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LANGUE UND PAROLE

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Klaus Heger LANGUE UND PAROLE 0. Einleitung 1. Soziologische und/oder psychologische Interpretation 1.1. Ansatzpunkte im "Cours de linguistique générale" 1.2. Kritik 2. Universale und Einzelfall 2.1. Statistische Interpretation 2.2. Kommunikationstechnische Interpretation 2.3. Philosophische Interpretation 2.4. Konsequenzen 3. Hierarchie von Abstraktionsebenen 3.1. Ebene der parole 3.2. Ebene des temporären Idiolekts 3.3. Ebene des Systems 3.4. Ebene der Diasysteme 4. Methodologische Gegenüberstellung 5. Ranghöchste Übereinzelsprachlichkeit 0. Einleitung Seit Ferdinand de Saussures "Cours de linguistique générale" (im folgenden als CLG abgekürzt) hat die Gegenüberstellung von langue und parole immer wieder eine hervorragende Rolle in der Diskussion um Sprachtheorien und Theorien der Sprachwissenschaft gespielt und ist dabei Gegenstand zahlreicher Interpretationen gewesen, die in ihren Konsequenzen oftmals weit auseinanderstreben und biswei-fen sogar zu einander entgegengesetzten Resultaten führen. Diese auf den ersten Blick erstaunliche Situation erklärt sich leicht daraus, daß diese Dichotomie einem - oder besser: mehreren - Unterschied(en) entspricht, der (die) intuitiv derart evi-dent ist (sind), daß jeder, der zum ersten Mal auf ihn (sie) aufmerksam gemacht wird, sich nicht nach seiner (ihrer) Herkunft, sondern eher danach fragt, wieso er ihn (sie) nicht schon längst bemerkt hat. Daß beispielsweise der eilige Reisende in der aufgeregten Frage 'Wo ist hier der Bahnhof?" und der Wörterbuchautor, der "Bahnhof" als 'Anlage zur Abwicklung des Personen- u. Güterverkehrs (der Ei-senbahn)' (WAHRIG 1978) definiert oder im deutsch-ungarischen Wörterbuch mit "pâlyaudvar" übersetzt, sich gegenüber ein und demselben Wort "Bahnhof sehr unterschiedlich verhalten, erscheint unmittelbar einleuchtend; und daß die Frage, wie das Wort so zu definieren sei, daß besagtes Wort "Bahnhof" tatsächlich ein und nur ein Wort ist, wiederum ein anderes Verhalten voraussetzt, ist kaum schwerer zu erkennen. In eine andere, im Zusammenhang mit der Dichotomie von langue und parole jedoch nicht minder beachtenswerte Richtung führt ein Beispiel wie die Aussage "Ich bleibe fünf Minuten, und dann gehe ich. ", mit Bezug auf die die beiden Feststellungen, daß sie aus acht herkömmlicherweise Wörter genannten graphi-schen Einheiten besteht und daß in ihr das so verstandene Wort "ich " zweimal vor-kommt, jede für sich genommen kaum die Chance haben, ernsthaft bezweifelt zu werden, zusammen jedoch in unauflöslichem Widerspruch stehen: entweder be-steht besagte Aussage aus acht Wörtern, und dann kommen in ihr zwei Wörter "ich" vor; oder aber das eine Wort "ich " kommt in ihr zweimal vor, und dann besteht sie aus sieben Wörtern.
© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Klaus Heger LANGUE UND PAROLE 0. Einleitung 1. Soziologische und/oder psychologische Interpretation 1.1. Ansatzpunkte im "Cours de linguistique générale" 1.2. Kritik 2. Universale und Einzelfall 2.1. Statistische Interpretation 2.2. Kommunikationstechnische Interpretation 2.3. Philosophische Interpretation 2.4. Konsequenzen 3. Hierarchie von Abstraktionsebenen 3.1. Ebene der parole 3.2. Ebene des temporären Idiolekts 3.3. Ebene des Systems 3.4. Ebene der Diasysteme 4. Methodologische Gegenüberstellung 5. Ranghöchste Übereinzelsprachlichkeit 0. Einleitung Seit Ferdinand de Saussures "Cours de linguistique générale" (im folgenden als CLG abgekürzt) hat die Gegenüberstellung von langue und parole immer wieder eine hervorragende Rolle in der Diskussion um Sprachtheorien und Theorien der Sprachwissenschaft gespielt und ist dabei Gegenstand zahlreicher Interpretationen gewesen, die in ihren Konsequenzen oftmals weit auseinanderstreben und biswei-fen sogar zu einander entgegengesetzten Resultaten führen. Diese auf den ersten Blick erstaunliche Situation erklärt sich leicht daraus, daß diese Dichotomie einem - oder besser: mehreren - Unterschied(en) entspricht, der (die) intuitiv derart evi-dent ist (sind), daß jeder, der zum ersten Mal auf ihn (sie) aufmerksam gemacht wird, sich nicht nach seiner (ihrer) Herkunft, sondern eher danach fragt, wieso er ihn (sie) nicht schon längst bemerkt hat. Daß beispielsweise der eilige Reisende in der aufgeregten Frage 'Wo ist hier der Bahnhof?" und der Wörterbuchautor, der "Bahnhof" als 'Anlage zur Abwicklung des Personen- u. Güterverkehrs (der Ei-senbahn)' (WAHRIG 1978) definiert oder im deutsch-ungarischen Wörterbuch mit "pâlyaudvar" übersetzt, sich gegenüber ein und demselben Wort "Bahnhof sehr unterschiedlich verhalten, erscheint unmittelbar einleuchtend; und daß die Frage, wie das Wort so zu definieren sei, daß besagtes Wort "Bahnhof" tatsächlich ein und nur ein Wort ist, wiederum ein anderes Verhalten voraussetzt, ist kaum schwerer zu erkennen. In eine andere, im Zusammenhang mit der Dichotomie von langue und parole jedoch nicht minder beachtenswerte Richtung führt ein Beispiel wie die Aussage "Ich bleibe fünf Minuten, und dann gehe ich. ", mit Bezug auf die die beiden Feststellungen, daß sie aus acht herkömmlicherweise Wörter genannten graphi-schen Einheiten besteht und daß in ihr das so verstandene Wort "ich " zweimal vor-kommt, jede für sich genommen kaum die Chance haben, ernsthaft bezweifelt zu werden, zusammen jedoch in unauflöslichem Widerspruch stehen: entweder be-steht besagte Aussage aus acht Wörtern, und dann kommen in ihr zwei Wörter "ich" vor; oder aber das eine Wort "ich " kommt in ihr zweimal vor, und dann besteht sie aus sieben Wörtern.
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Downloaded on 21.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783111375595-002/html?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOoqh1gXSCoruUyWgTAXktNICYluyjt03hPWJwsraCyI9rkBFtzS9
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