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Die Rechtskraft der Scheidung im Hinblick auf den neuen § 145 Abs. 3 FamFG

Published/Copyright: May 15, 2017

FamFG spezialFuR 5 · 2017251Die Rechtskraft der Scheidung im Hinblick auf den neuen § 145 Abs. 3 FamFGKai Achenbach, Dipl.-RPfl. (FH), Dozent an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-WestfalenDie Rechtskraft eines Scheidungsausspruches ist von Amts wegen zu bescheinigen, §§ 113 Abs. 1, 46 Satz 3 FamFG. Bei der Erteilung des Rechtskraftzeugnisses kommt es in der Praxis immer wieder zu Problemen und Schwierigkeiten. Das liegt zum einen an dem rechtlich komplizierten Rechts-mittelsystem, insbesondere der Möglichkeit der Anschluss-rechtsmittel, § 145 FamFG. Zum anderen liegt es aber auch an tatsächlichen Problemen, wie z.B. der Feststellung aller Beteiligten.I. AusgangslageIn ein Scheidungsverfahren wird grundsätzlich – auch ohne Antrag – der Versorgungsausgleich als Folgesache einbezogen, § 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG. Im Gegensatz zu anderen Folgesachen ist es nicht immer einfach, alle Beteiligten der Folgesache »Versorgungsausgleich« fest-zustellen, denn hier kommen etliche Einrichtungen als Beteiligte in Betracht (Rentenversicherungen, private Lebensversicherungen, betriebliche Altersversorgungen, Zusatzversorgungen, berufsständische Altersversorgungen usw.). Teilweise ist es für das Gericht sogar zunächst un-möglich, eine Einrichtung als Beteiligte festzustellen, etwa wenn eine Anwartschaft bzw. ein Anrecht von den Eheleu-ten zunächst nicht angegeben wird. Diese Situation führte bisher in vielen Fällen dazu, dass nach Ablauf der letzten Rechtsmittelfrist für einen formell Beteiligten, also nach Ablauf eines Monats nach der letzten Bekanntgabe (§ 63 Abs. 1 FamFG), die Rechtskraft der Scheidung – zunächst richtigerweise – bescheinigt wurde.Beispiel 1:Eine Verbundentscheidung (Scheidung nebst Versorgungs-ausgleich) wird den Eheleuten am 02.03.2016 und den Ver-sorgungsträgern (auszugsweise, § 139 Abs. 1 FamFG) am 07.03.2016 bekannt gemacht.Die Beschwerdefrist für die Eheleute endet am 04.04.2016 24:00 Uhr (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 222 ZPO, 188 Abs. 2 BGB). Der Scheidungsausspruch wird dennoch am 05.04.2016 nicht rechtskräftig, denn die Beschwerdefrist für die Versorgungsträger läuft noch bis zum 07.04.2016 24:00 Uhr. Legt innerhalb dieser Frist ein Versorgungsträ-ger Beschwerde ein, kann durch die Eheleute im Wege des Anschlussrechtsmittels nach § 145 Abs. 1 FamFG auch die Scheidung angefochten werden. Die Rechtskraft der Schei-dung kann erst eintreten, wenn die letzte Anfechtungsmög-lichkeit verstrichen ist, also am 08.04.2016.Stellt sich nunmehr (z.B. nach dem 08.04.2016) heraus, dass es in der Folgesache »Versorgungsausgleich« einen weiteren Beteiligten gibt, ist die Bescheinigung des Zeitpunktes der Rechtskraft der Scheidung falsch. Denn an den nunmehr be-kannten Beteiligten muss die (auszugsweise) Bekanntgabe der Verbundentscheidung nachgeholt werden mit der Folge, dass die Beschwerdefrist in Gang gesetzt wird und die Eheleute nunmehr ggf. auch die Scheidung im Wege des Anschluss-rechtsmittels nach § 145 Abs. 1 FamFG anfechten können. Selbst, wenn man das Beschwerderecht des »vergessenen« Be-teiligten zu einem späten Zeitpunkt verneint,1 ist zumindest noch eine Wiederaufnahme des Verfahrens möglich,2 im Er-gebnis ebenfalls mit der Folge des § 145 Abs. 1 FamFG.3 Dies kann zu erheblichen Problemen führen, insbesondere kann es zu einer »Doppelehe« kommen, wenn der vermeintlich ge-schiedene Ehegatte wieder heiratet.II. Regelung in § 145 Abs. 3 FamFGAufgrund dieser Umstände ist seit dem 15.10.2016  § 145 Abs. 3 FamFG in Kraft. Er lautet:»Durch die Anschließung an die Beschwerde eines Versorgungs-trägers kann der Scheidungsausspruch nicht angefochten werden.Mit der Änderung des Anschlussbeschwerderechts in Eheschei-dungsverfahren sollen falsche Rechtskraftzeugnisse aufgrund fehlerhafter oder unterbliebener Bekanntmachungen an einen Versorgungsträger zukünftig vermieden werden.«4Wie aber ist § 145 Abs. 3 FamFG zu verstehen?1. ProblemEine Anschließung der Eheleute an das Rechtsmittel eines Be-teiligten mit dem Ziel, den Scheidungsausspruch anzufech-ten, kann – chronologisch – der zweite Rechtsbehelf nach der originären Beschwerde eines Beteiligten sein. Es können wegen § 145 Abs. 2 FamFG aber ebenso andere Anschließun-gen dazwischen liegen. Gilt § 145 Abs. 3 FamFG lediglich für die direkte, also chronologisch erste Anschließung an die Be-schwerde eines Versorgungsträgers oder ist auch eine spätere Anschließung ausgeschlossen?Um das Problem darzustellen, folgendes:Beispiel 2:Eine Verbundentscheidung (Scheidung nebst Versorgungs-ausgleich, elterliche Sorge und Wohnungszuweisung; ein minderjähriges Kind) wird den Eheleuten am 02.01.2017, den Versorgungsträgern (auszugsweise, § 139 Abs. 1 FamFG) am 05.01.2017 und allen anderen Beteiligten (aus-zugsweise, § 139 Abs. 1 FamFG) am 09.01.2017 zugestellt. Am 06.02.2017, also rechtzeitig (Fristablauf am 06.02.2017 24:00 Uhr), legt ein Versorgungsträger Beschwerde gegen den Versorgungsausgleich ein. Weitere Beschwerden gehen nicht ein. Am 23.02.2017, also rechtzeitig, legt der Antrag-steller (Ehemann) Anschlussrechtmittel gegen die Sorge-rechtsentscheidung ein. Am 15.03.2017, also rechtzeitig, legt das Jugendamt Beschwerde gegen die Wohnungszu-weisung ein. Kann nun durch die Antragsgegnerin (Ehe-frau) Anschlussrechtsmittel gegen die Scheidung eingelegt werden?1 Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, § 63 FamFG Rz. 20.2 Prütting u.a./Abramenko, § 63 FamFG Rn. 13; Schulte-Bunert/Wein-reich/Unger, § 63 FamFG Rn. 20.3 Missverständlich: Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, § 63 FamFG Rn. 20 f.4 BT-Drucks. 18/6985, S. 2.
Online erschienen: 2017-05-15
Erschienen im Druck: 2017-05-24

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