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Der Einfluss der DIN EN ISO 15189 auf die Ergebnissicherheit in der Virusdiagnostik

  • Patricia M. Späth EMAIL logo , Dieter Hoffmann and Folker Spitzenberger
Published/Copyright: April 13, 2016
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Zusammenfassung

Derzeit sind über 400 medizinische Laboratorien in Deutschland nach der Norm DIN EN ISO 15189 (Medizinische Laboratorien – Anforderungen an die Qualität und Kompetenz) akkreditiert. Diese in der deutschen und novellierten Fassung im Jahr 2014 publizierte Norm enthält horizontal übergreifende, d. h. für alle Bereiche der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik relevante Anforderungen, jedoch keine spezifischen Kriterien für die einzelnen Fachdisziplinen. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, welchen Einfluss die Umsetzung der technischen Anforderungen der DIN EN ISO 15189, insbesondere der Anforderungen zu Untersuchungsverfahren und zur Qualitätssicherung, auf die Ergebnissicherheit in der Virusdiagnostik hat. Zum Vergleich wurden für die in dieser Arbeit dargelegte Studie innerhalb Deutschlands Experten aus klinisch-virologischen Instituten, Vertreter der In-Vitro-Diagnostika-Industrie, Vertreter der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) sowie der Normung befragt. Aus der qualitativen Inhaltsanalyse der Interviews ergab sich, dass durch die Umsetzung der Anforderungen die Ergebnissicherheit erhöht und damit Risiken für die Patientenversorgung minimiert werden. Des Weiteren beschäftigte sich die Studie damit, welchen Einfluss die gemäß DIN EN ISO 15189 empfohlenen Qualitätskontrollen auf die Ergebnissicherheit im HIV-Combo-Test und im Anti-HBs-Nachweis haben. Die normativ empfohlenen, zusätzlichen Kontrollen („Run-Kontrollen“) offenbarten Insuffizienzen in der HIV-Antigenmessung, die durch Herstellerkontrollen nicht aufgedeckt wurden. In den vorgegebenen Bereichen befindliche Ergebnisse von testinternen Kontrollen garantierten nicht durchgängig korrekte Untersuchungsergebnisse, was am Beispiel der Anti-HBs-Bestimmung dargestellt wird. Schlussfolgernd wirkt sich die Anwendung der DIN EN ISO 15189, in der Regel bestätigt durch eine Akkreditierung, positiv auf die Ergebnissicherheit in der Virusdiagnostik und damit auch positiv auf die Patientenversorgung aus.

Abstract

To date more than 400 medical laboratories in Germany are accredited based on DIN EN ISO 15189 (Medical laboratories – requirements for quality and competence). In Germany, a new version of the DIN EN ISO 15189 has been published in 2014. This standard includes overall criteria but no requirements specific for certain disciplines of laboratory medicine. The present study examined how technical requirements, mainly for quality assurance and analytic methods, influence the correctness of results in clinical virology. Experts from laboratories, industry, DAkkS (German Accreditation Body) and from standardization have been interviewed. The qualitative content analysis showed that fulfilling technical requirements increased the correctness of examination results and minimized the risks for patient care and safety. Furthermore, we studied how effective internal quality controls, assay-controls as well as additional controls, assure HIV-p24-antigen und anti-HBs results. Additional controls recommended by DIN EN ISO 15189 (so called “run controls”) clearly indicated inaccuracies of HIV antigen measurement that were undetected by manufacturer’s controls. Also for anti-HBs examination, such internal controls provided by the manufacturer did not guarantee correct results. Therefore, we conclude that fulfilling DIN EN ISO 15189, usually confirmed by accreditation, has a positive influence on correctness of results in clinical virology, ultimately improving patient care.

Rezensierte Publikation:

Wieland E.


Einleitung

Hohe Ergebnissicherheit in der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik ist eine wesentliche Grundlage für hohe Qualität und Sicherheit in der Patientenbetreuung, die im Fokus jeder medizinischen Behandlung stehen [13]. Diagnostische Befunde einschließlich der Laborbefunde sind die Basis des rationalen ärztlichen Vorgehens [4].

Zur Reduktion und Minimierung von Fehlern in der Medizin einschließlich der Labormedizin werden seit Jahren Qualitätsmanagement- und zunehmend auch Risikomanagementsysteme entwickelt und implementiert [58]. Die Anwendung von ISO-Normen steht dabei international und national im Vordergrund. Im Bereich der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik besteht die Möglichkeit, die Umsetzung der Normanforderungen durch eine Akkreditierung zu bestätigen [2]. Die hierbei Anwendung findende Norm ISO 15189 (deutsch: DIN EN ISO 15189) basiert auf einem stark geregelten Ansatz mit dem Hauptziel, die Qualität und Sicherheit der Labordienstleistungen sowohl für den Patienten als auch für weitere Nutzer der Labordienstleistungen ständig zu verbessern [9]. Die DIN EN ISO 15189 wurde erstmals 2003 veröffentlicht und ist seitdem zum «Goldstandard» der externen Qualitätsüberprüfung geworden. In den Jahren 2007 und 2012 erfolgten Revisionen der ISO 15189, die in der deutschen Fassung zuletzt 2014 veröffentlicht wurde [10, 11].

Ziele der Studie

Der Einfluss der DIN EN ISO 15189 auf die Ergebnissicherheit in der Klinischen Virologie und die damit im Zusammenhang stehende Sicherheit in der Patientenversorgung wurde in dieser Arbeit anhand von Experteninterviews und experimentellen Labordaten näher untersucht. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Relevanz von Qualitätskontrollmaterialien und der Interpretation der Ergebnisse von internen Qualitätskontrollen.

Durch die Befragungen sollte geklärt werden, ob Schwächen oder Fehler in der Durchführung der Untersuchungsverfahren mit einer Nicht-Befolgung von Normanforderungen zusammenhängen.

Da die DIN EN ISO 15189 lediglich allgemeine, für alle Disziplinen der medizinischen Laboratoriumsdiagnostik relevante Anforderungen formuliert, aber keine spezifischen Kriterien für bestimmte Fachgebiete wie z. B. die Virologie vorgibt [12], sollte diese Studie ferner die Interpretation der Norm im Fachgebiet der Virusdiagnostik illustrieren.

Material und Methoden

Ausgewertet wurden die Ergebnisse von Interviews mit Experten (5 Qualitätsmanager und 5 ärztliche Mitarbeiter) aus 10 klinisch-virologischen Universitätsinstituten, die alle auf der Basis der DIN EN ISO 15189 akkreditiert sind. Dies ist eine repräsentative Stichprobe, da in Deutschland insgesamt ca. 20 Institute für Klinische Virologie akkreditiert sind. Diese gelten als Meinungsführer und -bildner in der virologischen Diagnostik. Weiterhin wurden der Leiter der Qualitätssicherung und der Leiter des Qualitätsmanagements eines international tätigen Herstellers von In-Vitro-Diagnostika sowie ein Vertreter der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) und der Normung in Deutschland befragt.

Für die Experteninterviews wurden qualitative Forschungsmethoden angewendet [13, 14]. Die Befragung der Experten aus den Laboratorien folgte einem selbst konzipierten Leitfaden, der folgende Aspekte behandelt:

  • Qualitätskontrollmaterialien

  • Teilnahme und Analyse der Ringversuchsergebnisse

  • Alternatives Vorgehen bei fehlenden Ringversuchen

  • Vergleichbarkeit der Ergebnisse

  • Daten und Bewertung von Ergebnissen der Qualitätssicherung

  • Dokumentation von Untersuchungsverfahren

  • Verifizierung kommerziell erhältlicher Tests

  • Validierung von Untersuchungsverfahren

  • Allgemeine Punkte, z. B. die Fragen, ob die Norm noch ergänzt werden sollte, ob spezielle Anforderungen für die Virusdiagnostik entworfen werden sollten und ob die Ergebnissicherheit seit der Akkreditierung gestiegen ist

Für die Vertreter der Industrie und der DAkkS wurden aus den Ergebnissen der Interviews mit den Laboratorien zwei weitere Leitfäden entwickelt.

Die Experteninterviews wurden auf 20 bis 30 Minuten limitiert [15]. Durch die konstante Verwendung des standardisierten Leitfadens sind die Ergebnisse vergleichbar und besser strukturiert [16]. Nach Berger [17] soll jedes neue Erhebungsinstrument vor dem Einsatz an einem geeigneten Probanden getestet werden. Demnach wurde die Validität des Leitfadens im Vorfeld zweimal getestet. Protokolliert wurden die Interviews mit Tonaufzeichnungen und nachfolgender Transkription. Zur Auswertung der Interviews wurde die qualitative Inhaltsanalyse verwendet. Dabei wurden die Inhalte nach und nach auf Basis der Theorie und auf aus dem Interviewmaterial ausgearbeiteten Kategoriensystemen aufbereitet [14]. Die Inhaltsanalyse ist ein herkömmliches Verfahren zur Analyse von Textmaterial verschiedenen Ursprungs – von Medienerzeugnissen bis Interviewdaten [18]. Hier wurde eine zusammenfassende Inhaltsanalyse angewendet, die das Material verdichtet [19].

Neben den Experteninterviews wurden experimentelle Daten aus dem Laborbetrieb des Max von Pettenkofer-Instituts, Bereich Virologie, erhoben. Diese Daten vertiefen einen Teil der Fragen und Interviewinhalte durch Beispielergebnisse aus der Praxis. Folgende Fragen wurden in diesem Zusammenhang durch experimentelle Daten ergänzend diskutiert:

Qualitätskontrollmaterialien
Verwenden Sie bei kommerziellen Tests neben den vom Hersteller gelieferten, testinternen Kontrollen noch weitere Kontrollen? Wenn ja, welche und in welchen Tests?
Daten der Qualitätssicherung
Kam es vor, dass die Qualitätskontrollen im richtigen Bereich lagen und die Testergebnisse dennoch nicht in Ordnung waren bzw. freigegeben werden konnten? Was waren die Gründe?

Beim Anti-HBs-Test hat jeder Lauf eine definierte Sensitivitätsgrenze, die abhängig von den Werten der Negativkontrolle Schwankungen unterliegt. Sie berechnet sich aus dem Mittelwert der Extinktion der drei Negativkontrollen plus 0,08. Es wurde für jede Charge bestimmt, wie oft und in welchem Ausmaß die jeweiligen Sensitivitätsgrenzen innerhalb einer Charge schwanken. Die Sensititvitätsgrenzen wurden dann in folgende Gruppen zusammengefasst: <8 IU/L, 8,1 bis 9,9 IU/L, 10 IU/L, >10 IU/L. Die Häufigkeitsverteilung wurde bestimmt.

Darüber hinaus wurden zur Auswertung bei der Bestimmung von HIV-p24-Antigen die Korrelation mit Hilfe des Pearsonschen Korrelationskoeffizienten und des Bestimmtheitsmaßes herangezogen.

Ergebnisse

Interne und externe Qualitätssicherung

Ergebnisse aus den Experteninterviews

Die DIN EN ISO 15189 fordert, dass Laboratorien an Ringversuchen teilnehmen [20]. Ringversuche sind ein wirkungsvolles Instrument, um Schwachstellen in Testverfahren aufzudecken und dann die notwendigen Korrekturmaßnahmen einzuleiten [21, 22]. Sieben der befragten Laboratorien haben Nachweisverfahren mit Hilfe von Ringversuchen verbessert. Für Parameter, die in Ringversuchen nicht angeboten werden, wurden informelle Laborvergleiche implementiert.

In Deutschland ist mit dem Teil B3 „Direkter Nachweis und Charakterisierung von Infektionserregern“ der RiliBÄK die Durchführung der internen und externen Qualitätssicherung für eine begrenzte Anzahl virologischer Parameter verpflichtend. Allerdings betrifft dies nur ungefähr die Hälfte der in universitären Instituten relevanten und von den Referenzinstitutionen angebotenen Ringversuche.

In der Molekularbiologie werden Ringversuche von INSTAND e. V. im Konsensus-Verfahren ausgewertet. Der endgültige zugewiesene Wert wird anhand des Konsensus-Werts aus dem eingesandten Kollektiv bestimmt, wobei die Ergebnisse der Sollwertlaboratorien mit einfließen [23, 24]. Die Mehrzahl der befragten Laboratorien kalibriert an diesen Ringversuchsergebnissen ihre Standards.

Spezifische Forderungen für die virologische Diagnostik in der DIN EN ISO 15189 halten die befragten Experten nicht für nötig. Es besteht zwar der Bedarf an zusätzlichen Ringversuchen und einer stärkeren Standardisierung, doch konkrete Forderungen in der Norm werden nicht erwartet. Bei der Standardisierung sieht die Industrie die Normungsgremien in der Pflicht, die Normungsgremien sehen allerdings die Industrie in starker Verantwortung, die Federführung in der Standardisierung zu übernehmen.

Run-Kontrollen

Ergebnisse aus den Experteninterviews

In der DIN EN ISO 15189 wird empfohlen, neben testinternen Kontrollen des Herstellers zusätzliche Qualitätskontrollmaterialien (Run-Kontrollen) mitzuführen [20]. Durch diese Kontrollen kann die Robustheit des Untersuchungsverfahrens sowie die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse überprüft werden [25]. Keines der befragten Laboratorien verwendete in sämtlichen Verfahren Run-Kontrollen. Ein Laboratorium setzte überhaupt keine ein. Die meisten Laboratorien verwendeten Run-Kontrollen mit unterschiedlicher Häufigkeit und in unterschiedlichen Tests (Abbildung 1). Der Einsatz der Run-Kontrollen hängt von der individuellen Risikoeinschätzung für falsche Messwerte und dem Aufwand bei der Einführung dieser Kontrollen ab. Die meisten befragten Experten sind sich einig, dass die Run-Kontrollen die Testqualität erhöhen können.

Abbildung 1: Verwendete Run Kontrollen in 10 befragten Laboratorien.
Abbildung 1:

Verwendete Run Kontrollen in 10 befragten Laboratorien.

Ergebnisse aus der experimentellen Datenanalyse

Seit vielen Jahren wird im Institut für Virologie des Max von Pettenkofer-Instituts in der HIV-Diagnostik mittels Combo-ELISA eine zusätzliche, selbst hergestellte Antigenkontrolle verwendet. Als Antigenkontrolle dient ein Viruslysat aus dem Zellkulturüberstand einer HIV-1 Gruppe M Subtyp B-Viruskultur die auf HUT78-Zellen [26] passagiert wird. Der verdünnte Virusüberstand wird so eingestellt, dass die Extinktion im Combo-ELISA bei etwa dem zweifachen des Grenzwertes liegt. Anschließend wurden von dieser Verdünnung Aliquots für mehrere Jahre abgefüllt und bei –20 °C gelagert, von denen wöchentlich ein Röhrchen aufgetaut und in den ca. 5 Testen pro Woche verbraucht wird. Während dieser Zeit lagert das angebrochene Röhrchen bei 2–8 °C ohne erkennbare Änderung der jeweiligen Extinktion. Dank der Stabilität dieses Kontrollmaterials sind damit chargenbedingte Änderungen der Grundsensitivität des Suchtests nachweislich gut erkennbar.

Die Messwerte (S/Co Extinktion Sample zu Extinktion Cut-Off einer Charge im Mittelwert dargestellt) dieser zusätzlichen Antigenkontrolle korrelieren stark mit den Antigensensitivitätsgrenzen der einzelnen Assay-Chargen. Über fünf Jahre lag der Pearsonsche Korrelationskoeffizient bei 0,83 (s. Abbildung 2). Die Gerade veranschaulicht, wie gut die Werte korrelieren. Eine verringerte Sensitivität beim Antigennachweis wird daher rasch erkannt. Die Antigensensitivitätsgrenze einer Charge kann zwar separat beim Hersteller angefordert werden, die Mittestung dieser laborinternen Kontrolle gibt aber zusätzlich Informationen, wenn Schwächen in der Antigensensitivität des jeweiligen, tagesaktuellen Tests vorliegen. Dabei spielen äußere Faktoren wie u. a. Transport, Lagerung und Handhabung der testinternen Kontrollen eine Rolle. Selbsthergestellte Run-Kontrollen haben folglich eine gute Aussagekraft und prädiktive Wertigkeit. In 0,4‰ der Tests (1 von 2210 Tests) wurde durch diese zusätzliche Kontrolle ein Fehler im Testverfahren aufgedeckt. Im realen Fall war die Positivkontrolle falsch verdünnt worden der daraus berechnete Cut-Off, der sich aus dieser Kontrolle berechnete, zu hoch. Während die Positivkontrolle noch im vorgegebenen Bereich lag, war die selbst hergestellte Antigenkontrolle außerhalb der Akzeptanzgrenzen (1 – 3-fache des Cut-Offs), sodass der Testlauf nicht freigegeben wurde.

Abbildung 2: S/Co-Mittelwerte der Antigenkontrolle in Abhängigkeit von der Antigensensitivitätsgrenze (pg/μL).Dargestellt sind die einzelnen Chargen des HIV-Combo-Tests; Punkte repräsentieren jeweils die Mittelwerte einer Charge; insgesamt 727 Einzelmessungen; es zeigt sich eine starke Korrelation.
Abbildung 2:

S/Co-Mittelwerte der Antigenkontrolle in Abhängigkeit von der Antigensensitivitätsgrenze (pg/μL).

Dargestellt sind die einzelnen Chargen des HIV-Combo-Tests; Punkte repräsentieren jeweils die Mittelwerte einer Charge; insgesamt 727 Einzelmessungen; es zeigt sich eine starke Korrelation.

Die vom Hersteller beim Combo-ELISA mitgelieferten, testinternen Kontrollen betreffen darüber hinaus ausschließlich den Antikörpernachweis und vernachlässigen den Antigennachweis. Die Kontrolle für den Antigennachweis wurde demnach durch diese zusätzliche Run-Kontrolle etabliert.

Aufgrund der oben genannten Erfahrungen wurden Run-Kontrollen auch für weitere Tests etabliert.

Bedeutung und Aussagekraft der testinternen Kontrolle

Ergebnisse aus der experimentellen Datenanalyse

Auch wenn die testinternen Qualitätskontrollen im Sollbereich liegen, können systematische Fehler und Abweichungen auftreten. Abbildung 3 zeigt die Häufigkeitsverteilung der Anti-HBs Sensitivitätsgrenzen der einzelnen Chargen. Sie wurden in die Gruppen <8 IU/L (wie es der Hersteller vorgibt), 8,1 bis 9,9 IU/L, 10 U/L (internationale Immunitätsgrenze) sowie >10 IU/L zusammengefasst. Die häufig bei >10 IU/L liegende Sensitivitätsgrenze erscheint problematisch, da immune Patienten hier falsch negative Ergebnisse erhalten können. Dieser Sachverhalt hatte neben einer Beschwerde beim Testhersteller eine laborinterne Korrekturmaßnahme zur Folge. Die Testplatte wurde nun an einem separaten Gerät abgearbeitet, was die Standzeiten der Reaktionsansätze verringerte. Dadurch war die Extinktion der Negativkontrolle und somit die daraus berechnete Sensitivitätsgrenze niedriger.

Abbildung 3: Verteilung der Anti-HBs Sensitivitätsgrenze in sechs fortlaufenden Chargen.Die Kontrollseren des Testherstellers waren stets valide; 6* Charge ist Charge 6 nach institutsinterner Korrekturmaßnahme, die zu einer Zunahme der Sensitivität führt: im Bereich 8,1 bis 9,9 IU/L von 2,9% zu 63,3%.
Abbildung 3:

Verteilung der Anti-HBs Sensitivitätsgrenze in sechs fortlaufenden Chargen.

Die Kontrollseren des Testherstellers waren stets valide; 6* Charge ist Charge 6 nach institutsinterner Korrekturmaßnahme, die zu einer Zunahme der Sensitivität führt: im Bereich 8,1 bis 9,9 IU/L von 2,9% zu 63,3%.

In 42 von 858 Läufen erreichte die Sensitivitätsgrenze nicht die internationale Immunitätsgrenze von 10 IU/L. Die Werte der testinternen Kontrollen lagen jedoch immer im vorgegebenen Bereich. Auch wenn die Herstellerkontrollen in den angegebenen Toleranzgrenzen liegen, ist nicht immer die erwartete Qualität des Tests garantiert.

Ergebnisse aus den Experteninterviews

Die Interviews ergaben, dass nicht alle Experten mit dem oben beschriebenen Sachverhalt vertraut waren. Zwei Experten aus Laboratorien berichteten, noch nie eine solche Situation erlebt zu haben. Einer der Industrievertreter konnte sich den Fall nicht vorstellen.

Sind interne Qualitätskontrollen eines Tests nicht im Sollbereich, können Testergebnisse in Ausnahmefällen trotzdem freigegeben werden, wenn dies entsprechend begründet und dokumentiert wird („Sonderfreigaben“). Wie Abbildung 4 zeigt, treten diese Sonderfreigaben bei 5 der befragten Laboratorien mindestens einige Male pro Jahr auf.

Abbildung 4: Sonderfreigaben in den 10 befragten Laboratorien.
Abbildung 4:

Sonderfreigaben in den 10 befragten Laboratorien.

Die DIN EN ISO 15189 fordert, dass bei «klinisch bedeutsamen, fehlerhaften Untersuchungsergebnissen» und im Fall der Verletzung der Regeln der Qualitätskontrolle Messungen von Patientenproben wiederholt werden müssen [20]. Auch fordert die Norm einen dezidierten Mechanismus der Ergebnisfreigabe durch autorisiertes, fachkompetentes Personal.

Viele Institute verwenden selbstentwickelte Tests (z. B. Adenoviren-PCR, Parvovirus B19-PCR), d. h. sie generieren auch die Sollbereiche für die Kontrollen selbst. Bei engen Grenzen werden Trends frühzeitig erkannt, denn Kontrollprobenergebnisse liegen bei Abweichungen schneller außerhalb der Sollbereiche. Im Gegensatz dazu sind bei käuflichen Tests die vom Hersteller vorgegebenen Bereiche oft sehr weit, so dass die Kontrollen selten außerhalb der vom Hersteller festgelegten Grenzen liegen. Weiterhin ist es in manchen Fällen offensichtlich, warum die Ergebnisse der Kontrollen nicht im Sollbereich sind, z. B. bei nachvollziehbaren Abarbeitungsfehlern, die nur eine der Kontrollen betreffen.

Wie die Interviews ergaben, werden die Ergebnisse zweistufig freigegeben: Die technische Assistenz führt eine technische Validation durch. Danach werden die Ergebnisse dem befundenden Arzt oder qualifizierten Naturwissenschaftler zur unabhängigen Überprüfung und medizinischen Validation übergeben. Die Ergebnisfreigabe ist dann eine Einzelfallentscheidung, die vom Test, den Rohwerten der Kontrollen, dem Gesamtbild des Assays und der Stabilität der Ergebnisse über die Zeit abhängig ist.

Die Anwendung der DIN EN ISO 15189 bedingt also, dass hinsichtlich der Kontrollen problematische Testergebnisse genau überprüft werden und nur Testergebnisse mit hoher Ergebnissicherheit und damit Patientensicherheit freigegeben werden.

Messunsicherheit

Ergebnisse aus den Experteninterviews

Ein weiteres Hauptelement der Befragung war die Bedeutung der Messunsicherheitsabschätzung. Eine kontinuierliche Bestimmung und Bewertung der Standardabweichung, des Mittelwerts und des Variationskoeffizienten für Messergebnisse verbessern die Ergebnissicherheit [27].

Die Umfrage ergab, dass 3 der befragten akkreditierten Laboratorien die Messunsicherheit in der analytischen Phase nicht kontinuierlich bestimmen, obwohl es in der DIN EN ISO 15189 gefordert wird [20]. Nur ein Laboratorium bestimmte die Messunsicherheit sowohl für quantitative als auch für qualitative Testverfahren. Wenn in den restlichen Laboratorien die Messunsicherheit bestimmt wurde, dann wurde sie für quantitative Verfahren bestimmt. Die Antworten bei der Befragung ließen sich in vier Gruppen einteilen. Drei Laboratorien bestimmten die Messunsicherheit unregelmäßig, nicht für alle geforderten Testverfahren oder ohne statistische Auswertung. Zwei weitere sahen sich Doppelbestimmungen an und 4 Laboratorien betrachteten die Varianz der Standards. Lediglich ein Labor wertete kontinuierlich die Variationskoeffizienten, Mittelwerte und Standardabweichungen der Kontrollen aus und hatte sich dafür auch Vorgaben gesetzt. Mit den 1s-, 2s- oder 3s-Bereichen der Standards können die Bedingungen für die Kontrollen für In-Haus-Verfahren determiniert werden. Bei kommerziellen Tests können die Bereiche mit den üblichen 3s-Bereichen der Hersteller verglichen werden. Werden die Leistungsanforderungen für die Messunsicherheit nicht eingehalten, treten Testschwächen zu Tage, die z. B. die Stabilität und Reproduzierbarkeit eines Untersuchungsverfahrens betreffen. Dies gilt auch, wenn bei Schwankungen eines Testverfahrens die Werte (noch) in den Sollbereichen liegen. Dazu müssen die Werte periodisch ausgewertet und die einzelnen Abschnitte des Untersuchungsverfahrens berücksichtigt werden.

Die DIN EN ISO 15189 fordert die Bestimmung und regelmäßige Überprüfung der Messunsicherheit [20] und bietet hier eine solide Basis für die Evaluierung der Leistung von Testverfahren. Wie die Befragung ergab, besteht im Bereich der Messunsicherheitsabschätzung häufig Handlungsbedarf zur Verbesserung und zur Festlegung zulässiger Messunsicherheitsgrenzen.

Validierung und Verifizierung

Ergebnisse aus den Experteninterviews

Acht von 10 der befragten Laboratorien gaben an, die Vorgaben des die Norm ergänzenden Leitfadens von GfV und DVV zu berücksichtigen [25].

Auf die Frage, ob Grenzen für die Leistungsmerkmale der Validierung und der Verifizierung, z. B. für die Präzision, definiert wurden, sind folgende Antworten erhalten worden:

  • haben Rabenau et al. beschrieben (Anmerkung der Autoren: Rabenau et al. haben keine Grenzen festgelegt)

  • hausintern festgelegt

  • bisher keine definiert

  • interne Berechnungsparameter

  • für jeden Wert individuell, von Fall zu Fall entschieden

  • PCR: CT (Cycle threshold) innerhalb von 3 Cyclen.

Insgesamt waren die Antworten auf diese Frage nicht ausreichend umfassend. Es entstand der Eindruck, dass in den Laboratorien keine hinreichenden Werte festgelegt wurden. Werden solche Grenzen, z.B. auf Basis von Publikationen, nicht festgelegt, besteht jedoch die Gefahr, dass auch Ergebnisse qualitativ minderwertiger Tests akzeptiert werden.

Die DIN EN ISO 15189 beugt diesem Risiko insofern vor, als von der Norm gefordert wird, dass eine autorisierte Person die Validierung bzw. Verifizierung plant, prüft und final für den Routinebetrieb dokumentiert freigibt [20].

Ergebnissicherheit

Ergebnisse aus den Experteninterviews

Die Experten aus den Laboratorien bejahten überwiegend die Frage, ob die Ergebnissicherheit seit der Akkreditierung nach DIN EN ISO 15189 gestiegen sei. Ein einziges Labor war der Meinung, dass sich die Ergebnissicherheit seit der Akkreditierung nicht erhöht habe. Das entsprechende Laboratorium sei seit drei Jahren akkreditiert, hätte nach Meinung des Interviewpartners auch schon vor Erteilung der Akkreditierung auf hohem Niveau gearbeitet und habe nicht viel Neues einführen müssen.

Diskussion

Interne und externe Qualitätssicherung

Die Normkriterien zur Sicherstellung der Qualität der Untersuchungsverfahren (Abschnitt 5.6 der Norm) gehören zu den zentralen Anforderungen der DIN EN ISO 15189 [20].

Die Basis der Qualitätssicherung bilden testinterne Kontrollen des Herstellers. Diese müssen gemäß den Herstellervorgaben in einem definierten Bereich liegen. Die DIN EN ISO 15189 fordert bei klinisch bedeutsamen Fehlern eine Wiederholung der Probenanalyse. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Testergebnis mit entsprechender Begründung gesondert freigegeben werden. Diese Sonderfreigabe wird in ca. 5 der befragten Laboratorien einige Male im Jahr und bis zu einige Male pro Woche durchgeführt (s. Abbildung 4).

Auch wenn die Rohdaten der Kontrollen im Sollbereich liegen, können Testfehler, wie bei Anti-HBs gezeigt, vorliegen. Die Sensitivität des Anti-HBs-Tests errichte nicht in allen Läufen die internationale Immunitätsgrenze von 10 IU/L. Auch wenn quantitative Antikörpernachweise schwanken [28], existiert bei Anti-HBs eine internationale Immunitätsgrenze [29, 30]. Valide testinterne Kontrollen, die vom Hersteller bereitgestellt werden, wiegen den Anwender teilweise in zu großer Sicherheit.

Die Norm DIN EN ISO 15189 hebt die Relevanz der Verwendung von Qualitätskontrollmaterialien einer „unabhängigen Drittstelle“ für die Qualitätssicherung hervor und empfiehlt die Anwendung solcher Kontrollmaterialien zusätzlich oder anstelle der vom Hersteller mitgelieferten Kontrollen [20].

Zur Verbesserung der Ergebnissicherheit wurden daher solche zusätzlichen Kontrollen, sogenannte Run-Kontrollen, von den Laboratorien nach eigenem Ermessen in einem oder mehreren Verfahren eingesetzt. Die Anzahl und die Zweckbestimmung der Assays mit Run-Kontrollen waren in den einzelnen Laboratorien unterschiedlich. Die Wertigkeit von Run-Kontrollen konnte in dieser Studie anhand von Daten zur Bestimmung der HIV-Antigenkontrolle gezeigt werden, die im HIV-Combo-Test auch den Antigennachweis prüft, was die Kontrollen des Herstellers nicht leisten.

Die externe Qualitätssicherung – größtenteils in Form von Ringversuchen angewendet – bietet den Laboratorien ein effizientes Hilfsmittel, um – neben einer Evaluierung der Durchfüührungsperformance im Labor – die Qualität der angewendeten Tests zu prüfen und gegebenenfalls zu verbessern [31]. Sechs der befragten Laboratorien benutzten dieses Hilfsmittel jedoch, um ihre internen Standards in der Molekularbiologie an Ringversuchsergebnissen zu „kalibrieren“. Dies ist kritisch zu sehen, weil das am meisten verwendete Verfahren hier dominiert. In der Molekularbiologie wird der zugewiesene Wert im Ringversuch aus dem Konsensuswert aller eingesandten Ergebnisse ermittelt. Dieser schließt die Ergebnisse der Sollwertlaboratorien ein. Es besteht das Risiko einer nationalen „Standardisierung“ durch den meistverwendeten Test. In diesem Zusammenhang ist es bedeutsam, dass die für Anbieter von Eignungsprüfungen relevante Norm DIN EN ISO/IEC 17043 [24] zur Konsensuswertbestimmung fordert, dass der Ringversuchsanbieter dokumentieren und begründen muss, auf welcher Basis die Konsensus-Methode ausgewählt wurde.

Die nach DIN EN ISO 15189 geforderte Teilnahme an Ringversuchen trägt durch die periodische, externe Kontrolle zur Erhöhung der Ergebnissicherheit bei. Die in einigen Laboratorien gängige Praxis, ihre Standards den Ringversuchsergebnissen anzupassen, ist nicht normkonform und widerspricht den Prinzipien der Kalibrierung von Untersuchungsverfahren.

Im Gegensatz zur RiliBÄK, die nach Teil B3 eine Beteiligung an Ringversuchen bisher nur für eine begrenzte Auswahl von virologischen Parametern fordert, stellt die DIN EN ISO 15189 und vor allem die Akkreditierung nach dieser Norm die Relevanz von Ringversuchen für sämtliche von einem Laboratorium angebotenen Untersuchungsverfahren deutlich heraus.

Validierung, Verifizierung und Messunsicherheit von Untersuchungsverfahren

Rabenau et al. stellten seinerzeit fest, dass es Defizite bei der Validierung (In-Haus-Verfahren) und Verifizierung (kommerzielle Tests) in der Virusdiagnostik gab. So fehlten oft Daten zur Intra- und Interassaypräzision sowie zur Reproduzierbarkeit [32]. Die Vorgaben zur Validierung und Verifizierung werden in der DIN EN ISO 15189 nur konzeptionell beschrieben, ohne spezifische Anforderungen einzelner Fachbereiche darzustellen [12]. Wie die Experteninterviews gezeigt haben, arbeiten daher fast alle Laboratorien innerhalb der Klinischen Virologie in Deutschland nach dem Leitfaden von GfV und DVV [25], der die Forderungen der Norm ergänzt und konkretisiert. Da die Norm keine genauen Anweisungen im Hinblick darauf, wie viele Proben für die Validierung bzw. Verifizierung getestet und wie oft diese untersucht werden sollten, enthält, stellen die klaren Vorgaben im Leitfaden eine sinnvolle Ergänzung dar. Allerdings sind weder in der Norm noch im Leitfaden Grenzwerte für die Leistungsmerkmale, wie z. B. für Präzision, Spezifität, Sensitivität definiert. Die Laboratorien müssen dies parameter- und verfahrensspezifisch nach dem aktuellen Stand der Technik selbst tun.

Schlussfolgernd werden durch die Norm DIN EN ISO 15189 zwar Grundsätze und Konzepte zur Verifizierung und Validierung von Untersuchungsverfahren vorgegeben, aber detaillierte Kriterien einschließlich derjenigen für spezifische Fachbereiche fehlen bisher.

Stattdessen legt die DIN EN ISO 15189 bei der Einführung neuer Untersuchungsverfahren einen Schwerpunkt auf die Planung, Evaluierung und Dokumentation der erforderlichen und tatsächlich vorliegenden Leistungsmerkmale einschließlich einer autorisierten Freigabe der Validierungsunterlagen. Das Risiko, dass qualitativ minderwertige Untersuchungsverfahren mit schlechter Ergebnissicherheit in der Routinediagnostik eingesetzt werden, soll damit reduziert werden.

Im Rahmen der Abschätzung und periodischen Überprüfung der Messunsicherheit von Untersuchungsverfahren bestätigen die Ergebnisse dieser Studie den anhaltenden Verbesserungsbedarf medizinischer Laboratorien auf diesem Gebiet. Von zukünftiger Bedeutung dürfte sich hier das aktuelle ISO-Normungsvorhaben mit dem Arbeitstitel „Medical laboratories – Practical guide for the estimation of measurement of uncertainty“ erweisen [33]. In dem zuständigen Normungsgremium ISO Technical Committee (TC) 212 wird derzeit ein internationaler Leitfaden für medizinische Laboratorien zur Abschätzung der Messunsicherheit erarbeitet. Der Leitfaden wird auch Beispiele zur Messunsicherheitsbestimmung für Untersuchungsverfahren unterschiedlicher Fachdisziplinen einschließlich der Virologie enthalten.

Vollständigkeit der Norm

Die Interviewpartner betrachteten die Inhalte der DIN EN ISO 15189 für ihre Zweckbestimmung als ausreichend. Die Ergänzung der Norm um weitere, für die Virologie spezifische Anforderungen wurde weitgehend als unnötig angesehen. Durch den Leitfaden für Validierung und Verifizierung der GfV und DVV [25], der vom nationalen Sektorkomitee „Medizinische Laboratorien“ für die Akkreditierung obligatorisch zur Anwendung vorgesehen wurde, ist die Norm auf nationaler Ebene sinnvoll ergänzt worden. Daneben gibt es in Deutschland noch die sog. Fachbereichschecklisten, die für die Virologie aus dem Jahr 2004 datieren und zurzeit überarbeitet werden [34]. Zudem sind die Anforderungen der RiliBÄK ebenfalls ein obligatorischer Bestandteil der Akkreditierungskriterien. Seit 2001 existieren darüber hinaus auch in den MIQs – Qualitätsstandards in der mikrobiologisch-infektiologischen Diagnostik – Vorgaben für die Nukleinsäure-Amplifikationstechniken [35].

Auf internationaler Ebene wurde aber bereits mit der Veröffentlichung der englischen Fassung der ISO 15189 im Jahre 2012 die Notwendigkeit zur interpretativen Ergänzung der Normanforderungen erkannt. Neben dem o. g. Leitfaden zur Messunsicherheitsabschätzung wird vom ISO TC 212 derzeit eine sog. „Technische Spezifikation“ zum Fehler- und Risikomanagement mit Anwendungsbeispielen in verschiedenen Disziplinen der Laboratoriumsdiagnostik [36] sowie eine neue Norm zur Validierung von Untersuchungsverfahren in der molekularbiologischen Infektionsdiagnostik erarbeitet [37]. Auf europäischer Ebene wurden bereits Spezifikationen zu präanalytischen Anforderungen für die Extraktion von Nukleinsäuren aus verschiedenen Geweben mit dem Ziel der weiteren molekularbiologischen Analyse veröffentlicht [38].

Diese Normungsvorhaben belegen den Bedarf an weiterführenden und spezifischen Hinweisen für verschiedene Teilarbeitsgebiete der medizinischen Laboratorien.

Ergebnissicherheit

Bei den Aussagen der Befragten zur Ergebnissicherheit sollte berücksichtigt werden, dass die Etablierung eines QM-Systems auf der Grundlage der RiliBÄK [39] in Deutschland schon seit dem Jahr 2008 verbindlich ist. Trotzdem bringt ein überwiegender Teil der befragten Laboratorien zum Ausdruck, dass durch die Anwendung der DIN EN ISO 15189 die Qualität der medizinischen Untersuchungsergebnisse gestiegen sei. Sowohl die experimentellen Daten als auch die qualitative Inhaltsanalyse der Experteninterviews dieser Studie bestätigen diese Aussage. Die Studien von Rabenau et al. [40] und Allen [41], die ebenfalls eine Erhöhung der Qualität der Labordiagnostik durch den Einfluss der DIN EN ISO 15189 darlegen, konnten in dieser Arbeit bestätigt und weitergeführt werden.

Ausblick

Zusammenfassend zeigte diese Studie, dass die Umsetzung der DIN EN ISO 15189 die Ergebnissicherheit in der Virusdiagnostik positiv beeinflusst und somit die Akkreditierung nicht nur aus Marktinteressen, sondern vor allem aus Gründen der ständigen Qualitätsverbesserung sinnvoll ist. U. a. bei der Etablierung von In-Haus-Verfahren, die in universitären Einrichtungen der Klinischen Virologie einen hohen Stellenwert besitzen, führt die Umsetzung der Normanforderungen zu einer spürbaren Verbesserung der Dokumentation und der Qualitätssicherung von Untersuchungsverfahren. Da unter den universitären Virologien nur zwei Institutionen derzeit nicht akkreditiert sind, war die Zusammenstellung einer validen Kontrollgruppe mit nicht-akkreditierten Laboratorien nicht durchführbar. Auch wurden keine außeruniversitären Laboratorien befragt, da hier meist kein derartig spezialisiertes Spektrum von Untersuchungsverfahren erwartet werden kann, wie dieses bei universitären Instituten der Fall ist. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sich die Ergebnisse dieser Studie auch auf außeruniversitäre Krankenhauslaboratorien und niedergelassene Laboratorien übertragen lassen. Im Zentrum eines jeden Qualitätsmanagementsystems steht jedoch der Prozess der kontinuierlichen Verbesserung. Wie diese Studie aufzeigt, gibt es auch unter den akkreditierten Laboratorien noch erhebliches Verbesserungspotential.

Mit Spannung können weitere Aktivitäten der Normung erwartet werden, die zum Ziel haben, die allgemeinen Anforderungen der Norm mit spezifischen Hinweisen zur Messunsicherheitsbestimmung, zum Fehler- und Risikomanagement sowie zur Validierung von Untersuchungsverfahren zu ergänzen.

Danksagung Dank gilt Herrn Prof. Dr. Gürtler für die große Unterstützung bei Erstellung dieser Arbeit. Für angeregte Diskussionen danken wir Frau Dr. Jäger, Herrn Prof. Dr. Eberle und Herrn Dr. Nitschko.

Autorenbeteiligung: Alle Autoren tragen Verantwortung für den gesamten Inhalt dieses Artikels und haben der Einreichung des Manuskripts zugestimmt.

Forschungsförderung: Keine.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass keine wirtschaftlichen oder persönlichen Interessenkonflikte bestehen.

Literatur

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Erhalten: 2016-1-12
Angenommen: 2016-3-11
Online erschienen: 2016-4-13
Erschienen im Druck: 2016-6-1

©2016 by De Gruyter

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