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VI. Die "gelenkte Wirtschaft" und die ökonomische Theorie

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Wirtschaftstheorie unter dem Hakenkreuz
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VI. Die "gelenkte Wirtschaft" und die ökonomische Theorie Die Tage, die unmittelbar dem 30. Januar 1933 folgten, sind, wirtschaftspolitisch gesehen, 402 eher durch betonte Zurückhaltung charakterisiert als durch auffällige Aktivität. Bei der Behandlung des Problems der berufsständischen Ordnung und der Gleichschaltungskampagne -wurde darauf hingewiesen, daß, im Gegensatz zu innenpolitischen Maßnahmen, die Wirt-schaftspolitik zunächst einmal kontinuierlich weiterlief und daß die faschistischen Partei-funktionäre von Hitler ermahnt wurden, keine Experimente in der Wirtschaft zuzulassen. In zunehmendem Maße wurde im Laufe der dreißiger Jahre Vias Prinzip der staatlichen Regulierung der Wirtschaft verfochten. Am 13. Juli 1933 hatte der damalige Wirtschafts-minister K. Schmitt in einer Rede noch dem staatlichen Interventionalismus abgeschworen, aber H. Schacht leitete als Reichsbankpräsident erste Finanzierungsmaßnahmen recht großen Stils ein, die in der Finanzierung der RUstung schließlich ihren Gipfelpunkt fanden. Im Zusammenhang mit der Aufrüstung steht die Veränderung, die in der Außenhandels-politik vor sich ging. Dem steigenden Rohstoffbedarf stand ein Berg von Auslandsschulden gegenüber. Wollte man hier einen Ausweg finden, so bot sich die Einschränkung bestimmter Importe oder die Abwertung der Reichsmark als naheliegend an. Man entschloß sich für den ersten Schritt, was an sich keine ungewöhnliche Maßnahme war, die aber doch den Trend zur staatlichen Regulierung des Außenhandels deutlich macht. Als H. Schacht Mitte 1934 Wirtschaftsminister wird, beginnt eine strenge Kontrolle des Außenhandels, die als "Neuer Plan" deklariert wird. In der Folgezeit kommt es dann zu den im 2. Kapitel beschriebenen Maßnahmen und Situationen, die die Entwicklung des staatsmonopolistischen Kapitalismus charakterisieren, und in der zweiten Hälfe der Periode faschistischer Herrschaft in Deutschland wird es unter den bürgerlichen Ökonomen üblich, von einer "gelenkten Volkswirtschaft" zu sprechen. Hinter dieser Sprachregelung verbirgt sich die Apologie der zeitgenössischen Verhältnisse. 403 Wie I. G. Bljumin in seinem letzten Werk darlegte, werden die bürgerlichen Ökonomen dazu veranlaßt, sich mit der Tatsache der staatlichen Einmischung in die Wirtschaft, genau-er gesagt, mit der Ausnutzung des Staatsapparates im Interesse der monopolisierten Bour-geoisie, auseinanderzusetzen. Die bürgerlichen Ökonomen rechtfertigen die staatliche Einmischung in die Wirtschaft, stellen das Verhältnis Staat und Wirtschaft in apologetischer Weise dar und arbeiten Grund-139
© 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

VI. Die "gelenkte Wirtschaft" und die ökonomische Theorie Die Tage, die unmittelbar dem 30. Januar 1933 folgten, sind, wirtschaftspolitisch gesehen, 402 eher durch betonte Zurückhaltung charakterisiert als durch auffällige Aktivität. Bei der Behandlung des Problems der berufsständischen Ordnung und der Gleichschaltungskampagne -wurde darauf hingewiesen, daß, im Gegensatz zu innenpolitischen Maßnahmen, die Wirt-schaftspolitik zunächst einmal kontinuierlich weiterlief und daß die faschistischen Partei-funktionäre von Hitler ermahnt wurden, keine Experimente in der Wirtschaft zuzulassen. In zunehmendem Maße wurde im Laufe der dreißiger Jahre Vias Prinzip der staatlichen Regulierung der Wirtschaft verfochten. Am 13. Juli 1933 hatte der damalige Wirtschafts-minister K. Schmitt in einer Rede noch dem staatlichen Interventionalismus abgeschworen, aber H. Schacht leitete als Reichsbankpräsident erste Finanzierungsmaßnahmen recht großen Stils ein, die in der Finanzierung der RUstung schließlich ihren Gipfelpunkt fanden. Im Zusammenhang mit der Aufrüstung steht die Veränderung, die in der Außenhandels-politik vor sich ging. Dem steigenden Rohstoffbedarf stand ein Berg von Auslandsschulden gegenüber. Wollte man hier einen Ausweg finden, so bot sich die Einschränkung bestimmter Importe oder die Abwertung der Reichsmark als naheliegend an. Man entschloß sich für den ersten Schritt, was an sich keine ungewöhnliche Maßnahme war, die aber doch den Trend zur staatlichen Regulierung des Außenhandels deutlich macht. Als H. Schacht Mitte 1934 Wirtschaftsminister wird, beginnt eine strenge Kontrolle des Außenhandels, die als "Neuer Plan" deklariert wird. In der Folgezeit kommt es dann zu den im 2. Kapitel beschriebenen Maßnahmen und Situationen, die die Entwicklung des staatsmonopolistischen Kapitalismus charakterisieren, und in der zweiten Hälfe der Periode faschistischer Herrschaft in Deutschland wird es unter den bürgerlichen Ökonomen üblich, von einer "gelenkten Volkswirtschaft" zu sprechen. Hinter dieser Sprachregelung verbirgt sich die Apologie der zeitgenössischen Verhältnisse. 403 Wie I. G. Bljumin in seinem letzten Werk darlegte, werden die bürgerlichen Ökonomen dazu veranlaßt, sich mit der Tatsache der staatlichen Einmischung in die Wirtschaft, genau-er gesagt, mit der Ausnutzung des Staatsapparates im Interesse der monopolisierten Bour-geoisie, auseinanderzusetzen. Die bürgerlichen Ökonomen rechtfertigen die staatliche Einmischung in die Wirtschaft, stellen das Verhältnis Staat und Wirtschaft in apologetischer Weise dar und arbeiten Grund-139
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