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Gegen den Strich gelesen

Gotthold Ephraim Lessings Fabeln aus Sicht der Literary Animal Studies
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Tierethik transdisziplinär
This chapter is in the book Tierethik transdisziplinär
Gegen den Strich gelesenGotthold Ephraim Lessings Fabeln aus Sicht der Literary Animal StudiesBjörn HayerDER KONTEXT: HUMAN-ANIMAL STUDIESTraditionellerweise begegnen wir Tieren in Fabeln als Motivträgern oder Meta-phern. Sie repräsentieren aufgrund spezifischer Eigenschaften, die ihnen zuge-schrieben werden, zumeist bestimmte Typen. So gilt bekanntlich der Löwe als kö-nigliches Wesen oder der Esel als Inbegriff von Störrigkeit. Da animalische Figuren in dieser Logik somit ein Sekundäres gegenüber dem Humanum darstellen und eine rein spiegelbildliche, symbolisierende oder parabolische Funktion erfüllen, wird ihnen in der klassischen Literaturwissenschaft ein individueller Status des Beseelt-seins in der Regel abgesprochen. Der Blickwinkel entspringt daher einem genuin anthropozentrischen Dispositiv.1Nachdem die Entwicklung neuerer Theoriedisziplinen unter dem summarischen Titel der »Environmental Humanities«sowie Anthropozändiskurses bewusst zu ei-ner Verschiebung der Perspektive vom zivilisatorischen Zentrum und dem Men-schen als imitatio Deihin zu Natur, Klima und Umwelt beitragen, gilt dies auch im Besonderen für die Semantik der Mensch-Tier-Beziehungen. Vor diesem Hinter-grund favorisieren die »Literary Animal Studies« (LAS)als Teilgebiet der kul-turwissenschaftlich breit angelegten»Animal«und »Human Animal Studies«eine Neubewertung bzw. -deutung tierischen Lebens in literarischen Texten. Statt vor-nehmlich als Folianten treten sie innerhalb dieser avancierten Denkschule als Ak-teure, bisweilen gar als Subjekte hervor. Im Sinne des New Materialismlassen sich 1Vgl. Borgards, Roland: »Cultural Animal Studies«, in: Gabriele Dürbeck/Urte Stobbe (Hg.), Ecocriticism. Eine Einführung, Köln: Böhlau 2015, S. 68-80, hier S. 71.
© 2018 transcript Verlag

Gegen den Strich gelesenGotthold Ephraim Lessings Fabeln aus Sicht der Literary Animal StudiesBjörn HayerDER KONTEXT: HUMAN-ANIMAL STUDIESTraditionellerweise begegnen wir Tieren in Fabeln als Motivträgern oder Meta-phern. Sie repräsentieren aufgrund spezifischer Eigenschaften, die ihnen zuge-schrieben werden, zumeist bestimmte Typen. So gilt bekanntlich der Löwe als kö-nigliches Wesen oder der Esel als Inbegriff von Störrigkeit. Da animalische Figuren in dieser Logik somit ein Sekundäres gegenüber dem Humanum darstellen und eine rein spiegelbildliche, symbolisierende oder parabolische Funktion erfüllen, wird ihnen in der klassischen Literaturwissenschaft ein individueller Status des Beseelt-seins in der Regel abgesprochen. Der Blickwinkel entspringt daher einem genuin anthropozentrischen Dispositiv.1Nachdem die Entwicklung neuerer Theoriedisziplinen unter dem summarischen Titel der »Environmental Humanities«sowie Anthropozändiskurses bewusst zu ei-ner Verschiebung der Perspektive vom zivilisatorischen Zentrum und dem Men-schen als imitatio Deihin zu Natur, Klima und Umwelt beitragen, gilt dies auch im Besonderen für die Semantik der Mensch-Tier-Beziehungen. Vor diesem Hinter-grund favorisieren die »Literary Animal Studies« (LAS)als Teilgebiet der kul-turwissenschaftlich breit angelegten»Animal«und »Human Animal Studies«eine Neubewertung bzw. -deutung tierischen Lebens in literarischen Texten. Statt vor-nehmlich als Folianten treten sie innerhalb dieser avancierten Denkschule als Ak-teure, bisweilen gar als Subjekte hervor. Im Sinne des New Materialismlassen sich 1Vgl. Borgards, Roland: »Cultural Animal Studies«, in: Gabriele Dürbeck/Urte Stobbe (Hg.), Ecocriticism. Eine Einführung, Köln: Böhlau 2015, S. 68-80, hier S. 71.
© 2018 transcript Verlag

Chapters in this book

  1. Frontmatter 1
  2. Inhalt 5
  3. Vorwort 9
  4. Tierethik und Philosophie
  5. Alte Fragen – neue Antworten 25
  6. Der Paratext in Immanuel Kants Metaphysik der Sitten und seine (tier-)ethischen Implikationen 43
  7. Tom Regans Philosophie für Tierrechte 61
  8. Tierethik und Kulturwissenschaft
  9. Agens oder Patiens 79
  10. »¿On és la misericòrdia dels animals?« 101
  11. Rosa Hase: Bildende Kunst und tiersensible Didaktik 119
  12. »Ahhhhh… – I lost my appetite« 133
  13. Jägerinnen unter Jägern 151
  14. »Irrtum und Heuchelei der Pflanzenesser« 169
  15. »Tiere sind die besseren Menschen« 191
  16. Tierethik und Literaturwissenschaft
  17. Die Schwierigkeit der Wirklichkeit 213
  18. Can the Animal Speak? 231
  19. (Re-)Präsentation und Narration 247
  20. Tierversuche und Versuchstiere in Clemens J. Setz’ Indigo (2012) 269
  21. Gegen den Strich gelesen 281
  22. Tierethik und Didaktik
  23. Literary Animal Studies: Ethische Dimensionen des Literaturunterrichts 295
  24. Zur Relevanz des Themas »Tierethik« im kompetenzorientierten Deutschunterricht 311
  25. Die Entwicklung eines tiersensiblen Lehrplans für den Literaturunterricht im Rahmen der Auslandsgermanistik 331
  26. Skizze einer Tierdidaktik mit anschließendem Unterrichtsentwurf 347
  27. Der Film Bärenbrüder als Praxisumsetzung einer tiersensiblen Lektüre im Deutschunterricht der 5. Klassenstufe 359
  28. »Komm, Rudi… Jetzt gehen wir schön in die Wohnung, erst duschen, dann Zähneputzen und dann ins Bett.« 373
  29. Tierethische und literaturdidaktische Potenziale in Paul Maars Wiedersehen mit Herrn Bello 391
  30. Die Letzten ihrer Art 403
  31. Autorinnen und Autoren 419
  32. Danksagung 425
Downloaded on 14.11.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783839442593-016/pdf?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOooZpZ_tAS_kCRyCWrs2hpLy1JMxTLur2M3qcHR5WqHEJrnYmGrJ
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