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Ist eine isolierte vorläufige Postsperre als vorläufige Sicherungsmaßnahme zulässig?

Published/Copyright: April 27, 2017

ZInsO-Aufsätze262ZInsO 6/2017 Ist eine isolierte vorläufi ge Postsperre als vorläufi ge Sicherungsmaßnahme zulässig? von Richterin Verena Greiner, Straubing * In jüngster Rechtsprechung hat man seit Langem keine veröffentlichte Entscheidung zur vorläufi gen Postsperre gefunden. Das AG Ludwigshafen hat mit Beschl. v. 9.5.2016 1 entschieden, dass die Anordnung der vorläufi gen Postsperre nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 InsO zumindest die gleichzeitige Bestellung eines vorläufi gen Insolvenzverwalters nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO voraussetzt, nicht jedoch die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob im Insolvenzeröffnungsverfahren die Anordnung einer vorläufi gen Post-sperre nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 InsO auch möglich ist, ohne dass zugleich eine vorläufi ge Insolvenzverwaltung angeordnet wird. Im Ergebnis wird sodann die Ansicht vertreten, dass unter Betrachtung der gesetzlichen Auslegungsmethoden die gleich-zeitige Anordnung einer vorläufi gen Insolvenzverwaltung neben der vorläufi gen Postsperre nicht zwingend geboten ist. Lediglich über die „Erforderlichkeit“ i.S.d. §  21 Abs.  1 InsO lässt sich eine gleichzeitige Anordnung einer vorläufi gen Insolvenzverwaltung aus praktischen Erwägungen heraus rechtfertigen. Insofern ist, wenn auch mit anderer Begründung, im Ergebnis dem AG Ludwigshafen 2 zuzustimmen, dass die Anordnung der vorläufi gen Postsperre nach § 21 Abs. 2 Nr. 4 InsO zumindest die gleichzeitige Bestellung eines vorläufi gen Insolvenzverwalters nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO voraussetzt. I. Rechtsprechung Die im Vorspann aufgeworfene Frage ist höchstrichterlich noch nicht entschieden und in Zusammenschau von Literatur und Rechtsprechung ist eine einheitliche Linie nicht zu fi n-den bzw. man fi ndet allgemein nur sehr marginal Rechtspre-chung und Literatur zu dieser Thematik. Zunächst wird anhand der Darstellung der Rechtsprechung untersucht, inwieweit eine einheitliche Linie zur Notwendig-keit der Koppelung von vorläufi ger Postsperre Anordnung einer vorläufi gen Insolvenzverwaltung ggf. sogar mit allge-meinem Verfügungsverbot für den Schuldner zu erkennen ist. 1. Beschluss des BGH v. 22.10.2009 3 Im Beschl. v. 22.10.2009 4 trifft der BGH eine klare Aussage dazu, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Nr. 4 InsO mit den Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 InsO gleichzuset-zen seien. Die Aussage des BGH in dieser Entscheidung lau-tet insofern, dass im Eröffnungsverfahren und im eröffneten Verfahren die Beurteilung der Anordnung einer Postsperre an dieselben Voraussetzungen geknüpft sind. Die Schlussfolgerung, die man aus dieser höchstrichterli-chen Rechtsprechung ziehen kann, ist also Folgende: Im eröffneten Verfahren wird mit Verfahrenseröffnung ein Insolvenzverwalter bestellt, § 27 Abs. 1 Satz 1 InsO, auf den das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Schuldners mit Verfahrenseröffnung übergangen ist, §  80 Abs.  1 InsO. Im Umkehrschluss ist also die Postsperre bei einer Gleichset-zung der Voraussetzungen zwingend an die Aufhebung der Verfügungsbefugnis des Schuldners gekoppelt. 2. Beschluss des OLG Celle v. 24.1.2001 5 Im Beschl. v. 24.1.2001 6 trifft das OLG Celle bereits unter Punkt III.3.a eine Aussage dahin gehend, dass bei Anord-nung einer vorläufi gen Postsperre etwaige an den Schuldner gerichtete Schreiben dem vorläufi gen Insolvenzverwalter auszuhändigen seien. Bereits dadurch hebt das OLG Celle hervor, dass vorläufi ge Postsperre und vorläufi ge Insolvenz-verwaltung untrennbar miteinander verbunden sind. Klarer wird die Positionierung des OLG Celle im Abschn. IV.1. Dort konstatiert das OLG Celle, dass im Eröffnungsverfah-ren die Anordnung einer Postsperre ohne Anordnung einer vorläufi gen Insolvenzverwaltung nicht in Betracht komme. Begründet wird diese Rechtsauffassung damit, dass eine Postkontrolle durch das Insolvenzgericht ausscheide und an-sonsten ohne die Koppelung von Postsperre und vorläufi ger Insolvenzverwaltung eine Postsperre keinen Sinn mache. Auch bekannte das OLG Celle dazu Farbe, dass die Anord-nung einer vorläufi gen Postsperre mit zugleich angeordneter vorläufi ger Insolvenzverwaltung einen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriff darstelle, wenn dem vorläufi gen Insol-venzverwalter nicht die Verwaltungs- und Verfügungsbefug-nis übertragen werde. Das OLG Celle zeigt auf, dass mangels Erforderlichkeit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gewahrt sei, wenn dem Schuldner bei angeordneter vorläufi ger Postsperre die Ver-waltungs- und Verfügungsbefugnis bleibe und es nur eines Zustimmungsvorbehalts bedürfe. Diese Konstellation stellt nach Ansicht des OLG Celle einen unüberbrückbaren Wider-spruch dar, der wie folgt aussieht: Auf der einen Seite wird die Anordnung der vorläufi gen Postsperre für erforderlich gehalten im Hinblick auf die Ge- * Die Autorin ist Richterin am Amtsgericht Straubing. 1 AG Ludwigshafen, Beschl. v. 9.5.2016 – 3d IN 36/16, ZInsO 2016, 2352. 2 AG Ludwigshafen, Beschl. v. 9.5.2016 – 3d IN 36/16, ZInsO 2016, 2352. 3 Beschluss des BGH v. 22.10.2009 – IX ZB 49/08, NZI 2010, 260. 4 Beschluss des BGH v. 22.10.2009 – IX ZB 49/08, NZI 2010, 260. 5 Beschluss des OLG Celle v. 24.1.2001 – 2 W 124/00, ZInsO 2001, 128. 6 Beschluss des OLG Celle v. 24.1.2001 – 2 W 124/00, ZInsO 2001, 128.
Online erschienen: 2017-4-27
Erschienen im Druck: 2017-4-1

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Downloaded on 10.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/zinso-2017-0606/html?srsltid=AfmBOooAuG-3jA9-uq5O1DGHorzddoqHvw9kf9hDkRZc2vlcDrM96VMQ
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