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3. Kapitel: Die Zurechenbarkeit

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Allgemeines §41 Zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen schließt die Anwendung des § 193 StGB nicht aus, wenn der Wahrnehmende das Mittel für geeignet hielt61. Ebenso stellt ein Irrtum über die Geeignetheit zur Interessenwahr-nehmung einen Tatbestandsirrtum dar, der den Vorsatz ausschließt62. Ein Irrtum über die rechtlichen Grenzen des § 193 StGB hingegen stellt einen Verbotsirrtum dar. Ein verwerfbarer Irrtum über Tatsachen, der durch Ein-holung von Informationen behebbar wäre, ist unbeachtlich, weil den Beamten infolge der schuldhaften Verletzung seiner Prüfungspflicht stets ein Vorwurf auch im Hinblick auf den Irrtum trifft63. Ebenso ist der Irrtum eines Beamten über seine gesetzliche Pflicht, gegen seinen Vorgesetzten oder über Mitarbeiter eine Strafanzeige zu erstatten, unbeachtlich, da es sich allein nach objektiven Gesichtspunkten richtet, ob eine Äußerung zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht geschehen ist64. 3. Kapitel Die Zurechenbarkeit § 41. Unzurechnungsfähigkeit I. ALLGEMEINES Der aktive Beamte und der Ruhestandsbeamte können ebenso wie im all-gemeinen Strafrecht auch im Disziplinarrecht nur bestraft werden, wenn sie für ihr Tun verantwortlich sind1. Zunächst wird einmal Zurechnungsfähigkeit vor-ausgesetzt. § 51 StGB und § 105 BGB finden im Disziplinarrecht entsprechende Anwendung. Der Beamte muß fähig sein, das Unerlaubte seiner Tat einzu-sehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Π. BEGRIFF Unzurechnungsfähigkeit liegt vor, wenn jemand unfähig ist, das Uner-laubte seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Sie wird durch biologische Zustände bestimmt, die genau umrissene Wirkungen auf das Seelenleben äußern. Diese Art der Bestimmung der Unzurechnungsfähig-keit bezeichnet man als biologisch-psychologische Methode. Folgende drei biologischen Gründe können die Zurechnungsfähigkeit ausschließen: 1. Bewußtseinsstörung Hierbei handelt es sich um eine Bewußtseinstrübung oder Bewußt-seinsbeeinträchtigung, bei der der Einfluß des normalen Bewußtseins des Täters in starkem Maße ausgeschaltet ist2. Der Zustand kann sowohl krank-hafter als auch nicht krankhafter Natur sein. Zu letzterem rechnen Schlaf, Ohnmacht, u. U. Übermüdung, Hypnose und Trunkenheit. Letztere liegt be-61 RGSt. Bd. 24 S. 223. 62 Schönke-Schröder, Anm. III 3 c Abs. 2 zu § 193 StGB. 63 Vgl. Bundestagsdrucksache IV 650 Erläuterungen zu § 178 Entwurf zum StGB. 64 Vgl. Bundestagsdrucksache IV/650 Erläuterungen zu § 178 Entwurf zum StGB. 1 RÜHE Bd. 1 S. 13; RDH in Foerster, 1937 S. 28. 2 Schönke-Schröder, Anm. II 1 a zu § 51 StGB. 381
© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Allgemeines §41 Zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen schließt die Anwendung des § 193 StGB nicht aus, wenn der Wahrnehmende das Mittel für geeignet hielt61. Ebenso stellt ein Irrtum über die Geeignetheit zur Interessenwahr-nehmung einen Tatbestandsirrtum dar, der den Vorsatz ausschließt62. Ein Irrtum über die rechtlichen Grenzen des § 193 StGB hingegen stellt einen Verbotsirrtum dar. Ein verwerfbarer Irrtum über Tatsachen, der durch Ein-holung von Informationen behebbar wäre, ist unbeachtlich, weil den Beamten infolge der schuldhaften Verletzung seiner Prüfungspflicht stets ein Vorwurf auch im Hinblick auf den Irrtum trifft63. Ebenso ist der Irrtum eines Beamten über seine gesetzliche Pflicht, gegen seinen Vorgesetzten oder über Mitarbeiter eine Strafanzeige zu erstatten, unbeachtlich, da es sich allein nach objektiven Gesichtspunkten richtet, ob eine Äußerung zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht geschehen ist64. 3. Kapitel Die Zurechenbarkeit § 41. Unzurechnungsfähigkeit I. ALLGEMEINES Der aktive Beamte und der Ruhestandsbeamte können ebenso wie im all-gemeinen Strafrecht auch im Disziplinarrecht nur bestraft werden, wenn sie für ihr Tun verantwortlich sind1. Zunächst wird einmal Zurechnungsfähigkeit vor-ausgesetzt. § 51 StGB und § 105 BGB finden im Disziplinarrecht entsprechende Anwendung. Der Beamte muß fähig sein, das Unerlaubte seiner Tat einzu-sehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Π. BEGRIFF Unzurechnungsfähigkeit liegt vor, wenn jemand unfähig ist, das Uner-laubte seiner Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Sie wird durch biologische Zustände bestimmt, die genau umrissene Wirkungen auf das Seelenleben äußern. Diese Art der Bestimmung der Unzurechnungsfähig-keit bezeichnet man als biologisch-psychologische Methode. Folgende drei biologischen Gründe können die Zurechnungsfähigkeit ausschließen: 1. Bewußtseinsstörung Hierbei handelt es sich um eine Bewußtseinstrübung oder Bewußt-seinsbeeinträchtigung, bei der der Einfluß des normalen Bewußtseins des Täters in starkem Maße ausgeschaltet ist2. Der Zustand kann sowohl krank-hafter als auch nicht krankhafter Natur sein. Zu letzterem rechnen Schlaf, Ohnmacht, u. U. Übermüdung, Hypnose und Trunkenheit. Letztere liegt be-61 RGSt. Bd. 24 S. 223. 62 Schönke-Schröder, Anm. III 3 c Abs. 2 zu § 193 StGB. 63 Vgl. Bundestagsdrucksache IV 650 Erläuterungen zu § 178 Entwurf zum StGB. 64 Vgl. Bundestagsdrucksache IV/650 Erläuterungen zu § 178 Entwurf zum StGB. 1 RÜHE Bd. 1 S. 13; RDH in Foerster, 1937 S. 28. 2 Schönke-Schröder, Anm. II 1 a zu § 51 StGB. 381
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Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Vorwort III
  3. Inhaltsverzeichnis VI
  4. Abkürzungsverzeichnis XIX
  5. TEIL I. Das Disziplinarrecht
  6. § 1. Begriff des Disziplinarrechts und sein Verhältnis zum Strafrecht 1
  7. § 2. Geschichtliche Entwicklung des Disziplinarrechts 4
  8. § 3. Geschichtliche Entwicklung des Landesdisziplinarrechts nach dem Zusammenbruch von 1945 14
  9. § 4. Disziplinarrecht in Mitteldeutschland 22
  10. § 5. Prinzipien des Disziplinarrechts 23
  11. § 6. Geltungsbereich des Disziplinarrechts 53
  12. TEIL II. Das materielle Disziplinarrecht
  13. 1. Abschnitt: Die disziplinare Einwirkung durch die Disziplinarstrafe
  14. 1. Kapitel: Allgemeines 105
  15. 2. Kapitel: Die einzelnen Disziplinarstrafen 138
  16. 3. Kapitel: Der Unterhaltsbeitrag als Umstand, der die vermögensrechtlichen Folgen der Disziplinarstrafen der Entfernung aus dem Dienst und der Aberkennung des Ruhegehalts mildert 195
  17. 4. Kapitel: Außerhalb des Dienstvergehens liegende Umstände, die eine disziplinarische Bestrafung ausschließen 272
  18. 5. Kapitel: Umstände, die die Folgen einer disziplinarischen Bestrafung beseitigen 295
  19. 2. Abschnitt: Das Dienstvergehen
  20. 1. Kapitel: Die Handlung als Dienstvergehen 339
  21. 2. Kapitel: Die Rechtfertigungsgründe 362
  22. 3. Kapitel: Die Zurechenbarkeit 381
  23. 4. Kapitel: Die Schuldhaftigkeit 398
  24. 5. Kapitel: Die Täterschaft 408
  25. 6.1. Kapitel: Die einzelnen Dienstvergehen - 1. Titel Die Dienstvergehen in politischer Hinsicht 410
  26. 6.2. Kapitel: Die einzelnen Dienstvergehen - 2. Titel Die Dienstvergehen im Amt 426
  27. 6.3. Kapitel: Die einzelnen Dienstvergehen - 3. Titel Die Dienstvergehen außerhalb des Amtes 740
  28. Ergänzungen und Änderungen 817
  29. Stichwortverzeichnis 819
  30. Backmatter 855
Downloaded on 10.10.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110897234-016/html?licenseType=restricted&srsltid=AfmBOoqpCR8iRMkPHlnVsNKOCwORijgTWQIB1EdseCGY2CZNOMmwmeyh
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