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Lohnpfändung spezial – Teil 8*

Published/Copyright: November 28, 2017

567JurBüro 11 / 2017AUFSÄTZE: ZwangsvollstreckungKnow-how für die ZwangsvollstreckungLohnpfändung spezial – Teil 8*Von gaBriele WaldScHmidt, Rechtsfachwirtin, WuppertalImmer wieder kommt es vor, dass der Schuldner versucht, sein Einkommen so zu manipulieren, dass sich keine pfänd-baren Beträge ergeben und der Gläubiger leer ausgeht. Einige Arten der Lohnverschleierung sowie die Möglichkeiten des Gläubigers hiergegen vorzugehen, stellen wir Ihnen im fol-genden Beitrag vor.11. Verschleiertes Einkommena) Lohnverschleierung gem. § 850h Abs. 2 ZPODas Problem in der PraxisDer Schuldner gibt an, in der Firma seines Ehegatten, sei-ner Eltern oder eines anderen nahestehenden Angehörigen zu arbeiten und ein Einkommen zu beziehen, welches zum einen unterhalb der Pfändungsgrenze und zum anderen deut-lich unter einer angemessenen Vergütung liegt. Hier liegt die Vermutung nahe, dass der Schuldner versucht, sein wahres und erfahrungsgemäß höheres Einkommen zu verschweigen.Gleiches gilt, wenn der Schuldner im Unternehmen des Le-bensgefährten aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu einem unverhältnismäßig geringen Einkommen arbeitet.Eine weitere Variante der Lohnverschleierung kann vorliegen, wenn der Schuldner von seinem/seiner Lebensgefährten(in)mitversorgt wird, diesem/dieser den Haushalt führt und hier-für gar keine Entlohnung erhält. Ob es sich hierbei um eine zu vergütende Tätigkeit handelt, ist allerdings streitig: Gem. Stöber1 gehört die Haushaltsführung durch den (nicht berufs-tätigen) Partner einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu den Diensten, die üblicherweise vergütet werden und ist somit nicht pfändbar.Allerdings schließt die Rechtsprechung eine mögliche An-wendung des § 850h Abs. 2 ZPO auch bei einer Haushalts-führung durch den Lebensgefährten nicht aus. Zum einen be-steht die Möglichkeit, eine Vermögensauskunft entsprechend nachbessern zu lassen,2 um durch die weitere Auskunft fest-stellen zu können, ob ein verschleierter Lohnanspruch des Schuldners gegen den Lebensgefährten besteht. Eine solche Nachbesserung wäre sinnlos, wenn hieraus nicht anschließend die Möglichkeit einer Lohnpfändung folgen würde.Zum anderen hat der BGH3 entschieden, dass auf der Basis des Grundsatzes, dass das Vollstreckungsgericht grundsäch-lich nicht prüft, ob die zu pfändende Forderung besteht, eine Lohnpfändung (die den verschleierten Lohnanspruch be-inhaltet) gegen den Lebensgefährten möglich ist. So führt der BGH aus, dass »der Gläubiger Ansprüche gepfändet hat, die gegenwärtig oder zukünftig bestehen können. Denn es ist nicht auszuschließen, dass die Schuldnerin Leistungen erbringt oder erbringen wird, die üblicherweise vergütet werden. Ob Leistun-gen, die ein Schuldner in einer nichtehelichen Lebensgemein-schaft erbringt, nach den Umständen des Einzelfalls einen fingierten Vergütungsanspruch im Sinne des § 850h Abs. 2 ZPO rechtfertigen, ist unter Berücksichtigung der Aufgaben-verteilung zwischen Prozessgericht und Vollstreckungsgericht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2002IX ZB 180/02, BGHZ 152, 166, 170) nicht im Zwangsvollstreckungsverfah-ren zu klären«. Mithin ist in einem solchen Fall zunächst der Lohnanspruch zu pfänden. Erfolgt durch den Drittschuldner keine Zahlung, so hat das Prozessgericht im Rahmen einer Drittschuldnerklage zu klären, ob ein Lohnanspruch besteht und wenn ja, in welcher Höhe.In den vorgenannten Fällen gilt eine angemessene Vergütung als geschuldet, die gem. § 850h Abs. 2 ZPO gepfändet werden kann, wenn diese Dienste aus einem ständigen Arbeitsver-hältnis und nicht nur einer einmaligen Dienstleistung4 resul-tieren und üblicherweise vergütet werden.Sofern der Insolvenzschuldner Arbeiten leistete, die unter die Vorschrift des § 850h Abs. 2 ZPO fallen, kann der Insolvenz-verwalter fiktives Gehalt zur Masse ziehen.5Angemessene VergütungZunächst stellt sich die Frage, was unter einer angemessenen Vergütung zu verstehen ist und wie der Gläubiger diese er-mitteln kann. Angemessen ist eine Vergütung, die der Dritt-schuldner einer vollbezahlten fremden Arbeitskraft für eine entsprechende Dienstleistung normalerweise gewähren müss-te.6 Sofern der Drittschuldner also durch die Beschäftigung des Schuldners eine Arbeitskraft einspart, hat der Schuldner den gleichen Lohnanspruch, den auch ein familien-fremder Mitarbeiter für die gleiche Arbeit erhalten würde. Dabei sind allerdings grundsätzlich auch die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, § 850h Abs. 2 Satz 2 ZPO.So ist z.B. die wirtschaftliche Situation des Betriebes oder eine bestehende Unterhaltsverpflichtung des Schuldners gegen seine Eltern zu berücksichtigen, wenn dieser im elterlichen Betrieb für eine geringe Entlohnung arbeitet.7 Allerdings schließt eine familienrechtliche Mitarbeitspflicht (§§ 1353, 1360, 1619 BGB) bei Ehegatten und Kindern die Anwendung von § 850h Abs. 2 ZPO nicht aus. Auch hier ist entscheidend, ob aus der Sicht eines Dritten eine üblicherweise zu vergü-tende Tätigkeit vorliegt, wenn man von familiären Bindungen absieht.8Ermittlung der Arbeitsleistung des SchuldnersDie Höhe der Vergütung des Schuldners entnimmt der Gläu-biger in der Regel der Vermögenauskunft des Schuldners. Gibt der Schuldner hier ein deutlich zu niedriges Arbeitsein-kommen an, z.B. für 400 € monatlich als Geschäftsführer im Betrieb der Ehefrau, sollte der Gläubiger im Rahmen eines Nachbesserungsauftrages die Angaben im Vermögensver-zeichnis ergänzen lassen.* Teil 1 dieser Beitragsreihe wurde veröffentlicht in JurBüro 2016, 451 ff. (Heft 9/16), Teil 2 in JurBüro 2016, 563 ff. (Heft 11/16), Teil 3 in JurBüro 2017, 63 ff. (Heft 2/17), Teil 4 in JurBüro 2017, 182 ff. (Heft 4/17), Teil 5 in JurBüro 2017, 296 ff. (Heft 6/17), Teil 6 in JurBüro 2017, 398 ff. (Heft 8/17) und Teil 7 in JurBüro 2017, 455 ff. (Heft 9/17).1 Stöber, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 850h ZPO Rn. 4a.2 LG Leipzig, JurBüro 2009, 665; LG Aurich, JurBüro 1998, 553; AG Leer, JurBüro 2006, 549.3 BGH, 12.09.2013 – VII ZB 51/12.4 Goebel, Anwaltformulare Zwangsvollstreckung, 5. Aufl. 2016, § 8 Rn. 192.5 Gottwald/Mock, Zwangsvollstreckung, 7. Aufl. 2015, § 850h Rn. 10a.6 Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 850h Abs. 2 ZPO Rn. 12.7 Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 850h Abs. 2 ZPO Rn. 15.8 Musielak, ZPO, 10. Aufl., § 850h Abs. 2 ZPO Rn. 15.
Published Online: 2017-11-28
Published in Print: 2017-11-27

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