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A. Vor- und Nachteile der Schiedsgerichtsbarkeit

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Handbuch des Schiedsverfahrens
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EINLEITUNG A. Vor- und Nachteile der Schiedsgerichtsbarkeit Ein großer Teil von Streitigkeiten im nationalen und internationalen Bereich ist der staatlichen 1 Gerichtsbarkeit durch Schiedsgerichtsvereinbarungen entzogen. Genaue Statistiken fehlen, empi-rische Untersuchungen erstrecken sich lediglich auf einzelne Branchen1. In manchen Bereichen hat die Schiedsgerichtsbarkeit die staatliche Gerichtsbarkeit nahezu vollständig2, in anderen weitgehend verdrängt'. COHN spricht von einer „Flucht zu den Schiedsgerichten"*. Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Natur. Gibt im gesellschaftsrechtlichen Bereich der 2 Gesichtspunkt der Vertraulichkeit (NichtÖffentlichkeit) den Ausschlag, so sind es bei internatio-nalen Streitigkeiten häufig die bessere Durchsetzbarkeit von Schiedssprüchen gegenüber gerichtli-chen Entscheidungen und die Verfahrenserleichterungen (Zustellungen, Beweiserhebungen, Sprache)5. Man wird kaum eine generelle Entscheidung zugunsten der privaten Schiedsgerichtsbarkeit oder der staatlichen Gerichtsbarkeit fällen können. Beide Formen der Streitentscheidung haben Vor- und Nachteile, die es im Einzelfall abzuwägen gilt. 1 So hat KOHLER, Die moderne Praxis des Schiedsgerichtswesens in der Wirtschaft, 1967, die praktische Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit in der Frankfurter Wirtschaft in den Jahren 1955-1964 untersucht. 2 Beispielsweise ist im Ost-West-Handel die Vereinbarung von institutionellen (Außenhandelsarbitrage) oder ad hoc-Schiedsgerichten üblich. Vgl. dazu PFAFF, Die Außenhandelsschiedsgerichtsbarkeit der sozialistischen Länder im Handel mit der Bundesrepublik Deutschland, 1973; SCHÜTZE, Zur Vertragsge-staltung im Ost-West-Handel: AWD 1971, S. 390 ff. Die überragende Bedeutung der Schiedsgerichtsbar-keit leugnen auch STUMPF/LINDSTAEDT, Vereinbarungen über das anzuwendende Recht und das zuständige Schiedsgericht bei Handelsverträgen mit osteuropäischen Ländern: AWD 1972, S. 228 ff. trotz ihrer Angriffe gegen SCHÜTZE, AWD 1971, S. 390 ff. nicht, legen nur das Schwergewicht auf die ad hoc-Schiedsgerichtsbarkeit. ' Das gilt z. B. im Bereich des Gesellschaftsrechts, inbesondere bei Familiengesellschaften, worauf GLOSS-NER, Das Schiedsgericht in der Praxis, 2. Aufl., S. 20 hinweist. 4 Vgl. COHN, Die englische Schiedsgerichtsbarkeit: AWD 1974, S. 65 ff. Zu den Gründen vgl. auch STUMPF, Vor- und Nachteile des Verfahrens vor Schiedsgerichten gegenüber dem Verfahren vor Ordentlichen Gerichten: Festschrift für BÜLOW, 1981, S. 217ff.; LASCHET, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit bei Bau-und Anlagenverträgen in: NICKLISCH U. A., Bau- und Anlagenverträge, 1984, S. 255 ff. (260 ff.); HELLWIG, Nationale und internationale Schiedsgerichtsbarkeit: RIW/AWD 1984, S. 421 ff. 5 Vgl. dazu NAGEL, Durchsetzung von Vertragsansprüchen im Auslandsgeschäft Klage vor dem Schieds-oder Staatsgericht im In- und Ausland, 1978. (Schütze)
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

EINLEITUNG A. Vor- und Nachteile der Schiedsgerichtsbarkeit Ein großer Teil von Streitigkeiten im nationalen und internationalen Bereich ist der staatlichen 1 Gerichtsbarkeit durch Schiedsgerichtsvereinbarungen entzogen. Genaue Statistiken fehlen, empi-rische Untersuchungen erstrecken sich lediglich auf einzelne Branchen1. In manchen Bereichen hat die Schiedsgerichtsbarkeit die staatliche Gerichtsbarkeit nahezu vollständig2, in anderen weitgehend verdrängt'. COHN spricht von einer „Flucht zu den Schiedsgerichten"*. Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Natur. Gibt im gesellschaftsrechtlichen Bereich der 2 Gesichtspunkt der Vertraulichkeit (NichtÖffentlichkeit) den Ausschlag, so sind es bei internatio-nalen Streitigkeiten häufig die bessere Durchsetzbarkeit von Schiedssprüchen gegenüber gerichtli-chen Entscheidungen und die Verfahrenserleichterungen (Zustellungen, Beweiserhebungen, Sprache)5. Man wird kaum eine generelle Entscheidung zugunsten der privaten Schiedsgerichtsbarkeit oder der staatlichen Gerichtsbarkeit fällen können. Beide Formen der Streitentscheidung haben Vor- und Nachteile, die es im Einzelfall abzuwägen gilt. 1 So hat KOHLER, Die moderne Praxis des Schiedsgerichtswesens in der Wirtschaft, 1967, die praktische Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit in der Frankfurter Wirtschaft in den Jahren 1955-1964 untersucht. 2 Beispielsweise ist im Ost-West-Handel die Vereinbarung von institutionellen (Außenhandelsarbitrage) oder ad hoc-Schiedsgerichten üblich. Vgl. dazu PFAFF, Die Außenhandelsschiedsgerichtsbarkeit der sozialistischen Länder im Handel mit der Bundesrepublik Deutschland, 1973; SCHÜTZE, Zur Vertragsge-staltung im Ost-West-Handel: AWD 1971, S. 390 ff. Die überragende Bedeutung der Schiedsgerichtsbar-keit leugnen auch STUMPF/LINDSTAEDT, Vereinbarungen über das anzuwendende Recht und das zuständige Schiedsgericht bei Handelsverträgen mit osteuropäischen Ländern: AWD 1972, S. 228 ff. trotz ihrer Angriffe gegen SCHÜTZE, AWD 1971, S. 390 ff. nicht, legen nur das Schwergewicht auf die ad hoc-Schiedsgerichtsbarkeit. ' Das gilt z. B. im Bereich des Gesellschaftsrechts, inbesondere bei Familiengesellschaften, worauf GLOSS-NER, Das Schiedsgericht in der Praxis, 2. Aufl., S. 20 hinweist. 4 Vgl. COHN, Die englische Schiedsgerichtsbarkeit: AWD 1974, S. 65 ff. Zu den Gründen vgl. auch STUMPF, Vor- und Nachteile des Verfahrens vor Schiedsgerichten gegenüber dem Verfahren vor Ordentlichen Gerichten: Festschrift für BÜLOW, 1981, S. 217ff.; LASCHET, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit bei Bau-und Anlagenverträgen in: NICKLISCH U. A., Bau- und Anlagenverträge, 1984, S. 255 ff. (260 ff.); HELLWIG, Nationale und internationale Schiedsgerichtsbarkeit: RIW/AWD 1984, S. 421 ff. 5 Vgl. dazu NAGEL, Durchsetzung von Vertragsansprüchen im Auslandsgeschäft Klage vor dem Schieds-oder Staatsgericht im In- und Ausland, 1978. (Schütze)
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. VORWORT V
  3. INHALTSVERZEICHNIS VII
  4. LITERATURVERZEICHNIS XXXIII
  5. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS XLIX
  6. EINLEITUNG
  7. A. Vor- und Nachteile der Schiedsgerichtsbarkeit 1
  8. B. Verbandsschiedsgerichtsbarkeit 11
  9. C. Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit und ad hoc-Schiedsgerichte 12
  10. D. Abgrenzung der privaten Schiedsgerichtsbarkeit von verwandten Rechtsinstituten 16
  11. E. Terminologie 18
  12. 1. TEIL: DAS DEUTSCHE SCHIEDSVERFAHREN
  13. A. Die Schiedsvereinbarung 21
  14. B. Der Schiedsrichtervertrag 96
  15. C. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 169
  16. D. Die Aushilfe durch das staatliche Gericht 238
  17. E. Der schiedsrichterliche Vergleich 244
  18. F. Der Schiedsspruch 250
  19. G. Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs 269
  20. H. Die Vollstreckbarerklärung des Schiedsvergleichs 275
  21. I. Die Aufhebung des Schiedsspruchs 277
  22. J. Das arbeitsrechtliche Schiedsverfahren 285
  23. 2. TEIL: DAS INTERNATIONALE SCHIEDSVERFAHREN
  24. A. Rechtsquellen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit 291
  25. B. Die internationale Schiedsvereinbarung 300
  26. C. Der internationale Schiedsrichtervertrag 309
  27. D. Das internationale Schiedsverfahren (anwendbares Recht) 315
  28. E. Das internationale Schiedsverfahren (Durchführung des Verfahrens) 320
  29. F. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedsprüche in der Bundesrepublik Deutschland 334
  30. G. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung deutscher Schiedssprüche im Ausland 355
  31. H. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedsvergleiche 388
  32. 3. TEIL: AUSGEWÄHLTE STATUTEN VON SCHIEDSGERICHTSORGANISATIONEN UND MUSTERSCHIEDSGERICHTSORDNUNGEN
  33. A. Deutsche Schiedsgerichtsordnungen 393
  34. B. Internationale Schiedsgerichtsordnungen 411
  35. C. Ausländische Schiedsgerichtsordnungen 432
  36. 4. TEIL: AUSGEWÄHLTE TEXTE
  37. A. Deutsche Gesetzesbestimmungen 475
  38. B. Völkerrechtliche Verträge 483
  39. C. Statuten von Schiedsgerichtsorganisationen und Musterschiedsgerichtsordnungen 523
  40. STICHWORTVERZEICHNIS 665
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