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H. Sicherungsmaßnahmen

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Maßregelvollzugsrecht
This chapter is in the book Maßregelvollzugsrecht
I. EinführungDorothea Rzepka293 I. EinführungH. Sicherungsmaßnahmen Dorothea RzepkaH. Sicherungsmaßnahmen I. Einführung 1. Sicherheit und Ordnung im Maßregelvollzug a) Bedeutung Bereits in den vorhergehenden Kapiteln ist wiederholt von Sicherheit und Ordnung im Maßregelvollzug die Rede gewesen. Dabei ging es neben einer allgemeinen Be-griffsklärung (vgl Pollähne Rn B 82ff) insb darum, ob und in welchem Ausmaß Rechte und Ansprüche des Patienten unter Verweis auf Sicherheits- und Ordnungsbelange eingeschränkt bzw versagt werden können (zB Ablehnung von Vollzugslockerungen, Anhalten von Schreiben, Überwachung von Telefongesprächen, Einschränkungen der Teilnahme am Rundfunk- und Fernsehempfang, vgl Pollähne Rn F 58ff sowie Lesting Rn G 38, G 46, G 61). Das Kapitel „Sicherungsmaßnahmen“ greift nun einen zweiten Teil der Bemühungen um Sicherheit und Ordnung in Maßregelvollzugsein-richtungen auf, für den eine besondere Eingriffsintensität der Maßnahmen zur vor-beugenden Abwehr gesetzlich bezeichneter Gefahren kennzeichnend ist. Dem Straf-vollzugsgesetz auch hier in erheblichem Umfang folgend, sehen die Landesgesetze – allerdings nicht durchgängig und mit unterschiedlichem Inhalt – als aallgemeine Si-cherungsmaßnahmen die DDurchsuchung und UUntersuchung, die FFestnahme, die Vornahme eerkennungsdienstlicher Maßnahmen sowie die Möglichkeit ssicherer Unterbringung vor. Hinzu kommen länderspezifische Kataloge, die bbesondere Si-cherungsmaßnahmen, wie etwa den Entzug von Gegenständen, die Trennung von anderen Patienten, die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum oder die kurzzeitige Fixierung des Patienten, zulassen. Dem Erfordernis der ggf zwangs-weisen Durchsetzung von Sicherheit und Ordnung sind die Länder überwiegend durch spezielle Vorschriften zum uunmittelbaren Zwang nachgekommen. Sicherungsmaßnahmen im vorstehend beschriebenen Sinne lassen am ehesten keine Zweifel daran, dass der Staat dem Patienten im Maßregelvollzug hhoheitlich im Wege belastenden Verwaltungshandelns gegenübertritt. Um den MMaßregelzweck eines angemessenen Schutzes der Allgemeinheit vor erheblichen rechtswidrigen Tatendurchzusetzen, werden als UUltima Ratio Mittel der Sicherung angewandt (ausf zum Zweck der Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB sowie zu den Zielen und Mitteln des Maß-regelvollzugs Baur Rn C 4ff). Diese sind strikt zu trennen von den Mitteln der BBesse-rung durch Behandlung und Therapie. Denn: Verfassungsrechtlich abgesichert über den VVerhältnismäßigkeitsgrundsatz (näher hierzu unter Rn H 13ff), gehen bessern-de Maßnahmen sichernden vor. Der Umstand, dass der Maßregelvollzug dem Patien-ten ein Sonderopfer abverlangt, verbietet zugleich eine Einebnung der Unterschiede zwischen Besserung und Sicherung durch die Übernahme eines wweiten Behand-lungsbegriffs, der selbst das auf die Wahrung von Sicherheit und Ordnung ausgerich-tete Handeln der Vollzugsbediensteten in den Dienst von Behandlung und Therapie stellt (ebenso Wagner Rn D 11ff, D 17 mwN; ähnlich AK-StVollzG-Pollähne vor § 136 Rn 12; Volckart 1985b, 36; vgl beispielhaft zur Frage „negative Verstärker als Behand-lungsmaßnahme“: BVerfG R&P 2008, 48f [eine Woche Zimmerarrest]; LG Koblenz StraFo 2006, 87 [drei Wochen Absonderung in einem Kriseninterventionsraum]; Pol-lähne 1992). Eine endgültige Absage an die Rechtsfigur des besonderen Gewaltver-hältnisses zugunsten einer kompromisslosen Beachtung des Gesetzesvorbehalts kann nur gelingen, wenn inhaltlich zwischen Sicherungs-/Ordnungsmaßnahmen einer-seits sowie Behandlungs-/Therapiemaßnahmen andererseits differenziert wird, um H 1 H 2

I. EinführungDorothea Rzepka293 I. EinführungH. Sicherungsmaßnahmen Dorothea RzepkaH. Sicherungsmaßnahmen I. Einführung 1. Sicherheit und Ordnung im Maßregelvollzug a) Bedeutung Bereits in den vorhergehenden Kapiteln ist wiederholt von Sicherheit und Ordnung im Maßregelvollzug die Rede gewesen. Dabei ging es neben einer allgemeinen Be-griffsklärung (vgl Pollähne Rn B 82ff) insb darum, ob und in welchem Ausmaß Rechte und Ansprüche des Patienten unter Verweis auf Sicherheits- und Ordnungsbelange eingeschränkt bzw versagt werden können (zB Ablehnung von Vollzugslockerungen, Anhalten von Schreiben, Überwachung von Telefongesprächen, Einschränkungen der Teilnahme am Rundfunk- und Fernsehempfang, vgl Pollähne Rn F 58ff sowie Lesting Rn G 38, G 46, G 61). Das Kapitel „Sicherungsmaßnahmen“ greift nun einen zweiten Teil der Bemühungen um Sicherheit und Ordnung in Maßregelvollzugsein-richtungen auf, für den eine besondere Eingriffsintensität der Maßnahmen zur vor-beugenden Abwehr gesetzlich bezeichneter Gefahren kennzeichnend ist. Dem Straf-vollzugsgesetz auch hier in erheblichem Umfang folgend, sehen die Landesgesetze – allerdings nicht durchgängig und mit unterschiedlichem Inhalt – als aallgemeine Si-cherungsmaßnahmen die DDurchsuchung und UUntersuchung, die FFestnahme, die Vornahme eerkennungsdienstlicher Maßnahmen sowie die Möglichkeit ssicherer Unterbringung vor. Hinzu kommen länderspezifische Kataloge, die bbesondere Si-cherungsmaßnahmen, wie etwa den Entzug von Gegenständen, die Trennung von anderen Patienten, die Unterbringung in einem besonders gesicherten Raum oder die kurzzeitige Fixierung des Patienten, zulassen. Dem Erfordernis der ggf zwangs-weisen Durchsetzung von Sicherheit und Ordnung sind die Länder überwiegend durch spezielle Vorschriften zum uunmittelbaren Zwang nachgekommen. Sicherungsmaßnahmen im vorstehend beschriebenen Sinne lassen am ehesten keine Zweifel daran, dass der Staat dem Patienten im Maßregelvollzug hhoheitlich im Wege belastenden Verwaltungshandelns gegenübertritt. Um den MMaßregelzweck eines angemessenen Schutzes der Allgemeinheit vor erheblichen rechtswidrigen Tatendurchzusetzen, werden als UUltima Ratio Mittel der Sicherung angewandt (ausf zum Zweck der Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB sowie zu den Zielen und Mitteln des Maß-regelvollzugs Baur Rn C 4ff). Diese sind strikt zu trennen von den Mitteln der BBesse-rung durch Behandlung und Therapie. Denn: Verfassungsrechtlich abgesichert über den VVerhältnismäßigkeitsgrundsatz (näher hierzu unter Rn H 13ff), gehen bessern-de Maßnahmen sichernden vor. Der Umstand, dass der Maßregelvollzug dem Patien-ten ein Sonderopfer abverlangt, verbietet zugleich eine Einebnung der Unterschiede zwischen Besserung und Sicherung durch die Übernahme eines wweiten Behand-lungsbegriffs, der selbst das auf die Wahrung von Sicherheit und Ordnung ausgerich-tete Handeln der Vollzugsbediensteten in den Dienst von Behandlung und Therapie stellt (ebenso Wagner Rn D 11ff, D 17 mwN; ähnlich AK-StVollzG-Pollähne vor § 136 Rn 12; Volckart 1985b, 36; vgl beispielhaft zur Frage „negative Verstärker als Behand-lungsmaßnahme“: BVerfG R&P 2008, 48f [eine Woche Zimmerarrest]; LG Koblenz StraFo 2006, 87 [drei Wochen Absonderung in einem Kriseninterventionsraum]; Pol-lähne 1992). Eine endgültige Absage an die Rechtsfigur des besonderen Gewaltver-hältnisses zugunsten einer kompromisslosen Beachtung des Gesetzesvorbehalts kann nur gelingen, wenn inhaltlich zwischen Sicherungs-/Ordnungsmaßnahmen einer-seits sowie Behandlungs-/Therapiemaßnahmen andererseits differenziert wird, um H 1 H 2
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