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A. Der Besitz

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Sachenrecht
This chapter is in the book Sachenrecht
Zweiter TeilDie Sachenrechte und der BesitzA. Der BesitzI. Regelung und UrsprungDas BGB regelt zu Beginn seines Buchs über Sachenrecht den Besitz (§§ 854 ff)884. In viel-fältiger Weise knüpft das BGB an den Besitz Rechtsfolgen885: Der Besitzer wird vor884S dazu die Monographien von Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, 1992, und von Sos-nitza,Besitz und Besitzschutz, Tübingen 2003 (letztere besprochen von Gursky, AcP 204(2004), 907).885Gerade umgekehrt deutet Ernst(Vorn) den Besitz iSd §§ 854 ff aus den Rechtsfolgen geradenur dieser §§ 854 ff, dh aus dem possessorischen Besitzschutz nach §§ 859 ff, und trennt sovom Besitz iSd §§ 854 ff den Besitz iSd Erwerbstatbestände der §§ 929 ff, 1032 ff, 1205 ff, derder Eigenbesitz – unter Einschluss des Besitzes qua Pfandrecht und qua Nießbrauch, Ernst,aaO, S 25 f Fn 4, 9, 14 – sein soll (aaO, S 29 ff; zur darin liegenden Wiederanknüpfung an dasgemeine Recht s o Rn 133 Fn 235). Auf S 33 kommt Ernstzu der Aussage, § 854 sei Nomi-naldefinition, nämlich die Definition „Besitzer ist, wer possessorisch geschützt ist“. Folglichbesage zB die Aussage des § 855, dass der, der die Gewalt für einen anderen ausübt (der sog.Besitzdiener, dazu u Rn 481 f), nicht Besitzer ist, nur, dass diese Person nicht possessorischgeschützt sei, nicht aber ergebe sich daraus auch etwas für die Frage des gutgläubigen Eigen-tumserwerbs nach §§ 932 ff: Insofern, als der gutgläubige Erwerb nach § 935 I durch Abhan-denkommen, dh unfreiwilligen Besitzverlust, gehindert ist, folge nicht aus § 855, dass dieWeggabe durch den Besitzdiener für den Besitzherrn Abhandenkommen bedeute (Ernst, aaO,S 33 ff). Ernstverkehrt die Regelung des BGB: § 854 enthält offensichtlich nicht die von Ernstformulierte Nominaldefinition. Die Regelung: Besitz ist eine Position iSd §§ 854 ff, liegt einesolche vor, so gälten § 854 ff, wäre auch zirkulär. Die Vorschrift des § 854 umschreibt dem-gegenüber sinnvoll den Tatbestand des Besitzerwerbs, damit wird ein sachliches Verhältnisumschrieben, und daran knüpfen Rechtsfolgen an, nicht gilt das Umgekehrte, und erst rechtnicht geht es im Kreis herum. Ebenso enthält § 855 eine Sachaussage über die Zurechnungtatsächlicher Gewalt als Besitz und nicht einen verkürzten Ausdruck für die Einschränkungbestimmter Rechtsfolgen. Die in §§ 854 ff umschriebenen Positionen sind sodann ebensooffensichtlich, wie § 854 eine Sachaussage und nicht eine Nominaldefinition iS Ernstsenthält,nicht nur für §§ 854 ff, sondern darüber hinaus maßgeblich. Die Formulierung etwa des § 935I 2, die nur das Abhandenkommen beim unmittelbaren Besitzer dem beim Eigentümer gleich-stellt und damit erstens dem Abhandenkommen die freiwillige Weggabe durch den unmittel-baren Besitzer entgegenstellt und zweitens gerade nur die freiwillige Weggabe durch denunmittelbaren Besitzer, aber nicht die durch den Besitzdiener, entgegenstellt, kann deutlichernicht an die Unterscheidung von mittelbarem und unmittelbarem Besitz in § 868 einerseitsund die des letzteren von bloßer Besitzdienerstellung anknüpfen. Daraus folgt, dass der vonErnst, aaO, S 25, 32 zitierte Satz der Protokolle, die Vorschriften der (späteren) §§ 854 ff seienauf den Besitz als Voraussetzung des Besitzschutzes zu beschränken (Prot., MugdanIII, S 502),nichts über die Abtrennung eines besonderen Besitzes iSd Besitzschutzvorschriften von demiSd Erwerbstatbestände nach der Fassung des BGB besagt. Dies kann schon deshalb nicht gelten, weil die zu §§ 854 ff gehörige Vorschrift des § 872 den Eigenbesitz definiert und dieBesonderheit des Eigenbesitzes, wie die Denkschrift sagt (Prot., MugdanIII, S 517), nur außer-halb des Besitzschutzes liegt. Sie ist nämlich gerade für die Erwerbstatbestände relevant 435

Zweiter TeilDie Sachenrechte und der BesitzA. Der BesitzI. Regelung und UrsprungDas BGB regelt zu Beginn seines Buchs über Sachenrecht den Besitz (§§ 854 ff)884. In viel-fältiger Weise knüpft das BGB an den Besitz Rechtsfolgen885: Der Besitzer wird vor884S dazu die Monographien von Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, 1992, und von Sos-nitza,Besitz und Besitzschutz, Tübingen 2003 (letztere besprochen von Gursky, AcP 204(2004), 907).885Gerade umgekehrt deutet Ernst(Vorn) den Besitz iSd §§ 854 ff aus den Rechtsfolgen geradenur dieser §§ 854 ff, dh aus dem possessorischen Besitzschutz nach §§ 859 ff, und trennt sovom Besitz iSd §§ 854 ff den Besitz iSd Erwerbstatbestände der §§ 929 ff, 1032 ff, 1205 ff, derder Eigenbesitz – unter Einschluss des Besitzes qua Pfandrecht und qua Nießbrauch, Ernst,aaO, S 25 f Fn 4, 9, 14 – sein soll (aaO, S 29 ff; zur darin liegenden Wiederanknüpfung an dasgemeine Recht s o Rn 133 Fn 235). Auf S 33 kommt Ernstzu der Aussage, § 854 sei Nomi-naldefinition, nämlich die Definition „Besitzer ist, wer possessorisch geschützt ist“. Folglichbesage zB die Aussage des § 855, dass der, der die Gewalt für einen anderen ausübt (der sog.Besitzdiener, dazu u Rn 481 f), nicht Besitzer ist, nur, dass diese Person nicht possessorischgeschützt sei, nicht aber ergebe sich daraus auch etwas für die Frage des gutgläubigen Eigen-tumserwerbs nach §§ 932 ff: Insofern, als der gutgläubige Erwerb nach § 935 I durch Abhan-denkommen, dh unfreiwilligen Besitzverlust, gehindert ist, folge nicht aus § 855, dass dieWeggabe durch den Besitzdiener für den Besitzherrn Abhandenkommen bedeute (Ernst, aaO,S 33 ff). Ernstverkehrt die Regelung des BGB: § 854 enthält offensichtlich nicht die von Ernstformulierte Nominaldefinition. Die Regelung: Besitz ist eine Position iSd §§ 854 ff, liegt einesolche vor, so gälten § 854 ff, wäre auch zirkulär. Die Vorschrift des § 854 umschreibt dem-gegenüber sinnvoll den Tatbestand des Besitzerwerbs, damit wird ein sachliches Verhältnisumschrieben, und daran knüpfen Rechtsfolgen an, nicht gilt das Umgekehrte, und erst rechtnicht geht es im Kreis herum. Ebenso enthält § 855 eine Sachaussage über die Zurechnungtatsächlicher Gewalt als Besitz und nicht einen verkürzten Ausdruck für die Einschränkungbestimmter Rechtsfolgen. Die in §§ 854 ff umschriebenen Positionen sind sodann ebensooffensichtlich, wie § 854 eine Sachaussage und nicht eine Nominaldefinition iS Ernstsenthält,nicht nur für §§ 854 ff, sondern darüber hinaus maßgeblich. Die Formulierung etwa des § 935I 2, die nur das Abhandenkommen beim unmittelbaren Besitzer dem beim Eigentümer gleich-stellt und damit erstens dem Abhandenkommen die freiwillige Weggabe durch den unmittel-baren Besitzer entgegenstellt und zweitens gerade nur die freiwillige Weggabe durch denunmittelbaren Besitzer, aber nicht die durch den Besitzdiener, entgegenstellt, kann deutlichernicht an die Unterscheidung von mittelbarem und unmittelbarem Besitz in § 868 einerseitsund die des letzteren von bloßer Besitzdienerstellung anknüpfen. Daraus folgt, dass der vonErnst, aaO, S 25, 32 zitierte Satz der Protokolle, die Vorschriften der (späteren) §§ 854 ff seienauf den Besitz als Voraussetzung des Besitzschutzes zu beschränken (Prot., MugdanIII, S 502),nichts über die Abtrennung eines besonderen Besitzes iSd Besitzschutzvorschriften von demiSd Erwerbstatbestände nach der Fassung des BGB besagt. Dies kann schon deshalb nicht gelten, weil die zu §§ 854 ff gehörige Vorschrift des § 872 den Eigenbesitz definiert und dieBesonderheit des Eigenbesitzes, wie die Denkschrift sagt (Prot., MugdanIII, S 517), nur außer-halb des Besitzschutzes liegt. Sie ist nämlich gerade für die Erwerbstatbestände relevant 435

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