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II. Das mittelalterliche Erziehungs- und Bildungswesen

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Geschichte der Pädagogik
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24 Das mittelalterliche Erziehungs- und Bildungswesen Erkenntnis beruhte die öfter bezeugte, wenn auch nicht immer geübte Sitte des „Austuns", d. h. des Abgebens der Kinder an Zieheltern, die deren weitere Aufzucht vom 7. Jahre ab übernahmen. Man wählte dazu tüchtige Eltern aus dem Bekannten- oder Verwandtenkreis, unter Umstän-den auch Untergebene, um die Kinder an Einfachheit und Anspruchslosigkeit zu gewöhnen. Vornehme Familien nah-men gelegentlich auch Ziehkinder zu den eigenen Kindern hinzu. Im Pagendienst späterer Zeiten hat diese Er-ziehungsweise ihre Fortsetzung gefunden. Büchergelehrsamkeit und dazugehörige schulmäßige Ver-anstaltungen kannten die alten Germanen nicht. Wohl hatten sie einen nicht geringen Schatz an Lebensregeln, Spruchweisheiten, Rechtslehren, auch an stammesgeschicht-lichem Wissen und Naturerkenntnissen. In Heldenliedern wurden die Taten großer Ahnen gepriesen. Uberliefert aber wurde dies alles nur mündlich und so, wie die Lebensum-stände es in Erinnerung riefen. Mit dem Einbruch des Germanentums in das römische Reich und mit ihrer Bekehrung zum Christentum traten allerdings andere Welten in ihren Gesichtskreis. Durch die Berührung mit diesen Mächten geriet der Germane in den Bannkreis griechisch-römischer Kultur und auch unter den Einfluß des hier zu fester Form gelangten Bildungswesens. Einsdll. Schritten. K. Weinhold, Altnord. Leben. 1856 u. 1938. — H. Nohl u. L. Pallat siehe Hauptverzeichnis S. 4, Bd. I. — W. Grön-b e c h , Kultur u. Religion der Germanen, 2. Bd. dt. nhg. 1954. II. Das mittelalterliche Erziehungs- und Bildungswesen § 4. Das Frühmittelalter Mit ihrem Eintritt ins Christentum nahmen die Germanen dessen Bildungsverfassung an, ein Vorgang von größter Trag-weite, wenn er sich auch äußerlich ziemlich reibungslos voll-zog. Die Kirche brachte den Bekehrten einen neuen Glauben: den christlichen, eine neue Sprache: die lateinische, und ein neues Wissen: das Nebeneinander von christlich-reli-giösen und hellenistisch - römischen Bildungsgütern. Das alles konnte nur Eingang finden durch einen lange dauern-
© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

24 Das mittelalterliche Erziehungs- und Bildungswesen Erkenntnis beruhte die öfter bezeugte, wenn auch nicht immer geübte Sitte des „Austuns", d. h. des Abgebens der Kinder an Zieheltern, die deren weitere Aufzucht vom 7. Jahre ab übernahmen. Man wählte dazu tüchtige Eltern aus dem Bekannten- oder Verwandtenkreis, unter Umstän-den auch Untergebene, um die Kinder an Einfachheit und Anspruchslosigkeit zu gewöhnen. Vornehme Familien nah-men gelegentlich auch Ziehkinder zu den eigenen Kindern hinzu. Im Pagendienst späterer Zeiten hat diese Er-ziehungsweise ihre Fortsetzung gefunden. Büchergelehrsamkeit und dazugehörige schulmäßige Ver-anstaltungen kannten die alten Germanen nicht. Wohl hatten sie einen nicht geringen Schatz an Lebensregeln, Spruchweisheiten, Rechtslehren, auch an stammesgeschicht-lichem Wissen und Naturerkenntnissen. In Heldenliedern wurden die Taten großer Ahnen gepriesen. Uberliefert aber wurde dies alles nur mündlich und so, wie die Lebensum-stände es in Erinnerung riefen. Mit dem Einbruch des Germanentums in das römische Reich und mit ihrer Bekehrung zum Christentum traten allerdings andere Welten in ihren Gesichtskreis. Durch die Berührung mit diesen Mächten geriet der Germane in den Bannkreis griechisch-römischer Kultur und auch unter den Einfluß des hier zu fester Form gelangten Bildungswesens. Einsdll. Schritten. K. Weinhold, Altnord. Leben. 1856 u. 1938. — H. Nohl u. L. Pallat siehe Hauptverzeichnis S. 4, Bd. I. — W. Grön-b e c h , Kultur u. Religion der Germanen, 2. Bd. dt. nhg. 1954. II. Das mittelalterliche Erziehungs- und Bildungswesen § 4. Das Frühmittelalter Mit ihrem Eintritt ins Christentum nahmen die Germanen dessen Bildungsverfassung an, ein Vorgang von größter Trag-weite, wenn er sich auch äußerlich ziemlich reibungslos voll-zog. Die Kirche brachte den Bekehrten einen neuen Glauben: den christlichen, eine neue Sprache: die lateinische, und ein neues Wissen: das Nebeneinander von christlich-reli-giösen und hellenistisch - römischen Bildungsgütern. Das alles konnte nur Eingang finden durch einen lange dauern-
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