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3. Gesellige Kommunikation in der höfischen Literatur

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Gesellige Ordnung
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3 Gesellige Kommunikation in der höfischenLiteraturDie Darstellung geselliger Interaktion kommt in der höfischen Litera-tur des Mittelalters nur vereinzelt und am Rande in den Blick, ein ästhe-tisches Eigenleben – wie später bei Boccaccio – führt sie nur in weni-gen Texten.1Irritiert hat die Forschung konstatiert, dass – obgleich dievolkssprachliche höfische Literatur (Minnesang, höfischer Roman) ihrenVortragsort vermutlich in geselligen, festlichen Kontexten hat – diesepragmatische Situation nur in sehr geringem Maße Niederschlag in denTexten selbst gefunden hat.2Und auch der für die höfische Literatur undihre Gegenstände konstitutive Bezugspunkt des Hofes bzw. der aristo-kratischen Hofgesellschaft und die Festlichkeit, die sie kennzeichnet, wer-denindenTextennurinAbbreviaturenevoziert.3Eine Versammlung sol-cher Abbreviaturen höfischer Geselligkeit findet sich zu Beginn desIweinvon Hartmann von Aue. Beschrieben werden dort Tätigkeiten, mit de-nen sich die Gesellschaft des Artushofes nach dem gemeinsamen Mahlam Pfingsttag beschäftigt:4dô man des pfingestages enbeiz,männeclîch im die vreude namder in dô aller beste gezam.dise sprâchen wider diu wîp,dise banecten den lîp,dise tanzten, dise sungen,dise liefen, dise sprungen,dise hôrten seitspil,dise schuzzen zuo dem zil,1So auch Schnell, Konversation im Mittelalter, S.186–194.2Die Hoffnung,über dieSichtungliterarischerDarstellungenvon ErzählsituationenAussagen zur Pragmatik des Erzählens im Mittelalter machen zu können, liegt –obgleich mit Zurückhaltung formuliert – auch dem Band von Ludger Lieb undStephan Müller zugrunde, vgl. dies.: Einleitung. In: Lieb / Müller (Hrsg.), Situa-tionen des Erzählens, S.1–18, hier S.1 und 5–11; zur Dürftigkeit der Quellenlagevgl. hier auch den Beitrag von Dieter Kartschoke: Erzählen im Alltag – Erzählenals Ritual – Erzählen als Literatur,S.21–39, bes. S.21–23.3Offensichtlich besteht über den Wertehorizont der höfischen Gesellschaft grund-sätzlicherKonsens, so dass es genügt, diesen Konsens stichwortartigzu aktualisie-ren,bevor die zumeist prekäreRelation des einzelnenRitters zu dieserGesellschaftnarrativ entfaltet werden kann.4Zu diesem Erzählerbericht auch Schnell, Konversation im Mittelalter, S.190–192.

3 Gesellige Kommunikation in der höfischenLiteraturDie Darstellung geselliger Interaktion kommt in der höfischen Litera-tur des Mittelalters nur vereinzelt und am Rande in den Blick, ein ästhe-tisches Eigenleben – wie später bei Boccaccio – führt sie nur in weni-gen Texten.1Irritiert hat die Forschung konstatiert, dass – obgleich dievolkssprachliche höfische Literatur (Minnesang, höfischer Roman) ihrenVortragsort vermutlich in geselligen, festlichen Kontexten hat – diesepragmatische Situation nur in sehr geringem Maße Niederschlag in denTexten selbst gefunden hat.2Und auch der für die höfische Literatur undihre Gegenstände konstitutive Bezugspunkt des Hofes bzw. der aristo-kratischen Hofgesellschaft und die Festlichkeit, die sie kennzeichnet, wer-denindenTextennurinAbbreviaturenevoziert.3Eine Versammlung sol-cher Abbreviaturen höfischer Geselligkeit findet sich zu Beginn desIweinvon Hartmann von Aue. Beschrieben werden dort Tätigkeiten, mit de-nen sich die Gesellschaft des Artushofes nach dem gemeinsamen Mahlam Pfingsttag beschäftigt:4dô man des pfingestages enbeiz,männeclîch im die vreude namder in dô aller beste gezam.dise sprâchen wider diu wîp,dise banecten den lîp,dise tanzten, dise sungen,dise liefen, dise sprungen,dise hôrten seitspil,dise schuzzen zuo dem zil,1So auch Schnell, Konversation im Mittelalter, S.186–194.2Die Hoffnung,über dieSichtungliterarischerDarstellungenvon ErzählsituationenAussagen zur Pragmatik des Erzählens im Mittelalter machen zu können, liegt –obgleich mit Zurückhaltung formuliert – auch dem Band von Ludger Lieb undStephan Müller zugrunde, vgl. dies.: Einleitung. In: Lieb / Müller (Hrsg.), Situa-tionen des Erzählens, S.1–18, hier S.1 und 5–11; zur Dürftigkeit der Quellenlagevgl. hier auch den Beitrag von Dieter Kartschoke: Erzählen im Alltag – Erzählenals Ritual – Erzählen als Literatur,S.21–39, bes. S.21–23.3Offensichtlich besteht über den Wertehorizont der höfischen Gesellschaft grund-sätzlicherKonsens, so dass es genügt, diesen Konsens stichwortartigzu aktualisie-ren,bevor die zumeist prekäreRelation des einzelnenRitters zu dieserGesellschaftnarrativ entfaltet werden kann.4Zu diesem Erzählerbericht auch Schnell, Konversation im Mittelalter, S.190–192.
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