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B. Kriminalgesetzgebung und Androhungsprävention

7 sind - zumindest mittelfristig - gescheitert, nicht zuletzt wegen der dabei hintangesetzten generalpräventiven Bedürfnisse, die Kriminologie und Dogmatik im Interesse einer sinnvollen Weiterentwicklung des geltenden Rechts nicht schlichtweg leugnen dürfen, sondern orten und in ihre interpretationsleitenden Maximen einfügen müssen. Vorab muß jedoch noch eines klargestellt werden: Daß ein zunächst am Konzept der (Androhungs- und) Integrationsprävention orientiertes Erwachsenenstrafrecht in normativer Hinsicht richtig und in empirischer Hinsicht effektiv ist, muß ich in Einklang mit der ganz herrschenden Meinung10 hier voraussetzen, weil eine Problematisierung auch dieser Prämisse den vorgegebenen Rahmen bei weitem sprengen würde. B. Kriminalgesetzgebung und Androhungsprävention I. Das geltende Recht Der Nachweis, daß das geltende Jugendstrafrecht echtes Kriminalrecht ist und insofern an der generalpräventiven Funktion der strafrechtlichen Deliktstatbestände teilhaben soll, ist leicht zu führen. Denn gem. § 1 Abs. 1 JGG setzt jede jugendstrafrechtliche Maßnahme voraus, daß der Jugendliche oder Heranwachsende eine „Verfehlung", begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist. Das Jugendstrafrecht beginnt damit personenneutral bei der Kriminalisierung der legislatorisch für strafbedürftig und strafwürdig gehaltenen Verhaltensweisen, also jener gravierender Normbrüche, die regelmäßig in unerträglich friedens-' störender Weise Rechtsgüter anderer gefährden oder verletzen. Das Jugendstrafrecht garantiert so Normen mit, auf deren generelle Beachtung im Interesse friedlich-freiheitlichen Zusammenlebens aller nicht verzich-tet werden kann, und richtet, indem es die Straftaten Jugendlicher mit und private Fürsorge (Hrsg.), Grundthesen zu einem neuen Jugendhilferecht, 1971; Grieswelle, Sozialarbeit, Pädagogik und Jugendstrafrecht. Eine vergleichende Analyse, Stuttgart 1972, S. 141; Häuser, Der Jugendrichter - Idee und Wirklich-keit, Kriminologische Studien, Bd. 31, 1980, S. 234 ff.; Kaiser, Gesellschaft, Jugend und Recht. System, Träger und Handlungsstile der Jugendkontrolle, 1977, S. 120ff., 184ff.; Roestel, Das Jugendgerichtsgesetz wird den erzieherischen Auf-gaben nicht gerecht, in: ZBIJugR 57 (1970), S. 36ff. 10 Vgl. aus der hier nicht erschöpfend angebbaren Literatur statt aller aus empirisch-wissenschaftlicher Sicht: Streng, Schuld, Vergeltung, Generalpräven-tion, ZStW 92 (1980), S. 637ff.; Vanberg, Verbrechen, Strafe und Abschreckung: Die Theorie der Generalprävention im Lichte der neueren sozialwissenschaftlichen Diskussion, Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart, 509, 1982. Aus normativer Sicht vgl. statt aller Jakobs, Strafrecht AT §4 ff.; Schmidhäuser, Straf-recht AT, Studienbuch, 1982, 2 / 1 ff. jeweils m. w. Nachw.

7 sind - zumindest mittelfristig - gescheitert, nicht zuletzt wegen der dabei hintangesetzten generalpräventiven Bedürfnisse, die Kriminologie und Dogmatik im Interesse einer sinnvollen Weiterentwicklung des geltenden Rechts nicht schlichtweg leugnen dürfen, sondern orten und in ihre interpretationsleitenden Maximen einfügen müssen. Vorab muß jedoch noch eines klargestellt werden: Daß ein zunächst am Konzept der (Androhungs- und) Integrationsprävention orientiertes Erwachsenenstrafrecht in normativer Hinsicht richtig und in empirischer Hinsicht effektiv ist, muß ich in Einklang mit der ganz herrschenden Meinung10 hier voraussetzen, weil eine Problematisierung auch dieser Prämisse den vorgegebenen Rahmen bei weitem sprengen würde. B. Kriminalgesetzgebung und Androhungsprävention I. Das geltende Recht Der Nachweis, daß das geltende Jugendstrafrecht echtes Kriminalrecht ist und insofern an der generalpräventiven Funktion der strafrechtlichen Deliktstatbestände teilhaben soll, ist leicht zu führen. Denn gem. § 1 Abs. 1 JGG setzt jede jugendstrafrechtliche Maßnahme voraus, daß der Jugendliche oder Heranwachsende eine „Verfehlung", begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist. Das Jugendstrafrecht beginnt damit personenneutral bei der Kriminalisierung der legislatorisch für strafbedürftig und strafwürdig gehaltenen Verhaltensweisen, also jener gravierender Normbrüche, die regelmäßig in unerträglich friedens-' störender Weise Rechtsgüter anderer gefährden oder verletzen. Das Jugendstrafrecht garantiert so Normen mit, auf deren generelle Beachtung im Interesse friedlich-freiheitlichen Zusammenlebens aller nicht verzich-tet werden kann, und richtet, indem es die Straftaten Jugendlicher mit und private Fürsorge (Hrsg.), Grundthesen zu einem neuen Jugendhilferecht, 1971; Grieswelle, Sozialarbeit, Pädagogik und Jugendstrafrecht. Eine vergleichende Analyse, Stuttgart 1972, S. 141; Häuser, Der Jugendrichter - Idee und Wirklich-keit, Kriminologische Studien, Bd. 31, 1980, S. 234 ff.; Kaiser, Gesellschaft, Jugend und Recht. System, Träger und Handlungsstile der Jugendkontrolle, 1977, S. 120ff., 184ff.; Roestel, Das Jugendgerichtsgesetz wird den erzieherischen Auf-gaben nicht gerecht, in: ZBIJugR 57 (1970), S. 36ff. 10 Vgl. aus der hier nicht erschöpfend angebbaren Literatur statt aller aus empirisch-wissenschaftlicher Sicht: Streng, Schuld, Vergeltung, Generalpräven-tion, ZStW 92 (1980), S. 637ff.; Vanberg, Verbrechen, Strafe und Abschreckung: Die Theorie der Generalprävention im Lichte der neueren sozialwissenschaftlichen Diskussion, Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart, 509, 1982. Aus normativer Sicht vgl. statt aller Jakobs, Strafrecht AT §4 ff.; Schmidhäuser, Straf-recht AT, Studienbuch, 1982, 2 / 1 ff. jeweils m. w. Nachw.
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