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„denn man irrt sehr, wenn man glaubt, daß es Antiken giebt.“ - Die Metamorphosen eines kulturellen und politischen Leitphantasmas am Beispiel eines Fragments von Friedrich von Hardenberg (Novalis)

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„denn man irrt sehr, wenn man glaubt, daß es Antiken giebt." - Die Metamorphosen eines kulturellen und po-litischen Leitphantasmas am Beispiel eines Fragments von Friedrich von Hardenberg (Novalis) Martin Schierbaum (München) Die Moderne wird durch die Macht des Trugbilds definiert. (Gilles Deleuze) 1 Das 1798 entstandene 443. Fragment aus den Vorarbeiten zu verschiede-nen Fragmentsammlungen1 Friedrich von Hardenbergs dokumentiert eine relativ unbekannte Perspektive der deutschen frühromantischen Antike-rezeption. In diesem Fragment lassen sich exemplarisch sowohl die Ein-bindung Hardenbergs in die zeitgenössischen Debatten um die Rolle der Antike wie auch der eigene Weg der Frühromantiker, schließlich auch einige Schwerpunkte dieser Arbeitsperiode Hardenbergs nachvollziehen und diskutieren. Dieses Fragment, so die hier vertretene These, projektiert keineswegs eine Abwendung von der Antike, sondern stellt eine recht elaborierte Rezeptionsform der Antike dar, die das theoretische Arsenal und die Posi-tionsbildungen in den zeitgenössischen Diskussionen fast vollständig in den Gedankengang einfließen läßt. Es bezieht sich gleichermaßen auf Kants Theorie der Einbildungskraft2, als Mittlerin zwischen Subjekt und Objekt und übernimmt die für die Frühromantik typische Konzeption der Belebung3 der Gegenstände in der Erkenntnis. In die Diskussion des 1 Novalis, Werke, Tagebücher und Briefe Friedrich von Hardenbergs, hrsg. v. Hans Joa-chim Mähl und Richard Samuel, 3 Bde., Bd. 1 und 2, München Wien 1978, Bd. 3, München Wien 1987, Bd. 2, S. 412-414. 2 Vgl. dazu Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft (im Weiteren zitiert als KdU), hrsg. v. Wilhelm Weischedel, Frankfurt / Main "1994, Β 256 u. ö. 3 Das Konzept der Belebung wird im Kontext der ästhetischen Idee entwickelt, vgl. Kant, KdU Β 198.

„denn man irrt sehr, wenn man glaubt, daß es Antiken giebt." - Die Metamorphosen eines kulturellen und po-litischen Leitphantasmas am Beispiel eines Fragments von Friedrich von Hardenberg (Novalis) Martin Schierbaum (München) Die Moderne wird durch die Macht des Trugbilds definiert. (Gilles Deleuze) 1 Das 1798 entstandene 443. Fragment aus den Vorarbeiten zu verschiede-nen Fragmentsammlungen1 Friedrich von Hardenbergs dokumentiert eine relativ unbekannte Perspektive der deutschen frühromantischen Antike-rezeption. In diesem Fragment lassen sich exemplarisch sowohl die Ein-bindung Hardenbergs in die zeitgenössischen Debatten um die Rolle der Antike wie auch der eigene Weg der Frühromantiker, schließlich auch einige Schwerpunkte dieser Arbeitsperiode Hardenbergs nachvollziehen und diskutieren. Dieses Fragment, so die hier vertretene These, projektiert keineswegs eine Abwendung von der Antike, sondern stellt eine recht elaborierte Rezeptionsform der Antike dar, die das theoretische Arsenal und die Posi-tionsbildungen in den zeitgenössischen Diskussionen fast vollständig in den Gedankengang einfließen läßt. Es bezieht sich gleichermaßen auf Kants Theorie der Einbildungskraft2, als Mittlerin zwischen Subjekt und Objekt und übernimmt die für die Frühromantik typische Konzeption der Belebung3 der Gegenstände in der Erkenntnis. In die Diskussion des 1 Novalis, Werke, Tagebücher und Briefe Friedrich von Hardenbergs, hrsg. v. Hans Joa-chim Mähl und Richard Samuel, 3 Bde., Bd. 1 und 2, München Wien 1978, Bd. 3, München Wien 1987, Bd. 2, S. 412-414. 2 Vgl. dazu Immanuel Kant, Kritik der Urteilskraft (im Weiteren zitiert als KdU), hrsg. v. Wilhelm Weischedel, Frankfurt / Main "1994, Β 256 u. ö. 3 Das Konzept der Belebung wird im Kontext der ästhetischen Idee entwickelt, vgl. Kant, KdU Β 198.

Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Vorwort 5
  3. Grußwort-des Präsidenten der Universität Hamburg Dr. Jürgen Lüthje 7
  4. Verzeichnis der Beiträge 9
  5. Einleitung 13
  6. Von Ouranios zur Universität 45
  7. „... keine Nation hat die Regeln des alten Drama mehr verkannt.“ - Antikerezeption, Antikeverfälschung und Epochenkonstitution im Frankreich des 17. Jahrhunderts 63
  8. Naturnachahmung und ironische Aktualisierung Homers in Goethes Werther-Roman 97
  9. Die Antike im Denken Edward Gibbons 123
  10. Klassik ohne Devotion. Ein Blick auf Amerikas griechisch inspirierte Architektur des 19. Jahrhunderts 143
  11. Wilhelm von Humboldt und das Studium des Altertums 179
  12. Merkur und Minerva helfen Cuauhtémoc auf die Beine: Europäisierte Amerikaerfahrung im Medium der Antike bei Bartolome de Las Casas und Alexander von Humboldt 199
  13. „denn man irrt sehr, wenn man glaubt, daß es Antiken giebt.“ - Die Metamorphosen eines kulturellen und politischen Leitphantasmas am Beispiel eines Fragments von Friedrich von Hardenberg (Novalis) 247
  14. Wozu braucht man einen Aufklärer in der Restauration? Über Euripides in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 269
  15. Heinrich Heines Stellung zu den Traditionen der griechisch-römischen Antike oder Heinrich Heine - „Bruder in Apoll“ 285
  16. Vom Reden „in verbotenen Metaphern und unerhörten Begriffsfügungen“. Nietzsches Poetik und Kunsttheorie aus dem Geiste des Dionysos 327
  17. Der sprachlose Chor. Vom kultischen Drama zum Gesamtkunstwerk 351
  18. Der Wirbel der Polis. Heidegger, Hölderlin und die griechische Kunstreligion 373
  19. Dulce et decorum est pro patria mori. Gewandelte Moral als Provokation der Philologie 389
  20. Der Mord an der Kentaurin. Zur Modernisierung der Antike in Horst Sterns Roman Klint 403
Downloaded on 23.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110952698.247/html?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOoq3XW-nSNBDWWtQ90gnxWBHyL36BIcVSekP0e7ZPGULzRw-F7JQ
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