Abstract
In recent years, the concept of the social figure has been established as a particularly productive method of sociological analyses and increasingly given theoretical and historical attention. Social figures are thus frequently used to describe present-day societies. They are neither sociological ideal types in the sense of Max Weber nor purely fictional figures, but rather objects of a society’s ›collective consciousness‹. Social figures emerge between public discourse and debate, media representations, and scholarly theory.
My article deals with social figures from the perspective of literary studies. This means, I focus primarily on the aesthetic aspects of social figures: While sociology is usually interested in whether the social figure is suitable to describe a particular social problem, this article is primarily concerned with the representational properties that are characteristic of social figures and that make a realization of their diagnostic function probable. Furthermore, my article takes a comparative perspective on the central characteristics of social figures and situates them against the background of literary and social science research on figures.
By doing this, I focus on aspects that are particularly relevant for social figures from a literary-sociological perspective: Firstly, their claim to social representation and their analytical functionalization within the framework of social descriptions and interpretations is constitutive for the social figure. They are figurative ciphers of social phenomena, providing information about emergent processes and pointing to underlying social driving forces and structures. The social expressiveness of figures raises questions about techniques of representation that apply equally to literary and sociological or sociographical figuration processes. The term ›social figure‹ becomes a cipher for multiple figurative procedures with which social processes and phenomena are shaped in texts, and figures are conceived and received in terms of their social representation on a scale between individuality and type character. Their particular appeal lies in combining actor-centered and socio-structural perspectives of social description and combining macro-sociological observations with micro-sociological forms of representation or enriching literary representations with socio-analytical elements.
Secondly, social figures are associated with historically different practices of figure genesis, which depend on the respective social, disciplinary, and genre-related sociographic framework. Social figures are produced by authors in an intricate process of observation and recording, concretization and abstraction, which emerges between performative, everyday practices (and their sociographic observation) and media representations. Social figures are characterized by the fact that they refer to the whole of society and its current state in two ways: On the one hand, by being socio-typologically representative of a group of people that characterizes contemporary society. On the other hand, they themselves become the cultural patterns according to which people are socially categorized.
Thirdly, the cultural and historical specificity of a particular social figure only emerges regarding the relational ties to other social figures: they must always be considered as part of a constellation of figures. While in social studies they relate through correspondence and contrast to other social groups and their social figurative counterparts, in literary texts they are part of a constellation of figures, in which the entirety of the figures denotes the entirety of the social space depicted.
In the (social) figure, literary and social science discourses of the present, which deal with the possibilities and conditions of figurative descriptions of society, come together. The study of social figures enables new perspectives on ways of writing the social from a historical perspective, e.g., with regard to the 19th century. For the study of social figures, this results in an interesting corpus of sociographic hybrid forms such as social reportage or the contemporary diagnostic essay, whose socially figurative methods of representation in turn have an effect on classical literary genres such as the social novel.
1 Sozialfiguren im Kontext von ›Schreibweisen des Sozialen‹
Als Sozialfiguren werden figurative Verdichtungen gesellschaftlicher Erfahrungen an der »Schnittstelle zwischen Literatur, öffentlichem Diskurs und Soziologie« (Moser/Schlechtriemen 2018, 175) bezeichnet. Figuren wie der Nerd (vgl. Kohout 2022), die Kuratorin (vgl. Frei/Mangold 2015) oder der Spekulant (vgl. Stäheli 2007) verweisen auf gesellschaftliche Transformationsprozesse und artikulieren Trends, die begrifflich-analytisch von der gegenwärtigen Soziologie und anderen Institutionen der gesellschaftlichen Selbstbeobachtung noch nicht eingeholt worden sind. Es handelt sich bei solchen Figuren um »(Ideal-)Typen, die in ihrer Gesamtheit das Soziale ordnen« (Moebius/Schroer 2010, 8) bzw. um Instanzen, an denen gesellschaftliche Transformationsprozesse dargestellt und diskutiert werden. In Schreib- und Lektüreverfahren werden mit Sozialfiguren Bilder der Gesellschaft gezeichnet, die als Teil des ›gesellschaftlichen Imaginären‹ selbst wiederum symptomatischen Charakter haben und über zeittypische Denk- und Wahrnehmungsmuster Auskunft geben. Nicht nur in der qualitativen und ethnographischen Soziologie gehören figurative Abstraktionen wie der ›Hobo‹ oder der ›Hipster‹ zu den zentralen epistemischen Objekten, deren Darstellung zudem immer wieder mit zeitdiagnostischen und sozialtheoretischen Thesen verknüpft wurde und wird – von Georg Simmels ›Fremden‹ über Alfred Schütz’ ›Beamten‹ bis zu Richard Sennetts ›flexiblen Menschen‹. Während die Sozialfigur als sozialwissenschaftliches Konzept vor allem in der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart profiliert wurde und in den letzten Jahren eine Konjunktur erlebt, haben sozialfigurative Schreibweisen, Darstellungsverfahren und Denkfiguren nicht allein in der Soziologie eine erhebliche historische Tiefendimension. In einer Vielzahl von Disziplinen (u. a. Literatur, Journalismus, Sozialphilosophie/frühe Soziologie, Psychologie), literarischen Gattungen (z. B. Gesellschaftsroman, journalistische ›Skizze‹, soziales Drama, Autosoziobiographie) und gesellschaftlichen Institutionen (z. B. staatlicher Sozialpolitik, Versicherungswesen) wird seit spätestens Mitte des 19. Jahrhunderts mit figurativen Abstraktionen gearbeitet, die das ›Ganze‹ der Gesellschaft in einzelne Teile segmentieren und dabei zum einen Gesellschaftsbeschreibungen in figurativer Form vorlegen, zum anderen aber auch an der Erzeugung von kollektiven Identitäten und von sozialen Typisierungen beteiligt sind (vgl. Delitz 2018). Diese Typisierungen sind dialektisch zu verstehen: Einerseits emergieren sie aus der sozialen Wirklichkeit, verweisen andererseits in medialisierter Form wiederum auf diese und sind zudem an der Erzeugung von bestimmten (stereotypen) Vorstellungen von Menschengruppen maßgeblich beteiligt – und wirken so auf die soziale Wirklichkeit zurück.
Für eine systematische und historische Untersuchung von ›Schreibweisen des Sozialen‹ an der Schnittstelle von Literatur- und Sozialwissenschaften sind Sozialfiguren dabei in mehrfacher Hinsicht einschlägig und relevant. Bei Sozialfiguren handelt es sich weder um soziologische Idealtypen im Sinne Max Webers noch um rein fiktive Figuren, sondern um Gegenstände des kollektiven Bewusstseins einer Gesellschaft, die zwischen öffentlichen Diskursen und Debatten, medialen Repräsentationen und wissenschaftlicher Theoriebildung flottieren (vgl. Schlechtriemen 2024, 7). Das macht sie zu einem genuin interdiskursiven Gegenstand, dem es sich aus unterschiedlichen Perspektiven zu nähern gilt. Während Figuren und Figurenkonzepte zu den unumstrittenen Kerngegenständen der Literaturwissenschaft gehören, werden ihre darstellungstechnischen Eigenschaften sowie ihre Form und Funktion in sozialtheoretischen Zusammenhängen eher selten reflektiert. Hier verspricht ein literaturwissenschaftlicher Blick auf soziologische Darstellungsformen also neue Erkenntnisse. Zudem gewinnt auch die historische Erforschung von sozial definierten Figuren in soziographischen[1] Texten zwischen Literatur und Sozialforschung durch die Verknüpfung von soziologischen und philologischen Perspektiven neue Impulse – auch und besonders mit Blick auf das 19. Jahrhundert, in dem ein erhöhtes Interesse zu bemerken ist, soziale Prozesse textuell zu erforschen, ohne dass aber in jedem Fall schon klare Gattungen und disziplinäre Kontexte für diese (neuen) Schreibformen bereitstehen. Das Soziale wird dort vielmehr häufig in disziplinären Zwischenfeldern und in gerade erst emergierenden Wissensfeldern und (literarischen) Gattungen zum Darstellungsgegenstand, für deren Erforschung eine interdiskursive Perspektive entscheidend ist (vgl. Büttner 2015).
Im Folgenden möchte ich das Konzept der Sozialfigur problemorientiert vor dem Hintergrund literatur- und sozialwissenschaftlicher Figurenkonzepte theoretisch diskutieren und als Untersuchungsgegenstand verorten. Nach einer grundsätzlichen Erläuterung des Begriffs der Sozialfigur und seiner Relevanz für die Literatursoziologie (2) stehen vier Aspekte im Vordergrund: (2.1) literatur- und sozialwissenschaftliche Figurenbegriffe und -konzeptionen, (2.2) die Einordnung von Sozialfiguren und ihrer zentralen Eigenschaft der sozialen Repräsentanz vor dem Hintergrund von Forschungen zu Typen und Typisierungen, (2.3) der Aspekt der Figurengenese und der Bezug von Sozialfiguren auf eine außertextuelle Wirklichkeit, (2.4) die Einbettung von Sozialfiguren in Figurenkonstellationen bzw. Figurenreihen/-ensembles. Dabei werden jeweils die Potentiale einer Verbindung der spezifischen Stärken literatur- und sozialwissenschaftlicher Ansätze für die Erforschung von Sozialfiguren herausgestellt. Ein kurzes Fazit (3) pointiert die Ergebnisse mit Blick auf die literatursoziologische Forschung der letzten Jahre und konturiert die Sozialfigur als interdisziplinären Forschungsgegenstand.
2 Sozialfiguren als Gegenstand der Literatur- und Sozialtheorie
Figuren sind eines derjenigen literarischen Formelemente, die in besonderer Weise auf die soziale Wirklichkeit verweisen bzw. konventionalisiert mit referenzialisierenden Lesarten versehen werden (vgl. Higney 2022, 175). Als »textgenerierte Instanzen, denen die Beobachtung bzw. das Handeln in einer textexternen [sic! Recte: textinternen] Welt zugeschrieben wird und die auf diese Weise strukturanalog zu textexternen Welten sowie den Autoren und Lesern in ihnen verfasst sind« (Pethes 2010, 90), sind sie sowohl Aktanten als auch Reflexionsinstanzen des Sozialen. An ihnen und mit ihnen gleichen Leser:innen soziale und textuelle Welt miteinander ab. In der Darstellung von Figuren verdichtet sich insofern das Problem des Bezugs von Texten auf (soziale) Realität, vor allem in (in weitem Sinne) realistischen Poetiken, denen es auf Wiedererkennungseffekte zwischen literarischer Fiktion und sozialer Lebenswelt ankommt (vgl. Smith 2011, 278). Zudem verweisen Figuren immer – wie alle anderen Formelemente eines literarischen Textes auch – auf die gesellschaftlichen Kontexte ihrer Entstehungszeit. Auch wenn somit literarische Figuren immer einen sozialen Index tragen, sind nicht alle literarischen Figuren auch Sozialfiguren. In literarischen Texten sind Sozialfiguren vielmehr zu bestimmen als Teilmenge von literarischen Figuren, die sich durch spezifische (im Folgenden näher zu beschreibende) Eigenschaften auszeichnen. Literarische Figuren können also (gesellschaftlich zirkulierende) Sozialfiguren ihrer jeweiligen Zeit repräsentieren bzw. als Sozialfiguren gelesen werden. Konstitutiv für (literarische) Sozialfiguren ist in jedem Fall ihr Anspruch auf soziale Repräsentanz und ihre analytische Funktionalisierung im Rahmen von Gesellschaftsbeschreibungen und -deutungen.
In (zeitgenössischen) soziologischen Zusammenhängen geht es zumeist um die Frage, inwiefern Sozialfiguren ihre diagnostischen und analytischen Ansprüche auch tatsächlich umsetzen können – also darum, ob die Sozialfigur (als Sozialfigur) ein gesellschaftliches Problem auf den Punkt bringt und sich als Mittel der Gegenwartsdiagnose eignet. Demgegenüber möchte ich den Fokus verschieben und nicht allein nach dem sozialen Index solcher Figuren, sondern auch und besonders nach den darstellungstechnischen Eigenschaften fragen, die für Sozialfiguren charakteristisch sind und die dafür sorgen, dass ihre diagnostischen Funktionen im Zusammenspiel von Aspekten der Produktion und der Rezeption verwirklicht werden. Es geht mir also um Sozialfiguren.
Gerade in dieser doppelten Adressierung liegt die Attraktivität und Einschlägigkeit der Sozialfigur für literaturwissenschaftliche Studien: Mit der sozialen Aussagekraft von Figuren sind Fragen nach Darstellungstechniken verbunden, die sich gleichermaßen für literarische und soziologische Figurationsprozesse (bzw. für alle Formen von Soziographie) stellen. Die epistemischen Objekte der Soziologie sind schließlich ebenso das Ergebnis eines symbolisierenden Zeichenarrangements wie die fiktionalen Entwürfe des Sozialen in der literarischen Mimesis (vgl. Twellmann 2014, 122–124). Der Terminus ›Sozialfigur‹ wird dabei zur Chiffre für die vielfältigen figurativen Verfahren, mit denen soziale Prozesse und Phänomene in Texten gestaltet und Figuren hinsichtlich ihrer sozialen Repräsentanz auf einer Skala zwischen Individualität und Typenhaftigkeit konzipiert und rezipiert werden. Mit der Sozialfigur sind insofern Fragen nach der Skalierbarkeit von Beobachtungskategorien verbunden (vgl. Spoerhase/Siegel/Wegmann 2020), die sich gleichermaßen für literarische und (proto-)soziologische Figurationsprozesse stellen.
Kennzeichnend für Sozialfiguren ist ein intrikates Verhältnis von Oberfläche und Tiefe, von Sichtbarkeit und Latenz. Sie changieren zwischen Typ und Individuum, sind figurative Chiffren sozialer Erscheinungen, geben dabei Aufschluss über emergente Prozesse und verweisen auf zugrundeliegende soziale Triebkräfte und Strukturen. Sozialfiguren werden auf diese Weise zu Agenten der Abstraktion, sind aber selbst bereits das Ergebnis einer Verallgemeinerung. Die Sozialfigur ist daher auf einer mittleren Ebene angesiedelt: oberhalb der ideographischen Individualisierung, aber unterhalb der Strukturbeschreibung und der makrosoziologischen Perspektive auf die Gesellschaft als Ganzes. Bei Sozialfiguren handelt es sich somit um Figurationen des Intermediären, an denen vor allem die für moderne Gesellschaften zentrale Problematik des Verhältnisses von Individuum, sozialer Gruppe/Klasse und der ›ganzen‹ Gesellschaft (fiktional) modelliert und diskutiert wird.
Ein Grund für die Beliebtheit von Sozialfiguren als Mittel der Gegenwartsdiagnose ist genau in dieser mittleren Position zu sehen, die es erlaubt, akteurszentrierte und sozialstrukturelle Perspektiven der Gesellschaftsbeschreibung miteinander zu verbinden. Die traditionell zentrale Streitfrage sozialwissenschaftlicher Theoriebildung – sind es die Handlungen einzelner Menschen, die Gesellschaft konstituieren oder sind es größere Einheiten wie Schichten, Klassen, Gruppen oder Institutionen, die das Handeln des Individuums präformieren und ihm daher gleichsam vorausgehen – wird dabei nicht einseitig aufgelöst, sondern anhand konkreter Figuren und Figurenkonstellationen durchgespielt. Während Norbert Elias zur Lösung genau dieses Akteur-Struktur-Dilemmas den Begriff der ›Figuration‹ einführt, auf den weiter unten noch eingegangen wird, werden in meinem Beitrag die Leistungen spezifischer Figuren bei der Gesellschaftsbeschreibung untersucht. Sozialfiguren ermöglichen es, je nach Darstellungsziel zwischen verschiedenen Graden der Verallgemeinerung hinauf und herunter zu skalieren und dabei makrosoziologische Beobachtungen mit mikrosoziologischen Darstellungsformen zu verbinden bzw. literarische Darstellungen mit gesellschaftsanalytischen Elementen anzureichern.
2.1 Figurenbegriffe und -konzeptionen
Grundlegende Unterschiede zwischen literatur- und sozialwissenschaftlichen Zugängen zu (Sozial-)Figuren sind sowohl im Zuschnitt des Figurenbegriffs als auch in der Funktionalisierung von Figuren zu bemerken. Die Literaturwissenschaft versteht Figuren als »menschliche oder menschenähnliche Gestalt[en] in fiktionalen Texten«, die aus »Textelementen« bestehen (Jannidis 2013, 212). Sie beschäftigt sich mit Figuren als medialen (Re-)Präsentationen, deren Gestaltung von historisch und kulturell verschiedenen Vorannahmen (z. B. anthropologischer, psychologischer, soziologischer Art) abhängt und zugleich auf sie verweist. Welche Konzeption den untersuchten literarischen Figuren (als textuellen Zeichenkonglomeraten) zugrunde liegen, welche Techniken zu ihrer Charakterisierung eingesetzt werden und in welchem Verhältnis sie zur sozialen Wirklichkeit ihrer Zeit stehen, hängt von den Poetiken der literarischen Texte ab, die die Literaturwissenschaft analytisch zu fassen sucht und auf die sie in ihrer Begriffsbildung reagiert. Nachdem die literaturwissenschaftliche Figurenforschung lange Zeit vergleichsweise wenig beliebt war, ist in letzter Zeit vor allem im angloamerikanischen Raum eine erhöhte Forschungsaktivität bemerkbar (vgl. exemplarisch Woloch 2003; Frow 2014; Figlerowicz 2016; Anderson/Felski/Moi 2019; Kunin 2019; Brilmyer 2022; Higney 2022).[2]
Während die Literaturwissenschaft Figuren somit vorrangig als Explanandum behandelt, werden sie in den Sozialwissenschaften zumeist als Explanans eingesetzt. Sie dienen dort der Darstellung oder Erklärung von realen sozialen Zuständen oder Prozessen und kommen insbesondere in qualitativ ausgerichteten Arbeiten zum Einsatz. Figuren können dabei entweder als textuelle Repräsentationen von realen Personen (v. a. in ethnographischen Fallstudien) oder als vom Einzelfall abstrahierende Typen konzipiert sein. Deutlich stärker als die Literatur(-wissenschaft) ist die Soziologie an typenhaften Verallgemeinerungen interessiert. Dieser Aspekt, der für Sozialfiguren besonders relevant ist, lässt sich wiederum untergliedern: Die Bildung von (typisierten) Figuren kann entweder das Ziel der Forschung sein – wenn es, wie in der ethnographischen Soziologie, darum geht, von konkreten Einzelfällen ausgehend bestimmte soziale Gruppen zu beschreiben und von anderen Gruppen zu unterscheiden – oder aber ein Mittel zur Darstellung sein, das im weitesten Sinne rhetorischen Charakter hat. Hierunter fallen beispielsweise (fiktionale) Fallgeschichten zur Plausibilisierung oder Authentifizierung der makrosoziologischen Argumentation, etwa wenn Richard Sennett in seiner berühmten Studie Der flexible Mensch die Figuren Enrico und Rico einführt, um an ihnen seine soziologischen Thesen zur Flexibilisierung des Arbeitslebens im Spätkapitalismus anschaulich darzustellen (Sennett 1998). Die Funktion der Figur besteht in diesen Fällen darin, in figurativ verdichteter Form einer soziologischen Theorie Evidenz und lebensweltliche Anschlussfähigkeit zu verleihen, die durch rein abstrakte Begriffsbildung nicht zu erreichen ist (vgl. Schlechtriemen 2024, 7 f.). Auch wenn mit Figuren solche rhetorischen Effekte erzielt werden, ist die Figurenbildung in der Soziologie grundlegend mit dem Anspruch auf Beschreibung und Erhellung realer sozialer Gegebenheiten verbunden. Allerdings sind auch soziologische Beschreibungen kein Abbild einer vorausgesetzten Wirklichkeit, sondern durch spezifische epistemologische und institutionelle Voraussetzungen bedingte Darstellungsformen. Sozialwissenschaftliche Figuren werden im Moment ihrer Verschriftlichung zu Textphänomenen, die sich von der sozialen Wirklichkeit, die sie beschreiben wollen, notwendig entfernen. Auch eine Sozialfigur wie der Hipster ist dann eine mediale Repräsentation, die zwar mit dem Anspruch auftritt, analytisches oder sozialdiagnostisches Potential zu besitzen, aber keinen direkten Referenten in der sozialen Wirklichkeit hat.
Während in älterer soziologischer Forschung häufig noch von einem unproblematischen Abbildungsverhältnis von sozialer Wirklichkeit und Text ausgegangen wird, wodurch die Darstellung von Sozialfiguren zu einer Art von sozialer Mimesis wird, ist in den letzten Jahren die Entstehung einer sozialwissenschaftlichen Figurenforschung zu konstatieren, die in einer selbstreflexiven Volte den Umgang der eigenen Disziplin mit Figuren untersucht, sich mit Darstellungsmethoden und Figurenkonzeptionen aus einer Meta-Perspektive beschäftigt und dabei in vielen Punkten analog zur literaturwissenschaftlichen Figurenforschung verfährt (vgl. Wynn 2011; Ege/Wietschorke 2014; LeGrand 2019). Diese Ansätze stehen u. a. im Fluchtpunkt ethnographischer Selbstreflexionen des beschreibenden Zugriffs auf soziale Phänomene und der Textualität soziographischer Textformen, wie sie insbesondere im Zuge der Writing Culture-Debatte produktiv gemacht wurden (vgl. Clifford/Marcus 1986; Atkinson 1990; Berg/Fuchs 1999). Dieser Blickwinkel auf sozialwissenschaftliche Figurenkonzeptionen wird besonders im Kontext der maßgeblich von Sebastian Moser und Tobias Schlechtriemen vorangetriebenen Erforschung von Sozialfiguren gepflegt (vgl. Moser 2014; Moser/Schlechtriemen 2018; Moser/Schlechtriemen 2021; Schlechtriemen 2019; Schlechtriemen 2024). Schlechtriemen und Moser verfolgen zwei Ziele: Einerseits die Theoretisierung von Sozialfiguren als Mittel der soziologischen Beschreibung, andererseits den (historischen) Nachvollzug der Verwendung von Sozialfiguren in soziologischer Theorie. Während es im ersten Fall also darum geht, methodisch geleitet soziale Phänomene zu beobachten und in figurativ verdichteter Form zu beschreiben, sind im zweiten Fall (historische) soziologische Texte und ihre Figurenkonzepte der Untersuchungsgegenstand. Insbesondere diese zweite Perspektive weist eine große Nähe zu literaturwissenschaftlichen Zugriffen auf Figuren auf, während der erste Aspekt – die Beschreibung sozialer Wirklichkeit mithilfe von Figuren – sich einen Problemhorizont mit literarischen Ansätzen der Gesellschaftsbeschreibung teilt.
2.2 Typisierung und soziale Repräsentanz
Im Mittelpunkt steht bei alldem die Frage nach der sozialen Repräsentanz von Figuren, die in soziologischen und soziographischen Zusammenhängen stets die entscheidende Bezugsgröße darstellt und die in der deutschsprachigen Literaturgeschichte vor allem ab dem Vormärz (und darüber hinaus) zu einer zentralen poetologischen Frage wird (vgl. Göttsche 2001). In der Literaturtheorie wird diese zentrale Eigenschaft von Sozialfiguren zumeist unter dem Begriff des ›Typenhaften‹ bzw. der ›Typisierung‹ behandelt. Als topische Zeichenkonglomerate lassen sich Figurentypen in den allermeisten (gattungs-)historischen Zusammenhängen der Literatur finden. Bei der Sozialfigur handelt es sich aber um eine spezifisch moderne Variante von Figurentypen, die sich von anderen (v. a. vormodernen) Figurentypen in einigen wichtigen Aspekten unterscheidet. Das gilt sowohl für ihre Genese, die unter 2.3 genauer behandelt wird, als auch für ihre symptomatisierende Funktionsleistung.
Für jede Form der Typisierung ist das Verhältnis von Individualität und Repräsentativität, von Allgemeinem und Besonderem entscheidend (vgl. Schlenstedt/George 2000, 191 f.). Die singuläre, ideographische Beschreibung eines partikularen Gegenstandes soll auf einen größeren, allgemeinen Zusammenhang verweisen, während sich umgekehrt allgemeine (Gattungs-)Muster in einzelnen Exemplaren realisieren und wiederfinden lassen. Auf welches Ziel hin jeweils verallgemeinert wird, wofür die Figur also typisch sein soll, kann allerdings sehr unterschiedlich sein: Figuren können z. B. auf anthropologische Universalien (›der Geizige‹), auf die Nation (›der Deutsche‹) oder auf gesellschaftliche Gruppen (›der Proletarier‹) verweisen und für diese repräsentativ einstehen. In der Forschung zu literarischen Figuren wird zumeist zwischen solchen Typen unterschieden, die gleichsam aus den jeweiligen Entwicklungen bestimmter literarischer Gattungen hervorgehen und dabei zu tendenziell transhistorischen Archetypen werden, und solchen, die sozial bestimmt sind. Bei Ansgar Nünning heißt es dazu bündig: »Typen sind entweder aus der zeitgenössischen Charakterkunde und Sozialtypologie übernommen oder entstammen der literarischen Tradition« (Nünning 2013a, 100; vgl. auch Platz-Waury 1997; Koch 1991; vgl. mit ganz ähnlichen Befunden für die englischsprachige und französische Literaturgeschichte Frow 2014, 107–114). Eine ähnliche Einordnung findet sich bei Ralf Schneider, der – mit speziellem Fokus auf Aspekte der Rezeption – zwischen »literarischer Kategorisierung« und »sozialer Kategorisierung« unterscheidet (Schneider 2000, 142–144). Literarische Kategorisierung findet demnach dann statt, wenn z. B. genretypische Skripte bei der Figurenrezeption aktiviert werden, während bei sozialen Kategorisierungen lebensweltliche Formen des (Vor-)Wissens im Vordergrund stehen. Jens Eder, Fotis Jannidis und Ralf Schneider nennen Typen der ersten – transhistorischen, gattungsbestimmten – Art »archetypes«, während sie die »typification of social groups« unter dem Begriff »stereotypes« fassen (Eder/Jannidis/Schneider 2010, 38). Der pejorative Begriff des Stereotyps fokussiert dabei (etwas einseitig) die Tendenz von literarischen Typisierungen, Klischees über Menschengruppen zu (re-)produzieren und damit zu gesellschaftlichen Exklusionsprozessen beizutragen (vgl. Eder 2014, 379 f.). Während Eder zu Recht darauf hinweist, dass typisierte Figuren immer darauf hin zu befragen sind, wer aus welcher Perspektive diese Typisierungen vornimmt und in welche gesellschaftlichen Machtkonstellationen diese Praktiken eingebunden sind (vgl. ebd., 380), ist die Frage, wann eine typisierte Figur stereotype Vorstellungen abbildet und wann es sich um innovative sozial-analytische Abstraktionen handelt, allerdings nicht so einfach zu entscheiden (vgl. Ege/Wietschorke 2014, 20; auch Konrad 2006). Auch das Verhältnis von sozialrealistischer Beobachtung und medialer Repräsentation spielt dabei eine Rolle (vgl. dazu Abschnitt 2.3 dieses Artikels).
Davon abgesehen verweist die Rede von ›Stereotypen‹ auch auf die Tendenz zur normativ motivierten Abwertung von Figurentypen, die in der Literaturwissenschaft häufig zu beobachten ist. Mit der Frage nach der sozialen Repräsentanz von Figuren tut sich insbesondere die ältere Forschung auch deshalb schwer, weil allzu typisierte Figuren als ästhetisch minderwertig angesehen werden. In den geflügelten, auf Edward M. Forster zurückgehenden Worten von ›flat‹ und ›round characters‹ verdichtet sich dieses Vorurteil (vgl. Forster 1927, 103–125). Als ›flach‹ gelten dabei Figuren, die nur wenige Eigenschaften haben, dadurch auch nur wenig komplex wirken und zu ›types‹ (vgl. ebd., 103) werden, während ›runde‹ Figuren in ihrer Komplexität und Vielgestaltigkeit summierende Beschreibungen erschweren und ›echten Menschen‹ näher zu sein scheinen (vgl. auch Pfister 2001, 245). Forsters Kategorien etablieren also einen Gegensatz zwischen Typen und Individuen, der zwar einerseits analytisches Potential erkennen lässt, andererseits – im Rahmen von Forsters eigenen poetologischen Überlegungen – normativen Charakter hat. Vor diesem Hintergrund hat die literaturwissenschaftliche Forschung Forster verschiedentlich kritisiert (vgl. z. B. Fishelov 1990) und etwa darauf hingewiesen, dass es nicht sinnvoll sei, Typ und Individuum als dichotome Gegensätze der Figurenbeschreibung zu konzipieren. Vorgeschlagen wurde stattdessen, diese eher als Endpunkte einer Skala aufzufassen (vgl. Eder 2014, 375; Birke 2012, 223). Allerdings lässt sich auch dann die Unterscheidung ›flat‹ vs. ›round‹ nicht umstandslos auf die Frage nach der sozialen Repräsentativität projizieren. Auch Figuren, die in hohem Maße als Vertreter einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe oder als emblematische Verdichtungen sozialer Probleme erscheinen, können viele Eigenschaften sowie eine detaillierte Figurenpsychologie haben und komplex angelegt sein (vgl. Eder/Jannidis/Schneider 2010, 39). Dieser Befund ist für Sozialfiguren relevant. In ihrer gegenwartsdiagnostischen Funktion entsprechen Sozialfiguren in der Regel nicht immer einem schon bekannten Klischeebild, sondern versuchen sich zumeist an der Bildung eines neuen Typus, der allererst auf den Begriff und seine Eigenschaften gebracht werden muss. Zu diesem Zweck sind diese Figuren auch nicht immer rein funktional bestimmt, sondern können individualisierende Eigenschaften tragen, wie z. B. Eigennamen oder die differenzierte Darstellung von Figurenpsychologie, vor allem im Roman. Entscheidend ist, dass Sozialfiguren (v. a., wenn sie in literarischen Texten auftauchen bzw. wenn in Literatur auftretende Figuren auch als Sozialfiguren lesbar sind) häufig zwischen Typ und Individuum angesiedelt sind: Sie sollen in aggregierter Form bestimmte repräsentationale Funktionen einnehmen, sind dabei aber doch mehr als nur eine abstrakte Größe.
Die Frage nach der sozialen Repräsentanz prägt (literarische) Sozialfiguren sowohl produktions- als auch rezeptionsseitig und wird zum Gegenstand von diskursiven Aushandlungsprozessen. John Frow konstatiert in seiner Studie über Character and Person entsprechend die im 19. Jahrhundert zunehmende »tension between reading character as a contingent particularity and reading it as the representative of a larger class of persons« (Frow 2014, 114). Besonders im modernen Roman spiele die Skalierbarkeit der Figuren entlang bestimmter Achsen der Verallgemeinerbarkeit, vor allem der sozialen, eine Hauptrolle: »Novelistic character is thus a mechanism for scaling up and down between orders of generality.« (Ebd.) Die symptomatisierende Funktion von Figuren, die nicht nur sich selbst, sondern auch eine Gruppe von Menschen meinen, ist Element von produktionsseitigen Darstellungstechniken und -konzepten, die aber wiederum in der Rezeption aktualisiert werden müssen, um ihr sozialfiguratives Potential zu entfalten.
Die Bildung von Sozialfiguren spielt sich also im Wechsel zwischen Produktions- und Rezeptionsverfahren ab. Speziell Figuren in literarischen Texten, die auf Sozialfiguren verweisen bzw. als Sozialfiguren lesbar sind, funktionieren in dieser Hinsicht ähnlich wie Schlüsselromane. Dabei handelt es sich um Romane, »die Personen der Alltagswirklichkeit wiedererkennbar als literarische Figuren« (Franzen 2014, 68) gestalten und in eine fiktive Handlung einbetten, dabei aber in einem intrikaten Verhältnis zu realen Personen und Räumen stehen. Denn Schlüsselromane sind von Seiten der Autor:innen so konzipiert, dass die Wiedererkennbarkeit der realen Vorbilder der Figuren möglich oder sogar intendiert ist. Diese Identifizierung von fiktiven Figuren und realen Personen muss allerdings erst in einer Lektüre hergestellt werden, damit die spezifischen Wirkungspotentiale des Schlüsselromans verwirklicht werden. Es braucht Rezipient:innen – im Fall des Schlüsselromans etwa aus der Literaturkritik –, die den Roman öffentlich entschlüsseln. Ähnlich ist es bei literarischen Sozialfiguren: Dass etwa in einem Roman ein Dienstmädchen oder ein Spekulant nicht oder nicht allein als abgerundete, psychologisch individualisierte Figur von Interesse ist, sondern als Stellvertreter:in eines Standes, einer sozialen Allgemeinheit, sodass die Figur noch auf etwas anderes verweist als auf sich selbst – solche Lesarten sind immer Teil eines kommunikativen Ereignisses. Sozialfigurative Verfahren dieser Art sind auf einen öffentlichen Resonanzraum angewiesen; erst hier entscheidet sich, ob (literarische) Figuren tatsächlich dazu geeignet sind, in das gesellschaftliche Imaginäre einer bestimmten Zeit zu stoßen und als Sozialfiguren gelesen zu werden.
Bei Jens Eder, dessen Studie zu Figuren im Film auch für die Literaturwissenschaft viele entscheidende Erkenntnisse bereithält, kommt eine auf diese Doppelperspektive bezogene Nomenklatur zum Einsatz, in der die für Sozialfiguren relevanten Eigenschaften auf zwei Begriffe aufgeteilt sind: Symbol und Symptom. Damit sind unterschiedliche Möglichkeiten der Funktionalisierung von Figuren in der Produktion und der Rezeption bezeichnet. Bei der Lektüre von Figuren als Symbol geht es um die Frage »wofür steht die Figur?« (Eder 2014, 522), während bei symptomatischen Lesarten sozialdiagnostische Aspekte im Vordergrund stehen. Bei einer symptomatischen Interpretation einer Figur geht es mithin darum, »welche individuellen und soziokulturellen Faktoren an ihrer Entstehung beteiligt waren« (ebd.) und warum sie die zuvor genannten symbolischen Eigenschaften trägt. Symbolische Figurenanalysen setzen also eher an den im Text vorliegenden Merkmalen der Figur an und versuchen sie im Rahmen der Bedeutungskonstitution des jeweiligen Textes als Träger bestimmter semantischer Gehalten zu lesen, während in symptomatischen Figurendeutungen die kulturellen Kontexte der Figur im Fokus stehen, die sich in den Figuren und ihren Funktionalisierungen bemerkbar machen. Damit ist ein analytisches Raster gegeben, mit denen die auf soziale Repräsentanz bezogenen Aspekte von Sozialfiguren begrifflich unterschieden werden können: Die im Sinne von Eders Symbol in Texten angelegten und ggf. in der Rezeption realisierten Lesarten von Figuren als Vertretern sozialer Allgemeinheiten verweisen in symptomatischer Weise auf die gesellschaftlichen Bedingungsverhältnisse, denen sie ihre Entstehung und Form verdanken. Sozialfiguren zeichnen sich mithin dadurch aus, dass sie in doppelter Hinsicht auf das Ganze der Gesellschaft und ihren jeweils gegenwärtigen Zustand verweisen: Einerseits indem sie sozialtypologisch repräsentativ für eine die Gegenwartsgesellschaft prägende Gruppe von Menschen stehen; andererseits indem sie selbst zu den kulturellen Mustern werden, nach denen Menschen sozial kategorisiert werden. Praktiken der Typisierung stehen damit in Rückkoppelungsverhältnissen mit den sozialen Gegebenheiten, auf die sie verweisen (sollen) (vgl. auch Eder/Jannidis/Schneider 2010, 40).
2.3 Figurengenese zwischen sozialer Realität und medialer Repräsentation
Die im Vorigen entwickelte systematische Differenzierung zwischen archetypischen und sozialtypologischen Figuren ist in der Forschung zumeist mit einer historischen These verknüpft: Die tendenziell transhistorischen Archetypen, wie sie besonders in der Theatergeschichte vielfach anzutreffen sind (von der frühneuzeitlichen Commedia dell’arte über die Typenkomödie der Aufklärung bis hin zum Volkstheater), werden im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend zu lokal und zeitlich genau verorteten Sozialtypen, die aus der sozialen Wirklichkeit selbst hervorzugehen scheinen und mit deren Hilfe sich Gesellschaften selbst beobachten. Charakteristisch für den Figurentyp der Sozialfigur ist seine Genese in einer (wie auch immer theoretisch reflektierten) sozialen Wirklichkeit, die den Verallgemeinerungshorizont der Typisierung darstellt. Diese Art der Verallgemeinerung lässt sich vor allem seit dem 18. Jahrhundert beobachten. Vor dem Hintergrund gattungshistorischer Muster der Charakteristik (vgl. Rossi 2017; Bremer 2000) verliert die Herausarbeitung anthropologischer Grundmuster, die zumeist das Ziel vormoderner Verallgemeinerungen war, in der Moderne an Bedeutung. Es geht nun nicht mehr darum, z. B. ›den Geizigen‹ an sich zu beschreiben, sondern darum, die spezifische Ausprägung sozialer Verhaltensweisen in bestimmten gesellschaftlichen Kontexten darzustellen. Auch die vermeintlich rein generischen Typen sind in mehrfacher Hinsicht auf Soziales zu beziehen: Zum einen sind auch sie das Ergebnis eines sozialen Formungsprozesses – der in der Wahrnehmung der Figur tendenziell in den Hintergrund rückt, aber symptomatisch auf ihren Entstehungskontext verweist. Zum anderen sind einige dieser Typen zumindest auch sozial bestimmt (z. B. der ›Zanni‹ als typischer Vertreter für bäuerliche Dienerfiguren). Den ausschlaggebenden Wandel hin zur sozial verallgemeinerten Figur führen aber neue Wissenskontexte und vor allem ein moderner Begriff von Gesellschaft herbei (vgl. Riedel 1994; vgl. auch zum Gesellschaftsbegriff des frühen 19. Jahrhunderts Conze 1962). Im Zusammenhang mit einer umfassenden Verzeitlichung verschiedener Wissensbereiche und einer damit einhergehenden Vorstellung der Gegenwart als geteilter Zeit- und Sinnhorizont bildet sich um 1800 ›die Gesellschaft‹ als Kollektivsingular heraus. Zu den Folgen des Gedankens, »die jedesmaligen gegenwärtigen Verhältnisse als Zusammenhang […], der als veränderlicher beobachtbar und thematisierbar ist« (Lehmann 2018, 38), zu verstehen, gehört das Konzept einer Gesellschaft als Konglomerat verschiedener scheinbar unzusammenhängender Prozesse, die zusammen ein geregeltes, aber den Wahrnehmungshorizont von Einzelnen übersteigendes Ganzes bilden (vgl. Gamper/Schnyder 2006). Diese Unübersichtlichkeit wird sogleich nicht nur zu einem gesellschaftstheoretischen, sondern auch zu einem poetologischen Problem. Bis heute sehen sich Literaturkonzepte, denen es in irgendeiner Form um Wirklichkeitsdarstellung und die Erfassung einer sozialen Realität geht, mit dem Problem konfrontiert, wie sich Phänomene des Sozialen, die keine innere Ordnung zu haben und sich keiner Gesetzmäßigkeit zu fügen scheinen, beobachten und beschreiben lassen. Figuren kommt bei der imaginären Besetzung solcher sozialen Räume eine zentrale Funktion zu. Während für Figurenkonzeptionen des 17. und 18. Jahrhunderts noch vor allem moralphilosophische und charakterologische Bezüge entscheidend sind, sind es im 19. Jahrhundert zunächst Zoologie, Physiognomie und Physiologie sowie die darauf aufbauende frühe Soziologie (vgl. Lauster 2007), die den Figurenkonzeptionen ihr Fundament geben.
Die Frage nach den sozialen Möglichkeitsbedingungen und der Genese von Figuren ist sowohl für sozialwissenschaftliche als auch für literarhistorische Figurenforschungen zentral. Elias LeGrand, der aus soziologischer Perspektive Prozesse der Figurenkonstitution untersucht, unterscheidet etwa zwischen »social types« und »social figures« (LeGrand 2019). Während es sich bei ›figures‹ um alltagsnahe »social identities« handelt, die als »products of the public imagination« (ebd., 420) aufgefasst werden, sind ›types‹ abstrakte wissenschaftliche Kategorisierungen, die analytischen Charakter haben. ›Figures‹ sind also »empirically situated« (ebd.) und entsprechen lebensweltlichen, in einer Kultur zirkulierenden Figurenbildern. ›Types‹ hingegen sind allgemeiner gehalten und haben stärker transhistorische Züge. Literarische Sozialfiguren sind in dieser Nomenklatur vor allem den ›social figures‹ zuzuordnen, da ihre diagnostische Funktion stets an Wiedererkennbarkeit und empirische Situierung in der Bezugsgesellschaft gebunden ist. Allerdings sind bei der Konstitution literarischer Sozialfiguren auch Aspekte im Spiel, die den ›types‹ zuzuordnen sind, denn Autor:innen verbinden mit ihren Sozialfiguren in der Regel bestimmte Darstellungsziele, die auch (gesellschafts-)analytischen Charakter haben sollen.
Da Autor:innen als Mitglieder einer bestimmten Gesellschaft notwendig an ihrem gesellschaftlichen Imaginären partizipieren, sind Figurenkonzeptionen zudem auch auf öffentliche und im kulturellen Archiv kursierende Figuren(-typen) zu beziehen. Bei Eder sind den in 2.1 erwähnten transhistorischen »Archetypen« drei Arten von »kulturell und historisch veränderliche[n] Typen« gegenübergestellt: Neben den weiter oben diskutierten Stereotypen sind das Sozialtypen, die »aus dem Umgang mit der sozialen Realität« stammen, und Medientypen, die aus medien- oder gattungsspezifischen Darstellungskonventionen heraus entstehen (Eder 2014, 376–381). Sozialfiguren verbinden in der Regel Elemente von allen drei Typenarten bzw. sind auf allen drei Ebenen angesiedelt. Zumindest die Figurengenese ist dabei meist im Kontext der Bildung von Sozialtypen anzusiedeln, die aber auch schon von bestehenden medialen Repräsentationen dieser Typen beeinflusst sein kann.
Auch die Ethnographen Moritz Ege und Jens Wietschorke weisen auf die komplexen Umstände der sozialwissenschaftlichen Figurenkonstitution hin, die sich im Spannungsfeld zwischen performativen, lebensweltlichen Praktiken (und ihrer soziographischen Beobachtung) und medialen Repräsentationen abspielt. Besondere Aufmerksamkeit widmen sie dabei dem Problem der Referentialität von (Sozial-)Figuren, d. h. der Frage, inwiefern die sozialwissenschaftlich beobachteten (typisierten) Figuren in der sozialen Wirklichkeit tatsächlich vorhanden sind (und daher im Akt der Aufzeichnung gleichsam dokumentiert werden) oder ob durch die textuelle Objektivierung und Verallgemeinerung von Menschengruppen diese erst als epistemische Objekte erzeugt werden. Ege und Wietschorke gehen dabei von einem Mischungsverhältnis aus mit vielfältigen Rückkopplungen zwischen performativen Praktiken und medialen Repräsentationen, die weder mit einem »erkenntnistheoretischen Realismus« (Ege/Wietschorke 2014, 19) noch mit einem rein sozialkonstruktivistischen Blick zu fassen seien. Mit Catherine Gallagher, die solche Figurenbildungsprozesse im englischen Roman des späten 18. Jahrhunderts und frühen 19. Jahrhunderts nachzeichnet, lässt sich diese Entwicklung – literarhistorisch – als komplexe, mehrstufige Transformation zwischen Beobachtung und Verschriftlichung, sozialer Realität und Text beschreiben (vgl. Gallagher 2006). Die soziale Wirklichkeit bringt gesellschaftlich vielfach eingebundene Menschen hervor, die sich beschreiben, kategorisieren, typisieren lassen. Diese Kategorien sind dann wiederum die Grundlage für literarische Figuren, die weder auf eine bestimmte Person des öffentlichen Lebens noch auf eine rein statistische oder anderweitig verallgemeinerte Abstraktion bezogen werden können, sondern genau das Zwischenfeld von Typ und Individuum besetzen, das für die literaturgeschichtliche Untersuchung von Sozialfiguren interessant ist. Soziographische Beschreibungen – sowohl literarisch-fiktionale als auch soziologisch-faktuale – finden ihre Figuren also nicht einfach in der sozialen Wirklichkeit vor, sondern stellen sie in einem komplexen Prozess zwischen Beobachtung und Aufzeichnung, Konkretisierung und Abstraktion her. In interdisziplinärer Perspektive sind hier besonders ethnographische Verfahren interessant, die sich – im Zwischenraum zwischen Literatur und Sozialwissenschaft – mit Methoden und Praktiken der Aufzeichnung sozialer Zustände beschäftigen und u. a. hinsichtlich ihres Paradigmas der Augenzeugenschaft vielfach in beiden Bereichen poetologisch und praktisch produktiv gemacht wurden. Mit Sozialfiguren sind in jedem Fall historisch unterschiedliche Praktiken der Figurengenese verbunden, die von den jeweiligen sozialen, disziplinären und gattungsmäßigen soziographischen Rahmenbedingungen abhängen.
2.4 Figurenkonstellationen und -reihen
Form und Bedeutung von Sozialfiguren sind somit historisch spezifisch, da sie auf ganz bestimmte kulturelle Kontexte verweisen, in denen sie produziert und rezipiert werden und zu denen sie in einem – mit Eder gesprochen – symptomatischen Verhältnis stehen. Allerdings ergibt sich die kulturelle und historische Spezifik einer bestimmten Sozialfigur erst mit Blick auf die relationalen Verhältnisse zu anderen Sozialfiguren. (Literarische) Figuren generell gewinnen ihre spezifische Form und Funktion in Texten und Weltentwürfen durch ihre Einbindung in übergreifende formale Strukturen und durch ihre Stellung innerhalb einer (semantisierten) Figurenkonstellation. Das verweist auf die Bedeutung der relationalen Eingebundenheit von Figuren in Figurenkonstellationen oder -reihen, deren systematische Erfassung insgesamt noch als Desiderat der Figurenforschung aufzufassen ist (vgl. Schwab 2023). Was für literarische Figuren immer schon gilt, trifft auch auf ihre soziographischen Pendants zu: Sozialfiguren sind Teil von symbolischen sozialanalytischen Arrangements und stehen in Sozialtheorien in Korrespondenz- und Kontrastverhältnissen zu anderen gesellschaftlichen Gruppen und ihren sozialfigurativen Äquivalenten (vgl. Schlechtriemen 2024, 6). Sozialwissenschaftlich können solche Konstellationen als »sozialkulturelle Figurationen im Sinne Norbert Elias’, also [als, K. K.] Konstellationen von interdependenten Individuen und Gruppen« (Ege/Wietschorke 2014, 32) beschrieben werden. Der Figurationsbegriff bietet sich dabei besonders an, um zwischen Literatur- und Sozialwissenschaft zu vermitteln: Während in kulturwissenschaftlichen Zusammenhängen unter ›Figuration‹ zumeist figürliche Darstellungstechniken unter besonderer Betonung ihres prozessualen und performativen Charakters verstanden werden (vgl. exemplarisch Boehm 2007; Cimmino/Steglich/Stubenrauch 2023), ist das Konzept in der Soziologie vor allem mit Elias’ Figurationssoziologie verbunden. Der Begriff der ›Figuration‹ wird von Elias eingeführt, um das in modernen, ausdifferenzierten Gesellschaften virulente sozialtheoretische Problem zu lösen, wie Individuum und Gesellschaft sich zueinander verhalten. Er geht dabei nicht von einem Antagonismus beider aus, sondern von Interdependenz. Die zentrale Metapher stammt aus dem Bereich der Formgebung: »Das Zusammenleben von Menschen in Gesellschaften hat immer […] eine ganz bestimmte Gestalt« (Elias 2016, 84), die Elias als ›Figuration‹ bezeichnet. Für beide Figurationsbegriffe – den kulturwissenschaftlichen und den soziologischen – sind mithin Konzepte von Form und Relationalität entscheidend: Genau wie unterschiedliche soziale Arrangements relational eigene ›Gestalten‹ im Sinne Elias’ hervorbringen, so sind auch die sozial definierten Figurationsprozesse der literarischen Sozialfigur als Indikatoren einer spezifischen historischen und sozialen Konstellation aufzufassen. In den einzelnen Sozialfiguren verdichten sich insofern Poetiken des Sozialen, als die Figuren immer eine doppelte Referenz haben: auf die prozessualen Bedingungen ihrer eigenen sozialen Möglichkeit einerseits, auf die ›Gestalt‹ einer bestimmten sozialen Formation andererseits.
Sozialfiguren kommen also selten allein, sondern sind fast immer Teil von sozialen und darstellungstechnischen Konstellationen. Dabei sind vor allem zwei Varianten zu unterscheiden: Die Eingebundenheit von Figuren in Figurenkonstellationen innerhalb eines (literarischen) Werks (v. a. in Romanen, vgl. dazu Kafitz 1978; Auerochs 1994, 29–58; Eder 2014, 464–520) und die serielle Reihung von (Sozial-)Figuren, die vor allem in journalistischen und sozialdiagnostischen Gattungen und Formen zu beobachten ist. Dieses für die zeitgenössische Distribution von Sozialfiguren charakteristische Verfahren (vgl. Moebius/Schroer 2008; Frei/Mangold 2015) ist auch in historischer Hinsicht als zentrale Darstellungsform für Sozialfiguren anzusehen, etwa in Form von journalistischen Serien mit Sozialfiguren, anthologisch angelegten Sammlungen von – etwa in einer Großstadt auffindbaren – Sozialtypen (z. B. Edward Bulwer Lyttons England and the English [1833]; vgl. dazu Lauster 2007) oder in (teilweise mehrbändigen) Gesellschaftspanoramen, die mit dem Anspruch auftreten, vollständige (oder zumindest repräsentative) Darstellungen einer bestimmten Gesellschaft zu liefern und sich dabei u. a. Sozialfiguren bedienen (z. B. die von Hans Ostwald herausgegebene Sammlung Großstadt-Dokumente [1904–1908]). In diesen Formaten sind die ausgewählten Figuren mit dem Anspruch verbunden, repräsentative Funktionen für die Gesellschaftsbeschreibung einzunehmen. Dabei markieren die gesammelten Figuren einerseits im Rahmen der Darstellung eine soziale Gesamtheit, sind andererseits aber (als Teil einer Reihe) auf potentielle Ergänzbarkeit angelegt. Indem immer noch weitere Sozialfiguren in die Reihe aufgenommen werden können, ist die Vermessung des sozialen Raums in solchen Darstellungsformen niemals abgeschlossen, sondern verweist auf die prinzipielle Aporie der Darstellung gesellschaftlicher Totalität.
Etwas anders liegt der Fall in (z. T. panoramatisch) angelegten Gesellschaftsromanen, in denen die Gesamtheit des Figurenpersonals auch die Gesamtheit des dargestellten sozialen Raums bezeichnet (vgl. Auerochs 1994, 14). In der Figurenkonstellation eines Textes lässt sich insofern sein »Gesellschaftsentwurf« (Schwab 2023, 11) ablesen, da durch semantische, räumliche, motivische etc. Anordnungen von Figuren »gesellschaftliche Gruppenstrukturen formal inszeniert« (Nünning 2013b, 214) werden. Figurenkonstellationen sind in dieser Hinsicht als »Kraftfelder sozialer Beziehungen« (Guttzeit 2023, 142) zu verstehen, die sowohl mit Blick auf die innerdiegetischen Bedeutungsnetzwerke als auch hinsichtlich ihrer Verweisungsfunktion auf außertextuelle Gesellschaftsentwürfe gelesen werden können.
3 Fazit und Ausblick
Der Beitrag hat aufgezeigt, dass unter dem aus der gegenwärtigen Soziologie stammenden Terminus ›Sozialfigur‹ Phänomene verhandelt werden, die nicht allein für die Sozialwissenschaft von Interesse sind, sondern in vielerlei Hinsicht genuin literaturwissenschaftliche Fragestellungen betreffen: angefangen von Aspekten der Figurenkonstitution über Darstellungsmodi und Rezeptionsbedingungen sozialer Typisierung/Repräsentanz und Verfahren der Figurenkonstellation bis hin zur Reflexion und Theoretisierung von Figurengenesen, die sich zwischen der soziographischen Aufzeichnung sozialer Prozesse und ihren medialen Repräsentationen abspielen. Die Befunde legen nahe, die in den letzten Jahren zu beobachtende Annäherung von Literaturwissenschaft und Soziologie auch für die Figurenforschung weiter fruchtbar zu machen. Sozialfiguren stellen sich dabei als einer der für die Verbindung von Literatur- und Sozialwissenschaft einschlägigsten Gegenstandsbereiche heraus. Zur weiteren Erforschung dieses Verhältnisses kommen etwa Ansätze in der Literatur- und Sozialtheorie in Frage, die von einer Vergleich- und Übertragbarkeit literarischer und sozialer Formgebungsprozesse ausgehen (vgl. Levine 2015; Kunin 2019; Kornbluh 2019).
Besonderes Potential scheint mir nicht allein in den auf die Gegenwart bezogenen Schnittstellen der Sozialfigurenforschung zu liegen, sondern auch in einer historischen Perspektivierung. Seit dem 19. Jahrhundert stehen soziologische und literarische Beschreibungen in historisch je unterschiedlichen Konkurrenz- und Bezugsverhältnissen bei der Beschreibung sozialer Phänomene. Dabei spielt die oft beschworene Nähe und gegenseitige Beeinflussung von Literatur und früher Soziologie eine Rolle (vgl. Lepenies 1985; Kuzmics/Mozetič 2003), die auf die sich wandelnden gattungshistorischen und disziplinären Rahmenbedingungen verweist, unter denen Beobachtungen und Selbstbeschreibungen des Sozialen angestellt werden. Während sich die Soziologie erst im Laufe des 19. Jahrhunderts langsam als akademisches Fach etabliert (im deutschsprachigen Raum noch einmal langsamer als in Frankreich und Großbritannien), erscheinen literarische Texte, die das Ziel der Gesellschaftsdarstellung verfolgen, zunächst sogar besser dazu geeignet, Einsichten über die Triebkräfte und Bewegungsgesetze des Sozialen zu vermitteln, trotz oder gerade wegen ihrer weniger rigiden Methodik. Für die Erforschung von Sozialfiguren ergibt sich hier ein interessantes Korpus von soziographischen Mischformen wie der Sozialreportage oder des gegenwartsdiagnostischen Essays, bei dem beide Aspekte der Sozialfigurenanalyse in Anschlag gebracht werden können: die systematische Reflexion soziographischer Textformen zwischen Literatur und Sozialwissenschaft in historischer Perspektive. Sozialfiguren sind dabei eines derjenigen Textelemente, an denen sich die Durchlässigkeit und gegenseitige Beeinflussung unterschiedlicher Wissensfelder und Disziplinen (nicht nur) im 19. Jahrhundert besonders deutlich zeigt. Auch kanonische Gegenstände der Literaturwissenschaft wie die Gesellschaftsromane des 19. Jahrhunderts ließen sich unter diesem Blickwinkel noch einmal produktiv neu perspektivieren.
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