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Pandemische Verletzbarkeit im städtischen Raum. Humandifferenzierung im historischen Seuchenvergleich

  • Aaron Hock

    Aaron Hock, Kulturwissenschaftler; arbeitet interdisziplinär an den Schnittstellen von Kulturanthropologie, Soziologie und Geschichtswissenschaft. Studium der Frühkindlichen Bildung an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Kulturanthropologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie der Doshisha University Kyoto. Seit 2021 wissenschaftlicher Mitarbeiter im historisch-soziologischen Teilprojekt „Pandemische Humandifferenzierung“ des SFB 1482 „Humandifferenzierung“ in Mainz.

    Forschungsinteressen: Vergleichende Seuchengeschichte; Natur-Kultur-Verhältnisse; Kindheitsforschung.

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Veröffentlicht/Copyright: 20. Februar 2025
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Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht die Rolle von Verletzbarkeit für den diskursiven und praktischen soziokulturellen Umgang mit Seuchen. Dafür fragt er nach den soziomateriellen Entstehungsbedingungen ungleicher physiologischer Betroffenheiten sowie nach den Voraussetzungen für soziokulturelle Zuschreibungen von Verletzbarkeit. Derartige pandemische Humandifferenzierungen sind besonders sichtbar und signifikant unter Bedingungen dichten Zusammenlebens, also in Städten. Anhand einer Relektüre geschichtswissenschaftlicher Analysen dreier Epidemien rund um das Jahr 1900 wird herausgearbeitet, unter welchen Umständen differenzierte Verletzbarkeiten in Seuchen (nicht) entstehen können. Auf diese Weise historisch informiert lässt sich ein vertieftes Verständnis für die Bedeutung differenzierter Betroffenheit und Verletzbarkeit in der Coronapandemie entwickeln.

Abstract

This paper explores the role of vulnerability for the discursive and practical socio-cultural responses to epidemics. To do so, it examines the socio-material conditions under which unequally distributed physiological affliction arises and the preconditions for socio-cultural attributions of vulnerability. Such pandemic human differentiations are particularly visible and significant in contexts of people living in close proximity, i.e. in cities. Based on a re-reading of historiographical analyses of three epidemics around the year 1900, the paper examines the circumstances under which differentiated vulnerabilities can (not) arise in epidemics. Historically informed by this, a deeper understanding of the significance of differentiated affliction and vulnerability in the coronavirus pandemic can be developed.

1 Einleitung

„Das ist, was eine Epidemie uns zeigt: wie verwundbar wir alle sind“, konstatierte Angela Merkel (2020) in ihrer viel beachteten Fernsehansprache im März 2020 und lieferte damit einen frühen Beitrag in einen breiten Diskurs um Verletzbarkeit im Rahmen der Coronapandemie. Dieser Artikel tritt einen Schritt zurück und fragt grundsätzlich nach der Rolle von Verletzbarkeiten für den gesellschaftlichen Umgang mit Seuchen, also epidemisch oder pandemisch auftretenden Infektionskrankheiten, die eine soziale und kulturelle Bedeutsamkeit entfalten. Zunächst sind es zwei sich widersprechende Narrative, die die Wahrnehmung von Seuchen dominieren: Die auch von Merkel aufgerufene Universalität – ‚Vor der Seuche sind alle gleich‘ – und eine Differenziertheit von Verletzbarkeit – ‚Die Seuche katalysiert soziale Unterschiede‘ (vgl. z. B. Müller 2022). Der Beitrag hat zum Ziel, das Spannungsverhältnis dieser beiden Pole auszuloten. Das tut er mittels einer historisch-soziologischen Annäherung an das Phänomen der Seuche unter Einsatz zweier konzeptueller Kniffe: der Unterscheidung von Betroffenheit und Verletzbarkeit sowie einer postkonstruktivistischen Perspektive.

Die (auch in der Medizingeschichte, vgl. Spree 1981) gängige These, dass es in Seuchen ‚die Schwächsten am härtesten trifft‘ und so soziale Ungleichheit vertieft wird, lässt sich zwar oft bestätigen, sie gibt aber keinen Einblick in das konkrete Geschehen. Anhand historischer Fälle stellt der Beitrag deshalb dar, dass komplexe biosoziale Prozesse bestimmen, wer von einer Seuche mehr oder weniger betroffen ist. Ob aus dieser Betroffenheit wiederum eine diskursive Rahmung als problematische Verletzbarkeit erwächst, ist kontingent. Es wird sich zeigen, dass diese Problematisierung in den historischen Fällen nur von einzelnen Stimmen in den Deutungskämpfen um Seuchenfolgen vorgenommen wurde. Auch wenn sich aus etischer Perspektive in jedem der Fälle eine ausgeprägte differenzierte Verletzbarkeit feststellen ließe, wurde diese aus emischer Perspektive nur vereinzelt konstatiert. In der Coronapandemie hingegen setzte sich Verletzbarkeit als wesentliches Motiv der diskursiven Verhandlung der Seuche durch.

Um das zu zeigen, nehme ich eine postkonstruktivistische (Gertenbach 2019) bzw. postrelativistische (Rosenberg 1992: 307) Perspektive ein, die die soziale Akteurschaft und die kulturelle Einbettung von Pathogenen mit ihren Übertragungsweisen und Wirkungen in menschlichen Körpern zusammendenkt. Krankheitserreger handeln nicht intentional, d. h. sie unterscheiden nicht sinnhaft zwischen menschlichen Körpern, sie wirken lediglich (Lindemann 2020: 18). Daraus folgt die Möglichkeit der universellen Verletzbarkeit einer Population, also das Potential von Seuchen, als ‚große Gleichmacher‘ aufzutreten. Zugleich treffen die Pathogene aber auf soziomateriell differenzierte Gesellschaften, deren Mitglieder kontinuierlich als Vertreter:innen unterschiedlicher Menschenkategorien hervorgebracht werden. Die Wirkungen der Erreger verschränken sich mit den Unterscheidungen der Menschen und können dadurch differenzierte Betroffenheiten hervorbringen. Somit sind Seuchen ebenso wie Krankheiten generell (Conrad & Barker 2010) als Phänomene jenseits der Dichotomie von Natur und Kultur zu betrachten, als biosoziale oder „biocultural events“ (Wolf 2016: 962).

Der Fokus der folgenden Untersuchung liegt auf Seuchen in urbanen Kontexten, wobei drei historische Fälle herangezogen werden: die Cholera in Hamburg Ende des 19. Jahrhunderts, die Malaria in Douala und Emden um 1900 und die Tuberkulose in Baltimore Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Betrachtung dieser Fälle soll ermöglichen, die Frage nach den ungleichen Auswirkungen von Seuchen auf verschiedene Mitglieder menschlicher Gesellschaften soziologisch schärfer zu fassen und somit ein vertieftes Verständnis der Coronapandemie zu entwickeln. Der folgende Abschnitt (2) spannt dafür den Rahmen der Betrachtung mit den Eckpunkten Verletzbarkeit und Betroffenheit, pandemische Humandifferenzierung und Stadt als analytischen Grundbegriffen auf. Darauf folgt die Darstellung der drei historischen Fälle (3) mit dem Ziel, die vielfältigen soziomateriellen Entstehungsbedingungen differenzierter Betroffenheiten und deren Reflexion als Verletzbarkeiten herauszuarbeiten. Diese Aspekte werden im Zwischenfazit (4) zu einem Untersuchungsrahmen aggregiert, auf dessen Grundlage anschließend ein historisch informierter Blick auf die Coronapandemie geworfen wird (5). Das Fazit (6) kommt schließlich zurück auf die Frage nach Verletzbarkeit als einem Begriff für die (Selbst-)Beschreibung von Gesellschaften unter Seuchenbedingungen.

2 Verletzbarkeit/Betroffenheit, Humandifferenzierung und Stadt

Das Phänomen universeller und differenzierter Betroffenheit durch Seuchen korrespondiert mit entsprechenden theoretischen Verständnissen von Verletzbarkeit. Eine universelle Perspektive versteht Verletzbarkeit als conditio humana, als ontologischen Bestandteil des Menschseins. Die „Möglichkeit, Schaden zu nehmen und zu leiden“ (Nungesser 2019: 25) ist demnach inhärent an die Körperlichkeit und Sozialität von Menschen gebunden (Mackenzie et al. 2014: 4 f.). Diese universelle Verletzbarkeit besteht dabei jedoch nicht nur gegenüber anderen Menschen, sondern auch gegenüber der nichtmenschlichen Umwelt. Im Falle von Infektionskrankheiten geht sie mit der Offenheit des menschlichen Körpers einher, die ihn anfällig für das Eindringen von Krankheitserregern macht (Lindemann 2020: 19).

Andere Ansätze heben dagegen die soziale Differenziertheit von Verletzbarkeit hervor (Brown et al. 2017: 504). Um nicht in essenzialisierende Konstruktionen vulnerabler Subpopulationen zu verfallen (Marino & Faas 2020: 33 f.), betonen sie die Kontingenz, Gemachtheit und Situationsgebundenheit von Verletzbarkeit (Luna 2009: 129). Dennoch laufen solche Herangehensweisen Gefahr, bei der Beschreibung einer in unterschiedlich vulnerable Gruppen aufgeteilten Gesellschaft zu verbleiben. Der so geartete wissenschaftliche Diskurs um Verletzbarkeit wird dabei insbesondere von Beiträgen zu deren ethischen Dimensionen geprägt, sowohl im Allgemeinen (z. B. Butler 2005) als auch bezüglich Covid-19 (z. B. Bayramoğlu & Castro Varela 2021). Demgegenüber beschreibe ich Verletzbarkeit nicht als zu problematisierenden Zustand oder als Gegenstand mehr oder weniger berechtigter Ansprüche von Gruppen, sondern analysiere die biosozialen Voraussetzungen ihrer (Nicht-)Entstehung. Dafür muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen der physiologischen Betroffenheit durch ein Pathogen und der Verletzbarkeit als gesellschaftlich verhandeltem Status. Konzeptuell vergleichbar ist diese Unterscheidung mit der analytischen Unterscheidung von Race und Ethnicity oder Sex und Gender. Eng verwandt ist sie mit der Differenz von Impairment und Disability, die Behinderung einerseits als körpergebunden, andererseits als kulturell sowie soziomateriell hervorgebracht versteht (Hughes & Paterson 1997).

Auch in Seuchen werden Menschen mit einem physiologischen Faktum konfrontiert, dessen kulturelle Einordnung abhängig vom historischen und kulturellen Setting variiert. In all diesen Fällen gilt jedoch, dass beide Seiten der Unterscheidung nicht vollends zu trennen sind. So ist die physiologische Betroffenheit nicht unabhängig von der soziomateriellen Strukturierung der Gesellschaft zu denken und die kulturell zugeschriebene Verletzbarkeit ist an physiologische Verletzungserfahrungen geknüpft. Eine überdurchschnittliche Betroffenheit durch ein Pathogen reicht also nicht aus, um eine Subpopulation im engeren Sinne verletzbar gegenüber einer Seuche zu machen. Ebenso, wie sich Seuchen zwischen Menschen und Pathogenen abspielen, entsteht pandemische Verletzbarkeit als biosoziales Phänomen, an dem Krankheit und Gesellschaft in unterschiedlichem Maße Anteil haben. Es geht also nicht um eine einfache Basis-Überbau-Figur, sondern um komplexe Natur-Kultur-Verwobenheiten. Diese gegenseitige Bezugnahme von Menschen und Erregern ist ein antagonistischer Fall von „Symbiosozialität“ (Folkers/Opitz 2020), eine parasitäre und destruktive Mensch-Nichtmensch-Verschränkung. Die daraus resultierende Herstellung von Kategorien verletzbarer Menschen und die Graduierung verschiedener Verletzbarkeitsstufen lassen sich als pandemische Humandifferenzierung beschreiben.

Das Konzept der Humandifferenzierung (Hirschauer 2021a) basiert auf der Grundannahme, dass Menschen nicht per se unterschiedlich sind, sondern Differenzen prozessual hergestellt werden. Humandifferenzierung bezeichnet den fortlaufenden Prozess, der in historischen Momenten Menschensorten hervorbringt, die sich dann beispielsweise als Kategorien, Gruppen, Klassen etc. formieren können. Menschen sind nicht nur die Objekte dieser soziokulturellen Differenzierungsform, sondern auch deren zentrale Subjekte. Als praxistheoretischer Ansatz richtet sich das Konzept jedoch gegen starke Akteurs-Vorstellungen. Humandifferenzierungen emergieren aus einem Zusammenwirken verschiedener Sinnschichten des Kulturellen (Hirschauer & Nübling 2021): von sprachlichen Strukturen und diskursiven Repräsentationen über kognitive Schemata und situierte Praktiken bis hin zu materiellen Infrastrukturen und sozialen Strukturen (Beziehungsnetzwerken, Institutionen etc.). Humandifferenzierungen sind also nicht einfach Unterscheidungshandlungen von Akteuren, sondern Prozesse, die aus einem Zusammenspiel ontologisch diverser Manifestationen von Kultur emergieren. In empirischen Darstellungen – insbesondere in statistischen Erhebungen – erscheinen die Kategorien, die aus Humandifferenzierungen resultieren können, oft in Form von Gruppen. Als prozessontologisches Konzept richtet sich Humandifferenzierung gegen einen derartigen methodologischen Gruppismus (Brubaker 2007) und beschränkt die Verwendung des Gruppenbegriffs auf einen weitaus enger gefassten Phänomenbereich (vgl. dazu auch Kühl 2021).

Entsprechend beschreibt der Begriff pandemische Humandifferenzierung (Hirschauer 2021b; Hirschauer & Terjung 2024), inwiefern sich im Kontext von Seuchen die Unterscheidungen, Sortierungen sowie Kategorisierungen der menschlichen Mitglieder früherer und gegenwärtiger Gesellschaften ändern. Beim Auftreten pandemischer oder epidemischer Infektionskrankheiten bringen Krankheitserreger den Gesamtkomplex Humandifferenzierung in Bewegung. Indem sie beispielsweise in verschieden kategorisierten menschlichen Körpern unterschiedliche Wirkungen entfalten, in bestimmten kategorialen Klassen besonders präsent sind oder mit bestimmten Humankategorien kulturell besonders stark assoziiert werden, verändern sie vorgängige Humandifferenzierungen oder lassen neue Differenzierungslinien entstehen. Dabei unterscheiden die Pathogene zwar nicht selbst sinnhaft, aber indem sie durch ihre Wirkweisen an menschliches Tun sowie menschengemachte Infrastrukturen und Diskurse andocken, rufen sie differenzierte Betroffenheiten als Effekte hervor. Dabei ist die Wirkung eines Erregers nicht von ihrer diskursiven, praktischen, sozial- und infrastrukturellen Einbettung zu trennen. Wenn sie sich in statistischen Erhebungen niederschlägt oder in menschlichen Lebenswelten erkennbar wird, kann sie mit dem Vokabular der Humandifferenzierung beschrieben werden. An differenzierte Betroffenheiten können nun (weitere) diskursive Prozesse anschließen, beispielsweise indem sie als ungleich verteilte Verletzbarkeiten problematisiert werden. Es lassen sich also zwei verschiedene Unterscheidungskriterien beschreiben, die zwischen Menschen in Seuchenzeiten aufkommen: die soziomateriell bedingte Betroffenheit und die diskursiv verhandelte und ethisch aufgeladene Verletzbarkeit. Diese stehen nicht in einem Verhältnis des Gegebenen und Gemachten zueinander, sie sind beide auf unterschiedliche Weise Konstruktionen. Auch muss aus Betroffenheit keineswegs Verletzbarkeit folgen und umgekehrt ist Betroffenheit zwar meist, aber nicht immer eine Voraussetzung für Verletzbarkeit.

Meine These ist, dass pandemische Humandifferenzierungen einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, Seuchen sowohl in ihren physiologischen Auswirkungen als auch in ihrer soziokulturellen Erklärungsbedürftigkeit handhabbar zu machen. Eine gängige Leitdifferenz ist dabei die Unterscheidung zwischen Gefährdenden und Gefährdeten (Hirschauer 2021b). Für die Frage nach Betroffenheit und Verletzbarkeit bleibt kontingent, ob von einer Krankheit besonders Betroffene den Kategorien der Gefährdenden oder Gefährdeten zugeordnet und ob Verletzbarkeiten explizit zugeschrieben werden. Pandemische Humandifferenzierungen und damit auch Unterscheidungen anhand von Verletzbarkeit erlangen ihre Stichhaltigkeit immer im Rahmen bestimmter historisch und soziokulturell bedingter Rationalitäten. Im Sinne einer vergleichenden Kulturanalyse steht im Folgenden die Frage nach der Einbettung und dem konflikthaften Zustandekommen derartiger Differenzierungen im Zentrum.

Nirgends zeigen sich solche Zusammenhänge plastischer als unter den Bedingungen räumlicher Verdichtung. So liegt der Ursprung von Seuchen aus historisch-epidemiologischer Sicht in der Sesshaftwerdung des Menschen und dem damit einhergehenden Wachstum zusammenlebender Menschengruppen auf engem Raum (Ackerknecht 1963: 169). Auch kulturgeschichtlich ist die Deutung von Seuchen eng mit Raumkonzepten verbunden, die sie „sichtbar und ihre Bekämpfung planbar“ machen (Thießen 2015: 15). Eine Sonderrolle nahm und nimmt dabei der Sozialraum Stadt für die Deutung von Seuchen ein. So entwickelte sich in der europäischen Neuzeit die moderne Stadtplanung in Abgrenzung zur als ungesund geltenden mittelalterlichen Stadt (Sarasin 2011: 99 f.). Wesentlichen Anteil hatte daran das Konzept der Hygiene, das im 19. Jahrhundert unter der Bezeichnung hygiéne publique zur de facto städtischen Hygiene weiterentwickelt wurde: „Die Stadt sollte nun eine ‚gesunde Stadt‘ werden“ (ebd.: 102). Im Fokus dieser ‚Assanierungsbestrebungen‘ standen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, aber auch die Luft- oder Wohnqualität. Die Notwendigkeit, Seuchen unter sozialräumlichen Gesichtspunkten zu betrachten, wurde zuletzt anhand der Coronapandemie verschiedentlich betont (Knoblauch & Löw 2020; Hoppe et al. 2024). Ausgangspunkt ist dabei die unfreiwillige symbiosoziale Verbundenheit von Mensch und Erreger im Raum: „We share our space with a virus“ (Shields et al. 2020: 217).

Als Gegenstand einer Gesellschaftsanalyse ist die Stadt einerseits als soziomaterieller Rahmen für das menschliche Tun zu verstehen, andererseits als ein aus Praxisbündeln unterschiedlicher Akteure emergierendes Gebilde. Sie ist vom Sozialen geprägt und prägt ihrerseits das Soziale (Delitz 2010: 12). Dabei steht einem potenziell inklusiven Effekt städtischer Vergesellschaftung eine weitreichende urbane Humandifferenzierung auf Basis sozialer Entmischung und materieller Segregation gegenüber. Dieses Grundverständnis findet sich schon in Simmels (1993) Ausführungen zur Begegnung Unbekannter in der Anonymität der Großstadt. Sennett (1992: XI) beschreibt die wahrgenommene Bedrohlichkeit des Unbekannten, aus der eine gefühlte „likelihood of being hurt“ erwächst – der städtische Andere als potenzielle kriminelle Bedrohung. Diese dezidiert urbane Verletzbarkeit und „fear of exposure“ (ebd.) richtet sich zunächst auf zwischenmenschliche Gewalterwartung. In Seuchenzeiten wird diese um eine Ansteckungsangst erweitert, die durch pandemische Humandifferenzierungen, insbesondere die Gefährder-Gefährdeten-Unterscheidung kanalisiert wird. Da Humandifferenzierungen unter anderem in materiellen Infrastrukturen, in der „Hardware“ der Gesellschaft prozessiert werden (Hirschauer & Nübling 2021: 61), verstehe ich die Stadt als Infrastruktur auch für Prozesse pandemischer Humandifferenzierungen. Infrastruktur meint dabei nicht eine feststehende dingliche Grundlage für sich davon klar abgrenzbares soziokulturelles Geschehen (Latour 2001: 244). Vielmehr geht es um ein Gefüge, dass sich durch seine „vermittelnde Operativität“ (Schabacher 2022: 7) auszeichnet. Somit dient mir die Stadt vor allem als heuristische Klammer, um das Zusammenwirken von sich unterscheidenden Menschen, gebauter Umwelt, tierischen Gästen, pathogenen Erregern und medizinisch-politischen Diskursen beschreibbar zu machen.

3 Historische Fälle

Das Ziel dieses Beitrags ist eine durch historische Fälle informierte Analyse der Coronapandemie jenseits der vereinfachenden Kurzschlüsse eines historistischen ‚Alles schon bekannt‘ oder eines ahistorischen ‚Alles ganz neu‘. In einem ‚sekundärhistorischen‘ Vorgehen stütze ich mich dafür auf seuchenhistorische Studien, die ich im Bewusstsein der Kontingenz ihrer narrativen Struktur und theoretisch-analytischen Ausrichtung lese. Ich mache mir die historiographischen Schwerpunktsetzungen der Studien zunutze, indem ich die unterschiedlichen Perspektiven auf das soziokulturelle Geschehen rund um Seuchen in urbanen Settings kombiniere, sodass sich die Sichtweisen einander ergänzen. Der Blick auf vergangenes Seuchengeschehen soll helfen, Varianten der Entstehung und des Umgangs mit differenzierten Betroffenheiten herauszuarbeiten und so eine heuristische Folie für die Analyse der Coronapandemie zu entwickeln. Diese wird im Zwischenfazit dargelegt. Es geht darum, zeitübergreifende Gemeinsamkeiten pandemischer Humandifferenzierungen in ihrer Verwobenheit mit Betroffenheiten und ihrem Potential für Verletzbarkeits-Zuschreibungen zu suchen, ohne kontextuelle Spezifika zu übergehen.

Zum einen zeigen die historischen Fälle die diversen Varianten der Entstehung differenzierter Betroffenheit und welche Aspekte dafür zusammenspielen: von politisch-kulturellen Kontexten über sozioökonomisch segregierte Stadtgesellschaften bis zu den unterschiedlichen Erregern. So wird die in ihrem Fazit oft richtige, aber vereinfachende Formel, dass unterschiedliche Seuchenbetroffenheit aus sozialer Ungleichheit resultiert, ausdifferenziert und mit Inhalt gefüllt. Pandemische Humandifferenzierungen und die Differenzlinien sozialer Ungleichheit überlappen sich zwar oft, jedoch gehen erstere über letztere hinaus und erlauben daher eine weniger eingeschränkte Analyse des Seuchengeschehens. Zum anderen wird deutlich, an welchen Stellen die ungleiche Betroffenheit zur Thematisierung von Verletzbarkeit führt. Beispielsweise durch politische Akteure der jeweiligen historischen Settings oder durch Einschätzungen von Seiten der Geschichtswissenschaft im Nachhinein. Humandifferenzierungen sind oft in Macht- und Herrschaftsprozesse eingewoben, insbesondere wenn sie asymmetrische Formen annehmen (Hirschauer 2021a: 171). In der Analyse wird sich das an dem Einfluss ökonomischer, kolonialer oder rassistischer Machtasymmetrien auf pandemische Humandifferenzierungen zeigen.

Die Auswahl der historischen Fälle ist durch eine Kombination von Faktoren der Un-/Ähnlichkeit begründet: Alle Studien behandeln Seuchen im städtischen Raum in einer Spanne von wenigen Jahrzehnten rund um das Jahr 1900. Dies bedingt sich durch die oben erwähnte Rolle der modernen Stadtplanung in ihrer Verbindung mit der Seuchenbekämpfung, die in diesem Zeitraum eine große Rolle spielt und als Gegenstand öffentlicher Debatten gut rekonstruierbar ist. Ferner stellt die seit dem Ende des 19. Jahrhundert aufkommende Bakteriologie einen gemeinsamen wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund der untersuchten Settings dar. Sie legte Grundsteine des infektiologischen Denkens, das bis in die Coronapandemie fortwirkt, wenngleich sich im Einzelnen teils immense Unterschiede in den jeweiligen lokalen und historischen Wissenskulturen ausmachen lassen. Zudem führt der Entwicklungsstand statistischer und administrativer Apparate der Gesundheitsversorgung in dieser Zeit zu einer relativ guten Quellenlage.

Eine größere Streuung bieten die geographischen Settings. Dies ermöglicht der Analyse Zugriff auf eine gewisse Breite an Entstehungskontexten differenzierter Betroffenheiten, von denen sich erstaunlich viele im Rahmen einer umfassend globalisierten Seuche wie der Coronapandemie wiederentdecken lassen. Der zweite große Unterschied sind die verschiedenen Krankheiten mit ihren unterschiedlichen Erregern und Übertragungswegen. Durch diese Auffächerung lässt sich der Anteil der Pathogene am Seuchengeschehen gut aufschlüsseln und eine Sensibilität für deren soziokulturelle Auswirkungen entwickeln. All dies hat zum Ergebnis, dass die jeweiligen Studien mit ihren unterschiedlichen analytischen, regionalen und krankheitsbezogenen Schwerpunkten den Zugriff auf eine größere Bandbreite an historischem ‚Seuchenwissen‘ zulassen, was einen neuen Blick auf die Coronapandemie ermöglicht. Den Analysen wird jeweils eine Kurzdarstellung der Seuche vorangestellt, wobei die Situiertheit (Haraway 1988) dieser Informationen als historisch-epidemiologisches sowie infektiologisches Wissens der Gegenwart zu beachten ist. Das soll keine chronozentrische Gegenüberstellung von heutigem Wissen und früherem Nichtwissen darstellen, sondern eine schnelle Orientierung zu den Krankheiten bieten (vgl. zu diesem Grundproblem seuchenhistorischer Forschung Leven 1997: 14 f.).

3.1 Cholera in Hamburg

In den 1830er Jahren erreichte die Cholera erstmals Europa und gilt heute als klassische Infektionskrankheit der europäischen Moderne, da ihre Verbreitung durch Prozesse der Urbanisierung, Industrialisierung und Kolonisierung befeuert wurde, woraus hohe Opferzahlen in Großstädten resultierten (Vögele 2016: 12). Die Cholera wird oral übertragen, in der Regel mittels Trinkwasser, Lebensmittel oder Oberflächen. Menschen stecken sich also nur indirekt untereinander an, vor allem über fäkale Ausscheidungen auf Oberflächen oder, noch verheerender, im Wasserkreislauf. Nach der Infektion folgt eine Inkubationszeit von 1 bis 5 Tagen, bevor die Leitsymptome Erbrechen und Durchfall einen immensen Flüssigkeitsverlust verursachen, der zu Kreislaufproblemen und Muskelkrämpfen führt (Vasold 2008: 102 f.). Dieses Stadium wird in der Regel nach 3 bis 4 Tagen erreicht und bedeutete in Hamburg Ende des 19. Jahrhundert einen Scheideweg: Die Hälfte der Erkrankten starb an Herz- oder Nierenversagen aufgrund von Dehydrierung oder Mineralstoffmangel, die andere Hälfte erholte sich rasch.

Zur Bekämpfung dienen eine gründliche Körperhygiene, das Abtöten von Bakterien auf und in Lebensmitteln mittels Hitze, die Desinfektion von Oberflächen sowie Filteranlagen in der Wasserversorgung. Daraus lässt sich ablesen, was eine Epidemie begünstigt: Feuchtigkeit und Wärme, schlechte Abwasserversorgung und mangelnde Frischwasser-Aufbereitung, überbelegte Wohnungen und gute überregionale Verkehrsanbindung – all diese Kriterien erfüllte Hamburg im Sommer 1892 (Evans 1996: 294 f.). In seinem Klassiker der Sozialgeschichtsschreibung Tod in Hamburg (1996) rekonstruiert Richard J. Evans die politischen, sozialen, kulturellen, ökonomischen und medizinischen Verflechtungen rund um diese letzte große Cholerapandemie in Europa. Dabei erfolgt sein analytischer Zugang im Wesentlichen über den Aspekt der sozioökonomischen Ungleichheit in der Hamburger Stadtbevölkerung. Ende des 19. Jahrhunderts war die Hamburger Stadtpolitik geprägt von einer Oligarchie der großen Kaufmannsfamilien und ihrer wirtschaftsliberalen Laissez-faire-Haltung, die sich an den Interessen des Großbürgertums orientierte und staatliche Eingriffe auf ein Minimum reduzierte (Evans 1996: 11).

Unter anderem wurde eine Filteranlage für die städtische Kanalisation zwar im Jahr 1890 beschlossen, aber vor Mitte des Jahrzehnts nicht fertiggestellt (ebd.: 372 f.). So gelangte das Cholerabakterium über die Wasserversorgung relativ unterschiedslos in alle Haushalte, was zunächst eine universelle Betroffenheit der gesamten Stadtbevölkerung vermuten ließe. Dennoch entwickelte sich in der Stadt eine sehr ungleich verteilte Betroffenheit durch die Cholera anhand der Differenzlinie sozio-ökonomischer Ungleichheit und aufgrund der spezifischen Eigenschaften des Erregers. Ende des 19. Jahrhunderts waren ca. ein Fünftel der Hamburger Bevölkerung reich, ein weiteres Fünftel machte das ökonomisch weitestgehend abgesicherte Kleinbürgertum aus und der Rest der Hamburger:innen war arm, verdiente also im Schnitt kaum mehr, als für den Lebensunterhalt notwendig war. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wuchsen der Handel im Hafen und die produzierenden Industriezweige, was zum vermehrten Zuzug von Arbeiter:innen führte, während die Reichen die Innenstadt verließen: „So lebten schon lange vor dem Ende des Jahrhunderts Proletariat und Großbürgertum jeweils in einer eigenen Welt“ (ebd.: 86).

Diese in der urbanen Raumstruktur manifestierte Humandifferenzierung äußerte sich 1892 in einer deutlich ungleichen Betroffenheit durch die Cholera. Ablesen ließ sich diese an einer negativen Korrelation zwischen durchschnittlichem Pro-Kopf-Einkommen und Cholera-Erkrankungen sowie -Sterblichkeit pro Stadtteil (ebd.: 524). Noch stärker divergierte die Übersterblichkeit: Die Cholera entfaltete eine besonders drastische Wirkung in Stadtteilen, die schon in den seuchenfreien Vorjahren eine hohe Sterblichkeit aufwiesen. Die Seuche „zeigte nicht einfach bestehende Ungleichheiten zwischen den Bezirken Hamburgs auf, sondern verstärkte sie geradezu“ (ebd.: 528). Die vereinfachte Gleichung ‚arm = choleragefährdet‘ stellt eines der wesentlichen Ergebnisse von Evans’ Studie dar, soll an dieser Stelle jedoch als Ausgangspunkt der Analyse dienen. Welche Aspekte ihrer materiellen Lebensbedingungen und kulturellen Wissensbestände machten die sozioökonomisch Benachteiligten besonders anfällig gegenüber dem Bakterium?

Die materielle Seite der pandemischen Humandifferenzierung zu betrachten, heißt, den menschlichen Körper einzubeziehen. So hatten die armen Hamburger:innen aufgrund mangelhafter Ernährung und harter körperlicher Arbeit geschwächte Immunsysteme (ebd.: 263). Hohe Lebensmittelpreise und Mieten führten zu Unterernährung – eine Benachteiligung in Konfrontationen mit der Krankheit. Neben der besseren physiologischen Grundkondition und medizinischen Versorgung hatten wohlhabendere Stadtbewohnende zudem die Möglichkeit, ihre Körper auf Distanz zur Gefährdung zu bringen. So verließen über 10 000 Bürger:innen die verseuchte Innenstadt (ebd.: 515). Ein weiterer materiell bedingter Aspekt der Verletzbarkeit waren die Wohnbedingungen. Die Überbelegung und die schlechte Bausubstanz von Wohnungen in Arbeitervierteln erhöhten die Infektionswahrscheinlichkeit durch die Unmöglichkeit, sich von Erkrankten und ihren Ausscheidungen zu isolieren sowie eine Grundhygiene aufrechtzuerhalten. Eine große Rolle spielten dabei die Sanitäranlagen, denn es gab in armen Gegenden oft nur eine Toilette pro Haus (ebd.: 531). Das Wohnen in Hamburg war also städtebaulich so vorstrukturiert, dass es in Kombination mit den Übertragungsweisen der Cholera zu einer pandemischen Humandifferenzierung entlang sozioökonomischer Linien kam, die sich auch siedlungsräumlich manifestierte.

Doch es waren nicht in erster Linie die Isolationsmöglichkeiten in ihren größeren Wohnungen oder die Ausstattung mit privaten Badezimmern, die reichere Hamburger:innen so signifikant resilienter gegenüber der Seuche machten. Die zentrale Rolle spielten die Bediensteten (überwiegend Frauen), die die Hygiene dieser Wohnstätten aufrechterhielten. Entsprechend gab es eine negative Korrelation zwischen Haushalten mit Bediensteten und Erkrankungen (ebd.: 531). Die Bediensteten aus ärmeren Bevölkerungsschichten dienten geradezu als Schutzwall ihrer bürgerlichen Herrschaften gegenüber der Krankheit. Sie waren es, die in Kontakt mit dem Erreger in ungekochtem Wasser, ungewaschenen Lebensmitteln und auf ungereinigten Oberflächen kamen (ebd.: 554). Einmal erkrankt, konnten sie entlassen oder unter Quarantäne gestellt werden, um die bürgerliche Familie nicht zu gefährden.

Im zeitgenössischen Diskurs entwickelte sich die Cholera zu einer „skandalisierten Krankheit“ (Fangerau & Labisch 2020: 37). Über die Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts hinweg war sie keinesfalls die opferreichste Infektionskrankheit, stellte aber durch die Art und Weise ihres Auftretens einen wiederkehrenden Kulturschock dar. Die Symptomatik widersprach radikal Allem, was das europäische Bürgertum an Körpernormen entwickelt hatte und „durchbrach die im Namen der Kultur gegen die Leiblichkeit errichteten Schranken“ (Evans 1996: 298). Entsprechend trug die Cholera selbst mit ihren pathogenen Eigenschaften dazu bei, dass sie als entwürdigendes Leiden wahrgenommen wurde, dessen Ursachen mit einem Mangel an bürgerlichen Tugenden erklärt wurden. Von der Medizin wurde die Arbeiterschaft aufgrund ihres vermeintlich unreinlichen und unkontrollierten Lebensstils als besonders anfällig betrachtet und so empfahlen Ärzte als Gegenmaßnahmen Nüchternheit, Mäßigung sowie ein Vertrauen in Gott und das behördliche Handeln (Evans 1996: 320).

Durch Evans statistisch orientierte Untersuchungen lässt sich eine faktische Betroffenheit der armen Hamburger:innen zeigen. Das Zusammenwirken von Choleraerreger, Lebensbedingungen der Arbeiterschaft und medizinischem Diskurs führte zu einer pandemischen Humandifferenzierung, die aus den sozioökonomisch Schwachen auch die epidemiologisch Gefährdeten machte. Dies geschah mittels Wohnbedingungen, körperlichen Verfassungen und Beschäftigungsverhältnissen, die sowohl durch die soziale Struktur des urbanen Raumes als auch durch die materielle Infrastruktur der Stadt hergestellt und aufrechterhalten wurden und an die die Cholera mit ihren Übertragungsweisen andocken konnte. Diese Betroffenheit wurde zwar auch im zeitgenössischen öffentlichen Diskurs erkannt, dann aber oft den Arbeiter:innen selbst und ihren Lebensweisen zugeschrieben. Nur einzelne sozialdemokratische Stimmen forderten eine Anerkennung der proletarischen Verletzbarkeit als Resultat der radikal wirtschaftsliberalen Stadtpolitik (ebd.: 499).

3.2 Malaria in Douala und Emden

Die Malaria wird von Anophelesmücken übertragen, die Menschen und Tiere stechen und so mit Plasmodien, einzelligen Krankheitserregern, infizieren. Symptome und Verläufe sind variabel und reichen von Gliederschmerzen über Fieber bis zu Organversagen. Die Krankheit kann überall auftreten, wo über mehrere Monate milde Temperaturen vorherrschen, die Anophelesmücke vorkommt und die entsprechenden Plasmodien in Menschen oder Mücken präsent sind. Dass die Malaria in Europa heute nicht mehr endemisch ist, liegt vor allem an der massiven Bekämpfung der Anophelesmücke und ihrer Lebensräume im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Dennoch war die Malaria bis in die 1960er Jahre in Mitteleuropa verbreitet (Fangerau & Labisch 2020: 91 ff.). Die Historikerin Manuela Bauche betrachtet in ihrer Studie Medizin und Herrschaft (2017) die Malariabekämpfung im Deutschen Reich und seinen Kolonien um 1900. Im Folgenden ziehe ich den Vergleich zwischen Emden in Ostfriesland und Douala in Kamerun heran. Anders als Evans legt Bauche den Fokus weniger auf die direkten Auswirkungen der Krankheit aufgrund sozialer Unterschiede, sondern auf die Begründung und Durchsetzung von Bekämpfungsmaßnahmen und die damit einhergehenden diskursiven und praktischen Humandifferenzierungen.

In Emden beschränkten sich die Hygiene-Maßnahmen auf das abgelegene Arbeiterviertel Transvaal, obwohl Teile der Innenstadt stärker von Malaria betroffen waren (Bauche 2017: 259). Die Wahrnehmung von Transvaal als unhygienischem Krankheitsherd und den dort Wohnenden als Gefährder beruhte also vielmehr auf Stereotypen der Ärzte über Arbeiter:innen (ebd.: 261). Diese Verortung der Malariagefahr bei einer Humankategorie widersprach dem bakteriologischen Wissen der Zeit, war doch die Übertragung durch Anophelesmücken bereits bekannt. Dennoch fokussierte man den vermeintlichen „Mangel an Hygiene“ bestimmter Bevölkerungsgruppen, der zugleich als „Mangel an Bürgerlichkeit“ verstanden wurde (ebd.: 274) – eine Zuschreibung wie im von der Cholera geplagten Hamburg. Auch unabhängig von der Malaria war diese Klassenunterscheidung wesentlicher Bestandteil der Emdener Stadtgesellschaft und war stadträumlich durch den Bau von Transvaal als von der Innenstadt klar abgetrenntem Viertel manifestiert worden. Auch die Ebene der materiellen Gestaltung und Nutzung der Wohnbebauung spielte eine Rolle. So galten die Häuser Transvaals als provisorisch und schmutzig, die Tierhaltung in den Höfen als unhygienisch (ebd.: 261). Die bereits etablierte Segregation und der Hygienediskurs erhielten durch die Malaria-Epidemie Aufwind und folgerichtig wurden hygienepolizeiliche Einsatzteams nur in die ärmeren Stadtteile geschickt.

Neben den Bewohnenden von Arbeitervierteln wurden ausländische Arbeiter:innen als Gefährdende wahrgenommen (ebd.: 313 ff.). Auch hier waren die Zuschreibungen in der Regel nicht an empirische Befunde der Verbreitung geknüpft. In dieser Sichtweise konnte die Ursache für Epidemien nur bei den ‚fremden Anderen‘ liegen, selbst wenn zuvor und im höheren Ausmaß schon Malariafälle in ‚bürgerlich-inländischen Haushalten‘ registriert wurden (ebd.: 315). Dies war verknüpft mit dem bakteriologischen Grundverständnis eines klar umgrenzten Körpers, in den Keime eindringen müssen, um Krankheiten zu erzeugen – eine Vorstellung, die auf ganze Populationen und insbesondere auf Städte übertragen wurde (ebd.: 321 f.).

In Douala hingegen waren es aus Sicht der deutschen Ärzte die Indigenen, von denen die Malaria-Gefahr ausging. Sie machten die Mehrheit der Stadtpopulation aus und wohnten teilweise Tür an Tür mit den Europäern. Um dem entgegenzuwirken, wurden Konzepte für eine städtebauliche Segregation entwickelt, für die insbesondere auch medizinisch argumentiert wurde, die allerdings aufgrund indigenen Widerstands und der Auswirkungen des Ersten Weltkriegs nie umgesetzt werden konnten (ebd.: 275). So sollte ein zentrales ‚europäisches Viertel‘ entstehen, das von ‚afrikanischen Vierteln‘ umgeben war. Zudem sollten sie durch eine einen Kilometer breite Zone getrennt werden, was auch seuchenpolitisch mit der Flugreichweite der Anophelesmücken argumentiert wurde (ebd.: 280). Deutlich wird hier, dass im kolonialen Diskurs eindeutig ‚Afrikaner‘ als Gefährdende und ‚Europäer‘ als Gefährdete wahrgenommen wurden – und dass auch der Übertragungsweg der Malaria einen Anteil daran hatte, deren räumliche Trennung zu begründen (Bauche 2017: 279).

Bauche betont die ideengeschichtliche Verbindung von Vorstellungen der Moderne, insbesondere der modernen Stadt, mit seuchenpolitischen Hygieneideen, die wiederum mit asymmetrischen ‚rassen‘- und klassen-basierten Humandifferenzierungen verknüpft waren (ebd.: 283 ff.). Die daraus resultierenden städtebaulichen Segregationsideale standen jedoch insbesondere in den Kolonien vor Uneindeutigkeitsproblemen: In den Plänen für Douala stand fest, dass die ‚Europäerviertel‘ und die ‚Afrikanerviertel‘ architektonisch klar zu unterscheiden und in sich einheitlich sein sollten: repräsentative Steinbauten auf der einen, einfache Häuser aus Holz, Lehm und Blech auf der anderen Seite (ebd.: 288 f.). Wenn nun aber ein Afrikaner bereits in einem ‚Europäerhaus‘ auf dem Gebiet des geplanten ‚Europäerviertels‘ lebte, so galt er den Kolonialbehörden als ‚besserer Eingeborener‘ und wäre nicht vertrieben worden. Die Kategorisierung orientierte sich also nicht einfach an der zugeschriebenen ‚Rasse‘, sondern auch an der Lebensweise. Entsprechend wurden aus Südafrika nach Kamerun geflohene arme Weiße nicht nur als Krankheitsträger ähnlich den Schwarzen wahrgenommen, auch ihr Weißsein wurde teilweise infrage gestellt (ebd.: 329). Um diesen durchlässigen Differenzlinien entgegenzuwirken, sollte es Afrikaner:innen in den ‚Eingeborenenvierteln‘ nicht gestattet sein, ‚europäische Häuser‘ zu bauen, um die Dichotomie ‚afrikanisch‘/‚europäisch‘ aufrechtzuerhalten (ebd.: 299).

Die Strategien der Malariabekämpfung basierten auf der Annahme, dass bestimmte Menschen besonders anfällig für Malaria seien und verknüpften dabei Lokalitäten mit Menschenkategorien (ebd.: 257). Entsprechend wurden für die Malariabekämpfung sowohl der Siedlungsraum als auch dessen Bewohner als verseucht markiert und somit Ziel medizinisch-administrativer Zugriffe. Die diskursive Herstellung von ‚Parasitenträgern‘, also Gefährdern, als Zielen der Malariabekämpfung betraf in den Kolonien die ‚Eingeborenen‘ und im Mutterland die (insb. ‚ausländischen‘) ‚Arbeiter‘, die den jeweils binär konstruierten Pendants der gefährdeten ‚Europäer‘ und ‚Bürgerlichen‘ gegenüberstanden (ebd.: 311). Dass die Beherrschten vermeintlich überdurchschnittlich von der Malaria betroffen waren, stellte nicht per se ein Problem dar, sondern erst die daraus abgeleitete Gefährdung der Herrschenden.

Diese politischen und medizinischen Diskurse funktionierten auch im Widerspruch zu epidemiologischen Daten und zur Infektionsweise der Malaria (ebd.: 264). So zeichnete sich die Krankheit durch ihre eher differenzierungsarme, nahezu universelle Verbreitung aus, da die Aktivität von Anophelesmücken kaum von sozialen, kulturellen oder ökonomischen Faktoren beeinflusst wird. Dennoch war in den Kolonien die Vorstellung einer eingleisigen Infektionskette von Afrikanern über Mücken auf Europäer besonders eindeutig (ebd.: 84). Entsprechend wurden Erkrankungen von Kolonisierten als Seuchenursache bekämpft, Erkrankungen von Kolonisierenden als Seuchenfolge behandelt (ebd.: 86 f.). So war es im Fall der Malaria weniger die ungleiche Betroffenheit durch den Erreger wie bei der Cholera in Hamburg, sondern die soziokulturelle Einbettung der Seuchenbekämpfung, die eine pandemische Humandifferenzierung wirkmächtig werden ließ.

Die Frage der Verletzbarkeit ist vor diesem Hintergrund vielschichtig. So wurden Proletariat und Kolonisierte zwar als ‚Krankheitsträger‘ gesehen, damit ging jedoch nicht unbedingt ein Verständnis dieser Kategorien als verletzbar im Sinne einer Gefährdung durch die Krankheit einher. Vielmehr machte ihre imaginierte Malaria-Anfälligkeit sie in dieser Vorstellungswelt zu einer Gefahr für die zu schützenden, verletzbaren Bürgerlichen und Kolonisierenden (ebd.: 331). Die differenzierte Betroffenheit besteht in diesem Fall also eher im gesundheitspolizeilichen Zugriff, der ausgehend von den Herrschenden gegenüber den Beherrschten medizinisch-administrativ organisiert wurde. Entsprechend wurde die ‚einfache Bevölkerung‘ kontrolliert, erfasst, überwacht und dann oft als potenziell gefährlich von den Oberschichten stadträumlich separiert (ebd.: 279). Faktisch war dabei jedoch selten die tatsächliche Evidenz der Erregerwirkungen ausschlaggebend, sondern zeitgenössische diskursive Trends, insbesondere Orientierungen an ‚Rasse‘ und Klasse als negativen Leitkategorien, die deren Vertretern keine Verletzbarkeit zubilligen konnten.

3.3 Tuberkulose in Baltimore

Die Tuberkulose (Tbc) ist eine bakterielle Infektionskrankheit, die in verschiedenen Formen auftritt, wobei die Lungentuberkulose die größte Rolle spielt. Diese stellte um 1900 in den USA, aber auch in Deutschland, die häufigste Todesursache dar. Über das 19. Jahrhundert nahmen die Fallzahlen aufgrund der Verschlechterung der Lebensumstände von Arbeiter:innen im Kontext von Urbanisierung und Hochindustrialisierung stetig zu (Vasold 2008: 278). So wird die Tröpfchenübertragung der Krankheit durch einen Mangel an Sonnenlicht und Luftaustausch gefördert, wie er in den Unterkünften sozioökonomisch Benachteiligter oft vorlag. Aufgrund ihrer unspezifischen Symptomatik (v. a. Gewichtsabnahme, Fieber und Husten) wurde Tuberkulose erst 1882 mit der Entdeckung des Erregers durch Robert Koch als eigenständige Krankheit verhandelt (Leven 1997: 113 f.). Samuel Kelton Roberts Jr. untersucht in seiner Studie Infectious fear (2009) den Umgang mit Tuberkulose in US-amerikanischen Großstädten in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Für die Stadt Baltimore legt er den Fokus auf den Diskurs und die Praktiken rund um die Rassifizierung der Krankheit durch Medizin und Verwaltung.

Tuberkulose war in den 1920ern so verbreitet, dass bis zu 90 % der Stadtbevölkerung in den USA in ihrem Leben Kontakt mit dem Tuberkel-Bazillus hatten (Roberts 2009: 36 f.). Die Bedingungen für eine universelle Betroffenheit durch die Krankheit wären also gegeben gewesen. Aber ob die Krankheit bei einem Menschen tatsächlich ausbrach, lag an den jeweiligen Lebensumständen, wobei insbesondere prekäre Wohnbedingungen, mangelhafte Ernährung, Stress und Überarbeitung Risikofaktoren waren (ebd.: 4), also eine Kombination aus materiellen Lebensbedingungen und der Verfasstheit des Körpers. Je nachdem, ob das Bakterium auf einen immunologisch naiven oder erfahrenen Körper trifft, wird zwischen primären und postprimären Infektionen unterschieden. Hat der Großteil einer Population eine Primärinfektion durchgemacht, wird die Tuberkulose endemisch. In diesen Populationen treten Epidemien dann insbesondere aufgrund der Immigration von Immunnaiven als Primärinfektions-Epidemien oder aufgrund von Immunschwächung breiter Bevölkerungsschichten als Epidemien postprimärer Infektionen auf (ebd.: 21 ff.). Für beide Fälle waren in den USA seit Ende des 19. Jahrhunderts insbesondere schwarze Populationen prädestiniert, zum einen aufgrund der massenhaften Migration vom Land in die Stadt seit dem Ende des Sezessionskriegs, zum anderen aufgrund der schlechten Wohn- und Arbeitsbedingungen für Schwarze in den Großstädten.

So lässt sich auch für Baltimore aufzeigen, dass eine pandemische Humandifferenzierung auf Basis besonderer Betroffenheit durch die Tuberkulose an die vorgängige ‚rassen‘-basierte Humandifferenzierung anknüpfte. Die Rassenunterscheidung blickte Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA bereits auf eine lange Vorgeschichte der Verfestigung in Praktiken (z. B. Sklaverei), Gesellschaftsstruktur (z. B. Segregation) und Rechtssystem (z. B. Jim-Crow-Gesetze) zurück. Für die Ausbreitung von Infektionskrankheiten waren Ghettoisierung der Städte und allgemeine sozioökonomische Schlechterstellung die wesentlichen Effekte dieser von Grund auf asymmetrischen Humandifferenzierung. Da der Tbc-Erreger von wiederholtem oder permanentem Zugang zu geschwächten Körpern profitierte, boten ihm diese Benachteiligung und gewisse populäre Krankheitstheorien schwarzer Stadtbewohner eine hervorragende Grundlage. Der schwarze Soziologe und Bürgerrechtler George Edmund Haynes fasste diese Faktoren 1913 zusammen als „[u]nder-nourishment due to low pay, bad housing, poor sanitation, ignorant fear of ‚night air‘ and lack of understanding of the dangers of infection“ (ebd.: 58). Die Stadtverwaltung beschränkte sich in ihrer Einschätzung des Problems freilich auf die zwei letztgenannten Punkte dieser Aufzählung, sah also die Hauptschuld für die Betroffenheit gegenüber der Tuberkulose bei den Schwarzen selbst und bemühte sich darum kaum um Verbesserungen ihrer Lebensbedingungen (ebd.: 83).

Die schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts ungleichmäßige Entwicklung von Stadtteilen führte zu einer von ‚rassen‘- und klassenbasierter Segregation geprägten Stadtstruktur. Die städtische Materialität machte bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders angreifbar durch das Bakterium. Roberts beschreibt die von armen Schwarzen bewohnten Gegenden als „landscape of neglect“ (ebd.: 82). Architektonisch spiegelte sich das in den „alley houses“ wider: kleine, oft provisorische Gebäude, in Freiflächen zwischen der Ursprungsbebauung errichtet und in der Regel an Schwarze vermietet. Aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes konnten die Eigentümer trotz der mangelhaften Bausubstanz hohe Mieten verlangen, weshalb die ohnehin schon eng gebauten Häuser oft überbelegt wurden (ebd.: 73 ff.).

Da das Tbc-Bakterium Luftübertragung als Verbreitungsweg nutzt, stellten diese eng besiedelten Stadtviertel prädestinierte Hotspots dar. So konnte die pandemische Humandifferenzierung in Form der überdurchschnittlichen Tbc-Betroffenheit Schwarzer an die rassifizierte urbane Segregation andocken. Die epidemischen Missstände in den schwarzen Wohngegenden wurden dann als Argument für die Aufrechterhaltung der Segregation angeführt. Die Kategorisierung Schwarzer „as the source, not the victims, of contagious disease“ (ebd.: 83) stellte damit – wie bei den Indigenen in Douala und den Arbeiter:innen in Emden – nicht ihre Verletzbarkeit, sondern ihre Gefährlichkeit diskursiv her. Daraus folgte anstelle eines Bestrebens zur Verbesserung ihrer Lage ein Teufelskreis: Wohngegenden Schwarzer wurden stadtplanerisch vernachlässigt, woraus schlechte gesundheitliche Zustände der Bewohnenden resultierten. Diese wurden von behördlicher Seite allein der vermeintlich mangelnden persönlichen Hygiene der schwarzen Bewohnenden zugeschrieben und infolgedessen galt eine Verbesserung der Wohnbedingungen als aussichtslos (ebd.: 14).

So entwickelte sich die Rassenunterscheidung zum wesentlichen Deutungsmittel der ausufernden Tbc-Fallzahlen durch die weiße Mehrheitsgesellschaft (ebd.: 6). Die statistische Korrelation wurde zur biologischen Kausalität umgedeutet, die Wirkweise des Erregers verwob sich mit den kulturellen Deutungsmustern des Rassismus und den soziomateriellen Effekten der Segregation. Da Tbc-Symptome nicht immer direkt erkennbar sind, wurden die sichtbare Hautfarbe und die entsprechende zugeschriebene ‚Rasse‘ zum „icon for contagion and susceptibility“ (Roberts 2009: 15). Es war also auch eine Frage der Wahrnehmbarkeit von Humankategorien, wenn sich in diesem Prozess der Seuchendeutung die Stigmatisierungen aufgrund von Krankheit und aufgrund von Hautfarbe vermischten. Die Kategorie des „incorrigible consumptive“ (ebd.: 16) konnte erkrankten Schwarzen angeheftet werden, weil Stigmatisierungen von Schwarzen als ‚unrein‘ bereits lange vorhanden und verfestigt waren. Die ‚Rasse‘ stellte eine virulente, eingeübte sowie visuell wahrnehmbare und damit statistisch gut erfassbare Form der Humandifferenzierung dar, die sich vor dem Hintergrund differenzierter Betroffenheit hervorragend zur Seuchendeutung eignete.

Die Assoziationen von Tuberkulose und Schwarzen knüpften an medizinische Diskurse aus dem 19. Jahrhundert an, in denen die Ungleichheit schwarzer und weißer Körper gegenüber dem Erreger verhandelt wurden. Theorien einer essentiellen Ungleichheit der ‚Rassen‘ beinhalteten Vorstellungen einer Veranlagung schwarzer Körper zu Tuberkulose einerseits (ebd.: 43) und einer „black racial inferiority vis-a-vis the tubercle bacillus“ (ebd.: 54) andererseits. Diese Thesen zur Veranlagung Schwarzer wurden um 1900 durch die Bakteriologie zunehmend infrage gestellt, die den Erreger als einzige Ursache von Krankheiten betrachtete, also eine „disease unity of races“ ungeachtet der Wirtskörper vermutete (ebd.: 46). Andere Mediziner holten Rassentheorien jedoch durch eine Hintertür wieder in den Diskurs, indem sie betonten, dass die pathogene Saat auf einen empfänglichen Boden fallen müsse. Erst ab den 1920ern setzte sich allmählich die Sichtweise durch, dass die Empfänglichkeit für Tuberkulose nicht in der ‚Rasse‘, sondern in den Umweltbedingungen begründet liege (ebd.: 54). Allerdings wurde auch dieser Ansatz wieder durch die Behauptung rassifiziert, dass die umweltbedingte Verletzbarkeit schwarzer Stadtbewohner diesen selbst und ihren Lebensweisen angelastet werden könne (ebd.: 66). Teile des medizinischen Diskurses gingen also von biologistischen zu kulturalistischen Rassenunterscheidungen über.

Roberts’ Studie zeigt, dass die überdurchschnittliche Betroffenheit von Schwarzen durch die Tuberkulose im zeitgenössischen medizinischen Mainstream mit einer Unterlegenheit der ‚schwarzen Rasse‘ begründet wurde. Die Anerkennung der besonderen Verletzbarkeit armer Schwarzer gegenüber der Tuberkulose wurde nur von einzelnen Bürgerrechtler:innen und Mediziner:innen gefordert. Von den meisten anderen wurde die Betroffenheit den Betroffenen selbst zugeschrieben – wahlweise ihrer Veranlagung oder ihrer ‚Kultur‘, jedenfalls nicht den materiellen Lebensbedingungen, die ihre Körper tatsächlich anfällig für Tuberkulose machten (ebd.: 14 f.).

4 Zwischenfazit

Die historischen Fälle zeigen Varianten der Entstehung und des gesellschaftlichen Umgangs mit differenzierten Betroffenheiten. Welche Humankategorien dabei im Fokus stehen, erwächst zum einen aus der Perspektive der jeweiligen Studie, zum anderen aus dem historischen Kontext. Sowohl Evans sozialhistorische Perspektive als auch das politisch-ökonomische Setting aus Hochkapitalismus und Wirtschaftsliberalismus in Hamburg Ende des 19. Jahrhunderts legen nahe, die prekäre Lage der Arbeiterschaft in der Stadt zu fokussieren. In Bauches eher diskursanalytisch angelegter Arbeit über die Gegebenheiten im deutschen Kaiserreich und dessen Kolonien bietet es sich an, das Hauptaugenmerk auf Fragen von (vermeintlich fehlender) Bürgerlichkeit und Modernität zu legen. Roberts wiederum verbindet sozialhistorisch-statistische und kulturhistorisch-diskursanalytische Zugänge für die Untersuchung einer Gesellschaft, in der die Reichweite der Rassenunterscheidung für die gesellschaftliche Selbstinterpretation verhandelt wird.

Wie sich pandemische Humandifferenzierungen entwickeln, hängt also immer auch wesentlich davon ab, auf was für eine Art Gesellschaft eine Infektionskrankheit trifft und welche Formen der Humandifferenzierung dort präpandemisch dominieren. Weiterhin spielen die Funktionsweisen der jeweiligen Pathogene eine Rolle für die Frage, was mit diesen vorgängigen Differenzierungen im Kontext einer Seuche geschieht. Ob differenzierte Betroffenheiten als Verletzbarkeiten anerkannt werden, ist wiederum insbesondere eine Frage des medizinischen und politischen Diskurses. Die Beispiele zeigen, dass es politisch agierende Lobbygruppen braucht, die Verletzbarkeiten im Diskurs sichtbar machen. Die Etablierung von Verletzbarkeit spielt sich also insbesondere diskursiv ab, ist jedoch gebunden an die soziomateriell definierten Verhältnisse von Menschen und Erregern, die sich in unterschiedlichen Betroffenheiten manifestieren. Der Blick in die Seuchengeschichte zeigt, dass diese Verhältnisse in verschiedenen „Sinnschichten“ (Hirschauer & Nübling 2021) prozessiert werden. Der postkonstruktivistische analytische Zugang des Sinnschichten-Begriffs betont die „Vielschichtigkeit der Existenzweise sinnhafter Phänomene“ (ebd.: 62), die sich eben nicht allein als diskursives Geschehen fassen lassen, sondern sich insbesondere auch körperlich-materiell manifestieren. Für die Seuchenanalyse ergibt sich somit eine dreiteilige Heuristik:

Erstens spielt es eine Rolle, auf welche menschlichen Körper die Pathogene treffen. Dies betrifft zum einen die körperlichen Abwehrkräfte, die aufgrund von Alter, Mangelernährung oder harter Arbeit geschwächt sein können, wie die Fälle Cholera und Tuberkulose zeigen. Zum anderen geht es um die ‚Bekanntschaft‘ mit dem Erreger, wie im Fall der Unterscheidung zwischen Primär- und Postprimärinfektionen der Tuberkulose. Zweitens ist die Positionierung von Menschen in den Siedlungsstrukturen der jeweiligen Städte ausschlaggebend. Das meint die Lebensbedingungen, insbesondere den Wohnraum pro Person sowie den Zugang zu frischer Luft, sauberem Wasser, einem funktionierenden Abwassersystem und medizinischer Versorgung. Ferner sind die Beschäftigungsverhältnisse von Bedeutung, durch die Menschen mehr oder weniger den Pathogenen ausgesetzt werden. Drittens können sich Seuchenbekämpfungsmaßnahmen infolge diskursiver Anfälligkeits-Zuschreibungen gegen bestimmte Humankategorien richten und somit ‚Folgebetroffenheiten‘ erzeugen. So zeigt insbesondere Bauches Studie, dass auch relativ unabhängig von den pathogenen Effekten der Seuchen pandemische Betroffenheiten entstehen können, indem Hygienemaßnahmen als Herrschaftsinstrumente gegen bestimmte Menschen eingesetzt werden.

Die Frage, ob Verletzbarkeit eine Rolle für die (Selbst-)Beschreibung einer Gesellschaft spielt, schließt an diese Ebenen der Entstehung soziomaterieller Betroffenheit an, ist mit ihnen jedoch keinesfalls deckungsgleich, wie der folgende Abschnitt zeigen wird.

5 Corona in deutschen Städten

Die Seuche der durch das Virus SARS-CoV-2 ausgelösten Infektionskrankheit Covid-19, landläufig Corona genannt, hatte ihren Ausgangspunkt Ende 2019 in China und entwickelte sich innerhalb weniger Monate zu einer Pandemie, die mehrere Jahre anhielt. Nach aktuellem Stand (Anfang 2025) wurden weltweit ca. 700 Mio. Infektionen und ca. 7 Mio. Todesfälle gemeldet, wobei von einer hohen Dunkelziffer auszugehen ist (laut WHO bis zu 20 Mio. Tote, AFP 2023). Die Krankheit verbreitet sich überwiegend über Tröpfchen und Aerosole, die von Infizierten beim Atmen, Sprechen und Husten ausgestoßen und dann eingeatmet werden. Auf die Infektion folgt eine Inkubationszeit von 3 bis 4 Tagen, in denen das Virus teilweise schon weitergegeben werden kann. Die Symptomatik ist oft recht unspezifisch und erinnert mit Fieber, Husten und Schnupfen sowie Hals-, Kopf- und Gliederschmerzen an Erkältungskrankheiten. Infektionen können aber auch praktisch symptomfrei ablaufen (Honigsbaum 2021: 388).

Für die Analyse differenzierter Verletzbarkeiten in der Coronapandemie weite ich meinen Zugang aus: Zum einen greife ich auf verschiedene sozialwissenschaftliche, sozialgeschichtliche und urbanistische Publikationen zurück. Zum anderen betrachte ich nicht einen konkreten Fall, sondern das Geschehen in Städten in ganz Deutschland. Insgesamt war es ein prägendes Merkmal der Coronapandemie, in welchem Ausmaß im Vergleich zu den historischen Fällen pandemische Humandifferenzierungen und insbesondere differenzierte Verletzbarkeiten reflexiv verhandelt wurden.

In den ersten Wochen der Pandemie herrschten dabei Diskurse der Universalisierung von Verletzbarkeit vor, die auf der zunächst universellen Übertragungsweise der Krankheit beruhten: Atmen muss jeder Mensch. So wurde das Argument der potenziell gleichen Betroffenheit aller Menschen politisch in den Vordergrund gestellt, um die Notwendigkeit weitreichender und gesellschaftsweit gültiger Bekämpfungsmaßnahmen zu begründen (Thießen 2021: 113). Neben der Idee einer generellen Gefährdung traten jedoch auch schon früh Vorstellungen differenzierter Verletzbarkeiten auf, die sich in Gefährder-Gefährdeten-Differenzierungen äußerten. Auf der einen Seite war dies die ‚Risikogruppe‘ der Alten und Vorerkrankten, bestimmt auf Basis statistischer Daten zu Krankheitsverläufen, die aus der Wirkweise des Erregers im menschlichen Körper resultierten. Auf der anderen Seite erfolgte eine zunächst eher räumliche Zuschreibung der Gefährdung. Im Modus einer „Exotisierung der Bedrohung“ (ebd.: 19) wurde die Gefahr zunächst diffus in ‚Asien‘ verortet. Dies knüpfte an ein in Deutschland altbekanntes Motiv der räumlichen Seuchendeutung an, das von der Cholera bis zum Corona-Vorgänger SARS immer wieder vorkam. Im Alltag wurde diese Zuschreibung in Form anti-asiatischer Stigmatisierungen im öffentlichen Raum prozessiert (Suda et al. 2020). Im weiteren Verlauf differenzierte sich derartiges Othering aus und besetzte andere Kategorien: zunächst verschiedene vermeintlich ‚ausländische Andere‘, dann Bewohner sogenannter ‚Risikoregionen‘ und schließlich ‚mobile, feierwütige, rücksichtslose junge Menschen‘ (Thießen 2021: 33 ff.).

Doch wenngleich derartige Gefährder-Zuschreibungen zuweilen von politischen Akteuren mitgetragen wurden und mit der Entwicklung entsprechender Hygienemaßnahmen einhergingen: Vor dem Hintergrund der Egalitätsideale einer liberalen Demokratie nahmen sie nicht das Ausmaß an Othering an, wie es beispielsweise von Bauche für das deutsche Kaiserreich beschrieben wurde. Mit einer Foucault’schen Perspektive auf die Herrschaftsdiskurse und -praktiken rund um die Coronapandemie in Deutschland lässt sich feststellen, dass anders als in den historischen Beispielen die meisten biopolitischen Hygienemaßnahmen in Form liberaler (Selbst-)Regierungstechniken auftraten (Sarasin 2020). Zwar wurden auch in der Coronapandemie offensivere Herrschaftsformen wie Ausgangssperren und Quarantänepflichten polizeilich durchgesetzt, zentraler war jedoch die Etablierung eines Verantwortungsdiskurses, der die Seuchenbekämpfung als Selbsttechnik definierte: ‚Schütze Dich und Andere!‘

Für eine raumbezogene Betrachtung ist insbesondere das Konzept der regionalen Hotspots interessant, da es eine räumliche Beherrschbarkeit des Virus suggeriert, wie sie auch in den historischen Fällen angestrebt wurde. Dabei waren die ersten als solche wahrgenommenen Regionen, wie Ischgl oder Heinsberg, eher dem ländlichen Raum zuzuordnen und standen somit der alten Erzählung der ‚ungesunden Stadt‘ (Thießen 2015: 14) entgegen. Dazu kam, dass sich die medial prominenten Fälle nicht auf den räumlichen Aspekt beschränkten, sondern mit einer Kategorisierung von Menschen anhand gemeinsamer Praktiken einhergingen, von Skiurlaubern bis zu Karnevalisten. Doch auch innerhalb von Städten gab es geographisch kleinteiligere Seuchen-Zuschreibungen an bestimmte Gegenden, die ihrerseits an vorgängige Humandifferenzierungen anschlossen. Dass Bewohnende von Gebieten, die als verseucht wahrgenommen werden, außerhalb dieser stigmatisiert und mit Hygienemaßnahmen bedacht werden, beschrieb auch schon Evans für den Fall der Hamburger:innen, die in umliegenden Gebieten als Gefährder generalisiert wurden (Evans 1996: 469).

Die früheste und durchgängig wichtigste Konstruktion differenzierter Verletzbarkeit in der Coronapandemie, die am menschlichen Körper ansetzte, war die der ‚Alten‘. Zusammen mit diesen wurden oft die ‚Vorerkrankten‘ genannt, die jedoch im Diskurs nur eine größere Rolle spielten, wenn sie in medizinischen Einrichtungen räumlich klar verortet waren. Die Alten hingegen stellten eine gesellschaftlich eingeübte und statistisch wie alltäglich gut erfassbare Humankategorie dar. Ihre Verletzbarkeitsmarkierung wurde von medizinischen Diskursteilnehmern eingeführt und entsprechend überwiegend mit der klinisch feststellbaren überdurchschnittlichen physiologischen Betroffenheit durch die Effekte des Erregers im menschlichen Körper begründet. Dies wurde von politischen Akteuren aufgegriffen und über den Verlauf der Pandemie aufrechterhalten. Dieser Wille zum unbedingten Schutz der Alten zeigt eine historische Entwicklung auf: Auch von der Cholera-Epidemie in Hamburg waren Alte besonders betroffen. Da der Tod alter Menschen Ende des 19. Jahrhunderts jedoch schlicht normalisierter war, waren es lediglich die Cholera-Opfer ‚in ihren besten Jahren‘, die einen gesellschaftlichen Schock auslösten (ebd.: 572 f.). Erst seit den 1970er Jahren entwickelte sich die Wahrnehmung eines erhöhten Sterberisikos von Alten und Vorerkrankten in Seuchenzeiten von einem Kollateralschaden zu einem Schreckensszenario (Thießen 2021: 50 ff.) – ein historischer Prozess des Übergangs von Betroffenheit zu Verletzbarkeit.

Zuweilen wurde diese am Alter als nichtpandemischer Kategorie ansetzende pandemische Humandifferenzierung diskursiv zu einem Generationenkonflikt zugespitzt, der mit Homogenisierungen der beiden Seiten als Gefährder und Gefährdete einherging (Pelizäus & Heinz 2023). Kinder wurden im Zuge dessen als gefährliches Gegenstück der verletzbaren Alten konstruiert. Zum einen wurde argumentiert, dass ihr Sozial- und Körperverhalten schwerer zu regulieren sei, weshalb viele der Schutzmaßnahmen bei ihnen nicht greifen würden. Zum anderen wurde ihnen eine hohe Resilienz gegenüber der Krankheit zugeschrieben, aus der jedoch besonders symptomarme Verläufe folgen könnten. Diese Wirkung des Erregers machte sie wiederum zu gefährlichen, weil schwer zu erkennenden Überträgern.

Der andere wichtige Aspekt körperbezogener Differenzierung von Betroffenheit und Verletzbarkeit betraf die Impfung. Diese Möglichkeit ergab sich sowohl aus der Struktur des Erregers als auch aus dem Entwicklungsstand der weltweit kooperierenden Medizintechnologie. Neben einer erhofften geringeren Infektiosität geimpfter Coronakranker war das primäre Ziel der Impfungen eine Änderung des Körpers zur Verringerung der Anfälligkeit gegenüber dem Virus. Entsprechend waren die Impfpriorisierungsgruppen auch ein Ausdruck der stufenweise differenzierten Verletzbarkeit – je verletzbarer, desto früher zu impfen. Beispielsweise wurde in den STIKO-Impfempfehlungen vom Februar 2021 die Impfberechtigung schrittweise anhand des Alters erteilt (Robert Koch-Institut 2021). In der Folge stellte der Immunitätsstatus, also Anzahl und Zeitpunkt von Genesungen und Impfungen eine relevante Humandifferenzierung dar, die in ihren kleinteiligen Abstufungen und ihrer hohen Alltagsrelevanz neuartig war. Daran anknüpfend basierten auch die 2G-Regelungen auf der (medizinisch belegten) Vorstellung verminderter Verletzbarkeit aufgrund des Impfschutzes.

Im Rahmen der hygienepolitischen Maßnahmen erfolgte die Differenzierung einiger der als körperlich besonders angreifbar Anerkannten auch in (stadt-)räumlichen Praktiken. Institutionen für den stationären Aufenthalt Alter und Kranker wurden während der Pandemie noch mehr als zuvor von der Gesellschaft abgesondert, stellten also endgültig „Räume der Exklusion“ dar (Eckardt 2021: 33). Aufgrund des effektiven Übertragungsweges und der symptomarmen Inkubationszeit des Virus konnten diese Räume jedoch nicht vor dessen Eindringen geschützt werden. So wurden sie einerseits zu potenziellen Infektions-Hotspots, andererseits erhöhte die Abschottung der Einrichtungen die Gefahr gravierender psychischer Folgen für die Bewohnenden. Ein Gegenstück zu dieser eindeutigen kleinräumlichen Verortung war die Situation Wohnungsloser in der Pandemie, für die das Fehlen an Räumen eine immense Folgegefährdung darstellte. Nicht nur waren sie durch den teils mangelnden Zugang zu Basishygiene gesundheitlich gefährdet (Dragano et al. 2021: 1121). Darüber hinaus war ihr Lebensunterhalt mehr noch als sonst bedroht, da teilweise Hilfseinrichtungen geschlossen und durch die Einschränkung des öffentlichen Lebens informelle Erwerbsmöglichkeiten erschwert wurden (Eckardt 2021: 34).

Auch jenseits dieser Extremform wurde die Rolle sozio-ökonomischer Faktoren für die Auswirkungen der Pandemie festgestellt. So war die Wahrscheinlichkeit eines coronabedingten Krankenhausaufenthalts für ALG-II-Empfangende fast doppelt so hoch wie für regulär Erwerbstätige (Wahrendorf et al. 2021). Diese soziomateriell bedingte, differenzierte Betroffenheit wurde nur teilweise als Verletzbarkeit öffentlich thematisiert. Sie war zudem der Aspekt der Pandemie, der am stärksten an Raumfragen geknüpft war. Neben der größeren Gefahr schwerer Krankheitsverläufe für ärmere Menschen wiesen sozioökonomisch benachteiligte Gegenden zudem höhere Inzidenzen auf (Dragano et al. 2021). Interessanterweise war das aber über den Verlauf der Pandemie nicht einheitlich. So hatten anfangs wohlhabendere Gebiete höhere Fallzahlen, vermutlich weil erste Eintragungen des Virus von sozioökonomisch Bessergestellten ausgingen, beispielsweise Skiurlaubern oder Geschäftsreisenden (ebd.: 1116). In der zweiten Welle hingen statistische Ausschläge der Inzidenzen dann jedoch eher von Kriterien wie niedrigem Einkommen, großer Anzahl Beschäftigter im Produktionssektor oder geringer Wohnfläche pro Einwohner ab (ebd.: 1118).

Entsprechend können einige Faktoren bestimmt werden, die dem Virus aufgrund seiner Wirkweise den Zugang zu Menschen in ärmeren Gegenden erleichterten (ebd.: 1120 ff.): Zentral waren die materiellen und sozialen Wohnbedingungen, so lebten in den entsprechenden Gegenden im Vergleich mehr Menschen auf weniger Wohnraum, in den Hausgemeinschaften waren Nahkontakte also häufiger und es gab weniger Isolationsmöglichkeiten – Verhältnisse, die zwar nicht in ihrem Ausmaß, aber in ihrer Disponierung an die Probleme der Armen- bzw. Schwarzen-Viertel in Hamburg und Baltimore erinnern. Schlechtere Wohnbedingungen korrelierten mit schlechter bezahlten und kontaktreicheren Jobs im Produktions- und Dienstleistungsgewerbe, die in der Regel keine Option zum Homeoffice hatten und stattdessen in höherem Maße die Nutzung des ÖPNV zum Pendeln notwendig machten, was weitere Nahkontakte erzeugte. Benachteiligte Gegenden verfügten zudem über weniger Infrastruktur der Pandemie-Bekämpfung wie Test- oder Impfzentren. Weiterhin waren die Einrichtungen des täglichen Lebens, wie Supermärkte, in solchen Gebieten weiter gestreut und kleiner, wodurch wiederum Nahkontakte entstanden. Diese statistisch festgestellten Zusammenhänge zeigen auf, wie materielle Wohnbedingungen und sozioökonomische Beschäftigungsverhältnisse im Zusammenspiel mit der nur vordergründig universellen Übertragungsweise des Erregers differenzierte Betroffenheiten erzeugten – ähnlich wie im Falle der Cholera, nur dass die Ursache im Fall von SARS-CoV-2 dessen parasitär-symbiosoziale Angewiesenheit auf Nahkontakte von Menschen war.

Wie schon anhand der Wohnungslosen gezeigt, riefen nicht nur die Gefährdungen durch das Virus, sondern auch die hygienepolitischen Maßnahmen differenzierte Seuchenfolgen hervor, die die Form sekundärer (Müller 2022: 18) oder Folgebetroffenheiten annehmen konnten. Diese Differenzierungen traten trotz oder zuweilen auch wegen des Anspruches der Maßnahmen auf, für fast Alle gleichermaßen zu gelten. Viele Vertreter:innen unterer Erwerbsklassen hatten sowohl erhöhte gesundheitliche Risiken als auch wirtschaftliche Lasten infolge der Eindämmungsmaßnahmen zu tragen (Holst et al. 2022). Ein Sonderfall für dieses Verhältnis von Virus- und Maßnahmengefährdung waren Kinder: Während sie als unterdurchschnittlich verletzbar gegenüber der Krankheit galten, wurden die negativen Folgen der Seuchenbekämpfungsmaßnahmen für Kinder medial viel diskutiert und als eine Verletzbarkeit gegenüber den Nebeneffekten der Maßnahmen beschrieben. Insbesondere die negativen Effekte von Schul- und Kita-Schließungen (vgl. Kaldewey et al. in diesem Heft) sowie Kontaktbeschränkungen wurden dabei thematisiert (Thießen 2021: 123).

Gerade den im engeren Sinne an den Stadtraum gekoppelten negativen Nebeneffekten der Hygienemaßnahmen wurde attestiert, bestehende soziale Ungleichheiten im Stadtraum zu verstärken (Eckardt 2020: 478). So übersahen beispielsweise unterschiedslose Solidaritätsappelle ohne Rücksicht auf ungleiche Handlungsmöglichkeiten, warum es für einige leichter war, zuhause zu bleiben, als für andere (Thießen 2021: 121 f.). Die Möglichkeiten, den Alltag unter Pandemiebedingungen zu gestalten, waren wesentlich beeinflusst durch den Wohnraum: Größe, Schnitt, Verfügbarkeit von Außenbereichen und Umweltbedingungen wie Lärm, Luftqualität, Licht etc. (Oßenbrügge 2021: 56 f.). In den Lockdowns wurde von den Menschen gefordert, ihr Leben verstärkt auf ihren Nahbereich zu beschränken. Je nach Ausbau der sozialen, kulturellen sowie materiellen Infrastruktur konnte das umgebende Viertel dann entweder als eine wesentliche Stütze in der Bewältigung der Einschränkungen durch Pandemiemaßnahmen oder aber als ‚erweitertes Gefängnis‘ und zugleich Ort der Infektionsgefährdung wahrgenommen werden (ebd.: 58).

Die pandemischen Humandifferenzierungen setzten also in vielerlei Hinsicht auf vorgängige urbane Humandifferenzierungen auf, in denen die Städte allmählich in Lebensräume der unterschiedlichen sozioökonomischen Schichten unterteilt wurden, wodurch immer homogenere Straßenzüge und Sub-Quartiere entstanden. Ein eklatantes Beispiel dafür waren die so genannten ‚Corona-Hochhäuser‘ (vgl. z. B. Alyanak 2020), deren stigmatisierende Benennung einen Hinweis auf die affektiven Dimensionen des Zusammenspiels von Raum und Ansteckung gibt (Hoppe et al. 2024: 67). Die sozioökonomisch benachteiligten, oft migrantischen Bewohnenden dieser Häuser waren einerseits durch die materiellen Wohnbedingungen, insbesondere die hohe Wohndichte, überdurchschnittlich betroffen von Infektionen innerhalb der Gebäude – vergleichbar mit der Lage der schwarzen Baltimoreans zu Tuberkulosezeiten. Andererseits wurden gegen sie als marginalisierte Teile der Stadtgesellschaft besonders weitreichende Eindämmungsmaßnahmen durchgesetzt – vergleichbar mit dem Vorgehen gegen Indigene in Douala oder Arbeiter:innen in Emden.

6 Fazit

Seuchen machen Unterschiede – und eine der wesentlichen Differenzierungslinien, anhand derer diese Unterschiede soziomateriell spürbar und soziokulturell verhandelt werden können, ist Betroffenheit und Verletzbarkeit. So erreichten in den dargestellten Fällen die durchaus vorhandenen Anhaltspunkte für universelle Betroffenheit gegenüber den Pathogenen nie den Status einer dominanten Seuchendeutung. Doch auch bei erkannter differenzierter Betroffenheit blieb deren Problematisierung als differenzierte Verletzbarkeit kontingent.

Fallübergreifend lässt sich Verletzbarkeit in Seuchenzeiten als ein Effekt des biosozialen Mit- und Gegeneinanders von Menschen und Infektionskrankheiten beschreiben. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Rahmenbedingungen des menschlichen Lebens. Der Stadt als einer spezifischen Ausprägung dieses Rahmens ist eine ganz eigene Anfälligkeit gegenüber Seuchen und deren ungleich verteilte Effekte inhärent. Einerseits wirken sich die Formen des Zusammenlebens in Städten auf menschliche Körper aus, sodass diese Körper unterschiedliche Angreifbarkeiten für die pathogenen Wirkungen der Krankheitserreger bieten. Andererseits bieten die ausdifferenzierten soziomateriellen Stadtstrukturen Erregern (jeweils anhand deren Übertragungsweisen) unterschiedlich gute Zugangswege zu bereits unterschiedenen Körpern. Schließlich ist es die diskursive Verhandlung und die hygienepolitische Bekämpfung der Seuche, die im Rahmen der Stadtgesellschaften (und darüber hinaus) Folgebetroffenheiten entstehen lassen. Oft werden die Wirkungen der Pathogene anhand einer zwischenmenschlichen Rollendifferenzierung gedeutet, indem Kategorien von Gefährdern und Gefährdeten konstruiert werden.

Die konkrete Ausformung dieser verschiedenen Modi pandemischer Humandifferenzierung kann jedoch stark variieren. Überdurchschnittliche Betroffenheit kann, wie im Fall der Cholera in Hamburg, als lästige Anfälligkeit einer Bevölkerungsschicht gegenüber einer abstoßenden Krankheit gewertet werden, deren Ursache in der moralisch verwerflichen Lebensweise der besonders Betroffenen gesehen wird. Wie im Fall der Tuberkulose in Baltimore kann in stadtplanerischen und bürgerrechtlichen Diskussionen darüber gestritten werden, ob die Ursache für die Anfälligkeit gegenüber der Seuche eine ‚rassische Veranlagung‘ oder aber die Folge rassistisch bedingter hygienepolitischer Vernachlässigung ist. Es kann sogar, wie im Fall der Malaria in Douala und Emden, die überdurchschnittliche Betroffenheit der Angehörigen bestimmter Kategorien und eine damit einhergehende Gefahr für die Restgesellschaft nur behauptet werden, um Segregationsmaßnahmen zu begründen. Oder aber die differenzierte Betroffenheit wird, wie im Fall der Coronapandemie, als Verletzbarkeit medizinisch argumentiert und politisch durchgesetzt, indem die gesamte Gesellschaft darauf eingeschworen wird, die Betroffenen zu schützen – mit allen Uneindeutigkeiten und Folgeproblemen sowie -betroffenheiten, die das hervorrief.

Entsprechend lässt sich nur in diesem jüngsten Fall von Verletzbarkeit als vollumfänglich anerkanntem und problematisiertem gesellschaftlichem Deutungsmuster der Seuche sprechen. So können zwar retrospektiv die Verletzbarkeiten von Arbeiter:innen in Hamburg oder Schwarzen in Baltimore gegenüber den Seuchen und von ‚Nichtbürgerlichen‘ in Douala und Emden gegenüber den Bekämpfungsmaßnahmen konstatiert werden. In den jeweiligen historischen Settings war diese Verletzbarkeit als gesellschaftliche Realität jedoch nicht einfach gegeben, sie wurde lediglich von einzelnen Stimmen der politischen Öffentlichkeit formuliert. Der historische Vergleich konnte also zeigen, dass eine differenzierte soziomaterielle Betroffenheit in allen Fällen eine Rolle spielte, sich jedoch erreger- und kontextspezifisch ausbildete. Die gesellschaftsweite Reflexion dessen als ungleich verteilte Verletzbarkeit lässt sich für die hier untersuchten Fälle lediglich für die Coronapandemie erkennen, in der Verletzbarkeit von einem etischen zu einem emischen Konzept der Seuchendeutung wurde.

Über den Autor / die Autorin

Aaron Hock

Aaron Hock, Kulturwissenschaftler; arbeitet interdisziplinär an den Schnittstellen von Kulturanthropologie, Soziologie und Geschichtswissenschaft. Studium der Frühkindlichen Bildung an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Kulturanthropologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie der Doshisha University Kyoto. Seit 2021 wissenschaftlicher Mitarbeiter im historisch-soziologischen Teilprojekt „Pandemische Humandifferenzierung“ des SFB 1482 „Humandifferenzierung“ in Mainz.

Forschungsinteressen: Vergleichende Seuchengeschichte; Natur-Kultur-Verhältnisse; Kindheitsforschung.

Danksagung

Dieser Beitrag entstammt dem Teilprojekt Pandemische Humandifferenzierung des SFB 1482 Humandifferenzierung (DFG-Projektnummer 442261292) unter der Leitung von Stefan Hirschauer und Johannes Paulmann mit Clara Terjung und mir als Mitarbeitenden. Ich danke dem Team ebenso wie den Herausgebenden der ZfS und des Schwerpunktheftes sowie den Gutachter:innen für die wertvollen Hinweise zu früheren Versionen des Artikels.

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Online erschienen: 2025-02-20
Erschienen im Druck: 2025-02-28

© 2025 bei den Autoren, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

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