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Xenohormone aus Verpackungen

Published/Copyright: September 1, 2012
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bXenohormone (Pseudohormone) sind Substanzen, die wie Hormone wirken und das tierische oder menschliche Hormonsystem beein-flussen. Viele dieser Xenohormone wirken als Östrogene oder Antiöstro-gene, einige Substanzgruppen beein-flussen die Schilddrüse oder andere Hormonachsen. Der Nachweis der Hormonaktivität sagt allerdings noch nichts darüber aus, wie sich die Sub-stanz auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirkt. Wesentlich ist die Unterscheidung zwischen Xenohor-monen und endokrinen Disruptoren. Nach der Definition1) sind endo-krine Disruptoren (EDC) solche „Xe-nohormone, die in einem intakten Organismus oder seinen Nachkom-men wirken und nachteilige Gesund-heitseffekte, die durch die Hormon-effekte bedingt sind, hervorrufen“.Substanzen beeinflussen Hor -mon achsen auf verschiedenen Ebe-nen (hier sind nur die wichtigsten angeführt):2)Bindung an Hormonrezeptoren (als Agonisten oder Antagonis-ten),• Bindung an weitere Rezeptoren, die Hormonwirkungen indirekt beeinflussen (z. B. an den Pero-xisom-Proliferation-aktivierten Rezeptor , PPAR-, der an der Regelung des Glukosestoffwech-sels beteiligt ist),Beeinflussung der Hormonkon-zentration durch Erhöhung der Hormonbiosynthese, des Hor-monabbaus oder der Ausschei-derate,• gewebespezifische Veränderung der Konzentration an Hormon-rezeptoren.So sind neben natürlich vorkom-menden Phytoöstrogenen und Arz-neimitteln viele andere Substanzen endokrin wirksam, darunter Metal-le (z. B. Cd), anorganische Salze (Perchlorat), Dioxine, phenolische Verbindungen (Bisphenol A, Nonyl -phenol), Organozinnverbindungen (Tributylzinn) und Benzophenone. Diese Substanzen sind entweder in der Natur weit verbreitet (Phytoös-trogene) oder als Umweltchemika-lien ubiquitär. Xenohormone fin-den sich in Pflanzenschutzmitteln, Detergenzien, Körperpflegemitteln, Benzin, Kunststoffen, Papier, La-cken, Medizinprodukten, Lederwa-ren, Druckfarben, Kleidung und vielen anderen Produkten.EDC in der Umwelt verursachen umfangreiche und schwere Störun-gen an Wildtieren. So sind die Ver-männlichung mariner Arten, etwa von Meeresschnecken, die Ver-weiblichung von Fischen und Rep-tilien sowie Reproduktionsstörun-gen bei Vögeln zahlreich und gut dokumentiert.3)Lebensmittel als Quelle von XenohormonenbFür den Menschen sind Lebens-mittel die wichtigste Aufnahme-quelle von Xenohormonen. Sie lie-gen entweder bereits als natürliche Inhaltsstoffe im Lebensmittel vor (z. B. Phytoöstrogene aus Sojapro-dukten) oder sind Kontaminatio-nen wie Dioxine, Pestizide, Schwer-metalle und Konservierungsmittel wie Parabene. Dazu kommt die Mi-gration von hormonwirksamen Substanzen aus Verpackungen. Xenohormone in Kunststoffen für Verpackungen sind entweder:in der EU für den Lebensmittel-kontakt zugelassen (Tabelle) oder • Verunreinigungen (non inten-tionally added substances, NIAS): geringe Konzentrationen, die durch kontaminierte Aus-gangsmaterialien oder Nebenre-aktionen der Polymerisation eingeschleppt werden oder durch Abbauprozesse entstehen.In Papier gelangen Xenohormone vor allem beim Recyclingprozess Johannes Bergmair, Manfred Tacker, Michael WashüttlHormonell aktive Inhaltsstoffe in Verpackungsmaterial können in Lebensmittel übergehen und werden wegen ihrer möglichen gesundheitlichen Auswirkungen diskutiert. Mit einer Kombination von In-vitro-Tests und chromatographischen Verfahren lassen sich Werkstoffe im Lebensmittelkontakt analysieren und bewerten.Xenohormone aus VerpackungenBAnalytikVVVVerpackungen aus Papier, Kunststoff oder la-ckierten Metallen können hormonaktive Sub-stanzen (Xenohormone) enthalten, die ins Le-bensmittel wandern.VVDie Kombination von In-vitro-Verfahren wie Yeast Estrogen Screen (YES) sowie Yeast An-drogen Screen (YAS) und Chromatographie iden-tifiziert Xenohormone in Migraten.VV Screeningtests liefern nur Hinweise darauf, dass endokrine Disruptoren vorliegen. Sie können den Tierversuch nicht ersetzen.bQUERGELESENNachrichten aus der Chemie| 60 | September 2012 | www.gdch.de/nachrichten898
Online erschienen: 2012-09-01
Erschienen im Druck: 2012-09-01

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