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§ 185 Beleidigung

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Band 6 §§ 146-210
This chapter is in the book Band 6 §§ 146-210
Beleidigung fangtatbestand, lex generalis.177 Ist ein das Handlungsunrecht präziser beschreibender Tatbestand 186 oder § 187) erfüllt, wird die einfache Beleidigung verdrängt. Das ist auch sachgerecht. Ehrenrührige Tatsachenbehauptungen, die zugleich an den Betroffenen und an Dritte gerichtet sind, enthalten kein gesteigertes Unrecht. Sie ermöglichen dem Betroffenen die sofortige Reaktion.178 Werturteile, die nur verbal zum Ausdruck bringen, was eine Tatsachenbehauptung ohnehin impliziert, erhöhen nicht den Unrechtsgehalt des Täterverhaltens, sind infolgedessen für die Subsumtion ohne Bedeutung. Haben aller-dings Tatsachenbehauptung und Werturteil, die im Zusammenhang einer Handlung geäußert werden, eigenständige Bedeutung (weil das Werturteil weder den Akzent setzt noch eine offengelegte Implikation darstellt)179, dann lässt sich die Verschärfung des Ehrangriffs sachgerecht durch Annahme von Idealkonkurrenz erfassen.180 Die Rechtsprechung sieht die Dinge ähnlich. Sie nimmt ebenfalls an, dass § 186 44 (§ 187) als spezielleres Gesetz §185 grundsätzlich zurücktreten lässt. Idealkonkurrenz liege aber vor, wenn eine einheitliche Kundgebung die Behauptung ehrenrühriger Tat-sachen und zugleich „nicht oder nicht ausschließlich daraus ableitbare",181 „davon verschiedene"182 herabsetzende Werturteile enthält. Anders als hier in Rdn. 43 vorge-schlagen soll Idealkonkurrenz auch dann vorliegen, wenn die ehrenrührige Tatsachen-behauptung nicht nur gegenüber Dritten, sondern auch gegenüber dem Betroffenen abge-geben wird.183 Tateinheitliches Zusammentreffen darf allerdings nicht angenommen werden, wenn der Täter nur mit der (sich realisierenden) Möglichkeit rechnet, dass der Betroffene außerhalb des Erklärungsakts von seiner Behauptung Kenntnis erlangt.184 § 185 Beleidigung Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Schrifttum Adelmann Die Straflosigkeit des „Busengrapschens", Jura 2009 24; Arzt Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre (1970); ders. Der strafrechtliche Ehrenschutz - Theorie und praktische Bedeutung, JuS 1982 717; Beck Lehrermobbing durch Videos im Internet - ein Fall für die Staats-anwaltschaft? MMR 2008 77; von Becker Rechtsfragen der Satire, GRUR 2004 908; Bitzilekis Der Tatsachenbegriff im Strafrecht, Festschrift Hirsch (1999) 29; Gärtner Was die Satire darf. Eine Gesamtbetrachtung zu den rechtlichen Grenzen einer Kunstform (2009); Geppert Zur Systematik der Beleidigungsdelikte und zur Bedeutung des Wahrheitsbeweises im Rahmen der §§ 185 ff. StGB, Jura 2002 820; Gilten Das Verhältnis von Ehren- und Privatsphärenschutz im Strafrecht (1999); 177 AA Wessels/Hetlinger Rdn. 490. 178 Hirsch Ehre und Beleidigung S. 219 Anm. 19. 179 Vgl. BGHSt 12 287, 292. 180 Für Kumulation im Rahmen der Strafzu-messung Herdegen LK10 Rdn. 30; Hirsch Ehre und Beleidigung S. 145 f und 238 Anm. 74. 181 BGHSt 12 287, 292. 182 RGSt 65 358, 359; BayObLGSt 1962 48, 50 = NJW 1962 1120. 183 RGSt 41 61, 66; 65 358, 359; BayObLGSt 1962 48, 50 = NJW 1962 1120; OLG Celle GA 1960 24. 184 BayObLGSt 1962 48, 51 = NJW 1962 1120. Eric Hilgendorf 1257

Beleidigung fangtatbestand, lex generalis.177 Ist ein das Handlungsunrecht präziser beschreibender Tatbestand 186 oder § 187) erfüllt, wird die einfache Beleidigung verdrängt. Das ist auch sachgerecht. Ehrenrührige Tatsachenbehauptungen, die zugleich an den Betroffenen und an Dritte gerichtet sind, enthalten kein gesteigertes Unrecht. Sie ermöglichen dem Betroffenen die sofortige Reaktion.178 Werturteile, die nur verbal zum Ausdruck bringen, was eine Tatsachenbehauptung ohnehin impliziert, erhöhen nicht den Unrechtsgehalt des Täterverhaltens, sind infolgedessen für die Subsumtion ohne Bedeutung. Haben aller-dings Tatsachenbehauptung und Werturteil, die im Zusammenhang einer Handlung geäußert werden, eigenständige Bedeutung (weil das Werturteil weder den Akzent setzt noch eine offengelegte Implikation darstellt)179, dann lässt sich die Verschärfung des Ehrangriffs sachgerecht durch Annahme von Idealkonkurrenz erfassen.180 Die Rechtsprechung sieht die Dinge ähnlich. Sie nimmt ebenfalls an, dass § 186 44 (§ 187) als spezielleres Gesetz §185 grundsätzlich zurücktreten lässt. Idealkonkurrenz liege aber vor, wenn eine einheitliche Kundgebung die Behauptung ehrenrühriger Tat-sachen und zugleich „nicht oder nicht ausschließlich daraus ableitbare",181 „davon verschiedene"182 herabsetzende Werturteile enthält. Anders als hier in Rdn. 43 vorge-schlagen soll Idealkonkurrenz auch dann vorliegen, wenn die ehrenrührige Tatsachen-behauptung nicht nur gegenüber Dritten, sondern auch gegenüber dem Betroffenen abge-geben wird.183 Tateinheitliches Zusammentreffen darf allerdings nicht angenommen werden, wenn der Täter nur mit der (sich realisierenden) Möglichkeit rechnet, dass der Betroffene außerhalb des Erklärungsakts von seiner Behauptung Kenntnis erlangt.184 § 185 Beleidigung Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Beleidigung mittels einer Tätlichkeit begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Schrifttum Adelmann Die Straflosigkeit des „Busengrapschens", Jura 2009 24; Arzt Der strafrechtliche Schutz der Intimsphäre (1970); ders. Der strafrechtliche Ehrenschutz - Theorie und praktische Bedeutung, JuS 1982 717; Beck Lehrermobbing durch Videos im Internet - ein Fall für die Staats-anwaltschaft? MMR 2008 77; von Becker Rechtsfragen der Satire, GRUR 2004 908; Bitzilekis Der Tatsachenbegriff im Strafrecht, Festschrift Hirsch (1999) 29; Gärtner Was die Satire darf. Eine Gesamtbetrachtung zu den rechtlichen Grenzen einer Kunstform (2009); Geppert Zur Systematik der Beleidigungsdelikte und zur Bedeutung des Wahrheitsbeweises im Rahmen der §§ 185 ff. StGB, Jura 2002 820; Gilten Das Verhältnis von Ehren- und Privatsphärenschutz im Strafrecht (1999); 177 AA Wessels/Hetlinger Rdn. 490. 178 Hirsch Ehre und Beleidigung S. 219 Anm. 19. 179 Vgl. BGHSt 12 287, 292. 180 Für Kumulation im Rahmen der Strafzu-messung Herdegen LK10 Rdn. 30; Hirsch Ehre und Beleidigung S. 145 f und 238 Anm. 74. 181 BGHSt 12 287, 292. 182 RGSt 65 358, 359; BayObLGSt 1962 48, 50 = NJW 1962 1120. 183 RGSt 41 61, 66; 65 358, 359; BayObLGSt 1962 48, 50 = NJW 1962 1120; OLG Celle GA 1960 24. 184 BayObLGSt 1962 48, 51 = NJW 1962 1120. Eric Hilgendorf 1257

Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Verzeichnis der Bearbeiter der 12. Auflage V
  3. Vorwort VII
  4. Inhaltsübersicht IX
  5. Abkürzungsverzeichnis XIII
  6. Schrifttum und abgekürzt zitierte Literatur XXXVII
  7. ERLÄUTERUNGEN
  8. BESONDERER TEIL
  9. ACHTER ABSCHNITT. Geld- und Wertzeichenfälschung
  10. §§ 146 ff Vorbemerkungen 1
  11. § 146 Geldfälschung 7
  12. § 147 Inverkehrbringen von Falschgeld 29
  13. § 148 Wertzeichenfälschung 33
  14. § 149 Vorbereitung der Fälschung von Geld und Wertzeichen 41
  15. § 150 Erweiterter Verfall und Einziehung 47
  16. § 151 Wertpapiere 49
  17. § 152 Geld, Wertzeichen und Wertpapiere eines fremden Währungsgebietes 53
  18. § 152a Fälschung von Zahlungskarten, Schecks und Wechseln 54
  19. § 152b Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion und Vordrucken für Euroschecks 60
  20. NEUNTER ABSCHNITT. Falsche uneidliche Aussage und Meineid
  21. Vorbemerkungen zu den §§ 153 ff 65
  22. § 153 Falsche uneidliche Aussage 85
  23. § 154 Meineid 94
  24. § 155 Eidesgleiche Bekräftigungen 106
  25. § 156 Falsche Versicherung an Eides Statt 109
  26. § 157 Aussagenotstand 125
  27. § 158 Berichtigung einer falschen Aussage 133
  28. § 159 Versuch der Anstiftung zur Falschaussage 138
  29. § 160 Verleitung zur Falschaussage 141
  30. § 161 Fahrlässiger Falscheid; fahrlässige falsche Versicherung an Eides Statt 145
  31. § 162 Internationale Gerichte; nationale Untersuchungsausschüsse 155
  32. § 163 (weggefallen) 156
  33. ZEHNTER ABSCHNITT. Falsche Verdächtigung
  34. § 164 Falsche Verdächtigung 157
  35. § 165 Bekanntgabe der Verurteilung 182
  36. ELFTER ABSCHNITT. Straftaten, welche sich auf Religion und Weltanschauung beziehen
  37. Vorbemerkungen zu den §§ 166 ff 187
  38. § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen 247
  39. § 167 Störung der Religionsausübung 336
  40. § 167a Störung einer Bestattungsfeier 357
  41. § 168 Störung der Totenruhe 391
  42. ZWÖLFTER ABSCHNITT. Straftaten gegen den Personenstand, die Ehe und die Familie
  43. Vorbemerkungen zu den §§ 169 ff 495
  44. § 169 Personenstandsfälschung 526
  45. § 170 Verletzung der Unterhaltspflicht 558
  46. § 171 Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht 657
  47. § 172 Doppelehe 683
  48. § 173 Beischlaf zwischen Verwandten 696
  49. DREIZEHNTER ABSCHNITT. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
  50. Vorbemerkungen zu den §§ 174 ff 737
  51. § 174 Sexueller Mißbrauch von Schutzbefohlenen 780
  52. § 174a Sexueller Mißbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen 805
  53. § 174b Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung einer Amtsstellung 823
  54. § 174c Sexueller Mißbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses 832
  55. § 175 Homosexuelle Handlungen 846
  56. § 176 Sexueller Mißbrauch von Kindern 846
  57. § 176a Schwerer sexueller Mißbrauch von Kindern 884
  58. § 176b Sexueller Mißbrauch von Kindern mit Todesfolge 910
  59. § 177 Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung 913
  60. § 178 Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge 1026
  61. § 179 Sexueller Mißbrauch widerstandsunfähiger Personen 1033
  62. § 180 Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger 1063
  63. § 180a Ausbeutung von Prostituierten 1086
  64. §§ 180b und 181 (weggefallen) 1098
  65. § 181a Zuhälterei 1099
  66. § 181b Führungsaufsicht 1110
  67. § 181c Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall 1110
  68. § 182 Sexueller Mißbrauch von Jugendlichen 1113
  69. § 183 Exhibitionistische Handlungen 1139
  70. § 183a Erregung öffentlichen Ärgernisses 1147
  71. § 184 Verbreitung pornographischer Schriften 1152
  72. § 184a Verbreitung gewalt- oder tierpornographischer Schriften 1183
  73. § 184b Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften 1190
  74. § 184c Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften 1198
  75. § 184d Verbreitung pornographischer Darbietungen durch Rundfunk, Medien- oder Teledienste 1203
  76. § 184e Ausübung der verbotenen Prostitution 1206
  77. § 184f Jugendgefährdende Prostitution 1213
  78. § 184g Begriffsbestimmungen 1216
  79. VIERZEHNTER ABSCHNITT. Beleidigung
  80. Vor §§ 185 ff Vorbemerkungen 1229
  81. § 185 Beleidigung 1257
  82. § 186 Üble Nachrede 1283
  83. § 187 Verleumdung 1292
  84. § 188 Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens 1295
  85. § 189 Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener 1298
  86. § 190 Wahrheitsbeweis durch Strafurteil 1302
  87. § 191 (weggefallen) 1306
  88. § 192 Beleidigung trotz Wahrheitsbeweises 1306
  89. § 193 Wahrnehmung berechtigter Interessen 1310
  90. § 194 Strafantrag 1335
  91. §§ 195 bis 198 (weggefallen) 1343
  92. § 199 Wechselseitig begangene Beleidigungen 1343
  93. § 200 Bekanntgabe der Verurteilung 1347
  94. FÜNFZEHNTER ABSCHNITT. Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs
  95. Vorbemerkungen zu den §§ 201 ff 1349
  96. § 201 Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes 1361
  97. § 201a Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen 1391
  98. § 202 Verletzung des Briefgeheimnisses 1415
  99. § 202a Ausspähen von Daten 1435
  100. § 202b Abfangen von Daten 1452
  101. § 202c Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten 1458
  102. § 203 Verletzung von Privatgeheimnissen 1469
  103. § 204 Verwertung fremder Geheimnisse 1574
  104. § 205 Strafantrag 1578
  105. § 206 Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses 1580
  106. §§ 207 bis 210 (weggefallen) 1623
  107. Sachregister 1625
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