[25)]; ebenso kann umgekehrt auch der Eigentümer nicht ohne Zustimmung des Usufruktuars eine Bestattung vornehmen. Eine Ausnahme soll nur für das von Ulpian angeführte Vindikationslegat gelten, mit dem der zu Bestattende den Nießbrauch erst von Todes wegen bestellt[26)]: Hier stelle sich die Frage, ob der Erbe, der seiner Begräbnispflicht auf dem vom Erblasser hinterlassenen Grundstück nachkommen wolle, der Zustimmung des Nießbrauchers bedürfe. Julian, auf den sich Ulpian bezieht, entscheidet, dass in diesem Fall der Eigentümer ausnahmsweise auch gegen den Willen des Nießbrauchers bestatten könne, wenn kein anderer angemessener Begräbnisplatz für den Verstorbenen zur Verfügung stehe. Die Entscheidung zeigt, dass nur der von Todes wegen begründete usus fructus von vornherein durch die Pflicht, den Verstorbenen in seinem Eigentum zu bestatten, beschränkt ist. Bei lebzeitiger Begründung des Nießbrauchs ist hingegen eine Übereinkunft zwischen Eigentümer und Nießbraucher erforderlich. Erst recht gilt dies bei Miteigentümern (s. u. III.1).
Aus diesen rechtlichen Vorgaben erklären sich die vielfältigen inschriftlichen Bezeugungen über den Erwerb einer Grabstätte. Genau wie die meisten dokumentarisch überlieferten Kaufverträge[27)] verfolgen auch diese Erwähnungen von Kauf- oder Schenkungsvorgängen in Grabinschriften nicht den Zweck, das Verpflichtungsgeschäft zu beweisen. Ziel ist vielmehr, die Berechtigung des Erwerbers darzulegen, d.h. mit Blick auf die Grabinschriften, die Berechtigung des Bestattenden am Grabplatz und damit die Zulässigkeit der Bestattung nach profanem Recht auszuweisen.
b) Beweise für Eigentum am Grabplatz durch Kauf oder Schenkung
Dieser Zwecksetzung entsprechend stellen viele tituli sepulcrales schlicht fest, dass ein Urnen- oder Grabplatz gekauft wurde, der Bestattende also wirksam erworben hat. Die meisten stadtrömischen Inschriften sprechen dabei von emptio (ca. 240 Belege) oder comparatio (ca. 100 Belege) und verwenden in der Regel eine auf den Erwerber abstellende Formulierung, wie emit ollam/ollas[28)] oder emit locum[29)], die den Veräußerer im Ablativ mit a/ab bezeichnet[30)]. Ein typisches Beispiel bildet:
CIL VI 4941= EDCS-19300185[31)] Dellia Iucunda /ol(las) II emit a C(aio) Lupatio Pothino.
Als Synonym für emere oder emptio wird auch comparavit bzw. comparaverunt mit Blick auf den oder die Grabstifter verwendet. Dabei wird oft der Zusatz se vivo[32)] bzw. se vivi[33)] gebraucht, der anzeigt, dass die Errichter des Grabes bereits zu Lebzeiten die Grabstätte erworben haben, um für den Todesfall vorzusorgen. Auch für die Schenkung (donatio) der Begräbnisstätte stellt die Inschrift meist auf das Ergebnis ab, wenn es etwa heißt: loco (oder solo)[34)] donato[35)] oder locum donavit[36)]. Im stadtrömischen Kontext sind auch Schenkungen von Urnennischen bezeugt, die mit olla donata[37)] oder ollam/ ollas donavit[38)] angezeigt werden. Seltener sind andere Bezeichnungen des Bestattungsortes, z.B. sepulchrum[39)], monumentum[40)], sarcofagum[41)] oder auch cepotaphium[42)]. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um die Schenkung eines unbelegten Ortes, wie etwa in:
CIL VI 21756 = EDCS-12600823 (182–200 n. Chr.) D(is) M(anibus). /Macariae Heliodoro Heliodo/rae fili(i)s piissimis fecerunt /M(arcus) Petronius Chresimus et Etete /parentes, ex indulgentia domini /et patroni Surae Mamertini, /qui locum dedit et donavit /et sibi et libertis libertabus poste/risque eorum. H(oc) m(onumentum) h(eredem) n(on) s(equetur). /In fronte ped(es) VIII, in agr(o) ped(es) VIII.
Die Inschrift bezeugt, dass die Eltern Marcus Petronius Chresimus und Etete für ihre Kinder Macaria, Heliodorus und Heliodora ein monumentum an einem von ihrem Patron Sura Mamertinus geschenkten Ort errichtet haben. Die Bestattung soll nicht nur ihnen selbst, sondern auch den (übrigen) Freigelassenen beiderlei Geschlechts und deren Nachkommen gestattet sein. Die Formulierung locum dedit et donavit weist auf einen unbelegten Ort hin, den der Patron den Freigelassenen für die Bestattung zur Verfügung gestellt hat. Seltener sind Vermächtnisse des Grabplatzes, die durch loco legato[43)] bzw. ollam legavit[44)] angezeigt werden.
Neben diesen Texten, die eine Eigentümerstellung des Erwerbers – und so seine Berechtigung zur Bestattung (und zur Herstellung einer res religiosa) – beweisen sollen, besteht auch hinsichtlich der formlosen Gestattung (concessio) ein bisher zu wenig beachteter Einklang zwischen Grabinschriften und juristischer Überlieferung.
c) Die concessio des Grabplatzes
Nach Marcian wird ein Bestattungsort auch dann zur res religiosa, wenn im fremden Grund und Boden concedente domino bestattet worden ist:
D. 1,8,6,4 Marcian. 3 inst. … Sed et in alienum locum concedente domino licet inferre: et licet postea ratum habuerit quam illatus est mortuus, religiosus locus fit.
Im epigraphischen Material findet sich – wieder aus der das Ergebnis betonenden Perspektive – die analoge Formulierung locus concessus:
CIL VI 10848 = EDCS-17300034 (2. Hälfte 2. Jh. n. Chr. bis 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr.) Somno aeterno sacru[a]. /Aelia Arsinoe et Aelius Hilarus et Ae/lius Timotheus iunior et P(ublius) Antonius /Arsinous et P(ublius) Antonius Marinus se /vibi fecerunt sibi et suis libertis liber/tabusque eorum, ne de nomine exiat. Locus /concessus T(ito) Aelio Timotheo patri soleum I, /iiem[b]P(ublio) Antonio Zmaracdo[c] nutritori soleum I /et Aelio Poiycronio[d]soleum I, item quitquit/huic monimento sive sepulcro atplicitum /instructum aedificatum est, et si qua maceria /secundum se ibi applicita est, ea omnia /huic monimento sive aedificio cedant. Quod /si quis huc monimentum vel aedificium donationis /causam vel alioque nomine temptaverit facere, dare damnas esto aerario po/puli Romani HS L m(ilia) n(ummum), item /v(irginibus) V(estalibus) HS L m(ilia) n(ummum).
Unter der Weiheformel somno aeterno sacrum bezeugt die Inschrift, dass sich fünf Personen, von denen jedenfalls die drei erst genannten Aelii Freigelassene sind, zusammengetan haben, um zu Lebzeiten eine gemeinsame Grabstätte für sich, ihre Familien und deren Freigelassene zu errichten[45)]. Mit locus concessus beginnt sodann eine Liste von Personen (im Dativ), denen der Grabplatz gewährt wurde. Auf diesem sind Sarkophage aufgestellt, von denen der erste Steinsarg (solium) dem ‚Vater‘ Titus Aelius Timotheus dienen soll; der zweite Sarg ist für Publius Antonius Zmaragdus, der als ‚Erzieher‘ bezeichnet wird; der dritte Sarg schließlich soll Aelius Polycronius zustehen, einem Mitfreigelassenen der zuvor genannten Aelii. Die Errichter der Grabstätte erklären, dass auch spätere Erweiterungen, sowohl von außen als auch im Inneren (instructum), zum Grabbau gehören sollen, und somit ihrer Bestattungsordnung unterliegen.
Wie in den Juristenschriften scheint hier mit locus ein Grabplatz und damit ein Grundstück gemeint zu sein[46)], auf dem mehrere Steinsarkophage aufgestellt worden sind. Anders als in der juristischen Überlieferung werden in den römischen columbaria[47)] auch einfache Grabnischen – sei es für Urnen, sei es für Steinsärge – als loca bezeichnet[48)]. Die Inschriften gehen dabei offenkundig davon aus, dass die verschiedenen Urnen oder Sarkophage in eigenen Nischen oder Arkosolien getrennt voneinander vergeben werden konnten[49)], auch wenn sie Teil einer einheitlichen Grabanlage waren (s. u. II.2.d).
Nur ausnahmsweise wird nicht nur das Ergebnis einer concessio, sondern auch das Gesuch um die Gestattung auf der Grabinschrift wiedergegeben. Ein Beispiel, das zugleich die soziale Realität hinter diesen Gestattungen zu Tage treten lässt, bildet der Fall des Geminius Eutyches[50)]:
CIL VI 33840 = EDCS-24100613 (227 n. Chr.) Cum sim colonus hortorum olitoriorum[a]qui sunt via Ostiensi, iuris /collegi[b]magni arkarum divarum Faustinarum matris et Piae, colens in /asse annuis HS XXVI(milibus) et quod excurrit, per aliquod annos in ho/diernum pariator, deprecor tuam quoq(ue) iustitiam, domine Salvi, sic /ut Euphrata, v(ir) o(ptimus) collega tuus q(uin)q(uennalis) Faustinae matris, aditus a me permis[c], /consentias extruere me sub monte memoriolam per ped(es) XX in quadra/to; acturus Genio vestro ratias[d], si memoria mea in perpetuo const(abit) /habitus itum ambitum. Dat(um) a Geminio Eutychete colono./ Euphrata et Salvius Chrysopedi, Pudentiano, Yacintho, Sophroni q(uaestoribus) / et Basilio et Hypurgo scribysalutem. Exemplum libelli dati nobis a Geminio /Eutychete colono litteris nostris adplicuimus; et cum adliget aliis quoq(ue) /colonis permissum, curabitis observare ne ampliorem locum memoriae /extruat quam quod libello suo professus est.
Dat(um) VIII Kal(endas) Aug(ustas) /Albino et Maximo co(n)s(ulibus).
Die wahrscheinlich am Grabmal angebrachte Inschrift beginnt mit dem Gesuch, das Geminius Eutyches, der sich selbst als Pächter von Gemüsegärten an der Straße nach Ostia bezeichnet, an einen quinquennalis namens Salvius richtet. Der Anfragende verweist darauf, dass ein anderer quinquennalis namens Euphrata bereits seine Erlaubnis erteilt habe. Die beiden quinquennales gehören zum collegium arkarum divarum Faustinarum matris et Piae, d.h. dem administrativen Verbund zweier Alimentarstiftungen, von denen die erste von Antoninus Pius nach dem Tod seiner Gattin Faustina (die Ältere), die zweite von Marc Aurel nach dem Tod seiner Gattin Faustina Pia errichtet wurde[51)]. Hauptzweck dieses collegium war die Verwaltung der beiden Stiftungen, weshalb die Bezeichnung auf einen Beamtenapparat, nicht auf eine private Vereinigung weist[52)].
Im Schreiben berichtet der Pächter, alle ausstehenden Pachtzinsen bezahlt zu haben, und bittet darum, ein kleines Erinnerungsmal von 20 Fuß Seitenlänge auf dem Pachtland errichten zu dürfen, wobei er auch ein Zugangs- und Umgehungsrecht verlangt[53)]. Die Reaktion der beiden quinquennales folgt im zweiten Teil der Inschrift, die ein an vier quaestores und zwei Schreiber des collegium adressiertes Antwortschreiben wiedergibt. Die sechs Personen werden angewiesen, darauf zu achten, dass der Bittsteller die angegebene Begrenzung von 20 Fuß Seitenlänge einhalte, womit inzident die Errichtung des Erinnerungsmals gestattet wird. Auch wenn diese Gestattung nicht als concessio bezeichnet wird, ist offensichtlich eine solche gemeint, da der Pächter um Zustimmung (Z. 4: deprecor, Z. 6: consentias) bittet und sich auf eine bestehende Erlaubnis beruft (Z. 5: permisit).
Neben diesen aus Sicht der res religiosa unproblematischen Übertragungen unbelegter Plätze bezeugen die Grabinschriften auch die Übertragung (durch Kauf, Schenkung, Legat) der Berechtigung an belegten Grabplätzen, die inschriftlich auch als Weitergabe des ius monumenti bezeichnet wird[54)]. Damit ist eine erste offensichtliche Abweichung zur juristischen Überlieferung angesprochen.
2 Das ius sepulchri als Recht an der (belegten) Grabstätte
Während die Inschriften von ius monumenti sprechen, wird die Berechtigung an einer bestehenden Grabstätte in den justinianischen Quellen als ius sepulchri bezeichnet, womit sich die Frage nach dem Verhältnis der beiden Begriffe stellt.
a) Ius monumenti und ius sepulchri als Synonyme
Rein sprachlich bezeichnet monumentum das nicht auf den funerären Kontext beschränkte Erinnerungszeichen, also das Denkmal[55)]; sepulchrum ist hingegen die Grabstätte, und zwar – in Abgrenzung von locus (purus) – oftmals das belegte Grab[56)]. Diese Differenzierung wird in den Juristenschriften streng durchgeführt:
D. 11,7,2,5–6 Ulp. 25 ad ed. 5 Sepulchrum est, ubi corpus ossave hominis condita sunt. … 6 Monumentum est, quod memoriae servandae gratia existat.
Nach Ulpian ist sepulchrum ein Ort, an dem der Leichnam oder die Knochen eines Menschen bestattet sind, während monumentum das lediglich zu Erinnerungszwecken errichtete Bauwerk bezeichnet[57)]. Ähnlich differenziert Florentinus:
D. 11,7,42 Florent. 7 inst. Monumentum generaliter res est memoriae causa in posterum prodita: in qua si corpus vel reliquiae inferantur, fiet sepulchrum, si vero nihil eorum inferatur, erit monumentum memoriae causa factum, quod Graeci κενοτάφιον appellant.
Der Jurist definiert monumentum als Erinnerungsstätte und unterscheidet diese vom sepulchrum. Daher sieht er ein Bauwerk, das allein zu Erinnerungs-, nicht aber zu Bestattungszwecken errichtet wurde, wie etwa ein Kenotaph, nicht als res religiosa an[58)].
Von dieser klaren konzeptionellen Trennung weichen die stadtrömischen Grabinschriften ab, die monumentum und sepulchrum mit fließendem Übergang verwenden. Dabei gehen die Errichtenden offenkundig davon aus, dass das zu Lebzeiten errichtete monumentum spätestens durch die Beerdigung eines oder der Grabstifter selbst den Charakter eines Grabes (sepulchrum) erhält. Diese Veränderlichkeit des Grabplatzes wird in der Inschrift durch die Formel monumentum sive sepulchrum zum Ausdruck gebracht:
CIL VI 36364 = EDCS-23801428 (2. bis 3. Jh. n. Chr.). D(is) M(anibus). /Statilia Euhodia viva fec(it) sibi et /Statilio Erasto coniugi optimo, /item Statiliae Eraste fil(iae) eorum /et Statilio Protocteto viro et lib(erto) /eius, item lib(ertis) libertab(us) posterisque /eorum. Hoc monitum[a]sive sepulchrum, /quod est via Tiburtina clivo Bassilli, /parte laeve, quod est conclusum in /fr(onte) a maceria Caesae[b] Paulinae. Si quis /vole[t m]anus inicere sive vendere /sive abalenar[c], dabet poenae nomi/ne aerario populi Romani HS XX(milia) n(ummum).
Zu ihren Lebzeiten hat Statilia Euhodia für sich und ihren Ehemann Statilius Erastus, für ihre gemeinsame Tochter und den Freigelassenen Statilius Protoctetus sowie für ihre männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen das Grabmal ‚errichtet‘ (fecit)[59)]. Bei Beschreibung der Lage des Grabes[60)] wird letzteres als monitum (sc. monimentum) sive sepulchrum bezeichnet. Es ist auffällig, dass Statilia Euhodia als alleinige Grabstifterin auftritt – nur sie wird als viva bezeichnet –, während sich in anderen Inschriften Ehegatten gemeinschaftlich als Urheber der Grabanlage bezeichnen. Offenbar hat die Grabstifterin die Inschrift angefertigt, bevor ihr Mann bestattet wurde, weshalb sie von einem monimentum spricht, das heißt von einer Grabanlage, die noch unbelegt war. Da der Ehemann aber wahrscheinlich schon verstorben war, wird er nur noch als Begünstigter der Grabstätte genannt. Jedenfalls geht die Grabstifterin davon aus, dass das Grabmal mit der Bestattung des Mannes zur res religiosa geworden, und somit als sepulchrum anzusehen ist. Vergleichbar ist:
CIL VI 6681 = EDCS-19300723 (2. Hälfte 1. Jh. n. Chr.) Hoc monimentum, /sive sepulchrum /est, comparavit /N(umerius) Patlacius Maximus /sibi et suis libertis /libertabusq(ue) posterisq(ue) /eorum.
Numerius Patlacius Maximus hat die Grabstätte[61)] für sich und seine männlichen und weiblichen Freigelassenen sowie deren Nachkommen gekauft: Das monumentum war somit, solange niemand bestattet worden war, veräußerlich[62)]; erst mit der Bestattung wurde es zum sepulchrum und damit zur res religiosa[63)]. Dass die Begriffe monumentum und sepulchrum in der Praxis austauschbar verwendet wurden, zeigt auch:
C. 3,44,4 Alex. Sev. (a. 223) pr. Si sepulchrum monumenti appellatione significas, scire debes iure dominii id nullum vindicare posse, sed et, si familiare fuit, ius eius ad omnes heredes pertinere nec divisione ad unum heredem redigi potuisse. 1. Profana tamen loca, quae circa id sunt, si semper vicinis aedificiis usui hominum destinatis cesserunt, eius sunt, cui illa, quorum partes esse visae sunt, ex divisione obtigerunt.
Das Reskript des Severus Alexander erläutert dem Anfragenden die Konsequenzen der Einordnung eines Ortes als Grabstätte[64)]: Ein sepulchrum sei nicht vindizierbar; handele es sich um ein Familiengrab, sei das Recht am Grab unteilbar und könne auch bei der Teilung nicht einem Erben zugewiesen werden (s. u. IV.1.b). Anderes gelte nur für die an die Grabstätte angrenzenden Orte, die nicht unter den Schutz der res religiosa fielen. Für die hier untersuchte Frage ist die Formulierung si sepulchrum monumenti appellatione significas von Interesse. Offenbar hat der Anfragende nur von monumentum gesprochen, während die Kanzlei in Erwägung zieht, dass es sich um ein belegtes Grab (sepulchrum) handelt, das als res religiosa nicht den Regeln der Erbteilung untersteht[65)]. Die kaiserliche Auskunft führt vor Augen, dass die in der Anfrage verwendete Bezeichnung des Baus als monumentum nicht maßgeblich ist, sondern dass die Qualität als sepulchrum als Rechtsfrage geprüft wird[66)]. Weiter zeigt der Vergleich von Reskript und Inschriften, dass monumentum und sepulchrum von Nichtjuristen synonym verwendet werden konnten. Das Verständnis des Grabbaus als sepulchrum wurde dadurch nicht beeinträchtigt, da die kaiserlichen Juristen eine eigenständige rechtliche Bewertung des Ortes vornahmen.
Wenn nach diesen Überlegungen die Bezeichnung monumentum als Hinweis auf ein sepulchrum verstanden werden kann, ist es naheliegend, den inschriftlichen Begriff des ius monumenti als Synonym des ius sepulchri in der juristischen Überlieferung zu verstehen. Damit stellt sich allerdings die Frage, welche Befugnisse das ius sepulchri beinhaltet und ob es – wie die Grabinschriften nahelegen – dem menschlichen Rechtsverkehr untersteht.
b) Zu Definition und Übertragbarkeit des ius sepulchri
Die einzelnen, unter dem Begriff des ius sepulchri zusammengefassten Befugnisse sind in der Forschung umstritten. Während Fernand De Visscher den Schwerpunkt auf die Befugnis zur Bestattung (sepeliri) und zum Begräbnis (inferre mortuum) setzt und die zur Ausübung dieser Befugnisse notwendigen Dienstbarkeiten sowie den Grabkult als hiervon abhängig und damit nachrangig ansieht[67)], ist nach Sergio Lazzarini die Grabpflege als ius sepulchri im eigentlichen Sinn anzusehen, zu dem die weiteren Befugnisse wie Zugang, passives und aktives Bestattungsrecht hinzutreten[68)]. Eine erneute Prüfung der Belege legt indessen nahe, dass das ius sepulchri neben einem Kernbereich, der in den Juristenschriften vor allem die Bestattungsbefugnis betrifft, ein Bündel an Befugnissen umfasst, die situativ gewährt wurden, wobei häufig Zugangs- und Umgehungsrechte, sowie die Erlaubnis, Handlungen für den Grabkult vorzunehmen, genannt werden[69)]. Die damit erkennbare Unschärfe des ius sepulchri dürfte sich daraus erklären, dass die Befugnisse im Einzelfall von den initialen Anordnungen des Grabstifters wie von den Bestimmungen, die bei der Übertragung des Rechts getroffen wurden, abhingen.
Mit der Definitionsfrage verbunden und umstritten ist weiter, ob das ius sepulchri überhaupt dem Vermögensrecht angehört und als Recht an der res religiosa nicht ebenso wie diese dem Rechtsverkehr entzogen ist[70)]. Vor allem De Visscher hat die Ansicht vertreten, dass das ius sepulchri untrennbar mit der Erbenstellung verbunden sei und daher nicht auf andere übertragen werden könne[71)]. Zum Beweis seiner These verweist er auf Fragmente, in denen der Erbe trotz Herausgabe oder Entzug der Erbschaft als Inhaber der iura sepulchrorum behandelt wird, d.h. auf D. 36,1,43,1 Paul. 20 ad ed. und D. 11,7,33 Ulp. 68 ad ed.:
D. 36,1,43,1 Paul. 20 ad ed. Restituta hereditate iura sepulchrorum apud heredem remanent.
Die Aussage des Paulus ist allerdings nicht absolut, sondern in ihrem Kontext zu verstehen, weshalb die Regelungen des senatus consultum Trebellianum bzw. des senatus consultum Pegasianum zu beachten sind[72)]. Beide Senatsbeschlüsse regeln die Rechtsstellung von Erbe und Erbschaftsfideikommissar nach (freiwilliger oder erzwungener) Herausgabe der Erbschaft an den Fideikommissar. Kennzeichnend ist bei aller Komplexität der diesbezüglichen Anordnungen, dass auch die Senatsbeschlüsse den Erbschaftsfideikommissar nicht zum Erbe (heres) im Sinne des ius civile küren. Vielmehr wird er aufgrund formularer Fiktion lediglich mit Blick auf die erbschaftlichen Klagen wie ein Erbe behandelt[73)]. Dass das ius sepulchri nicht auf den Erbschaftsfideikommissar übergeht, zeigt somit nur die Grenzen der Gleichstellung von Erbe und Fideikommissar auf, keineswegs aber beweist es die generelle Unübertragbarkeit des ius sepulchri. De Visschers Annahme kann auch nicht auf die zweite der von ihm angeführten Stellen gestützt werden:
D. 11,7,33 Ulp. 68 ad ed. Si quis fuit heres, deinde hereditas ablata sit ei quasi indigno, magis est, ut penes eum iura sepulchrorum remaneant.
Ulpian hebt hervor, dass der Erbe, wenn ihm als „quasi indignus“ die Erbschaft nachträglich entzogen werde, dennoch die iura sepulchrorum behalte. Der Entzug quasi indignus knüpft an Sachverhalte an, in denen jemand zwar Erbe geworden ist, sein Erbschaftsantritt aber nicht mehr dem wahren Willen des Erblassers entspricht. Ein typischer Anwendungsfall betrifft den Versuch des Erblassers, ein wirksam errichtetes Testament durch ein späteres Testament, das sich allerdings als unwirksam erweist, aufzuheben[74)]. Während das erste Testament nach ius civile und ius praetorium volle Gültigkeit behält, sieht das Kaiserrecht den so eingesetzten Erbe als quasi indignus an, weshalb es ihm den Erwerb der Erbschaft verweigert. Diese kaiserrechtliche Sanktion tangiert die Erbenstellung nach ius civile nicht, sodass der im ersten Testament Eingesetzte nach diesen Rechtsschichten weiterhin als Erbe anzusehen ist, weshalb ihm auch das ius sepulchri zusteht.
Thema der beiden von De Visscher angeführten Fragmente ist damit nicht die Unübertragbarkeit des ius sepulchri. Vielmehr wird untersucht, welche Auswirkungen die kaiserrechtliche Entziehung der Erbschaft auf die Stellung des zivilen Erben hat. Die Texte zeigen, dass die kaiserrechtliche Regelung der Indignität nur die materiellen Konsequenzen der Erbenstellung, nicht aber das ius sepulchri betrifft.
Weitergehend berufen sich die Forschungsmeinungen, die das ius sepulchri als nicht übertragbar ansehen, auf die Qualifizierung des Grabes als res religiosa[75)], die jeden menschlichen Rechtsverkehr ausschließe. Auch diese Schlussfolgerung erweist sich bei näherer Prüfung als unzulässige Verallgemeinerung, die schon mit den Aussagen der juristischen Quellen nicht in Einklang steht.
c) Privater Rechtsschutz der Grabstätte
So hat bereits Carlo Fadda darauf hingewiesen, dass die in den Digesten und im Codex belegte Einordnung des Grabes als res extra commercium nicht zur Annahme verleiten darf, die Grabstätte befinde sich in einem rechtsfreien Raum[76)]. So sind zum einen rechtliche Befugnisse an der res religiosa zum Schutz des usus religiosus, d.h. der für den Grabkult erforderlichen Handlungen, belegt[77)]. Hierzu zählen Servituten[78)], die auch nach Eintritt der Religiosität mithilfe der üblichen privatrechtlichen Rechtsbehelfe durchgesetzt werden können[79)]. Zum andern sind auch dem Eigentümer oder Besitzer zustehende Klagen, wie Interdikte, zum Schutz der (belegten) Grabstätte bezeugt[80)]. Einen wichtigen Beleg in dieser Hinsicht bietet:
D. 43,24,13,5 Ulp. 71 ad ed. … Ne illud quidem obstare Labeo ait, quod eo tempore nemo dominus fuerit: nam et sepulchri nemo dominus fuit et tamen, si quid in eo fiat, experiri possum quod vi aut clam. …
Ulpians Aussage steht im Kontext der Frage, ob das Interdikt quod vi aut clam[81)] auch dann zur Anwendung kommen könne, wenn das Grundstück zwischenzeitlich niemandem gehöre, wie zum Beispiel im Fall einer nicht angetretenen Erbschaft (hereditas iacens)[82)]. Um zu begründen, dass dem später antretenden Erben das interdictum auch für die Störungen zustehe, die vor seinem Antritt erfolgt seien, verweist der Jurist auf Labeo, der das belegte Grab (sepulchrum) als Hinweis auf die Möglichkeit zitiert, das Interdikt quod vi aut clam auch zum Schutz eines nicht im Eigentum stehenden Grundstücks, Bauwerks oder Platzes geltend zu machen. Berechtigt, das Interdikt zu erheben, ist – wie ein weiterer Auszug aus Ulpians Ediktskommentar belegt – der Inhaber des ius sepulchri:
D. 43,24,11,2 Ulp. 71 ad ed. Si quis de monumento statuam sustulerit, an ei, ad quem ius sepulchri pertineret, agere permittitur? et placet et in his interdicto locum esse. et sane dicendum est, si qua sepulchri ornandi causa adposita sint, sepulchri esse videri. …
Ulpian behandelt nicht die Frage, ob der Inhaber des ius sepulchri überhaupt Interdiktenschutz beantragen kann. Anlass der Erörterung ist vielmehr, ob auch die Entfernung von Statuen einen Anwendungsfall des Interdikts quod vi aut clam mit Blick auf das sepulchrum begründet. Die Zweifel des Juristen beruhen darauf, dass die Statue nicht mit dem Grab verbunden, sondern nur ‚daraufgestellt‘ wurde (adposita). Trotz dem Fehlen einer festen Verbindung entscheidet Ulpian sich dafür, diesen Grabschmuck als Teil des sepulchrum zu schützen[83)], definiert die Voraussetzung für die Anwendung des Interdikts also funktional. Auch in anderen Zusammenhängen wird ersichtlich, dass trotz des Übergangs einer Sache in die Kategorie der res religiosa, eine Berechtigung an ihr verbleibt, welche die Rechtsquellen[84)] mit der Formulierung ad quem res pertinet umschreiben.
Betrifft das so angesprochene ius sepulchri die Befugnis des früheren Grundeigentümers an der belegten Grabstätte, ist weiter zu fragen, ob diesesius sepulchri nicht auch auf andere übertragen werden konnte. In der juristischen Überlieferung findet sich hierzu nur ein im Codex Iustinianus aufgenommenes Reskript Diokletians:
C. 6,37,14 Diocl. (a. 286) Monumenta quidem legari non posse manifestum est, ius autem mortuum inferendi legare nemo prohibetur.
Bei unbefangener Betrachtung erteilt die kaiserliche Kanzlei die Auskunft, dass Grabmäler zwar nicht durch Legat hinterlassen werden könnten, es aber zulässig sei, das ius mortuum inferendi zu vermachen. Es fällt einerseits auf, dass auch hier von Seiten des Anfragenden monumentum und sepulchrum bzw. monumenta und Bestattungsrecht verwechselt worden sind (s.o. II.2.a); andererseits hält das diokletianische Reskript ohne Zweifel fest, dass Legate über das ius sepulchri möglich und zulässig sind. Es gibt prima facie keinen Grund, diese Rechtsansicht erst als Entwicklung des 3. Jh. anzusehen. Vielmehr legen mehrere Grabinschriften nahe, dass Vindikationslegate über das ius monumenti auch im 1. und 2. Jh. existiert haben dürften.
d) Vindikationslegate über das ius monumenti in Inschriften
Der bekannteste Beleg ist das „Kodizill des Popilius Heracla“[85)]:
AE 1945, 136 = EDCS-15000127 (101–150 n. Chr.)[86)] D(is) M(anibus). //Ex codicillis triplicibus Popili /Heraclae: /C(aius) Popilius Heracla heredib(us) salut(em). /Vos heredes mei rogo iubeoque /fideique vestrae committo uti /monumentum mihi faciatis in Vatic(ano) /ad circum, iuxta monumentum Ulpi /Narcissi, ex HS VI(milibus) n(ummum). In quam rem /numerabit Novia Trophime HS III(milia) n(ummum) /et coheres eius HS III(milia) n(ummum). Ibique reliquias meas et Fadiae Maximae uxoris meae, /si quid ei humanitus acciderit, poni volo. /Cuius monumenti ius lego libertis liberta/busq(ue) meis et quos testamento manumisero /sive quem in statu libertatis reliqui et hoc amplius /Noviae Trophime, libertis libertabusq(ue) eius /posterisque supra scriptorum; et itum, aditum, am/bitum sacrificique faciendi causa ad id monu(men)/tum uti ei liceat.
Die Inschrift, die erst nachträglich mit der Weiheformel versehen wurde, bezeugt das an seine Erben gerichtete Begehren des Verstorbenen, ihm ein Grabmal zu errichten[87)]. Wie auch die Digesten zeigen, sind derartige Bitten üblich und können von einem Legat der für die Errichtung notwendigen Geldmittel begleitet sein[88)]. In seinem Kodizill bittet der auf der Inschrift zitierte Testator, sowohl ihn selbst als auch seine Ehefrau im gleichen Grabbau zu bestatten. Gleichzeitig vermacht er seinen Freigelassenen, zu denen er auch diejenigen zählt, die erst im Testament freigelassen werden und damit an sich liberti orcini sind, das ius monumenti[89)]. Weiter bestimmt er, dass auch die als Miterbin eingesetzte Novia Trophime sowie ihre Freigelassenen und deren Nachkommen das ius monumenti haben sollen. Die abschließend genannten Servituten (Z. 17f.), die zugunsten des Grabgrundstücks an Nachbargrundstücken zustehen, sollen dem Text zufolge nur einer Person (ei) zustehen, was mit der Vielzahl der am ius monumenti Berechtigten kontrastiert. Neben einem Schreibfehler, der angesichts des sorgfältig redigierten Textes eher unwahrscheinlich ist, könnte man ei als alleinigen Hinweis auf die Erbin Novia Trophime auffassen. Wahrscheinlicher ist es, dass sich der Singular als Zitat aus einer Urkunde erklären lässt, die zugunsten des Testators selbst formuliert wurde, sich also auf den Begründungsakt der Servituten unter Lebenden, und damit auf eine Person, bezieht[90)].
Zentral für die hier untersuchte Fragestellung ist das Zitat eines Legats (lego, Z. 13), mit dem der Erblasser das ius monumenti sowohl auf die eigenen Freigelassenen als auch auf Novia Trophime und ihre Freigelassenen und deren Nachkommen überträgt[91)]. Dass Vindikationslegate nicht nur mit der Formel do lego, sondern auch schlicht durch lego hinterlassen werden können, findet sich schon bei Gaius[92)]. Die juristischen Quellen kennen Vindikationslegate allerdings lediglich für Eigentum und für Abspaltungen des Eigentums in Form beschränkt dinglicher Rechte, z.B. des Nießbrauchs[93)]. Wenn man – was nach den Überlegungen zu seiner Übertragbarkeit naheliegt (s. o. II.2.b) – das ius sepulchri als Substrat des früheren Eigentumsrechts ansieht, spricht diese Eigenschaft dafür, dass es auch nach den Regeln des Eigentums übertragen werden konnte. Fraglich ist lediglich, ob das von Popilius Heracla ausgesetzte Legat nicht unwirksam ist, weil es incertae personae betrifft, indem der Erblasser nicht nur eigene (auch zukünftige) Freigelassene begünstigt hat, sondern auch zukünftige Freigelassene der Novia Trophime in das ius monumenti einbezieht. Die Konturen des Verbots eines Legates ad incertas personas sind nach der Überlieferung nicht mit letzter Sicherheit zu ziehen[94)]. Justinian expliziert die in Gai. Inst. 2,238 durch Beispiel erklärten Kriterien wie folgt:
Inst. 2,20,25 … Incerta autem persona videbatur quam incerta opinione animo suo testator subiciebat, veluti si quis ita dicat: ‚quicumque filio meo in matrimonium filiam suam collocaverit, ei heres meus illum fundum dato‘:... Sub certa vero demonstratione, id est ex certis personis incertae personae recte legabatur, veluti ‚ex cognatis meis qui nunc sunt si quis filiam meam uxorem duxerit, ei heres meus illam rem dato.‘ …
Als unbestimmt sei eine Person anzusehen, über die sich der Testator keine genaue Vorstellung gebildet habe; hingegen werde zutreffend vermacht sub certa vero demonstratione, wenn aus einem bestimmten Personenkreis an nicht näher individualisierte Personen hinterlassen werde. Folgt man dieser Definition, kann das Vermächtnis zugunsten der zukünftigen Freigelassenen der Novia Trophime jedenfalls insoweit wirksam sein, als der mögliche Kreis der Begünstigten, d.h. die Sklavinnen und Sklaven der Erbin, dem Erblasser bekannt war. Auch der Einbezug der posteri, d.h. der Nachkommen dieser Freigelassenen, ist unproblematisch, soweit diese schon lebten oder als Kinder der lebenden Freigelassenen erwartbar waren[95)]. Die Inschrift gibt über diese Hintergründe naturgemäß keine Auskunft; da der Erblasser Novia Trophime aber als Miterbin eingesetzt hat, ist jedoch naheliegend, dass er sie nebst ihrer familia kannte, womit die Gefahr eines Legats an incertae personae gebannt wäre.
Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit des von Popilius Heracla ausgesetzten Vindikationslegats des ius sepulchri ist, dass das Kodizill durch das formell wirksam errichtete Testament bestätigt oder angekündigt wurde[96)], die formlose Ergänzung also als Teil des Testaments gelten kann. Auch diese Frage kann nicht allein aus der Inschrift entschieden werden. Da Popilius Heracla bereits zu Beginn des Textes seine beiden Erben anspricht, lässt sich aber immerhin sagen, dass er von der Existenz eines (wirksamen) Testaments ausging, mit dem heredes als Rechtsnachfolger eingesetzt worden waren[97)]. Gerade diese Annahme spricht im Übrigen dafür, dass der Grabstifter präzise rechtliche Vorstellungen über die Wirkungen von Testament und Kodizill hatte, die man ihrerseits als Indiz für die rechtliche Verlässlichkeit der Inschrift auch mit Blick auf das Vindikationslegat über das ius monumenti ansehen kann.
Die viel zitierte Inschrift aus der Nekropole unter dem Vatikan ist zudem nicht der einzige Beleg für ein Vindikationslegat über das ius monumenti. Ein weiteres Beispiel bildet:
AE 1977, 31 = EDCS-45400121 (101–150 n. Chr.) D(is) M(anibus) /M(arcus) Ulp(ius) Hermadio Aug(usti) lib(ertus) voluntate Cl(audiae) /Saturninae uxoris suae sanctissumae monimentum coepit /viba ea, quod effectum est post obitum eiusdem Saturninae, /cuius monimenti ius liberi eorundem habebunt liberti /quoque libertaeque p(osterique) e(orum), in quo ipsa parum posita e(s)t, eo quod non /peracto opere monimenti vita functa sit iusseritque se verbis /testamenti in atrio praetorii e(t) (p)oni; ad cuius moniment(um) /pertinebit tam atrium ta(m) cubiculum qu(od e)st contra sarcofagum /item alit[a]cubiculum adplicatum cum cellariolis duobus iuxta dimi(dium) /in parte sinistra, quae sunt in conpluvio, item ad ius monimenti se(q(uentur) /et sarcofagi quod et in atrio pe(rt)enebunt membra X, et triclinius /seposito solario, quae sunt adscesu sinistro a cubiculis s(upra) s(criptis) et di(midia) /ana scala prima, item scala breviore superiore adscensu sinistro et mo/nimenti, atri etiam super eadem cubicula et atrium, sed et porticus, quorum /omnium menbrorum itum ambitum ius habebunt personae s(upra) s(criptae), cuius monumenti et atri[b]ante faciem /terrae p(edes) XXX pertinebunt ad personas s(upra) s(criptas).
In diesem Fall hat der Ehemann der Verstorbenen, ein kaiserlicher Freigelassener, zu Lebzeiten seiner Frau begonnen, nach ihren Wünschen ein Mausoleum zu bauen. Der Bau ist erst nach ihrem Tod fertiggestellt worden. Nach dem Willen der Verstorbenen wird das ius monumenti den Kindern der Eheleute sowie den männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen zugewiesen. Weiter wird die Verstorbene auf eigenen Wunsch hin im atrium des Landhauses (praetorium) bestattet und es wird festgelegt, dass die verschiedenen Räume des offenbar umfangreichen Ensembles zum Grabmal der Frau (oder der Eheleute)[98)] gehören sollen. Zwar werden die Anordnungen zum ius monumenti in der Inschrift nicht explizit als Zitate aus dem Testament der Frau angeführt, das nur mit Blick auf den eigenen Bestattungswunsch (iusseritque se verbis testamenti in atrio praetorii e[t---p]oni) wörtlich wiedergegeben wird (Z. 7f.)[99)]. Da der Mann aber die gesamte Anlage auf die voluntas seiner Frau zurückführt, ist naheliegend, dass die Verteilung des ius monumenti insoweit ihren letztwilligen Vorgaben folgt[100)].
Das verschiedenen Personengruppen zugewiesene ius monumenti ist nicht auf den Teil des Gebäudes, in dem die eigentliche Grabstätte liegt, beschränkt, sondern umfasst auch Gebäudeteile, die nicht als res religiosae anzusehen sind. Auf diese Weise entsteht der Eindruck, dass die in der Inschrift zitierte Anordnung versucht, unter dem Titel ius monumenti das rechtliche Schicksal des Bauwerks unabhängig davon zu regeln, ob es dem menschlichen Recht untersteht oder den Manen geweiht ist. Diese Beobachtung legt weiter nahe, dass das ius monumenti – wie dies auch die synonyme Verwendung von monumentum und sepulchrum zeigt (s. o. II.2.a) – sowohl geplante Grabbauten (an denen noch profanes Eigentum möglich ist) als auch die Berechtigung an einer belegten Grabstätte (ius sepulchri) umfasst. Der Tatsache, dass nach dem Willen der Claudia Saturnina die Inhaber des ius monumenti beide Befugnisse haben sollen, entspricht, dass das Bestattungsrecht (mit all seinen Folgebefugnissen) als eine Abspaltung oder ein Substrat des früheren Eigentumsrechts angesehen werden kann.
Hinweise zum Inhalt des ius monumenti und zu seiner Übertragung sind auch einer in einem stadtrömischen columbarium gefundenen Inschrift zu entnehmen:
CIL VI 9405 = EDCS-19100626 (1.Jh. n. Chr.) <in ganzer Breite> L(ucius) Cincius L(uci) f(ilius) Suc(cusana) Martialis Vvir /possessor huius monumenti ex testamento L(uci) Mamili /Felicis decuriae X collegium fabrum tignuariorum, parietem dextrum /introitus ollas XXXII donavit eis qui infra scripti sunt singulis singulas: //<columna I> P(ublio) Sulpicio Felici decur(ioni), /L(ucio) Cincio L(uci) f(ilio) Pal(atina) Martiali f(abro) /M(arco) Amatio Crescenti /Ti(berio) Pomplino Draconi /Sex(to) Iulio Aprili //<columna II> T(ito) Statilio Isochryso /T(ito) Statilio Hieroni f(abro) /C(aio) Procilio Saturnino /C(aio) Petronio Celado /C(aio) Vibio Faustillo //<columna III> T(ito) Statilio Onesimo /Ti(berio) Iulio Taurisco /Ti(berio) Iulio Sperato f(abro) /P(ublio) Baebio Epaphrodito /Ti(berio) Iulio Hymno //<columna IV> C(aio) Vibio Primigenio /C(aio) Iulio Celeri /C(aio) Herennio Crescenti /P(ublio) Licinio Agathopo /M(arco) Vergilio Eucarpo //<columna V> L(ucio) Baebio /Apollinari /M(arco) Antonio /Philosterg(o). //<in una linea > Reliquas ollas X <iis>, qui in hac decuria allecti erint singulas do lego. / Reliquum omnem ius meum quod est in hoc monumento Amatiae Euniae uxori meae et L(ucio) Cincio L(uci) f(ilio) Pal(atina) /Martiali et M(arco) Amatio Crescenti do possidereque eos iubeo.
Im Titel des Textes bezeichnet sich Lucius Cincius Martialis, ein quinquevir[101)], als ‚Besitzer dieses Grabmals aus dem Testament’ des Lucius Mamilius Felix, der offenbar dem collegium fabrum tignuariorum angehörte. Lucius Cincius Martialis teilt weiter mit, dass er von 32 Aschebehältern, die sich auf der vom Eingang her rechten Wand des columbarium befinden, 22 zu Lebzeiten verschenkt habe (donavit). Die so beschenkten Personen, allesamt Mitglieder des collegium, werden mit ihren Namen in fünf nebeneinander angeordneten Spalten der Inschrift aufgeführt[102)]. Der Schlussteil des Textes, der wieder über die ganze Breite des Steins geschrieben ist, zitiert aus dem Testament des quinquevir, der mittels Vindikationslegat (do lego) die verbleibenden 10 Aschebehälter den zukünftigen Mitgliedern des collegium vermacht. Zuletzt überträgt er (do) ‚alles übrige, das hinsichtlich dieses Grabmals mein Recht ist‘, auf seine Ehefrau Amatia Eunia, seinen Sohn Lucius Cincius Martialis, der ausweislich (Z. 6) selbst Mitglied des collegium ist, und auf Marcus Amatius Crescens, und er befiehlt ihnen, das Grabmal in Besitz zu nehmen (possidereque eos iubeo).
Die Inschrift unterscheidet zwischen den durch donatio bzw. Vindikationslegat übertragenen Rechtspositionen an den einzelnen Aschebehältern und der Befugnis, die dem quinquevir Lucius Cincius Martialis (Z. 1) am gesamten Grabmal zukommt. Hinsichtlich der Aschebehälter könnte man zunächst annehmen, dass sie als unbelegte Orte nach den für Eigentum geltenden Regeln übertragen werden konnten. Gegen diese Einordnung spricht allerdings die sachenrechtliche Einheit der die Urnenplätze aufnehmenden Wand (paries)[103)]: Da die Urnenplätze in die Wand eingelassen und mithin als Bestandteile anzusehen sind, ist es naheliegender, die gesamte Einheit schon nach einer Bestattung als Grabstätte und damit als res religiosa anzusehen. Von daher ist auch an den noch freien Urnenplätzen kein Eigentum mehr möglich, sondern nur eine als Substrat verbleibende Grabberechtigung (ius sepulchri)[104)].
Seine eigene Rechtsposition bezeichnet Lucius Cincius Martialis als ius meum quod est in hoc monumento und erklärt sich selbst zum possessor ex testamento. Geht man von einer teilweise belegten Grabstätte und damit von einer res religiosa aus, kann der Begriff der possessio nicht technisch verstanden werden:
D. 41,2,30,1 Paul. 15 ad Sab.[105)] Possessionem amittimus multis modis, veluti si mortuum in eum locum intulimus, quem possidebamus: namque locum religiosum aut sacrum non possumus possidere, etsi contemnamus religionem et pro privato eum teneamus, sicut hominem liberum.
Paulus betont, dass der Besitz an einer Sache durch das (vom Berechtigten veranlasste) Begräbnis eines Verstorbenen in ihr untergeht, und dass auch ein entsprechender Besitzwille, den locus religiosus als privaten Ort zu besitzen, nicht hilft, genauso wie man einen Freien nicht als Sklaven besitzen kann. In der Tat wird man – da das Eigentum und jede dingliche Berechtigung mit Eintritt der Religiosität erlischt – die civilis possessio als beendigt ansehen müssen. Bekanntlich kann possessio aber auch in einem weiteren Sinn auf die faktische Innehabung der Sache verweisen, wie sie zum Beispiel auch Sklaven zustehen kann (naturalis possessio)[106)]. Wenn – wie oben dargelegt – dem Inhaber einer Grabstätte Interdiktenschutz zusteht (s. o. II.2.b–c), erscheint es naheliegend, für den ihm gewährten Zugriff den Begriff possessio in diesem weiteren Sinn zu verwenden. Auch andere Belege können in diesem Sinn verstanden werden[107)]; insbesondere wird auch die Innehabung eines Tempels, d.h. einer res sacra, als possessio bezeichnet[108)].
Während possessio im Sinne der Sachherrschaft über den Grabbau aufgefasst werden kann, weist der Zusatz ex testamento L(uci) Mamili Felicis auf die Berechtigung hin: Lucius Cincius Martialis scheint zu behaupten, dass er seine Besitzposition aus dem Testament des Lucius Mamilius Felix ableitet, wobei zu beachten ist, dass dieser Besitz auch die Möglichkeit der Weitergabe von einzelnen ollae an Dritte beinhaltet. Es besteht mithin ein Spannungsverhältnis zwischen der Selbstbezeichnung als Besitzer und der auf das Testament gestützten Befugnis, die Aschebehälter übertragen zu können. Die Spannung lässt sich mit Blick auf die Funktion des Lucius Cincius Martialis erklären. Wie von Premerstein vermutet, ist die Bezeichnung als quinquevir in der Inschrift als promagistratisches Amt und keineswegs als Vorstandsfunktion des collegium fabrum tignuariorum zu verstehen[109)]. Die Verbindung zu den zur Grablege berechtigten Mitgliedern des collegium besteht danach nur aufgrund der sachlichen Nähe der Aufgaben im Amtsbereich des quinquevir, namentlich Bauverwaltung und Schutz von Bauten gegen Brände, und denen des collegium fabrum tignuariorum, die als Zimmerleute für Bauarbeiten zuständig waren[110)].
Geht man somit davon aus, dass Lucius Cincius Martialis zwar berechtigt war, die Ascheplätze an die Mitglieder des collegium zu schenken (und zu vermachen)[111)], als Nichtmitglied des collegium keinesfalls aber selbst zur Grablege berechtigt sein sollte, so wäre es einsichtig, dass er sich selbst nur als possessor bezeichnet, gleichzeitig aber für die Weitergabe des ius sepulchri eines Rechtsgrundes bedarf, für den er einleitend auf das Testament eines Mitglieds des collegium verweist[112)]. Die dem quinquevir in diesem Testament hinterlassene Berechtigung am Grabbau hat letzterer nur fremdnützig inne, wobei konstruktiv entweder an ein Legat mit Auflage (Weitergabe an Mitglieder des collegium nach Bedarf) oder an ein Fideikommiss zugunsten der Mitglieder des collegium zu denken ist. Zu dieser Annahme passt, dass Lucius Cincius Martialis am Ende der Inschrift seiner Frau, seinem Sohn und seinem Schwager reliquum omnem ius meum quod est in hoc monumento hinterlässt und ihnen befiehlt, das Monument zu besitzen. Diese Umschreibung erfasst das ihm verbleibende ius monumenti, d.h. die bloß verwaltende Inhaberschaft, und damit die Befugnis, die ihm selbst im Testament des Lucius Mamilius Felix übertragen wurde.
Auf die Frage nach dem Inhalt des ius monumenti gibt die Inschrift insgesamt eine differenzierte Antwort, indem sie einerseits die Gesamtverwaltung der Anlage und die Vergabe einzelner Begräbnisplätze (mit Bestattungsrecht), andererseits die Bestattung selbst (olla) unterscheidet. Gleichzeitig spricht auch sie dafür, dass das ius monumenti, verstanden als Berechtigung am belegten Grab (ius sepulchri), durch Vindikationslegat übertragen werden kann. Erneut gibt es keinen Anlass, die genaue Ausdrucksweise und differenzierte Selbstbezeichnung des Lucius Cincius Martialis als untechnische und rechtlich unverbindliche Redeweise zu verwerfen[113)]. Im Gegenteil, die untersuchten epigraphischen Zeugnisse zeigen übereinstimmend und konsistent, dass das in C. 6,37,14 Diocl. (a. 286) angesprochene Vermächtnis des ius mortuum inferre so zu verstehen ist, dass verschiedene mit ius sepulchri verbundenen Befugnisse durch Vindikationslegat übertragen werden können[114)].
Die bisher analysierten Inschriften lassen weiter erkennen, dass die Befugnisse, die mit der Innehabung des ius sepulchri verbunden sein sollen, bei der Übertragung des Rechts festgelegt werden. Damit ist die in der Inschrift verewigte Grabsatzung, d.h. die Bestimmung der Grabordnung durch den Grabgründer, auf ihre Rechtsnatur hin zu untersuchen[115)].
III Zur Rechtsnatur der Grabsatzung
Grabinschriften zufolge werden Grabordnungen entweder beim Erwerb oder bei Errichtung der Grabstätte bekannt gemacht. Die einfachste Grabsatzung ist diejenige, die der Grabstifter beim Erwerb des Grabortes festlegt.
1 Der Erwerb des Grabes für sich und andere
So kann der Grabstifter erklären, den Urnen- oder Grabplatz für sich (sibi) und weitere Personen erworben zu haben. Ein Beispiel hierfür bildet:
AE 2004, 235a = EDCS-33100272 (1. Jh. n. Chr.) M(arcus) Publicius /Epaphra M(arci) l(ibertus) /emit ollas IIII /sibi posterisq(ue) /suiis[a]//
Marcus Publicius Epaphra, ein Freigelassener des Marcus, hat vier Urnen(plätze) für sich und seine Nachkommen erworben[116)], womit diese Nachkommen genauso grabberechtigt sind wie der Erwerber selbst. Oft geschieht der Erwerb aus Anlass des Todes eines nahen Angehörigen, der sodann in der Grabanlage bestattet wird. Bei Anfertigung der Inschrift für die Begräbnisstätte definiert der Grabstifter gleichzeitig, welche weiteren Personen zur Ruhestätte berechtigt sein soll. Ein einfaches Beispiel bildet:
AE 2004, 232 = EDCS-33100270 Mindia M(arci) l(iberta) Iucun/da emit ollas II / sibi et filio suo /Iucundo /annorum //vixit /XX.
Mindia Iucunda, Freigelassene des Marcus, hat zwei Ascheurnen für sich und ihren Sohn Iucundus erworben, der 20 Jahre alt geworden ist (und in einer der Urnen beigesetzt wurde).
Überaus häufig werden Freigelassenen und ihre Nachkommen als Mitberechtigte an der Grabstätte vorgesehen:
AE 1948, 172 = EDCS-15200144 (3.Jh. n. Chr.) D(is) M(anibus). /Aurelius Dius se vibus /comparavit huuc[a]mun/imentum muro cinctum /sibi et suis libert(is) libertab(us)q(ue) /[po]st(eris)q(ue) eorum. In f(ronte) p(edes) VIII in gro[b]/p(edes) XV.
Aurelius Dius erklärt, zu seinen Lebzeiten die von einer Mauer umschlossene Grabstätte für sich und seine männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen gekauft zu haben. Eine ausführlichere Regelung enthält:
CIL VI 10791 (p 3910) = EDCS-17200519 (2. Hälfte des 2. Jh. n. Chr.) D(is) M(anibus). /T(itus) Aelius Aug(usti) lib(ertus) Saturninus /et Aelia Glyconis infelicissimi /parentes hunc munimentum comparavi/mus nobis et T(ito) Aelio Saturnino, filio /nostro dulcissimo, qui vixit annis VI, /mensibus VIII, dib(us)[a]XVI, horis VI et libertis /libertabusque posterisque aeorum[b]. /post obitum nostrum, quisque hunc /munimentum dolo malo donationis /causa tradedisse voluerit, /compellabitur a pomtitices[c]/poenae nomine HS XXX (milia) n(ummum).
Aus Anlass des Todes ihres Kindes haben die Eltern Titus Aelius Saturninus und Aelia Glyconis die Grabstätte erworben. Sie soll ihnen selbst, dem verstorbenen Sohn sowie den männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen als Grabstätte dienen. Da d(is) m(anibus) auf eine erfolgte Bestattung hinweist, ist davon auszugehen, dass der von den Eltern erworbene Platz (comparavimus) mit dem Begräbnis des Sohnes zur res religiosa geworden ist.
Der skizzierte inschriftliche Befund lässt sich mit den juristischen Quellen vereinbaren. So entspricht es anerkannter Rechtsansicht, dass der gemeinschaftliche Erwerb eines (unbelegten) Grabplatzes gemeinschaftliches Eigentum in Form der communio pro indiviso begründet:
D. 17,2,31 Ulp. 30 ad Sab.[117)]. Ut sit pro socio actio, societatem intercedere oportet: nec enim sufficit rem esse communem, nisi societas intercedit. Communiter autem res agi potest etiam citra societatem, ut puta cum non affectione societatis incidimus in communionem, ut evenit in re duobus legata, item si a duobus simul empta res sit, aut si hereditas vel donatio communiter nobis obvenit, aut si a duobus separatim emimus partes eorum non socii futuri.
Ulpian behandelt die Abgrenzung von societas und communio. Im hiesigen Zusammenhang ist seine Bemerkung von Interesse, dass eine gemeinschaftliche Sache (communio) auch ohne affectio societatis[118)] entstehen kann, wenn zweien ein- und dieselbe Sache vermacht worden ist oder wenn zwei gleichzeitig ein- und dieselbe Sache gekauft haben. Soweit Eltern eine Grabstätte gemeinsam für ihr verstorbenes Kind (CIL VI 10791) erwerben, sind sie mithin Miteigentümer des Grabplatzes und üben das Bestattungsrecht gemeinsam aus. Für die Bestattungsberechtigung auf einem Grundstück im Miteigentum ist nach Ulpian zu unterscheiden:
D. 10,3,6,6 Ulp. 19 ad ed. Si quis in communem locum mortuum intulerit, an religiosum fecerit videndum. Et sane ius quidem inferendi in sepulchrum unicuique in solidum competit, locum autem purum alter non potest facere religiosum. Trebatius autem et Labeo quamquam putant non esse locum religiosum factum, tamen putant in factum agendum.
Liege bereits eine Grabstätte (sepulchrum) vor, könne jeder der Miteigentümer in solidum, also ohne Zustimmung des anderen, bestatten. Handele es sich hingegen um einen unbelegten Ort (locus purus), müssten beide einig sein, eine Grabstätte zu begründen, d.h. der andere Miteigentümer muss seine Zustimmung erteilen, wenn einer bestatten wolle. Diese Differenzierung belegt, dass sich das frühere Miteigentum durch Belegung des Grabes in eine gemeinschaftliche Berechtigung an der res religiosa wandelt, beide also das ius sepulchri gemeinsam ausüben.
D. 11,7,43 Pap. 8 quaest.[119)] steht dieser Beobachtung nicht entgegen. Zwar folgert Papinian aus dem generellen Interesse an der Bestattung von Toten, dass ein Miteigentümer gegen den anderen das Interdikt de mortuo inferendo erheben könne, wenn er an der Bestattung gehindert werde[120)]. Die Gewährung des Interdiktenschutzes ändere aber nichts daran, dass ein Miteigentümer gegen den Willen des andern keine Grabstätte (res religiosa) schaffen könne. Beide Fragmente belegen daher, dass die durch das Begräbnis stattfindende Entziehung der Sache aus dem Rechtsverkehr (res religiosa) vom Willen aller Berechtigten getragen sein muss. Dieser Wille ist bei Eltern, die für ein vorverstorbenes Kind einen Grabplatz erwerben, nicht zu bezweifeln. Auch wenn die Grabstätte noch unbelegt bleibt, ist es dennoch sinnvoll, den Willen zur zukünftigen Bestattung in die Grabinschrift aufzunehmen, um Streitigkeiten zwischen den Miteigentümern oder deren Rechtsnachfolgern über die geplante Umwandelung der Stätte in eine res religiosa zu vermeiden.
Kein Miteigentum wird hingegen begründet, wenn der Grabgründer beim Erwerb des Grabplatzes schlicht auf weitere Berechtigte hinweist (zur Ausnahme der liberti, s. u. IV.2.b). Sofern sich dieser Hinweis nicht auf bereits Bestattete bezieht, d.h. deren Grabstätte anzeigt, wird man ihn als rechtlich nicht bindende Absichtserklärung oder als Verweis auf eine ihrerseits verbindliche lebzeitige oder letztwillige Verfügung zu Gunsten der Bestattungsberechtigten ansehen müssen. Einen Einblick in derartige Verfügungen bilden die inschriftlichen Zeugnisse, die ausnahmsweise ausführliche Abschriften von Schenkungsdossiers über Grabstätten enthalten[121)].
2 Schenkungsdossier auf Grabinschriften
Anders als die reinen Ergebnisprotokolle, mit denen der Grabstifter seine Berechtigung beweist, sind einzelne Grabinschriften überliefert, die in der romanistischen Forschung als donationes bezeichnet werden[122)], weil sie – wie die donationes des Titus Flavius Artemidorus[123)], der Statia Irene[124)] und des Titus Flavius Syntrophus[125)] – detaillierte Auszüge aus den rechtsgeschäftlichen Dossiers wiedergeben.
a) Übereinstimmungen zwischen den drei wichtigsten Zeugnissen
Alle drei als donationes bekannt gewordenen Inschriften bezeugen die Vornahme einer mancipatio nummo uno donationis causa vor einem Waagehalter und Zeugen[126)]. Zudem wird bestätigt, dass der jeweilige Schenker den Empfänger in den freien Besitz (vacua possessio) eingewiesen habe[127)]. Schließlich enthalten alle drei Inschriften Abschriften von umfangreichen Stipulationen, die zur Durchsetzung der aus Anlass der mancipatio nummo uno abgegebenen lex dicta versprochen wurden, und zwar deshalb, weil letztere selbst nicht unmittelbar zur Klage berechtigt[128)].
Ein Unterschied zwischen den drei Zeugnissen ergibt sich allerdings daraus, dass CIL VI 10241 und CIL VI 10247 Zusagen der jeweils Schenkenden wiedergeben, während CIL VI 10239 das Versprechen des Beschenkten enthält. Die beiden Stipulationsversprechen der Schenker (CIL VI 10241 und CIL VI 10247) divergieren insoweit, als Titus Flavius Artemidorus (CIL VI 10241) verspricht, dem beschenkten stipulator (Herennius Agricola) und dessen Erben den freien Besitz, die Einbringung von Gebeinen, die Vornahme von Opfern und den Zugang zu gestatten[129)], während Statia Irene (CIL VI 10247) zwar ihr Versprechen explizit auch für ihren Erben und sonstige Rechtsnachfolger abgibt, die in der Stipulation enthaltene Zusicherung aber nicht ausdrücklich auf die Rechtsnachfolger des Beschenkten erstreckt[130)]. Wie Thomas Finkenauer gezeigt hat, ist die Erbenklausel (mentio heredis) bei einer stipulatio in faciendo keineswegs erforderlich, um die aktive und passive Vererblichkeit herbeizuführen, in der Kautelarpraxis dennoch gleichwohl üblich[131)], um Klarheit zu schaffen. Daher ist davon auszugehen, dass trotz der unterschiedlichen Formulierung sowohl das Versprechen des Titus Flavius Artemidorus als auch dasjenige der Statia Irene aktiv und passiv vererblich sind, d.h. dass auch die Erben von Schenker und Beschenktem durch die in der jeweiligen Inschrift wiedergegebene Stipulation berechtigt bzw. verpflichtet werden. Da beide Stipulationsformulare zudem allgemein die Abwesenheit von Arglist versprechen[132)], sind auch gegen die Vorgaben verstoßende Handlungen Dritter vom Versprechen der Kompensation erfasst[133)]. Die Vererblichkeit der Stipulation ist auch für das spiegelverkehrte Versprechen des beschenkten Titus Flavius Aithales in CIL VI 10239 anzusehen, der die Einhaltung von Schenkungsauflagen zusagt. Die von ihm abgegebene Stipulation erwähnt ausdrücklich, dass die Verpflichtung auch zu Lasten des Erben und weiterer Rechtsnachfolger wirken soll[134)], während sich die Vererblichkeit zugunsten der Erben des Schenkers nur durch Auslegung ermitteln lässt[135)].
Die in ihrer rechtsgeschäftlichen Struktur (mancipatio nummo uno donationis causa; Einweisung in den Besitz; Stipulation mit Wirkung für Rechtsnachfolger) übereinstimmenden Zeugnisse unterscheiden sich mit Blick auf ihren grabrechtlichen Gehalt.
b) Der unterschiedliche grabrechtliche Gehalt der drei Inschriften
Die ‚Schenkung des Titus Flavius Artemidorus‘ (CIL VI 10241) ist eine echte Grabinschrift, die von den Eltern des mit 22 Jahren, zwei Monaten und fünf Tagen verstorbenen Marcus Herennius Protus errichtet wurde. Sie betrifft vier Aschebehälter und vier Ascheurnen, die sich in einem dem Schenker gehörigen Grabbau befinden, der in der via Salaria auf dem Grundstück des Volusius Basilis liegt[136)]. Der Schenker verspricht dem Beschenkten die Einräumung des freien Besitzes an diesen Behältern und Urnen, erlaubt ihm das Einbringen von Gebeinen und gesteht ihm das Recht zu, in der Anlage zu opfern[137)]. Der Zugang zur Anlage wird dadurch gesichert, dass der Beschenkte und seine Erben die Schlüssel erhalten[138)].
Die ausführliche Wiedergabe der dem Beschenkten eingeräumten Rechte zeigt, dass die Inschrift neben der Anzeige des Bestattungsortes offenkundig den Zweck verfolgte, die anlässlich der Schenkung vorgesehene Nutzungsordnung bekannt zu machen und auch für Rechtsnachfolger präsent zu halten. Diese Bekanntmachung diente nicht nur dazu, Grabpflege und -kult des vorverstorbenen Sohnes zu garantieren; vielmehr sollte auch die Bestattung in den weiteren Asche- und Urnenplätzen geregelt und gesichert werden.
Die als ‚Schenkung der Statia Irene‘ (CIL VI 10247) bezeichnete Inschrift betrifft hingegen ein Grabmal, das dem Erwerber offenbar zukünftig für Begräbnisse dienen soll. Nach der Beschreibung auf dem Stein liegt es an der via triumphalis[139)] in der Nähe des Grabmals des verstorbenen Claudius Proculus auf dem Grundstück des Aurelius Primianus und wird als ‚Grabmal der gens Terentiana‘ bezeichnet. Aus dieser Beschreibung folgt, dass die Schenkerin des Grabmals (Statia Irene) nicht Eigentümerin des Grundstücks ist, auf dem sich das Grabmal befindet. Wenn sie aber nicht Grundeigentümerin ist, bedeutet dies, dass sie nur dann zur Übertragung des Grabmals berechtigt ist, wenn es entweder als eine bewegliche Sache anzusehen ist oder wenn sie nicht das Eigentum am Grabmal, sondern nur das ius monumenti übertragen wollte. Für diese zweite Deutung spricht, dass die Schenkerin dem Empfänger ausdrücklich das Bestattungsrecht (Z. 15f.: mortuas mortuosve ossa inferri) zuerkennt, da diese Zusicherung nur dann Sinn ergibt, wenn das Grabmal mit dem Boden verbunden ist, also nicht als bewegliche Sache angesehen werden kann. Dieses Verständnis der Inschrift setzt allerdings weiter voraus, dass sich ius monumenti und Grundeigentum trennen lassen, die Schenkerin also über die Grabberechtigung verfügen kann, auch wenn sich das monumentum auf fremden Grund und Boden befindet. Wie die Digesten und die als sententia Senecionis bekannte Inschrift (CIL X 3334)[140)] belegen, ist eine derartige Trennung von Grundeigentum und Grabrecht möglich, wenn die auf dem Grundstück stehenden Grabmäler nur kleine Flächen (modica loca) des Areals betreffen[141)]. So gehen sowohl die Juristenschriften als auch die genannte Inschrift davon aus, dass kleinere Grabstätten, die im Verhältnis zur Größe des Grundstücks zu vernachlässigen sind, den profanen Charakter des Grundstücks nicht beeinträchtigen, obwohl diese modica loca selbst als res religiosa dem Rechtsverkehr entzogen sind und den Regeln des Grabrechts unterstehen.
Rekonstruiert man die sachenrechtliche Situation des monumentum der Statia Irene in diesem Sinne, ist anzunehmen, dass die Schenkerin mit der mancipatio nummo uno über das monumentum nicht einen Teil des im Eigentum des Aurelius Primianus stehenden Grundstücks, sondern allein das ius sepulchri an dem auf dem Grundstück befindlichen Grabmal überträgt. Der in CIL VI 12047 wiedergegebene Übertragungsakt wird dazu genutzt, die Berechtigung des Empfängers im Einzelnen festzulegen. Genau wie in den Inschriften die Vindikationslegate des ius sepulchri belegen, erweist sich die grabrechtliche Befugnis auch in der donatio Statiae Irene somit nicht als a priori definierte Rechtsposition, sondern als ein Bündel von Einzelrechten, die von den Beteiligten mit Blick auf die Grabstätte vereinbart werden. Aus dieser rechtsgeschäftlichen Prägung des ius sepulchri erklärt sich schließlich die Notwendigkeit, die getroffenen Vereinbarungen in einer Inschrift zu verewigen: Nur auf diese Weise wird die zwischen den Parteien festgelegte Nutzungsordnung für alle sichtbar und bleibt auch für Rechtsnachfolger präsent.
Eine Grabordnung aus Anlass einer Schenkung eines unbelegten Ortes zeigt die dritte, als donatio Flavii Syntrophi bekannt gewordene Inschrift (CIL VI 10239). Anders als die zwei bisher betrachteten Zeugnisse führt sie nicht die Rechte des Beschenkten, sondern die ihm auferlegten Bedingungen für die Verwendung der geschenkten Sache an. Parteien des Schenkungsgeschäftes sind der Patron Titus Flavius Syntrophus, ein kaiserlicher Freigelassener, und dessen Freigelassener Titus Flavius Aithales. Gegenstand der Schenkung sind genauer bezeichnete Gärten und ein Gebäude sowie eingefriedete Rebstöcke. Im Rahmen von wörtlich zitierten leges dictae (Z. 24) reserviert sich der Schenker das Recht, in den übertragenen Gärten bestattet zu werden. Hauptbestandteil der Abschrift ist ein Stipulationsformular, mit dem der Empfänger mit Wirkung für sich und seine Rechtsnachfolger verspricht, bestimmte Schenkungsauflagen einzuhalten, namentlich an gewissen Daten Totenfeiern in Erinnerung an den Schenker vorzunehmen[142)]. Im hiesigen Zusammenhang ist vor allem das strafbewehrte Versprechen zu erwähnen, nach dem der Beschenkte als Freigelassener des Schenkers dafür zu sorgen hat, dass er die übertragenen Gärten im gemeinschaftlichen Eigentum mit denjenigen Freigelassenen behält, die der Schenker im Testament oder in einem Kodizill mit dem Freiheitsrecht bedacht hat, Z. 6f.: … quo minus ii hor(ti aedificivumve sit com)/mune tibi cum conlibertis tuis utriusque sexus qui a me testamento codicillisv(e honorati erunt)…[143)]. Die hiermit vorgesehene Gemeinschaft (communio) der Freigelassenen am übertragenen Grundstück soll nicht nur Erinnerungsfeiern für den Schenker erleichtern, also den Zwecken der res religiosa dienen. Vielmehr betrifft sie offenkundig auch die Nutzung und Fruchtziehung aus den Grundstücksbereichen, die nicht Teil der Grabstätte sind (s. o. II.2.d). So macht der Schenker Vorgaben, wie Erträge zu verwenden sind; zudem werden die Freigelassenen verpflichtet, das Grundstück im gemeinsamen nomen (gentile) zu halten[144)], also das nomen gentile des Schenkers fortzusetzen. Zur Sicherung dieser Bestimmung legt die Stipulation dem letztüberlebenden Freigelassenen auf, in seinem Testament dafür zu sorgen, dass die Berechtigung nur auf jemanden übergeht, der ebenfalls das nomen gentile trägt[145)].
Die in der Inschrift niedergelegten Auflagen des Schenkers werfen verschiedene Fragen auf[146)], die an dieser Stelle nicht alle zu behandeln sind. Von Interesse ist hier nur die Frage der rechtlichen Konstruktion der communio zwischen den Freigelassenen. Einerseits ist nämlich zu beachten, dass die schenkweise Manzipation an einen keine Gemeinschaft aller am geschenkten Gegenstand begründen kann, zumal die übrigen Berechtigten zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses noch gar nicht feststehen, sondern erst im Testament oder Kodizill des Schenkers genannt oder freigelassen werden sollen[147)]. Auch als aufschiebend bedingtes Geschäft lässt sich die Mitberechtigung nicht konstruieren, weil dies gegen die Bedingungsfeindlichkeit der mancipatio als actus legitimi[148)] verstieße. Schließlich ist zu beachten, dass sich die Verpflichtung auch aus der vom Beschenkten abgegebenen Stipulation nicht ableiten lässt, weil sie nur negativ formuliert ist[149)], indem sie vom Beschenkten verlangt, nichts gegen die Gemeinschaftlichkeit des Grundstücks zu unternehmen.
Nach diesen Überlegungen kann sich die Mitberechtigung der anderen Mitfreigelassenen nur aus anderen, nicht in der Inschrift aufgeführten Rechtsakten ergeben, wobei namentlich an das in der Inschrift immerhin erwähnte Testament des Schenkers zu denken ist. Ein Vindikationslegat über das Eigentum am Gartengrundstück zugunsten aller Freigelassenen scheidet aus, da der Testator schon zu seinen Lebzeiten über das Grundstück verfügt hat und daher nicht mehr Eigentümer ist; auch ein legatum sinendi modo[150)] kann nicht an fremden Sachen begründet werden[151)]. Vorstellbar wäre allenfalls ein schuldrechtliches Legat, das den Erben verpflichtet, die im fremden Eigentum stehende Sache zu verschaffen bzw. dem Legatar Ersatz zu leisten, wenn sich der Dritteigentümer nicht zur Überlassung der Sache bereit erklärt[152)]. Im Fall der donatio Flavii Syntrophi müsste also der Erblasser (Titus Flavius Syntrophus) seine Erben verpflichten, den im Testament genannten Freigelassenen die Mitberechtigung am Grundstück des Freigelassenen Titus Flavius Aithales ‚zu verschaffen‘. Dieses Damnationslegat würde der von Aithales in der Stipulation versprochenen Duldung der communio entsprechen. Das Versprechen des Empfängers der lebzeitigen Schenkung diente somit nur dazu, die Erfüllung des den Erben auferlegten Verschaffungsvermächtnisses abzusichern: Mit dem Erbfall würden die Erben den beschenkten Titus Flavius Aithales – als aktuellen Eigentümer des Grundstücks – ersuchen, den übrigen Freigelassenen Miteigentum am Grundstück einzuräumen; aufgrund der in der Stipulation erteilten Zusage müsste er diesem Begehren nachkommen oder Wertersatz leisten, falls er es absprachewidrig verweigert.
Die komplexe lebzeitige Gestaltung hätte gegenüber einem Vindikationslegat an alle im Testament Freigelassenen den Vorteil, dass der Verstorbene als Schenker zu Lebzeiten die Auflagen formulieren und das Versprechen zur Einhaltung der Auflagen selbst abnehmen konnte. Man kann spekulieren, ob die Gestaltung aus einem gewissen Misstrauen gegenüber dem Erben gewählt wurde, weil dieser bei einem Legat unter Auflage selbstverständlich auch Stipulationen zur Sicherung der Auflage verlangen könnte[153)]. Vor allem aber stellte Titus Flavius Syntrophus durch die lebzeitige Schenkung unter Auflage sicher, dass der unmittelbar beschenkte Freigelassene Titus Flavius Aithales das Gartengrundstück und auch die Grabpflege übernahm; auf diese Weise war der Totenkult unabhängig davon gesichert, ob der eingesetzte Erbe antrat oder nicht.
Aus dieser Zwecksetzung des donatio Flavi Syntrophi folgt auch der Zweck der inschriftlichen Wiedergabe. Während die für den Erfolg der Vergemeinschaftung notwendigen Rechtsakte nicht in der Inschrift enthalten sind, mahnt diese den Beschenkten und dessen Rechtsnachfolger, die gegenüber dem Schenker übernommenen Verpflichtungen zur Nutzung des Grundstücks, zur Aufnahme weiterer Berechtigter und zur Bestattung und Grabpflege zugunsten des Patrons einzuhalten. Die gegenüber anderen Grabinschriften ungewöhnlich detaillierte Wiedergabe der Schenkungsbestimmungen verfolgt somit den Zweck, die vom Schenker verfolgten Ziele über den eigentlichen Schenkungsakt hinaus präsent zu halten[154)]. Die Grabsatzung selbst erweist sich damit lediglich als Nebenbestimmung eines lebzeitigen Rechtsgeschäftes, dessen grabrechtlich relevanten Anordnungen auf Stein wiederholt werden.
Mit dieser Beobachtung lassen sich die ausführlichen Schenkungsdossiers mit den knappen ergebnisorientierten Belegen zum Erwerb eines Grabplatzes in Einklang bringen. Während die auf das Ergebnis abstellenden Belege die Berechtigung des Grabstifters, ein Grab an diesem Platz errichten zu dürfen, beweisen sollen, dienen die ausführlicheren Abschriften von Schenkungen auf Grabsteinen dazu, die weiteren, bei Erwerb oder Weitergabe des Ortes getroffenen Anordnungen des Grabstifters oder des früheren Eigentümers präsent zu halten.
c) Dülls und Kasers Lehre von der konstitutiven Natur der Inschrift
Entgegen der hier vertretenen Deutung der Grabinschriften als (Teil-)Abschrift einer rechtsgeschäftlichen Urkunde haben Düll und Kaser die These entwickelt, die Grabsatzung werde durch die Inschrift rechtsverbindlich festgelegt[155)]. Kaser führt hierzu aus[156)]:
„Mit Düll halten wir die Aufrichtung der Grabinschrift für ein rechtserhebliches Element der Gründung des Grabes. Dieses ist ein einseitiger, rechtsschöpferischer Akt der juristischen Selbstgestaltung, mit dem der Gründer innerhalb seiner subjektiven Rechtssphäre Bindungen schafft; also ‚Privatautonomie‘, aber mit primärer Wirkung nicht im Privat-, sondern im Sakralrecht […]. Damit ist vereinbart, daß Verfügungen, die sich auf das Grab beziehen, auch in Testamenten, Schenkungen, Fideikommissen enthalten sein können; für die grabrechtlichen Wirkungen kommt es jedoch auf die Inschrift an, in die die genannten Geschäfte darum zuweilen wörtlich übernommen werden.“
Kaser nimmt mithin an, dass die Inschrift als lex dicta das Grabrecht begründe; zur Erklärung verweist er auf das Sakralrecht, nach dem alle (dem weltlichen Recht unterstehenden) Rechtsgeschäfte, die sich auf das Grab bezögen, unerheblich seien, da die Rechtswirkungen allein von der Inschrift abhingen. Die wenigen Zeugnisse zum römischen Sakralrecht decken diese Annahme nicht: Aus Ciceros de legibus lässt sich lediglich schließen[157)], dass das Sakralrecht Vorgaben für die ordnungsgemäße Bestattung enthielt[158)], deren Einhaltung die pontifices[159)], in der Kaiserzeit auch der princeps oder nach Delegation der Statthalter[160)], überwachten. Von tituli sepulcrales handelt die bruchstückhafte Überlieferung des römischen Sakralrechts hingegen nicht.
Weitergehend postuliert Düll, nach griechischem Vorbild habe sich auch in Rom die Übung etabliert, „dass der Grabstifter der Anlage ein ganz bestimmtes Recht mit Wirkung gegen alle autonom setzen kann“[161)]. Entscheidend für die Wirkung der Inschrift sei „die Anbringung mit Willen des Grabstifters an der Grabstätte […] und deren Billigung durch die Priesterschaft“[162)]. Zur Begründung verweist Düll auf Horaz[163)] sowie auf Petronius[164)], die beide die auch in Inschriften häufige Formel hoc monumentum heredem (exterum) non sequetur[165)] bezeugen. Düll schließt hieraus[166)]:
„Die rechtsgestaltende Inskriptionswirkung trat augenscheinlich mit der veranlassten Beisetzung des Vermerks am monumentum ein. Horaz führt die genannte Stelle ein mit den Worten ‚hier gab er bekannt‘ (hic dabat) und Petronius verweist bloss auf den notwendigen Beisatz (adici volo). [...] Für die Herbeiführung der Rechtswirkung war daher die Inschrift das wesentliche; eine gültige letztwillige Verfügung des Grabstifters war nach den Umständen zur Herbeiführung solcher Wirkung gar nicht notwendig, […].“
Während der von Düll zitierten Satire des Horaz schon ihrer Anlage nach kaum Aussagen zum Verhältnis von Inschrift und Testament entnommen werden können[167)], ist der Verweis auf Petronius irreführend: Wie der Kontext von Petron. 71,1–72,4, das sog. Testament des Trimalchio, zeigt, behandelt Petronius Bestimmungen, die im Rahmen einer letztwilligen Verfügung auch mit Blick auf die Begräbnisstätte getroffen werden: So verliest Trimalchio zunächst sein Testament und bittet sodann Habinnas, ihm ein Grabmal zu errichten. Nachdem er das Grabmal genauer beschrieben hat (Statue, Abmessungen des Grabes[168)], Bepflanzung), fügt Trimalchio die zitierte Klausel hinzu. Damit ist Düll zwar Recht zu geben, dass die Grabmalklausel selbst nicht Teil des Testaments zu sein braucht[169)]; wie aber die Juristenschriften zeigen[170)], handelt es sich bei der Bitte, ein Grabmal zu errichten, um eine typischerweise im Zusammenhang mit dem Testament formulierte, ursprünglich sittliche Pflicht, die zunächst nur im Rahmen der Erbteilung (bei mehreren Erben) beachtlich war, später direkt als Fideikommiss klagbar wurde[171)]. Es liegt nahe, dass der Erblasser nicht nur den für das Grabmal aufzuwendenden Betrag und dessen nähere Ausgestaltung bestimmen[172)], sondern auch festlegen konnte, ob gegebenenfalls weitere Personen berücksichtigt werden sollten. Entscheidend für diese Berechtigung ist mit dieser Überlegung allerdings nicht die Inschrift, sondern die letztwillige Anordnung, die ihr zugrunde liegt.
Ein letztes Argument zur Abstützung seiner Lehre gewinnt Düll aus:
CIL VI 26445 = EDCS-14200625 (2. Jh. n. Chr.) D(is) M(anibus) /Serviliae Pollae f(iliae) /quae vixit ann(os) XII d(ies) XVII /fecit /L(ucius) Servilius Agathyrsus / pater et sibi et Popiliae /Beronice coniugi et suis /lib(ertis) libertabusq(ue) posterisq(ue) /eorum. Huic munimento /intercedet lex ne donatio /fiat. Quod si quis admiserit, /inferet aerario p(opuli) R(omani) HS XXX (milia) n(ummum).
Er sieht in diesem Text die Identität von Inschrift und lex dicta bestätigt, da der Grabstifter den Begünstigten Schenkungen des Grabmals und damit der Grablege untersage[173)]. In der Tat bezeugt die Inschrift eine lex dicta des Lucius Servilius Agathyrsus, der das Grab aus Anlass des Todes seiner Tochter gestiftet hat (s. o. III.1). Dass die Inschrift selbst diese lex dicta darstellt, ist damit aber nicht gesagt. Wie gesehen, wird die in einer Inschrift aufscheinende Regelung keineswegs in ihr selbst getroffen, sondern stellt die meist abgekürzte Abschrift einer anderweitig getroffenen Regelung dar[174)]. Zur Verdeutlichung dieses Arguments lässt sich erneut auf das Grabmal für Marcus Herennius Protus verweisen, das als donatio des Titus Flavius Artemidorus bekannt geworden ist (CIL VI 10241, s. o. III.2)[175)]. Zu Recht ist niemand auf die Idee verfallen, dass die Inschrift, die aus einem chirographum zitiert, das die durch mancipatio nummo uno vollzogene Schenkung des Urnenplatzes und die sie begleitenden Stipulationen zur Sicherung der Grabrechte schriftlich festhielt, selbst das Schenkungsgeschäft darstelle. Ebenso fernliegend ist es, das Zitat der lex dicta in CIL VI 26445 als Beweis dafür anzuführen, dass die Inschrift selbst die lex dicta darstelle.
Geht man – wie hier begründet – davon aus, dass der Inschrift rein deklaratorische Bedeutung zukommt, stimmen die in Grabinschriften ersichtlichen Rechtsansichten und die juristische Überlieferung weitgehend überein:
d) Inschrift und Grabsatzung
So bildet ausweislich der juristischen Überlieferung die Inschrift selbst (inscriptio monumenti) keine ausreichende Grundlage, um Eigentum am locus purus oder das ius sepulchri an der Grabstätte zu übertragen:
C. 3,44,6 Alex. Sev. (a. 224) Monumentorum inscriptiones neque sepulchrorum iura neque dominium loci puri ad libertos transferunt. …
Das Reskript des Severus Alexander hält fest, dass Inschriften auf Grabmälern allein keine Rechte am Grundstück auf die Freigelassenen übertragen könnten. Es bestätigt, dass die Inschrift nur anderweitige Verfügungen wiedergibt und zeigt, dass gerade die inschriftlich viel belegte Klausel libertis libertabusque posterisque eorum nur dann Wirkungen zeitigt, wenn sie von einem entsprechenden lebzeitigen oder letztwilligen Rechtsgeschäft getragen ist. Auch ein Fragment aus den Digesten betont diese Rechtsansicht und lässt gleichzeitig erkennen, dass sie in der Praxis nicht immer beachtet wurde:
D. 11,7,6pr. Ulp. 25 ad ed. … Liberti autem nec sepeliri nec alios inferre poterunt, nisi heredes extiterint patrono, quamvis quidam inscripserint monumentum sibi libertisque suis fecisse: et ita Papinianus respondit et saepissime idem constitutum est.
So hält Ulpian fest, dass Freigelassene nur dann im Erbgrab des Patrons bestattet werden können, wenn sie als Erben eingesetzt worden sind; die bloße Aufnahme in der Inschrift übertrage die Grabberechtigung nicht, wie Papinian und zahlreiche kaiserliche Konstitutionen mitgeteilt hätten[176)].
Für Kaser sind beide Texte ein Beleg für eine restriktive Freilassungspolitik der Kaiserzeit, die sich auch im Grabrecht zeige[177)]. Diese Deutung ist allerdings willkürlich, denn sie beruht auf der nur durch Interpolationen erreichten Annahme (s. u. IV.1), dass liberti nicht zur Bestattung in sepulchra familiaria berechtigt seien, und verkennt, dass Ulpians Darlegung nach der Überlieferung nicht im Zusammenhang mit Familiengräbern, sondern mit Erbgräbern steht[178)]. Berücksichtigt man diesen Kontext, formuliert Ulpian keinen generellen Vorbehalt gegenüber der Grabberechtigung von liberti, sondern betont lediglich, dass sich die Grabberechtigung nicht nach der Inschrift, sondern nach der zugrundliegenden Verfügung, namentlich nach dem Testament des Grabstifters, richte: Da liberti nicht Intestaterben des Patrons sind, können sie nur dann vom Erbgrab profitieren, wenn sie im Testament als Erben eingesetzt worden sind. Erneut ist nicht die Inschrift, sondern die Verfügung des Patrons maßgeblich, was auch dem Befund der Grabinschriften entspricht. Aus dieser Perspektive sind im Folgenden die Unterschiede bei der Gründung von sepulchra hereditaria und sepulchra familiaria nach Rechtsquellen und Inschriften erneut zu prüfen.
IV Grabtypen in Rechtsquellen und Inschriften
Nach den justinianischen Quellen kann der Grabstifter bestimmen, welche weiteren Personen zur Grablege berechtigt sein sollen. Hinsichtlich der Grabberechtigung mehrerer unterscheiden die römischen Juristen „Familiengräber“ (sepulchra familiaria) von „Erbgräbern“ (sepulchra hereditaria).
1 Zu sepulchra familiaria und hereditaria in den Digesten
Den wichtigsten Beleg für die juristische Differenzierung zwischen den beiden Grabtypen bilden zwei Fragmente aus Gaius’ und Ulpians Ediktskommentaren, die von den Kompilatoren zu einer einheitlichen Darstellung verbunden wurden.
D. 11,7,5 Gai.19 ad ed. prov. [179)] Familiaria sepulchra dicuntur, quae quis sibi familiaeque suae constituit, hereditaria autem, quae quis sibi heredibusque suis constituit.
D. 11,7,6pr. Ulp. 25 ad ed. Vel quod pater familias iure hereditario adquisiit. Sed in utroque heredibus quidem ceterisque successoribus qualescumque fuerint licet sepeliri et mortuum inferre, etiamsi ex minima parte heredes ex testamento vel ab intestato sint, licet non consentiant alii. Liberis autem cuiuscumque sexus vel gradus etiam filiis familiae et emancipatis idem ius concessum est, sive extiterint heredes sive sese abstineant. Exheredatis autem, nisi specialiter testator iusto odio commotus eos vetuerit, humanitatis gratia tantum sepeliri, non etiam alios praeter suam posteritatem inferre licet. …
Sepulchra familiaria sind nach Gaius Grabstätten, die der Grabstifter für sich und seine familia vorgesehen hat, sepulchra hereditaria hingegen diejenigen, die er für sich und seine Erben errichtet hat. Der von den Kompilatoren angefügte Ausschnitt aus Ulpians Ediktskommentar ergänzt diese Definition der Erbgräber um die Variante vel quod pater familias iure hereditario adquisiit, bezieht also diejenigen Grabstätten mit ein, die der pater familias im Wege der Erbfolge erworben hat[180)]. Die beiden Arten der sepulchra hereditaria unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Chronologie: Gaius beschreibt das Grab, das der Erblasser zu seinen Lebzeiten für sich und seine Erben begründet hat; Ulpian ergänzt aus Sicht des Erben, dass dieser die Erbstätte auch durch Erbgang erwerben kann, mithin ein von einem Verstorbenen begründetes Erbgrab fortführt[181)].
a) Zur Bestattungsberechtigung in Erbgräbern
Für beide Arten von Erbgräbern stellt sich die von Ulpian im Fortgang des Textes erörterte Frage, wer als Erbe anzusehen ist. Die Antwort des Juristen zeigt, dass er die auf das Erbrecht gestützte Grabberechtigung weit auslegt: So sind nicht nur die zivilen Erben des ursprünglichen Gründers oder die Erben dieser Erben grabberechtigt, sondern alle sonstigen Rechtsnachfolger (ceteri successores)[182)]. Weiter ist das Bestattungsrecht im Erbgrab auch nicht an einen besonderen Anteil am Nachlass gebunden; vielmehr genügt eine Erbenstellung ex minima parte; zudem kommt es nicht auf die Art der Erbfolge an, sodass sowohl Testaments- als auch Intestaterben zum Grab berechtigt sind. Schließlich hebt Ulpian hervor, dass das Bestattungsrecht beim sepulchrum hereditarium nicht nur für tatsächlich angetretene Erben, sondern für alle erbberechtigten Abkömmlinge des Stifters gilt, auch wenn sie die Erbschaft ausgeschlagen haben. Nach seiner Meinung sind humanitatis gratia sogar die enterbten Kinder bestattungsberechtigt, sofern der Erblasser sie nicht aus einem berechtigten Grund enterbt und ihnen gleichzeitig das Bestattungsrecht versagt hat[183)]. Die hieran anschließende Einschränkung non etiam alios praeter suam posteritatem inferre licet zeigt, dass der weite Kreis der Grabberechtigten beim Erbgrab auf die eigenen Nachkommen (posteritas) begrenzt ist, die aufgrund ihrer Abstammung eine natürliche Erwerbserwartung haben[184)]. Damit sind insbesondere die oft als Kinderersatz[185)] fungierenden Freigelassenen vom Erbgrab ausgeschlossen[186)], wenn der Patron sie nicht tatsächlich als Erben eingesetzt hat:
D. 11,7,6pr. Ulp. 25 ad ed. … Liberti autem nec sepeliri nec alios inferre poterunt, nisi heredes extiterint patrono, quamvis quidam inscripserint monumentum sibi libertisque suis fecisse: et ita Papinianus respondit et saepissime idem constitutum est.
Ulpian hebt hervor, dass die Grabberechtigung der liberti im Erbgrab von deren testamentarischen Einsetzung abhänge, während die inschriftliche Bekundung, dass der Patron das Grab für sich und die Freigelassenen errichtet habe, nicht ausreiche, um ihre Erbberechtigung zu begründen. Schon Theodor Mommsen hat in dieser Rechtslage einen Widerspruch zu den Grabinschriften gesehen, wenn er ausführt[187)]:
„Aber in der Kaiserzeit […] ist von dieser Verknüpfung des Grabes mit dem Geschlechtsnamen eine eigenthümliche Anwendung gemacht oder doch versucht worden. Usuell verstand man in dieser Epoche unter dem nomen diejenigen Personen, welche ihren Geschlechtsnamen von dem Inhaber des Grabrechts herleiteten und eröffnete das sepulcrum familiare neben der agnatischen auch der so zu sagen juristischen Descendenz des Betreffenden, seinen Freigelassenen sowie deren physischen und juristischen Nachkommen, welche man also der familia zugerechnet haben wird. Diese sprachlich wie sachlich nicht zu rechtfertigende Ausdehnung des Grabrechts wurde von den Rechtsgelehrten gemissbilligt; sie tritt aber in den Grabschriften so häufig auf, dass sie kaum als einfacher Missbrauch angesehen werden kann, und es hat einige Wahrscheinlichkeit, dass die pontificale Instanz dies Grabrecht der Freigelassenen gelten liess.“
Als Beleg für die Missbilligung der Bestattung von liberti durch die römischen Juristen zitiert Mommsen die in Frage stehende Aussage Ulpians sowie C. 3,44,6, wobei er unterschlägt, dass sich Ulpian nach der Überlieferung auf das Erbgrab und gerade nicht auf das Familiengrab bezieht (s. o. III.2.d). Die Annahme eines Widerspruchs zwischen inschriftlicher Praxis und Jurisprudenz wurde durch die Interpolationenkritik vertieft, namentlich durch Emilio Albertario, der behauptete, der Hinweis auf die Notwendigkeit einer Erbeinsetzung der Freigelassenen sei erst von den Kompilatoren in den Zusammenhang mit dem Erbgrab gesetzt worden und habe sich ursprünglich auf das Familiengrab bezogen[188)]. Auch De Visscher und Kaser folgen dieser Annahme[189)]. Dabei erkennt De Visscher immerhin an, dass die liberti zu den Berechtigten des Familiengrabes gehören, weil sie familia sind[190)]. Kaser hingegen bezieht die Aussage Ulpians auf das Familiengrab[191)] und sieht in ihr eine „allgemeine Abneigung der weltlichen Gewalten gegen das Familiengrab, dessen Nutznießer ja hauptsächlich die Freigelassenen waren“[192)]. Entsprechend interpretiert Kaser Ulpians Aussage liberti autem nec sepeliri nec alios inferre poterunt, nisi heredes extiterint patrono als generelle Ablehnung der Bestattung von Freigelassenen in Grabstätten des Patrons[193)].
Gegen diese Deutung spricht die Definition von familia in Ulpians Ediktskommentar[194)]:
D. 50,16,195,1 Ulp. 46 ad ed. ‚Familiae‘ appellatio qualiter accipiatur, videamus. … Ad personas autem refertur familiae significatio ita, cum de patrono et liberto loquitur lex: ‚ex ea familia‘, inquit, ‚in eam familiam‘: et hic de singularibus personis legem loqui constat.
Ulpian untersucht die Vielschichtigkeit des Begriffs der familia. Als Beispiel für dessen Verwendung für Personen verweist er auf die dem XII-Tafel-Gesetz zugeschriebene Aussage ex ea familia in eam familiam. Die auch anderweitig belegte Bestimmung besagt, dass das Vermögen eines ohne Testament verstorbenen Freigelassenen an den Patron und dessen familia fallen solle[195)]. Sowohl das XII-Tafel-Gesetz als auch das prätorische Edikt gehen mithin davon aus, dass patronus und liberti zur gleichen familia gehören. Wenn zwei für die Prinzipatszeit konstitutive Rechtstexte liberti als familia behandeln[196)], gibt es keinen vernünftigen Grund, den Freigelassenen die Zugehörigkeit zur familia und damit auch die Berechtigung an den sepulchra familiaria abzusprechen (s. u. IV.1.c).
Auch die weiteren, als familia zum Grab Berechtigten stimmen mit Ulpians Worterklärungen zum Begriff familia überein.
b) Der Begriff der familia für Familiengräber
Auf D. 50,16,195,1 Ulp. 46 ad ed., der familia als Bezeichnung für Sachen und Personen betrachtet hat, analysiert Ulpian in § 2 den Begriff der familia für Personenmehrheiten. Die erste Bedeutungsvariante bezeichne die familia iure proprio:
D. 50,16,195,2 Ulp. 46 ad ed. Familiae appellatio refertur et ad corporis cuiusdam significationem, quod aut iure proprio ipsorum aut communi universae cognationis continetur. Iure proprio familiam dicimus plures personas, quae sunt sub unius potestate aut natura aut iure subiectae, ut puta patrem familias, matrem familias, filium familias, filiam familias quique deinceps vicem eorum sequuntur, ut puta nepotes et neptes et deinceps. Pater autem familias appellatur, qui in domo dominium habet, recteque hoc nomine appellatur, quamvis filium non habeat: non enim solam personam eius, sed et ius demonstramus: denique et pupillum patrem familias appellamus. …
Als familia iure proprio würden mehrere Personen, die der Natur nach oder von Rechts wegen unter ein- und derselben Gewalt stehen, als familia bezeichnet[197)]. Von Rechts wegen stehen Hauskinder, die Ehefrau in manu, personae in mancipio sowie die über Haussöhne vermittelten Enkel in der Gewalt des Vaters. Der Klärung bedarf, was Ulpian mit natura subiectus meint. Natura im Zusammenhang von Abstammung weist in der Regel auf die kognatische Verwandtschaft hin, die allerdings nicht gemeint sein kann, da sie in Ulpians Traktat zur familia erst in § 4 behandelt wird. Daher ist an die Abhängigkeit zu denken, die zwischen emancipati und ihrem früheren Hausvater besteht und für die Moriaud den Begriff der „simple famille paternelle“ geprägt hat[198)]. Die Bezeichnung rechtfertigt sich daraus, dass die emanzipierten Kinder aufgrund des früheren Gewaltverhältnisses nach ius praetorium weiterhin erbberechtigt sind[199)]. Aufgrund der Fiktion – ‚wie wenn sie noch in der Gewalt des Vaters wären‘ – wird ihnen die bonorum possessio ab intestati (unde liberi) sowie die bonorum possessio contra tabulas zuerkannt, wenn sie im Testament des Vaters übergangen worden sind[200)]. Es ist plausibel, diese auf der Abstammung beruhende Anbindung an den früheren Hausvater als ‚natürliche Unterworfenheit‘ zu bezeichnen und hierin eine Unterart der familia iure proprio zu sehen. Wenn Gaius Familiengräber somit dahingehend definiert, dass der pater familias sie für sich und seine familia begründe (quae quis sibi familiaeque suae constituit, D. 11,7,5 Gai. 19 ad ed.), setzt dies die familia iure proprio voraus: Das Grab wird also für die vom Hausvater abhängigen Personen des Hausverbandes geschaffen. Auch die Bestattungsberechtigung in Erbgräbern entspricht einer Bedeutungsvariante des Begriffs der familia.
c) Zur Bedeutung der familia bei Erbgräbern
So definiert Ulpian im Fortgang seiner Darlegungen zu einem personenbezogenen familia-Begriff die familia communi iure:
D. 50,16,195,2 Ulp. 46 ad ed. … Communi iure familiam dicimus omnium adgnatorum: nam etsi patre familias mortuo singuli singulas familias habent, tamen omnes, qui sub unius potestate fuerunt, recte eiusdem familiae appellabuntur, qui ex eadem domo et gente proditi sunt.
Maßgeblich für dieses Verständnis von familia ist die agnatische Verwandtschaft, die zwischen Personen eines Hausstandes oder einer gens besteht, die durch einen gemeinsamen aktuellen oder verstorbenen Gewalthaber verbunden sind[201)]. Im Unterschied zur familia proprio iure (beim Familiengrab) bezeichnet dieser Begriff mithin nicht die einem pater familias nachgeordneten Personen, sondern den Kreis der Agnaten, dem der pater familias selbst als Mitglied angehört. Ulpians Definition des Erbgrabes (quod pater familias iure hereditario adquisiit, D. 11,7,6pr. Ulp. 25 ad ed.) knüpft an diese Konzeption der familia iure communi an, indem der Jurist darauf abstellt, dass der pater familias das Grab durch Erbfall erwirbt, weil er selbst Teil eines Familienverbandes ist.
Die unterschiedlichen Deutungen des Begriffs familia, die Ulpian in D. 50,17,195pr–2 darlegt, beweisen, dass die engen Verbindungen zwischen der Grabberechtigung im Erbgrab und der Zugehörigkeit zur familia keineswegs als Interpolationsmotiv angesehen werden dürfen. Die gegen die überlieferte Textgestalt formulierte Annahme, D. 11,7,6pr. könne sich nicht auf das Erb-, sondern nur auf das Familiengrab bezogen haben, verkennt, dass die Berücksichtigung von Nachkommen und ‚Familienangehörigen‘ im Erbgrab keineswegs Ausdruck eines konzeptionellen Verfalls von Grabtypen oder gar einer justinianischen Interpolation ist, sondern eine logische Folge der schon für das XII-Tafel-Gesetz belegten engen Verzahnung von Erbfolge und Familienrecht darstellt.
Besteht mithin kein Grund, die Authentizität der Überlieferung zu den beiden Grabtypen in Frage zu stellen, ist zu untersuchen, wie sich beide in der inschriftlichen Praxis darstellen und welche Gestaltungsvarianten auftreten.
2 Die Dualität der Grabtypen in Inschriften
Da die über die Anzeige der Bestattung hinausgehende Grabsatzung eine rechtsgeschäftliche Anordnung (zu Lebzeiten oder von Todes wegen) voraussetzt (s. o. III.2c–d), ist zunächst zu fragen, welche rechtliche Bedeutung den zahlreichen Belegen zukommt, die schlicht vermerken, dass der oder die Grabstifter ein Grabmal errichtet hätten (fecit, fecerunt)[202)]. Dient die Inschrift ohnehin nur dazu, die Begräbnisstätte einer Person anzuzeigen, ist dieser rein deklaratorischer Hinweis ausreichend; soweit der Grabstifter aber – wie für Erb- und Familiengräber – (auch) die zukünftige Bestattung weiterer Personen vorsieht, ist die Frage nach der rechtlichen Grundlage der inschriftlichen Grabsatzung zu stellen.
a) Die Anordnung von Erbgräbern
Unproblematisch ist die Frage nach der Grundlage der Grabsatzung bei Erbgräbern. Da sie ausweislich der ulpianischen Definition in D. 11,7,6pr. im Wege der Erbfolge erworben werden, bedarf ihre Übertragung keiner gesonderten rechtsgeschäftlichen Anordnung[203)], was auch ihre geringere Bezeugung in Inschriften erklärt[204)]. Soweit nämlich der Grabstifter einen Erben hat, ist dieser grabberechtigt. Der erbweise Übergang kann, muss aber nicht in der Grabinschrift vermerkt werden, zum Beispiel, indem die Inschrift auf die Art der Erbfolge hinweist. Als Beispiel für einen Verweis auf das Testament der Stifterin sei genannt:
CIL VI 7474 = EDCS-18600187 Annia Festa /fecit sibi et /coniugi carissimo et / quos in testamento /heredes nominavero.
Das Grab der Annia Festa soll nicht nur der Stifterin und ihrem verstorbenen Ehemann zustehen, sondern auch den später in ihrem Testament benannten Erben[205)]. Entscheidend für die Grabberechtigung ist somit die (spätere) testamentarische Anordnung – diese wird in der Inschrift angekündigt. Auf die gesetzliche Erbfolge zielt:
CIL VI 14929 = EDCS-16000252 (3. Jh. n. Chr.) D(is) M(anibus) s(acrum) /Claudius Antipatr/us sibi et suis et here/dibus profiiisque[a]eor/um fecit Claudius L(uci) l(ibertus).
Claudius Antipatrus, Freigelassener des Lucius, hat das Grabmal für sich, die seinen, die Erben und deren – über Söhne vermittelte – Enkel errichtet. Die neben dem Grabstifter zum Grab Berechtigten sind mithin die sui, d.h. Hauskinder des Stifters, andere Erben, z.B. agnatisch Verwandte, und deren Enkel im Mannesstamm (profilii). Das so skizzierte Schema entspricht der Intestaterbfolge des ius civile, womit sich zeigt, dass genau wie für die Rechtstexte angenommen wurde (s. o. IV.1.c), die Angehörigen der familia erb- und damit grabberechtigt sind. Ohne Hinweis auf die Art der Erbfolge bleibt:
CIL VI 9164 = EDCS-19000613 (1. bis 2. Jh. n. Chr.) P(ublius) Iunius Crescens, / argenta(rius), sibi et he/redib(us) suis vivos fecet.
Publius Iunius Crescens, ein Argentarier, hat das Grabmal für sich und seine Erben zu Lebzeiten errichtet, womit sowohl testamentarische als auch Intestaterben das Bestattungsrecht haben, je nachdem ob der Grabstifter mit oder ohne Testament verstirbt. Dass die auf einer Grabinschrift niedergelegte Planung enttäuscht werden kann, zeigt:
CIL VI 13652 = EDCS-15400447 (1–50 n. Chr.) D(is) M(anibus) /Q(uintus) Bruttius Secundus /se vivo <vacat> /<vacat> /sibi her(edibus) posterisq(ue) eor(um).
Wie der freie Bereich nach se vivo in Zeile 3 und die gänzlich freigelassene Zeile 4 zeigen, hätten nach dem Errichter Quintus Bruttius Secundus noch Namen von Personen eingetragen werden können, falls diese zu dessen Lebzeiten verstorben wären. Da dieser Fall nicht eingetreten ist, sind neben dem Grabstifter lediglich dessen Erben und deren Nachkommen als Grabberechtigte in der Inschrift genannt.
Wie die juristische Überlieferung zeigt, kann das Bestattungsrecht in Erbgräbern auch auf bestimmte Erben beschränkt sein:
D. 47,12,3,3 Ulp. 25 ad ed. praet. Si quis in hereditarium sepulchrum inferat, quamvis heres, tamen potest sepulchri violati teneri, si forte contra voluntatem testatoris intulit: licet enim cavere testatori, ne quis eo inferatur, ut rescripto imperatoris Antonini cavetur: servari enim voluntatem eius oportere. Ergo et si cavit, ut unus tantum heredum inferret, servabitur, ut solus inferat.
In diesem Fragment aus seinem Kommentar zur actio sepulchri violati[206)] behandelt Ulpian den Fall, dass ein kraft seiner Stellung zur Bestattung berechtigter Erbe jemanden in einem Erbgrab bestattet, dabei aber die vom Testator vorgegebene Beschränkung auf bestimmte Personen oder den Ausschluss Einzelner nicht beachtet hat, weshalb der Jurist gegen ihn die actio sepulchri violati erteilt[207)]. Die Entscheidung zeigt, dass obwohl der Bestattende als Erbe zur Grablege im sepulchrum hereditarium berechtigt war, er mit der Strafklage haftet, weil er die Grabordnung verletzt hat, sofern ihm diesbezüglich Vorsatz nachzuweisen ist. Für den Ursprung der Beschränkung der Grabberechtigung verweist das Fragment auf die voluntas testatoris, was nahelegt, dass die Einschränkung des Grabrechts aus dem Testament des Grabstifters stammt. Für diese Deutung spricht auch das von Ulpian zitierte Reskript des Caracalla, nach dem der Erblasser berechtigt sein soll, das ius sepulchri auf einen Erben zu beschränken und die übrigen auszuschließen. Eine entsprechende Klausel ist schließlich auch aus den letztwilligen Bestimmungen des Oktavian überliefert: Sueton zufolge habe Oktavian verboten, seine Tochter und seine Enkelin in seinem Grabmal zu bestatten[208)].
In Inschriften findet sich umgekehrt die Klausel hoc monumentum he redem sequetur/sequitur, die den Erben ausdrücklich auch an der Grabstätte berechtigt:
CIL VI 38697a = EDCS-23102324 (70–30 v. Chr.) Sex(ti) Oppi T(iti) l(iberti) Suri / et Trebia Q(uinti) f(ilia) Tert[ia] /hoc monumentum /heredem sequitur /in fr(onte) p(edes) XII in ag(ro) p(edes) XVI.
CIL VI 38697b = EDCS-23102324 (70–30 v. Chr.) Sex(tus) Oppius T(iti) l(ibertus) Surus /et Trebia Q(uinti) f(ilia) Tertia /hoc monumentum /<vacat> /in fr(onte) p(edes) [XII] in ag(ro) p(edes) XVI.
Der auf einer Stele eingravierte Text des Fragments a ist schwer verständlich, weil die grammatische Form des erstgenannten Sextus Oppius Surus unklar ist, vermutlich aber einen Genitiv darstellen soll, der den Bestatteten anzeigt. Mit et angeschlossen ist im Nominativ die Grabstifterin: Trebia Tertia, Tochter des Quintus. Man kann diese verkürzte Formulierung – wenn man sie nicht anhand des fast gleichlautenden Fundes CIL VI 38697b dergestalt korrigiert, dass auch der erstgenannte im Nominativ steht – dahingehend deuten, dass die Grabstifterin selbst auch im Grab bestattet werden wollte. Nach Giuseppe Gatti gehören beide Stelen zur gleichen Grabanlage[209)], was die Möglichkeit eröffnet, sie an unterschiedlichen Orten zu vermuten: Die gänzlich im Nominativ verfasste (Frg. b) könnte dazu gedient haben, die Grabstifter der Anlage anzugeben; diejenige mit Genitiv und Nominativ (Frg. a) könnte hingegen die eigentliche Begräbnisstätte des zuerst Verstorbenen Sextus Oppius Surus anzeigen. Für beide Orte wird der Übergang auf den Erben vorgesehen, womit festgehalten ist, dass auch der Erbe der Grabstifterin zur Bestattung befugt sein soll, was sich – mangels abweichender Bestimmung – ohnehin aus dem Erbfall ergibt, in der Inschrift aber ausdrücklich in Erinnerung gerufen wird.
Komplexer ist die Rechtslage mit Blick auf sepulchra familiaria, für die in Inschriften das Grab zugunsten der familia libertorum dominiert. Zentral ist insoweit die auch in der Stadt Rom überaus häufig bezeugte[210)] Klausel libertis libertabusque posterisque eorum.
b) Zur Klausel libertis libertabusque posterisque eorum
Die standardmäßige Verwendung der Klausel darf – wie zuletzt Nicolas Laubry gezeigt hat – nicht zu der Annahme verleiten, es handele sich um eine bloße „clause de style“[211)]. So kann Laubry zum einen darauf verweisen, dass nach neueren osteologischen Untersuchungen offensichtlich auch in kleineren Grabkammern mehrere Personen bestattet wurden. Es liege daher nahe, dass der inschriftliche Einbezug der familia libertorum auch der Bestattungsrealität entspricht[212)]. Zum andern zeigen Inschriften, die einzelne Freigelassene wegen Undanks von der Mitnutzung des Grabes ausschließen[213)], dass die Grabstifter wussten, was die Klausel bedeutete. Neben den von Laubry angeführten Gründen ist zu beachten, dass die Klausel nach den obigen Überlegungen (s. o. III.2.c–d) im Kontext einer meist umfangreicheren rechtsgeschäftlichen Regelung steht und daher nur in Bezug auf diese verstanden werden kann, was ihre zu weitgehende oder sinnwidrige Deutung ausschließt. So ist dem zuletzt von Stefan Schrumpf formulierten Einwand, die Klausel sei „völlig lebensfremd“, weil „diese Verfügung natürlich alle jemals zu erwartenden Nachfahren der Freigelassenen einschließen“ könne[214)], entgegenzuhalten, dass die Inschrift lediglich einzelne Bestimmungen des zugrundeliegenden Rechtsgeschäftes wiederholt und mit Blick auf dieses auszulegen ist. Stammt die Formel z.B. aus einer testamentarischen Verfügung zugunsten der liberti, gilt für sie wie für alle Vermächtnisse das Verbot der Zuwendung ad incertas personas (s. o. II.2.d). Entsprechend ist die Begünstigung nur wirksam, wenn der Erblasser wenigstens den Personenkreis, dem das Vermächtnis zugewendet wird, erkennen konnte. Auf die Grabberechtigung der Freigelassenen und ihrer Abkömmlinge bezogen bedeutet dies, dass nicht jegliche zukünftige Generation, sondern nur die Kinder oder Enkel der bei dem Tod des Grabstifters lebenden Personen als Inhaber des ius sepulchri in Betracht kommen[215)]. Die zweite zu erwähnende Einschränkung ist die auch in Inschriften häufig bezeugte Begrenzung des Grabrechts auf Personen des gleichen nomen[216)], womit das nomen gentile des Grabstifters gemeint sein muss (s. o. IV.2.b). Wenn in ein- und derselben Inschrift die männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen als Inhaber des ius sepulchri genannt werden und sodann angeordnet wird, dass das Grabmal nicht aus dem nomen herausgehen dürfe[217)], sind beide Klauseln aufeinander bezogen auszulegen. Nach dieser Gesamtschau der Klauseln sind nicht alle posteri der Freigelassenen, sondern nur diejenigen der männlichen Freigelassenen grabberechtigt. Ausgeschlossen sind hingegen die Nachkommen, die von weiblichen Freigelassenen in gültiger Ehe gezeugt wurden, weil letztere der Familie des Ehemanns angehören und dessen nomen gentile tragen[218)].
Neben dem rechtsgeschäftlichen Ursprung der Klausel libertis libertabusque posterisque eorum ist zu beachten, dass die Überlassung des Grabrechts an die Freigelassenen im Kontext des Patronatsverhältnisses erfolgt, das den grabstiftende Patron und die grabberechtigten Freigelassenen in verschiedener Hinsicht aneinander bindet.
c) Grabstätten von Patron und liberti
Wie die sozialhistorische Forschung gezeigt hat, sind die Freigelassenen die Hauptträger des Grabkultes des Patrons und führen die meist zu Lebzeiten mit diesem bestehende Gemeinschaft auch über seinen Tod hinaus fort, indem sie in der Nähe der Grabstätte oder auf dem Grundstück der Grabstätte verbleiben[219)]. Dieses aus dem Patronatsverhältnis folgende obsequium des libertus[220)] ist auch für das Verständnis der sepulchra familiaria mit Blick auf die familia libertorum von Bedeutung. So ist, wenn die Grabstifter erklären, die Grabstätte auch für die familia libertorum errichtet zu haben (fecerunt), hierin keine rechtsgeschäftliche Übertragung zu sehen:
AE 1968, 49 = EDCS-09701340 (1. Hälfte 2. Jh. n. Chr.) D(is) M(anibus) /Castriciae M(arci) f(iliae) Phoebeane[a], /filiae pientissimae, q(uae) vix(it) an(nos) XIII, d(ies) X, M(arcus) /Castricius Phoebus et Sentia Casta parentes /fecer(unt) lib(ertis) libertabusq(ue) posterisq(ue) eorum. /In front(e) p(edes) VIII, in agro p(edes) VIII.
Die von Marcus Castricius Phoebus und Sentia Casta in Auftrag gegebene Marmorplatte weist Löcher auf, die für eine geplante Anbringung an einem columbarium sprechen[221)]. Neben der Bestattung der Tochter der beiden Grabstifter legen sie fest, dass die Grabstätte auch ihren männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen dienen soll. Die rechtliche Grundlage dieser constitutio bleibt offen, womit an eine rein faktische Überlassung an die liberti zu denken ist. Eine rein tatsächliche Mitnutzung durch die Freigelassenen könnte auch hinter einem ansonsten sehr anschaulichen Beispiel einer Grabgründung auf eigenem Grund und Boden stehen:
CIL VI 3554 = EDCS-19700250 (3. Jh. n. Chr.)
D(is) M(anibus). /M(arcus) Aurel(ius) Alexander primipil(aris) et v(ir) e(gregius) /vivus sibi et uxori suae Aureliae /Antiochianae hunc cepotaphium /separavit de domu et fecit omnibus /suis posterisque suis libertis /libertabusque posterisque eorum /et praecepit heredibus ne quis /extraneum vellit p(o)nere vel /venumdare vel fid(u)ciare vel /donum dare vel ullo (m)odo ali/enare. Nam post haec p(r)aecepta /si quis ainventus[a]fuerit hoc /fecisse, inferat sacro fisco /sestertia centum milia nummum.
In dieser Grabinschrift erklärt Marcus Aurelius Alexander, zu seinen Lebzeiten ein von einem Garten umgebenes Grabmal (cepotaphium) von seinem Villengrundstück (domus) abgetrennt zu haben[222)], um für sich, seine Ehefrau, seine Nachkommen sowie die männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen eine Grabstätte zu errichten. Der Grabstifter berichtet weiter, er habe den Erben verboten, über den Grabplatz zu verfügen, d.h. familienfremde Erben zu bestatten, den Ort zu veräußern oder zu belasten[223)]. Die Inschrift zeigt erstens, dass sich ein Grund-eigentümer entscheiden konnte, bestimmte Flächen auf seinem Grundstück für Grabplätze zu reservieren[224)]. Zweitens lässt sie erkennen, dass die Grabgründung als Familiengrab, die wahrscheinlich anlässlich der Bestattung der Ehefrau des Grabstifters stattfand, keineswegs ausreichte, um die Grabordnung im Sinne des Grabstifters zu sichern. Vielmehr bedurfte die lebzeitige Planung der Absicherung im Testament, indem der Grabstifter seinen Erben, die offenbar nicht mit den Grabberechtigten identisch waren, verbot, über die Grabstätte zu verfügen. Wie der Zugriff der liberti auf die Grabstätte sichergestellt wird, bleibt hingegen offen; die anderweitig bezeugte enge Lebensgemeinschaft der Parteien des Patronatsverhältnisses könnte allerdings dafür sprechen, dass die Freigelassenen das Grabgrundstück bereits zu Lebzeiten bewohnten und diese faktische Innehabung auch nach dem Tode des Patrons und dem Übergang des Eigentums am Restgrundstück auf den Erben fortsetzten[225)].
Weitergehend gehen viele Inschriften davon auf, dass der Erwerb des Patrons ohne weiteres auch zugunsten seiner Freigelassenen wirkt, sie also durch das Rechtsgeschäft des Patrons mit einem Dritten eine Mitberechtigung am Grabplatz erwerben konnten (s. o. III.1). Dieser Miterwerb gilt auch für Schenkungen des Grabplatzes:
CIL VI 18435 = EDCS-10200635 (71–100 n. Chr.) D(is) M(anibus). /Flaviae Spei /co(n)i(ugi) b(ene) m(erenti) /Primus Aug(usti) l(ibertus) /part(em) dim(idiam) / don(atam) sibi /a Pedania /Successa am(ica) op(tima) /HS n(ummum) I et lib(ertis) /lib(ertabusque) pos(terisque) eor(um) /ne de nomen /exiat.
In der für seine Ehefrau Flavia Spes errichteten Grabinschrift bezeugt der kaiserliche Freigelassene Primus, die Hälfte des Grabplatzes von der amica optima Pedania Successa als Schenkung (nummo uno) erhalten zu haben. Als Empfänger der Schenkung werden er selbst (sibi), seine männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen genannt, wobei ihnen auferlegt wird, den Grabplatz nicht aus dem (gemeinsamen) nomen herausgehen zu lassen. Die letztgenannte Vorgabe kann als Nebenbestimmung (lex dicta) zur Schenkung angesehen werden und diente dazu, die Grabberechtigung an die familia libertorum zu binden. Vor allem aber ist zu beachten, dass Primus erklärt, die Hälfte des Grabplatzes für sich und die familia libertorum erworben zu haben.
Eine räumliche Aufteilung erwähnt:
CIL VI 20876 = EDCS-12201557 (51–200 n. Chr.) D(is) M(anibus) /Iuniae Eutychiae M(arcus) Iunius /Decimianus filius et /M(arcus) Clodius Candidus maritus pro parte dimi/dia fecerunt et sibi libertis libertabusq(ue) /suis posterisque eorum. item /Antonia Rhodine pro parte dimidia fecit /sibi libertis libertabusque suis posterisque /eorum, pro qua parte sua ex sarcofagis duobus /que[a]sunt iuris eius donavit Claudio /Leonide marito suo unum quod est parte dex/teriori ita ut in eo corpus eius poni possit.
Ihr Sohn Marcus Iunius Decimianus und ihr Ehemann Marcus Clodius Candidus erklären, eine Hälfte der Grabstätte für Iunia Eutychia errichtet zu haben und für sich, ihre männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen. Die andere Hälfte hat hingegen Antonia Rhodine für sich, ihre männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen errichtet. Innerhalb dieses Teils hat die Letztgenannte ihrem Ehemann einen von zwei Sarkophagen, die – wie die Inschrift betont – ihr gehören, geschenkt. Die Grabanlage ist mithin in zwei Bereiche geteilt. Davon steht der eine Teil im Miteigentum bzw. im gemeinschaftlichen Grabrecht des Ehemanns, des Sohnes und ihrer familia libertorum, während der zweite Teil Antonia Rhodine mit ihrer familia libertorum zukommt. Jeder der beiden Teile der Grabanlage steht somit einer Mehrheit von Personen zu, die aus jeweils einem Patron bzw. einer Patronin und deren Freigelassenen sowie deren freigeborenen Nachkommen zusammengesetzt ist.
Mit Blick auf die in den Inschriften erwähnten Erwerbs- und Errichtungsakte stellt sich die Frage, ob der Patron oder die Patronin – trotz des Verbots der Stellvertretung und des Vertrages zugunsten Dritter – ausnahmsweise auch ‚für die Freigelassenen’ erwerben bzw. errichten konnte. Mit Blick auf die Errichtung ‚für die Freigelassenen’ könnte an eine stillschweigende Schenkung oder später vollzogene testamentarische Übertragung gedacht werden, die in der Inschrift nur angekündigt wird. Fraglich ist aber, ob der schenkweise oder kaufweise Erwerb eines Grabplatzes durch den Patron auch zugunsten seiner Freigelassenen Wirkung entfaltete, eine gesonderte Übertragung des erworbenen oder geschenkten Grabplatzes auf die familia libertorum somit entbehrlich war. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang ein sowohl im Codex als auch in den Fragmenta Vaticana überliefertes Reskript des Philippus Arabs[226)]:
Vat. 272 Imp. Philippus Agilio Cosmiano suo salutem.
Inter patronos et libertos de iure donationum tractari non oportet, cum etsi perfectis donationibus in possessionem inductus libertus quantolibet tempore ea quae sibi donata sunt pleno iure ut dominus possederit, tamen omnis donatio mutata patronorum voluntate revocanda sit.
Quod observabitur etiam circa ea quae libertorum nomine, pecunia tamen patronorum et beneficio comparata sunt. Nam qui obsequio suo liberalitatem patronorum provocaverunt, sunt digni quin eam retineant, cum coeperint obsequia neglegere, cum magis eos conlata liberalitas ad obsequium inclinare debeat quam ad insolentiam erigere. Fundus autem, quem ais Agilio liberto donasse te, tribus et decuria, quae ipsius nomine comparatae sunt, re … libertus vindican …, cum eas tantum donationes vel pecuniae largitiones libertus obtinere debeat, circa quas voluntas patronorum in supremam usque diem perseveraverit.
Hoc tamen ius stabit intra ipsorum tantum liberalitatem, qui donaverunt; ceterum neque filii eorum neque successores ad hoc beneficium pervenient; neque enim fas est omnimodo inquietari donationes, quas is qui donaverat in diem vitae suae non revocavit.
Thema der Stelle ist die Wirksamkeit von Schenkungen im Patronatsverhältnis, wobei der Schwerpunkt auf der Frage liegt, unter welcher Voraussetzung bereits vollzogene Schenkungen widerrufen werden können[227)]. Der erste Absatz hält fest, dass der Patron bei Undankbarkeit des Freigelassenen Schenkungen jederzeit widerrufen und auch den Erwerb des Eigentums rückgängig machen kann. Der zweite Absatz (quod observabitur) erläutert diese Regel, indem er die liberalitas des Patrons als Gegenleistung für das obsequium des libertus darstellt und hervorhebt, dass auch ein nachträglicher Verstoß gegen diese Pflicht zum Entzug der Schenkung führen könne. Der letzte Abschnitt (hoc tamen ius stabit) enthält eine Einschränkung des so umrissenen Widerrufsrechts: Der Widerruf stehe nur dem Patron zu und gehe weder auf Abkömmlinge noch auf andere Rechtsnachfolger über, weshalb den liberti, deren Position zu Lebzeiten des Patrons nicht in Frage gestellt worden sei, nach dessen Tod eine dauerhafte Berechtigung zukomme.
Für den Erwerb der Grabstätte ist der erste Absatz von Interesse, der die für wirksam vollzogene Schenkungen (perfectae donationes) dargestellte Rechtslage erstreckt auf … ea, quae libertorum nomine, pecunia tamen patronorum et beneficio comparata sunt. Es geht also um Sachen, die ‚für‘ die Freigelassenen mit Geld des Patrons und aus dessen Wohltätigkeit erworben worden sind. Im Kontext des Reskriptes ist das so zu verstehen, dass zwar ein Schenkungsversprechen und dessen Vollzug durch traditio oder mancipatio nummo uno (donatio perfecta) fehlen, der Patron aber erklärt hat, die Sachen für die liberti zu erwerben. Nach dem Reskript ist diese Erklärung ausreichend, um im Ergebnis eine der donatio vergleichbare Rechtslage anzunehmen[228)]. Sachenrechtlich kann man diese Situation mit der bei Miteigentümern bzw. Gesellschaftern überlieferten traditio tacita vergleichen: Wie Franz-Stefan Meissel gezeigt hat, genügt bei der societas die Verschaffung von Mitbesitz bzw. die Annahme, dass der Erwerber die Sache teilweise für sich selbst und teilweise für die anderen erwirbt und ‚besitzt‘[229)]. Das Patronatsverhältnis ist insoweit der societas vergleichbar, wie ein Auszug aus Ulpians Ediktskommentar belegt:
D. 38,2,1 Ulp. 42 ad ed.[230)] pr. Hoc edictum a praetore propositum est honoris, quem liberti patronis habere debent, moderandi gratia. Namque ut Servius scribit, antea soliti fuerunt a libertis durissimas res exigere, scilicet ad remunerandum tam grande beneficium, quod in libertos confertur, cum ex servitute ad civitatem Romanam perducuntur. 1 Et quidem primus praetor Rutilis edixit se amplius non daturum patrono quam operarum et societatis actionem, videlicet si hoc pepigisset, ut, nisi ei obsequium praestaret libertus, in societatem admitteretur patronus.
2 Posteriores praetores certae partis bonorum possessionem pollicebantur: videlicet enim imago societatis induxit eiusdem partis praestationem, ut, quod vivus solebat societatis nomine praestare, id post mortem praestaret.
Wie Carla Masi Doria unterstreicht, ist die auf obsequium gestützte societas von Patron und Freigelassenem von der konsensualen societas zu trennen: Während letztere ein Vertragsverhältnis darstellt, beruht erstere auf der faktischen Nahbeziehung und der wechselseitigen wirtschaftlichen Abhängigkeit von libertus und Patron[231)]. Auf diese Verbundenheit verweist Ulpian auch in § 2, um die Teilhabe des Patrons am Nachlass des libertus zu rechtfertigen. In der oben betrachteten Konstitution des Philippus Arabs dient die Pflicht der Freigelassenen zum obsequium hingegen umgekehrt dazu, den Erwerb durch den Patron auf die liberti zu erstrecken, also ohne zusätzlichen Übertragungsakt eine Vergemeinschaftung von Sachen anzunehmen, die der Patron nomine liberti erworben hat: Da die liberti ihrem Patron ‚folgen‘, hat letzterer für sie zu sorgen und ihre Lebensgrundlage zu sichern. Auch ohne ausdrückliche ‚donatio‘, d.h. schenkweise Einräumung von Besitz und Eigentum, gelten die Sachen, die der Patron in Ausübung des Patronatsverhältnisses ‚für die Freigelassenen‘ erwirbt, als ihnen geschenkt und können von den Erben und Rechtsnachfolgern des Patrons nicht mehr zurückgefordert werden.
Die skizzierte rechtliche Konstruktion ist mit der beschriebenen sozialhistorischen Realität gut zu vereinbaren: Wenn Patron und liberti das Grundstück, auf dem der Patron später bestattet werden soll, zu Lebzeiten gemeinsam bewohnen und bewirtschaften, bedarf es keines weiteren Übertragungsaktes auf die hinterbliebenen liberti, wenn letztere nach dem Tod ihres Schutzherrn weiterhin auf dem Grundstück verbleiben und die Patronatsgemeinschaft in Form des Totenkultes für ihren Herrn fortführen. Die durch Patronatsverhältnis und faktische Lebensgemeinschaft definierte societas zwischen Patron und libertus trägt daher die Rechtsvorstellung, dass der Patron ein Grabmal oder einen Grabplatz nicht nur für sich selbst, sondern auch mit Wirkung für seine Freigelassenen erwerben kann[232)].
Neben der expliziten Einbeziehung der familia libertorum zeichnen sich Familiengräber durch den formularmäßen Ausschluss von Erben aus.
3 Formularer Ausschluss der Erben vom Familiengrab
Für den Ausschluss von Erben von der Grabstätte sind zwei Klauseln belegt, die beide oftmals nur abgekürzt zitiert werden; eine allgemeinere hoc monumentum heredem non sequetur/sequitur (hmhns) schließt nach ihrem Wortlaut jeden Erben von der Grabstätte aus; eine spezifischere hoc monumentum heredem exterum non sequetur/sequitur (hmhens) begrenzt den Ausschluss auf den Außenerben, d.h. den aus Sicht des Grabstifters ‚familienfremden Erben‘.
a) Ausschluss des Erben: hoc monumentum heredem non sequitur
In der Literatur wird die hmhns-Klausel[233)] in der Regel als Anzeige des Familiengrabes gedeutet, weil sie die Vererbung unterbinde[234)]; bisweilen wird ihr auch der Zweck zugeschrieben „de desligar el sepulcro de la herencia“[235)].
Da sepulchra familiaria ohnehin nicht nach erbrechtlichen Grundsätzen erworben werden, erscheint der Ausschluss des Erben prima facie redundant, vor allem, wenn er neben der Zuweisung der Grabstätte an die familia explizit angeordnet wird:
CIL VI 10467 = EDCS-16200338 (2. bis 3. Jh. n. Chr.) Dis M(anibus) s(acrum). / Aburnia Primigenia /Aburniae Antiochidi fil(iae) /pientissimae et sibi et /coiugi[a] suo lib(ertis) libertabusq(ue) /posterisq(ue) eorum fec(it). /H(oc) m(onumentum) h(eredem) n(on) s(equetur).
Aburnia Primigenia hat das Grabmal für ihre pflichtgetreueste Tochter Aburnia Antiochis errichtet und für sich, ihren Ehemann und die männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen. Der kurze Text schließt mit der Formel, dass das monumentum dem Erben nicht folge. Damit wird ausgesagt, dass der Erbe der Grabstifterin das ius sepulchri nicht erwerben soll, womit die Beschränkung der Grabberechtigung auf Freigelassene und deren Nachkommen bestätigt wird. Vergleichbar ist:
CIL VI 4412 = EDCS-19101014 (2. Jh. n. Chr.) D(is) M(anibus) /T(itus) Flavius Eutychus /fec(it) sibi et /Claudiae Primae /coniugi suae /bene merenti /et lib(ertis) libertabusque /posterisque eorum /et Eronti[a]Caesaris n(ostri) /ser(vo) vernae alumno. /H(oc) m(onumentum) h(eredem) n(on) s(equetur).
Titus Flavius Eutychus hat das Grabmal für sich und seine Ehefrau Claudia Prima errichtet sowie für die männlichen und weiblichen Freigelassenen, deren Nachkommen und für Eros, ‚den Sklaven unseres Kaisers, das hausgeborene Pflegekind‘. Die abschließende Klausel, dass das Grabmal dem Erben nicht folgen werde, ist auf die Erben der Grabstifter zu beziehen, garantiert also ein Verbleiben in der familia.
Neben der redundanten Verwendung der Formel kann der Ausschluss des Erben eigenständige Bedeutung haben, wenn – was häufig vorkommt – Grabmäler bereits zu Lebzeiten der Grabstifter errichtet werden:
CIL VI 10238 = EDCS-16100465 (71–130 n. Chr.) <in fronte> T(itus) Flavius Aug(usti) lib(ertus) /Alcon et Antonia /Lyde monumentu[a]/fecerunt sibi et suis / libertis libertabusq(ue) /communibus pos/terisque eorum, /cum aedificio /Escitatiano cus/todiae causa mo/numenti. Itum /actum aditum //<in latere intuentibus sinistro> ambitum /ita, ut vivi /possedimus /posterique /nostri po/ssideant, /vivi vivis /dedimus, /inscribi /iussimus. //<in latere intuentibus dextro> Quod si qis[b]/eorum par/tem iuris /sui vendide/rit aut ex /consesu[c]uni/versorum, /ea pecunia[d] in /aerarium po/puli Romani in/ferri iubemus. /Hoc monumen(tum) /cum sua custod/a[e]heredem non /sequetur.
Titus Flavius Alcon, ein kaiserlicher Freigelassener, und Antonia Lyde erklären, das monumentum errichtet zu haben für sich und die ihren sowie die gemeinsamen männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen. Zu dem Altar soll auch das aedificium Escitatianum gehören, das dem Schutz des Grabmals dient. Die Inschrift bezeugt weiter, dass die Grabstifter die zugunsten der Grabstätte bestehenden Servituten zu Lebzeiten auf ihre Nachkommen übertragen haben. Neben Bestimmungen zum Erhalt des Grabmals in der familia libertorum ordnet sie an, dass der Erbe weder die Grabstätte noch das Bauwerk, das zu deren Schutz dient, erhalten soll.
Der hier angeordnete Ausschluss des Erben hat eigenständige Bedeutung, wenn der Erbfall eintritt, bevor die Grabanlage zur res religiosa geworden ist, d.h., wenn die Grabstifter versterben, ohne dort selbst bestattet zu haben: Erwirbt nämlich der Erbe die unbelegte Grabstätte, kann er entscheiden, ob und wie er auf seinem Grundstück bestatten will – wie gesehen (III.2.c–d) hindert die entgegenstehende Grabinschrift allein den Erben nicht, eine abweichende Grabordnung festzulegen oder sogar gänzlich auf die Bestattung zu verzichten. Es liegt daher nahe, dass die auf der Inschrift wiederholte, aber in einem lebzeitigen oder letztwilligen Rechtsakt angeordnete Ausschlussklausel Veränderungen der von den Grabgründern geplanten Grabordnung durch den Erbfall verhindern soll. Aber sogar dann, wenn beim Tod der Grabstifter das Grab bereits belegt ist, das Grundstück oder der Grabplatz mithin zur res religiosa geworden ist, bedeutet der Erbfall ein Risiko für die Planungen des Grabstifters, wie ein Fragment aus Ulpians Kommentar zum Edikt si quis mortuum in locum alterius intulerit vel inferre curavit[236)] belegt:
D. 11,7,4 Ulp. 25 ad ed.[237)] Scriptus heres prius quam hereditatem adeat patrem familias mortuum inferendo locum facit religiosum, nec quis putet hoc ipso pro herede eum gerere: finge enim adhuc eum deliberare de adeunda hereditate. Ego etiam si non heres eum intulerit, sed quivis alius herede cessante vel absente vel verente ne pro herede gerere videatur, tamen locum religiosum facere puto: plerumque enim defuncti ante sepeliuntur, quam quis heres eis existet. Sed tunc locus fit religiosus, cum defuncti fuit: naturaliter enim videtur ad mortuum pertinere locus in quem infertur, praesertim si in eum locum inferatur, in quem ipse destinavit: usque adeo, ut etiamsi in legatum locum sit illatus ab herede, illatione tamen testatoris fit religiosus, si modo in alium locum tam oportune inferri non potuit.
In diesem Fall hat der testamentarische Erbe vor dem Antritt der Erbschaft den pater familias in einem zur Erbschaft gehörigen Grundstück bestattet, was u.a. die – hier allein interessierende – Frage aufwirft, ob ein Berechtigter bestattet und eine res religiosa begründet hat. Ulpian beantwortet diese Frage mit einem Vergleich, indem er den Fall bildet, dass ein Nichterbe den verstorbenen pater familias beerdigt habe. Auch diese Bestattung sei rechtmäßig, sofern der Ort dem Toten selbst gehört habe. Zur Begründung dieser Ausnahme vom Eigentum des Bestattenden weist er darauf hin, dass Tote meist begraben würden, bevor der Erbe feststehe. Man nehme daher an, der Ort gehöre naturaliter dem Toten, was vor allem dann zutreffe, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten bestimmt habe, wo er bestattet werden wolle (zum Vindikat des Nießbrauchs und zur Bestattung, s. o. II.1.a). Nach Ulpian geht diese Betrachtungsweise so weit, dass auch dann, wenn der Verstorbene das Grundstück mittels Vindikationslegat an einen Dritten vermacht habe, er dennoch auf diesem Grundstück bestattet werden könne, wenn kein anderer geeigneter Ort zur Verfügung stehe[238)].
Das Fragment ist für die Frage nach der Bedeutung der Erbenausschlussklausel doppelt bedeutsam: Zum einen wird deutlich, dass die zu Lebzeiten erklärte Intention, an einer bestimmten Stelle bestattet zu werden (in eum locum inferatur, in quem ipse destinavit), nur indikative Funktion hat, wenngleich sie die Bestattung im vorgesehenen Grabmal unabhängig vom späteren Eigentumserwerb Dritter legitimiert; zum andern zeigt sich, dass der Tod des Grabstifters die Umsetzung seiner Pläne für das Grab gefährden kann, wenn – wie Ulpian betont – üblicherweise bestattet wird, bevor der Erbe feststeht. Lässt sich der Grabinschrift entnehmen, dass der Erbe vom Grab ausgeschlossen ist, also weder Eigentum (am unbelegten Ort) noch das ius sepulchri (bei bestehender Grablege) erwirbt[239)], kann der Erblasser im Familiengrab ohne weitere Wartezeit bestattet werden. Gleichzeitig wird durch die Aufnahme der Ausschlussklausel in die Grabinschrift sichergestellt, dass nicht der angebliche Erbe als neuer Inhaber des Grundstücks oder des Grabes seine eigene Bestattungsordnung gegenüber den Plänen des Grabstifters durchsetzt.
Das Motiv, den Erben von der Grabstätte auszuschließen, um die eigene Grabordnung gegenüber Veränderungen zu schützen, wird in der spezifischen Ausschlussklausel h m h e n s (hoc monumentum heredem exterum non sequitur) besonders sichtbar.
b) Ausschluss des Außenerben: hoc monumentum heredem exterum non sequitur
Genau wie die allgemeine Klausel ist auch die auf den Außenerben abstellende Ausschlussklausel meist am Ende der Inschrift angebracht, was zeigt, dass sie ebenfalls dazu dient, eine bestehende grabrechtliche Planung abzurunden:
CIL VI 18254 = EDCS-10200453 (69–150 n. Chr.) Dis Manibus / T(iti) Flavi Urbici /vix(it) ann(is) IIII dieb(us) XVI. /T(itus) Flavius, Aug(usti) lib(ertus), /Chrysogonus et /Flavia Primitiva fil(io) suo /et M(arcus) Antonius Hermes /fecerunt sibi et suis, /lib(ertis) libertab(usque) posterisq(ue) eor(um). /H(oc) m(onumentum) ext(e) r(um) h(eredem) n(on) seq(uetur).
Titus Flavius Chrysogonus, ein kaiserlicher Freigelassener, und Flavia Primitiva haben das Grabmal gemeinsam mit Marcus Antonius Hermes für ihren verstorbenen Sohn errichtet. Es soll auch ihnen selbst, den ihren sowie den männlichen und weiblichen Freigelassenen dienen und soll dem familienfremden Erben nicht folgen. Da hier der Sohn schon bestattet worden ist, mithin eine res religiosa vorliegt, kann die Ausschlussklausel nicht dazu dienen, die geplante Grabsatzung gegen einen Erbfall zur Unzeit zu sichern. Dass der Erbfall aber auch bei Bestehen einer res religiosa die vom Grabstifter vorgesehene Grabsatzung gefährden kann, zeigt die folgende Variante der Klausel:
CIL VI 2183 = EDCS-18100897 (1.–2. Jh. n. Chr.) C(aius) Camerius /Crescens, /archigallus Matris /deum Magnae Idaeae et /Attis populi Romani /vivus sibi fecit et /Camerio Eucratiano lib(erto) /suo ceteris autem libertis utri/usque sexus loca singula /sepulturae causa. H(oc) m(onumentum) h(eredem) e(xterum) n(on) s(equetur).
Caius Camerius Crescens, archigallus der Magna Mater[240)], hat zu seinen Lebzeiten für sich und für seinen Freigelassenen Camerius Eucratianus und die übrigen Freigelassenen beiderlei Geschlechts einzelne Graborte, wahrscheinlich Urnenplätze, zum Zwecke der Bestattung errichtet. Dabei hat er bestimmt, dass das Grabmal dem familienfremden Erben nicht folgen soll. Die hier explizierte Unterscheidung von monumentum und loca singula legt nahe, dass der Grabbau mehrere Grabplätze aufwies, weshalb die Zuweisung einzelner Plätze an die Freigelassenen des Stifters einen erbrechtlichen Übergang des Gesamtbaus keineswegs ausschloss (s. o. III.2.b). Wie auch andere Texte zeigen, kann eine Person durchaus Inhaber des Gesamtmonuments (possessor monumenti) sein und die Grabplätze für die Grabberechtigten verwalten (s. o. II.2.d), ohne selbst eine Bestattungsberechtigung zu haben. Indem der Grabstifter den familienfremden Erben ausschloss, verhinderte er, dass jener Grabplätze an seine eigene familia vergab und damit für die noch unbelegten loca gegen die Pläne des Grabstifters verstieß. Offenkundig konnte also der Erbe Inhaber des monumentum sein, ohne selbst das ius monumenti zu haben. Es liegt nahe, diese Beschränkung in die Inschrift aufzunehmen, um Verstöße gegen die Bestattungsordnung zu verhindern.
Erst recht gilt, wenn die Grabberechtigung im Familiengrab nicht der ganzen familia zusteht, sondern enger auf Träger des nomen gentile beschränkt ist:
CIL VI 4088 = EDCS-43700739 (3. Jh. n. Chr.) D(is) M(anibus) /P(ublius) Mellutius Onesimus se vivo /fecit sibi et Mellutiae Epigone con/iugi suae sanctissimae, cum quen /bene vixit annis XL et Mellutiae Geni/ali nepoti suae, q(uae) v(ixit) an(num) I, m(enses) VI, et /Mellutiae Herclaniae, filiae suae, /et Mellutio Crescenti, et /liber(tis) libertabusque posterisque eo/rum ex nom(ine). H(oc) m(onumentum) h(eredem) ex(terum) n(on) s(equetur).
Die Marmortafel hat Publius Mellutius Onesimus zu seinen Lebzeiten für sich und für seine (verstorbene) Ehefrau Mellutia Epigone errichtet. Das Grabmal soll der Enkelin[241)] Mellutia Genialis, der Tochter Mellutia Herclania, einem Mellutius Crescens und den männlichen und weiblichen Freigelassenen und deren Nachkommen ex nomine zustehen. Außenerben soll die Grabstätte nicht folgen. Welche Gefahren der Grabstifter konkret fürchtet, zeigt:
CIL VI 19915 = EDCS-12101822 (51–200 n. Chr.) <in margine superiore> D(is) M(anibus).
<in area titulo inscribendo destinata> L(ucius) Iulius L(uci) fil(ius) Pal(atina) / Crescens /fecit sibi /et libert(is) libertabusq(ue) suis /ita, ut si exteri nominis heredes /habuero eos, quo ad vivent in hoc /monimentum[a]ius habere volo ita, /ne de nomine meo exiat aut ne alius /titulus alterius nominis inscriptus /infigatur, et post eorum excessu omnem /ius huius monimenti[b]ad libert(os) liber/tasq(ue) meos et postteros[c]eor(um) pertinere volo. /In fron(te) p(edes) XXXVII bersur(a)[d]sinister(ior) p(edes) XLV. /< in margine inferiore> In agro paries long(us) p(edes) LV.
In dieser Inschrift erklärt Lucius Iulius Crescens, Sohn des Lucius, aus der tribus Palatina, das Grabmal für sich und seine männlichen und weiblichen Freigelassenen errichtet zu haben. Weiter hat er eine Regelung für den Fall getroffen, dass nach seinem Tod Außenerben[242)] (exteri nominis heredes) antreten. Für diese bestimmt er, wie das wörtliche Zitat aus seiner letztwilligen Planung zeigt: eos, quoad vivent in hoc monimentum ius habere volo ita, ne de nomine meo exiat aut ne alius titulus alterius nominis inscriptus infigatur (Z. 6–10). Die Außenerben sollen also zu ihren Lebzeiten das ius monumenti haben, dürfen es aber nicht auf Personen übertragen, die außerhalb des nomen des Grabstifters stehen; weiter dürfen sie auch keine Inschrift anbringen, die ein anderes nomen als das des Grabstifters enthält. Mit dem Tod der Außenerben soll das Grabrecht an die männlichen und weiblichen Freigelassenen des Grabstifters und deren Nachkommen fallen, die – anders als die Außenerben – auch Bestattungen vornehmen und Inschriften anbringen können, da sie und die Abkömmlinge der männlichen Freigelassenen Träger des nomen gentile (des Grabstifters) sind.
Vergleicht man diese detaillierte Regelung mit der Ausschlussklausel hmhens, erweist sich Lucius Iulius Crescens’ Planung als Kompromiss zwischen den Interessen der Außenerben und seinem Bestreben, das Grab nur Personen seiner familia und Personen seines nomen vorzubehalten. So können die familienfremden Erben die Anlage zwar nutzen, was vor allem dann sinnvoll erscheint, wenn das monumentum nicht nur eine Grabstätte, sondern auch andere Gebäude oder Nutzungsflächen einschließt, haben aber kein eigenes Bestattungsrecht für Personen von außerhalb des nomen.
Die Gefahr von Bestattungen im Widerspruch zur Grabwidmung besteht aber nicht nur beim Erbfall nach dem Grabstifter, sondern auch dann, wenn der letzte Nachkomme der familia libertorum oder die letzte Person aus dem nomen gentile des Grabstifters verstorben ist. Wird dieser letzte Träger des nomen von einer Person von außerhalb der familia beerbt, stellt sich die Frage, welche Befugnisse diese an der Grabstätte haben soll. Dass diese Frage der Regelung bedarf, zeigt ein noch von Kaser als „zerrüttet“ angesehenes Codex-Fragment[243)], das ein Reskript Diokletians überliefert:
C. 3,44,13 Diocl. (a. 294)[244)] Ius sepulchri tam hereditarii quam familiaris ad extraneos etiam heredes, familiaris autem ad familiam, etiam si nullus ex ea heres sit, non etiam ad alium quemquam qui non heres est pertinere potest.
Das Reskript betrifft den Übergang des ius sepulchri auf Außenerben. Es betont, dass diese sowohl bei Erb- als auch bei Familiengräbern Inhaber des ius sepulchri werden können[245)]. Obwohl bei Familiengräbern der Wille des Grabstifters dem Übergang des ius sepulchri auf familienfremde Erben entgegensteht, kann nach der kaiserlichen Rechtsauskunft auch ein Familienfremder, sofern er Erbe geworden ist, das ius sepulchri erwerben. Zwar leitet sich die Berechtigung zum ius sepulchri des Familiengrabes generell aus der Familienzugehörigkeit ab, ausnahmsweise ist aber die Berechtigung nicht mit der Herkunft, sondern mit der Erbenstellung verbunden. Dies zeigt die paradoxe Formulierung: familiaris autem ad familiam, etiam si nullus ex ea heres sit, non etiam ad alium quemquam qui non heres est pertinere potest /,aber ein Familiengrab gehört der Familie, und auch wenn kein Familienmitglied als Erbe eingesetzt worden ist, kann es nicht irgendeinem anderen gehören, der nicht Erbe ist.‘ Sofern kein Familienmitglied verbleibt, ist das Grab mithin dem familienfremden Erben zuzusprechen.
Die im Reskript vorgesehene Regelung ist sinnvoll, weil ohne einen subsidiären erbrechtlichen Übergang des Grabes oder Grabgrundstücks das Ende der familia sonst zu Grabstätten ohne Zuständigkeit führen würde, was nicht im Sinne des Grabschutzes ist. Zwar soll der Erbe kein Bestattungsrecht im Familiengrab haben; eine faktische Innehabung der Grabstätte, wie sie aufgrund Erbfalls eintreten kann (s. o. II.2.d), kann der Stifter des Familiengrabs aber nicht unbedingt verhindern. Eine Bedrohung der Grabordnung bedeutet der erbschaftliche Erwerb der Grabstätte vor allem dann, wenn sie noch unbelegt ist oder wenn aus der familia keine Personen mehr vorhanden sind, welche die Grabstätte (mit Bestattungsrecht) fortführen können. Für diese Grenzfälle hat der Grabstifter den Erben von der Kernbefugnis des ius sepulchri auszuschließen, indem er anordnet, dass das Grabmal nicht auf den Erben oder den Außenerben übergeht, diese also keine Bestattungsbefugnis erhalten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sich der erbrechtliche Übergang nicht auf die possessio monumenti beschränkt, sondern zum Erwerb des ius sepulchri auf den Erben führt, der sodann Personen seiner Wahl in der Grabstätte beerdigen könnte.
Nach alldem ist festzuhalten, dass die beiden Ausschlussklauseln zu Lasten des Erben oder Außenerben zwar vielfach keine eigene Bedeutung haben, weil sie nur den Charakter des Grabes als Familiengrabstätte bestätigen; sofern aber Situationen eintreten, in denen der Erbe trotzdem Zugriff auf das sepulchrum familiare erhält, hat sein expliziter Ausschluss eigenständige Bedeutung, indem er dazu beiträgt, die Grabsatzung des Grabstifters zu wahren.
Im Ergebnis sind die beiden Klauseln hmhns und hmhens damit als kautelarjuristische Gestaltungen anzusehen, die einer lebzeitigen oder letztwilligen Planung (Testament, Kodizill oder Fideikommiss) oft auch nur salvatorisch hinzugefügt werden und auf der Grabinschrift zur Kenntnis aller wiederholt werden.
c) Dingliche oder persönliche Wirkung der Grabsatzung
Die vorhergehenden Überlegungen zum formularmäßigen Ausschluss von Erben oder Außenerben führen dazu, eine in der bisherigen Literatur kaum thematisierte Annahme des Grabrechts in Frage zu stellen. So scheint man seit den Anfängen der Juristischen Epigraphik davon ausgegangen zu sein, dass die Grabsatzung dingliche Wirkung zeitigt, d.h. über die unmittelbar beteiligten Personen und deren Rechtsnachfolger (Erben des Grabstifters bzw. posteri der Freigelassenen) hinaus verbindliche Anordnungen zur Grabnutzung und Bestattungsordnung trifft. Grund für dieses Vorverständnis dürfte die Darstellung der sepulchra familiaria und sepulchra hereditaria in den Digesten sein (s. o. IV.1), die davon auszugehen scheint, dass die einmal erfolgte Gradwidmung dauerhaft das Schicksal der Grabstätte festschreibt. Gerade die einflussreichen Thesen von Düll und Kaser zur rechtssetzenden Kraft der Grabinschrift als lex dicta (s. o. III.2.c) beruhen unausgesprochen auf dieser Vorstellung, da sie davon ausgehen, die lex dicta bestimme die Grabordnung für alle zukünftigen Generationen.
Wenn allerdings zutrifft, dass der Erbe – wie gezeigt (IV.3.a–b) – trotz Einrichtung und Belegung einer Grabstätte durch den Grabstifter durchaus die Möglichkeit haben kann, Personen zu bestatten, die nicht in der Grabsatzung vorgesehen sind und nicht die Kriterien erfüllen, die der Grabstifter für die Grablegung vorgegeben hat, lassen sich Zweifel an der dinglichen Kraft der Grabsatzung formulieren. Käme der Satzung dingliche Wirkung zu, könnte der Erbe keine rechtmäßige Bestattung vornehmen, sobald der Grabstifter ein Familiengrab festgelegt hätte. Beachtet man, dass die Bedeutung der Ausschlussklausel an den Zeitpunkten zum Tragen kommt, an dem entweder die Erbschaft noch nicht definitiv feststeht (also nur ein vorläufiger Erbe oder Rechtsnachfolger auftritt) oder keine Familienangehörigen mehr vorhanden sind, die das Recht aus dem Familiengrab für sich beanspruchen, ergibt sich, dass die Grabsatzung, die – wie gesehen auf lebzeitigen oder letztwilligen Verfügungen (s. o. II.2.d; III.2.a–b) – beruht, eine interpersonale Angelegenheit ist, d.h. nur die Personen bindet, die am Geschäft beteiligt sind oder als Rechtsnachfolger in die Position eines der Beteiligten eintreten. Absolute Wirkung hat nur der Status als res religiosa, d.h. die Bestattung einer Person in dem vom Grabstifter angelegten Grab; das Erreichen dieses Status führt allerdings nur dazu, dass kein Eigentum mehr vorhanden ist und nur noch über das ius sepulchri verfügt werden kann; eine Verewigung der Grabsatzung ist mit der Einordnung als res religiosa nicht verbunden.
V Ergebnisse
Der Abgleich von inschriftlicher und rechtlicher Überlieferung zum Grabrecht hat ergeben, dass die stadtrömischen Inschriften zur Rekonstruktion der Inhalte des römischen Grabrechts eine wichtige Informationsquelle für die Rekonstruktion des vorjustinianischen Rechts darstellen. Voraussetzung für das Gelingen dieser Rekonstruktion ist einerseits, Anlass und Intention der Inschrift zutreffend zu klären (s. o. II.1.b), sowie Inschrift und Grabsatzung nicht gleich zu setzen, sondern die Inschrift als (Teil-)Abschrift der Rechtsgeschäfte aufzufassen, welche die Grabsatzung festlegen (s. o. III.2c–d). Andererseits ist zu beachten, dass auch die res religiosa keinen rechtsfreien Raum bildet, sondern dass zum einen privatrechtlicher Schutz auf Antrag der zuständigen Personen gewährt wird (s. o. II.2.c), zum andern auch Verfügungen über das ius sepulchri oder – wie es in den Inschriften heißt – das ius monumenti möglich und wirksam sind (s. o. II.2.d). Die Berücksichtigung der Grabinschriften für die Rekonstruktion des römischen Grabrechts erlaubt es schließlich, die Angaben der Juristenschriften zu den Grabtypen mit Leben zu füllen und genauer zu zeigen, welche Regelungsbedürfnisse die Grabstifter über den eigenen Todesfall hinaus zu erfüllen suchten (s. o. IV.2.a–c). Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass viele Gräber bereits zu Lebzeiten begründet wurden und die Grabordnung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden definiert wurde (s. o. III.2.a–b). Da das so begründete Grabrecht, wenn keine Mitberechtigten vorhanden sind, grundsätzlich nach den Regeln des Erbrechts übergeht, stellt die Zuweisung der Grabberechtigung an die familia einen Sonderfall dar, der weitergehende letztwillige Absicherungen verlangt. Die Anordnung eines Erbgrabes (s. o. IV.1.a/c) folgt hingegen den erbrechtlichen Regeln, was sich in den inschriftlichen Zeugnissen darin zeigt, das Erbgräber weniger häufig bezeugt sind als Familiengräber. Die inschriftlich bezeugten Klauseln zum Ausschluss des Erben vom Familiengrab führen schließlich zur Frage, welche Rechtsnatur der Grabsatzung zukam (IV.3.c), wobei vieles dafür spricht, dass sie keine dinglichen Wirkungen zeitigte.
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Articles in the same Issue
- Frontmatter
- Aufsätze
- I. Die Herzmetaphorik im babylonischen Vertragsrecht – Ina ḫūd libbišu und der freie Wille beim Kaufvertrag
- II. In Civitate: Captivity and Inheritance in Tannaitic Halakha in Light of Roman Law
- III. Dis Manibus. Zum römischen Grabrecht
- IV. Depositum/παρακαταθήκη und Vertrag zugunsten Dritter. Zu D. 32,37,5–6 (Scaev. 18 dig.) und C. 3,42,8 (Diocl.; a. 293)
- V. Textkritische Bemerkungen zu D. 47,10,15,15 (Ulp. [77] <57> ed.)
- VI. The colonate in the west of Europe after ca. 500 AD
- VII. Der Index des Thalelaios zu C. 4,44,15 und die laesio enormis
- VIII. Die sogenannte Epitome Guelferbitana der Lex Romana Visigothorum
- Miszellen
- Nochmals zu D. 19,1,23 (Iul. 13 dig.) = Iul. 221 Lenel
- Politikoi Nomoi Again
- Resistenz des talmudischen Rechts gegenüber dem römischen Recht?
- Zur Konzeption des neuen Handbuchs des Römischen Privatrechts
- Zum Text von D. 1,16,6pr. (Ulp. 1 off. procons.) = Ulp. 2144 Lenel
- Literatur
- Giacomo D’Angelo, Civiliter vel naturaliter possidere
- Carlo De Cristofaro, Inpudicus. Il diritto romano di fronte al prisma della sessualità maschile dalle origini al principato
- Documentality. New Approaches to Written Literature in Imperial Life and Literature
- Caroline Duret, Causa contractus. Définition et fonctions en droit romain classique (= Collection Latine série II vol. 19)
- Verena Fercho, Die stadtrömische supplicatio in republikanischer Zeit. Formierungen eines Ritualkomplexes (= Studien zur Alten Geschichte 35)
- Marina Frunzio, Res furtivae. Contributo allo studio della circolazione degli oggetti furtivi in diritto romano (= Collana del dipartimento di giurisprudenza, Università degli Studi di Urbino 2)
- Elena Giannozzi, Le vir bonus en droit romain (= Revue internationale du droit d’auteur [RIDA] Hors série)
- Inscriptiones Graecae, consilio et auctoritate Academiae Scientiarum Berolinensis et Brandenburgensis editae
- Veronika Kleňová, Die Schenkung unter Auflage im römischen Recht (= Forschungen zum Römischen Recht 64)
- Klaus Kowalski, Das Vertragsverständnis des Hugo Grotius. Zwischen Gerechtigkeit, Treue und Rechtsübertragung (= Forschungen zur neueren Privatrechtsgeschichte 36)
- Quintijn Mauer, Application, Adaptation and Rejection. The strategies of Roman jurists in responsa concerning Greek documents
- Maria Nowak, Bastards in Egypt: Social and Legal Illegitimacy in the Roman Era (= Journal of Juristic Papyrology, Suppl. 37)
- Edition griechischer Papyri aus der Kölner Papyrussammlung. Das Archiv des Sarapion (P. Köln Sarapion)
- Sebastian Prignitz, Bauurkunden und Bauprogramm von Epidauros II (350–300): Abaton, Kleisia, Aphroditetempel, Artemistempel, Theater, Epidoteion, epi Kynos skanamata (= Vestigia 75)
- Philipp Rohdenburg, Die Entwicklung der romanistischen Methode bei Fritz Schulz (= Ius Romanum 9)
- Margherita Scognamiglio, Lex Fabia. Le origini del plagio (= Diritto senza tempo 4)
- A sourcebook on Byzantine law. Illustrating Byzantine law through the sources
- Jacob Stern, Aspects de la pratique sociale des testaments à Rome. Voluntas du testateur face aux institutions légales et aux normes sociales et transmission des patrimoines par voie testamentaire à l’époque républicaine et du principat
- Anzeigen
- David Haubner, Der Seewurf. Studien zur lex Rhodia de iactu
- Pervading Empire: Relationality and Diversity in the Roman Provinces
- Recht und Billigkeit. Zur Geschichte der Beurteilung ihres Verhältnisses
- Eingelangte Schriften und Neuerscheinungen
- In memoriam
- Horst Heinrich Jakobs † 24. November 1934–27. Januar 2023
- Gunter Wesener † 3. Juni 1932–27. Mai 2023
- Uwe Wesel † 2. Februar 1933–11. September 2023
- Wolfgang Waldstein † 27. August 1928–17. Oktober 2023
- Chronik
- XVII. Jahrestreffen der Jungen Romanisten 13.–14. April 2023, Brünn
- Mitteilung
- XIII. Internationaler Romanistischer Preis Gérard Boulvert
- Quellenverzeichnis zu Band 141 erstellt von den Herausgebern
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- Eingelangte Schriften und Neuerscheinungen
- In memoriam
- Horst Heinrich Jakobs † 24. November 1934–27. Januar 2023
- Gunter Wesener † 3. Juni 1932–27. Mai 2023
- Uwe Wesel † 2. Februar 1933–11. September 2023
- Wolfgang Waldstein † 27. August 1928–17. Oktober 2023
- Chronik
- XVII. Jahrestreffen der Jungen Romanisten 13.–14. April 2023, Brünn
- Mitteilung
- XIII. Internationaler Romanistischer Preis Gérard Boulvert
- Quellenverzeichnis zu Band 141 erstellt von den Herausgebern