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Zwischen Cluny und Clairvaux
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Einleitung Die burgundische Architektur des ausgehenden n. und beginnenden 12. Jahr-hunderts ist ihrem Bestand nach gut bekannt. Selbst ihr zerstörter Hauptbau, die grosse Abteikirche von Cluny, ist durch die Grabungen und Rekonstruktions-bemühungen von K. J. Conant1 zu einem anschaulichen Gegenstand mittelalter-licher Architekturgeschichte geworden. Die zur Wende des 12. Jahrhunderts ein-setzende „burgundische Gotik" steht in der Wertschätzung zurück, ist aber von der Kunstgeschichte in ihren typischen Merkmalen, in ihrem kunstlandschaftlichen Geltungsbereich und in ihrer geschichtlichen Entwicklung ebenfalls ausgezeichnet dargestellt worden*. Einzig die burgundische Architektur der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ist weitgehend unbeachtet geblieben. Das südliche Burgund3, das während der vorangegangenen Jahrzehnte ein ausserordentlich dichtes, noch heute erhaltenes Netz romanischer Kirchenbauten geknüpft hatte, scheint allerdings schon bald nach der Vollendung von Cluny III (1120/30) in Unternehmungsgeist und baukünstlerischer Prägkraft nachgelassen zu haben. Bauten des fortgeschrittenen 12. Jahrhunderts sind hier selten und bei nur wenigen Ausnahmen in engem Provinzialismus befangen. Der Norden scheint auf den ersten Blick kein reicheres Bild zu bieten: neben der Abteikirche von Pontigny ist die Kathedrale von Langres der einzige erhal-tene Grossbau jener Zeit. Aus diesem geringen Baubestand aber auf eine schwache Bautätigkeit Nordburgunds schliessen, hiesse sich durch den zufälligen und frag-mentarischen Erhaltungsstand seiner Denkmäler täuschen lassen. Aus Bauresten und Quellen wissen wir, dass Nordburgund im fortgeschrittenen 12. Jahrhundert eine ausserordentlich umfangreiche Bautätigkeit entfaltete, die nur wenig hinter dem Baueifer Südburgunds vom Anfang des Jahrhunderts zurückstand. Ihr Träger war in erster Linie der junge Zisterzienserorden, der dem einfachen Kirchenschema der Gründerjahre (dem „bernhardinischen Kirchenbau" vom Typ Fontenay) nach dem Tode Bernhards von Clairvaux (1153) eine beträchtlich aufwendigere und „modernere" Baukonzeption folgen liess. Diese prägte die 1 Vgl. zuletzt Conant, 1966, S. 110 ff. 1 Vgl. Jantzen, 1928 und Branner, i960. ' Die Grenze zwischen nördlichem und südlichem Burgund nehme ich auf der Höhe von Ci-teaux an. Da sich der Wirkungskreis der religiösen Zentren beider Regionen (Cluny und Clairvaux) überschneidet, ist auch die Grenze fliessend.
© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Einleitung Die burgundische Architektur des ausgehenden n. und beginnenden 12. Jahr-hunderts ist ihrem Bestand nach gut bekannt. Selbst ihr zerstörter Hauptbau, die grosse Abteikirche von Cluny, ist durch die Grabungen und Rekonstruktions-bemühungen von K. J. Conant1 zu einem anschaulichen Gegenstand mittelalter-licher Architekturgeschichte geworden. Die zur Wende des 12. Jahrhunderts ein-setzende „burgundische Gotik" steht in der Wertschätzung zurück, ist aber von der Kunstgeschichte in ihren typischen Merkmalen, in ihrem kunstlandschaftlichen Geltungsbereich und in ihrer geschichtlichen Entwicklung ebenfalls ausgezeichnet dargestellt worden*. Einzig die burgundische Architektur der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ist weitgehend unbeachtet geblieben. Das südliche Burgund3, das während der vorangegangenen Jahrzehnte ein ausserordentlich dichtes, noch heute erhaltenes Netz romanischer Kirchenbauten geknüpft hatte, scheint allerdings schon bald nach der Vollendung von Cluny III (1120/30) in Unternehmungsgeist und baukünstlerischer Prägkraft nachgelassen zu haben. Bauten des fortgeschrittenen 12. Jahrhunderts sind hier selten und bei nur wenigen Ausnahmen in engem Provinzialismus befangen. Der Norden scheint auf den ersten Blick kein reicheres Bild zu bieten: neben der Abteikirche von Pontigny ist die Kathedrale von Langres der einzige erhal-tene Grossbau jener Zeit. Aus diesem geringen Baubestand aber auf eine schwache Bautätigkeit Nordburgunds schliessen, hiesse sich durch den zufälligen und frag-mentarischen Erhaltungsstand seiner Denkmäler täuschen lassen. Aus Bauresten und Quellen wissen wir, dass Nordburgund im fortgeschrittenen 12. Jahrhundert eine ausserordentlich umfangreiche Bautätigkeit entfaltete, die nur wenig hinter dem Baueifer Südburgunds vom Anfang des Jahrhunderts zurückstand. Ihr Träger war in erster Linie der junge Zisterzienserorden, der dem einfachen Kirchenschema der Gründerjahre (dem „bernhardinischen Kirchenbau" vom Typ Fontenay) nach dem Tode Bernhards von Clairvaux (1153) eine beträchtlich aufwendigere und „modernere" Baukonzeption folgen liess. Diese prägte die 1 Vgl. zuletzt Conant, 1966, S. 110 ff. 1 Vgl. Jantzen, 1928 und Branner, i960. ' Die Grenze zwischen nördlichem und südlichem Burgund nehme ich auf der Höhe von Ci-teaux an. Da sich der Wirkungskreis der religiösen Zentren beider Regionen (Cluny und Clairvaux) überschneidet, ist auch die Grenze fliessend.
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