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PORPHYRIOS ALS MITTLER ZWISCHEN PLOTIN UND AUGUSTIN

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Antike und Orient im Mittelalter
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PORPHYRIOS ALS MITTLER ZWISCHEN PLOTIN UND AUGUSTIN Von HEINRICH DÖRRIE I. Nicht in gleichmäßigem, breitem Strom ist das neuplatonische Ge-dankengut und wichtiger noch die neuplatonische Denkweise in das sich bildende Mittelalter eingegangen. Sondern was in den Westen herüberwirkte, ist ganz vornehmlich durch die Vermittlung eines Mannes hindurchgegangen: des Porphyrios von Tyros. Lehrreich ist der Vergleich damit, wie der Neuplatonismus auf den Islam nach-wirkte1. Auf arabischer Seite konnte man noch Jahrhunderte nach der Hedschra aus der lange fortlebenden porphyrischen und nachporphy-rischeri Tradition schöpfen. Dagegen sind im Westen die Fortschritte, die der Neuplatonismus nach Porphyrios noch machte, so gut wie un-bekannt geblieben (der Grund soll unten S. 29f. umrissen werden). Die Berührung des Abendlandes mit dem Neuplatonismus2 geschah also in Porphyrios und durch Porphyrios. Verglichen damit ist der Einfluß Plotins, den stets nur wenige zu verstehen vermochten, gering ge-blieben. In Porphyrios dagegen stellt sich eine echte Überlieferungs-Stufe dar: Alles neuplatonische Gut, das im Westen bedeutsam werden sollte, ist durch ihn vermittelt. Porphyrios lebte zu der Zeit, da die griechische und die lateinische Reichshälfte sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt stärker dissoziierten. Er starb im Jahre 304 oder 305, also kurz bevor der Kaiser Diokletian die Regierung niederlegte. Porphyrios hat also den Anbruch der neuen Ära, den Sieg des Christentums, das er so sehr haßte, nicht mehr erlebt. Porphyrios lebte noch in einer Welt, in der die Gültigkeit univer-saler Bildung unbestritten war. Und diese Bildung besaß Porphyrios wie kein zweiter. Das verdankte er seinem ersten Lehrer LONGIN, den die Nachwelt eine »Ein-Mann-Universität« nannte3. Auch Porphyrios 1 Zu den Einzelheiten ist der unten S. 179 abgedruckte Vortrag von R. WALZER ZU vergleichen. Es ergab sich unbeabsichtigt, daß beide Referate einander weitgehend ent-sprachen; denn an beiden Stellen handelt es sich um die Rezeption des Neuplatonismus durch nicht-griechische Theologen. 2 Dies gilt in aller Strenge bis (fast genau) zum Jahr 1000. Dann wird ein sehr an-derer Nachklang des Neuplatonismus in Europa wieder hörbar: Die Schriften des Dio-nysios Areopagita gelangen nach Paris und gewinnen über Johannes Scotus hohe Bedeutung. Vgl. hierzu JOSEF KOCH, Augustinischer und dionysischer Neuplatonismus und das Mittelalter, Kant-Studien 48 (1956) 117—133. 3 Eunapios, vitae soph. 7, 13 BOISSONNADE Aoyyîvos κατά τον χρόνον εκείνον βιβλιοθήκη τις f\v έμψυχος και περιπατούν Μουσείον . . .

PORPHYRIOS ALS MITTLER ZWISCHEN PLOTIN UND AUGUSTIN Von HEINRICH DÖRRIE I. Nicht in gleichmäßigem, breitem Strom ist das neuplatonische Ge-dankengut und wichtiger noch die neuplatonische Denkweise in das sich bildende Mittelalter eingegangen. Sondern was in den Westen herüberwirkte, ist ganz vornehmlich durch die Vermittlung eines Mannes hindurchgegangen: des Porphyrios von Tyros. Lehrreich ist der Vergleich damit, wie der Neuplatonismus auf den Islam nach-wirkte1. Auf arabischer Seite konnte man noch Jahrhunderte nach der Hedschra aus der lange fortlebenden porphyrischen und nachporphy-rischeri Tradition schöpfen. Dagegen sind im Westen die Fortschritte, die der Neuplatonismus nach Porphyrios noch machte, so gut wie un-bekannt geblieben (der Grund soll unten S. 29f. umrissen werden). Die Berührung des Abendlandes mit dem Neuplatonismus2 geschah also in Porphyrios und durch Porphyrios. Verglichen damit ist der Einfluß Plotins, den stets nur wenige zu verstehen vermochten, gering ge-blieben. In Porphyrios dagegen stellt sich eine echte Überlieferungs-Stufe dar: Alles neuplatonische Gut, das im Westen bedeutsam werden sollte, ist durch ihn vermittelt. Porphyrios lebte zu der Zeit, da die griechische und die lateinische Reichshälfte sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt stärker dissoziierten. Er starb im Jahre 304 oder 305, also kurz bevor der Kaiser Diokletian die Regierung niederlegte. Porphyrios hat also den Anbruch der neuen Ära, den Sieg des Christentums, das er so sehr haßte, nicht mehr erlebt. Porphyrios lebte noch in einer Welt, in der die Gültigkeit univer-saler Bildung unbestritten war. Und diese Bildung besaß Porphyrios wie kein zweiter. Das verdankte er seinem ersten Lehrer LONGIN, den die Nachwelt eine »Ein-Mann-Universität« nannte3. Auch Porphyrios 1 Zu den Einzelheiten ist der unten S. 179 abgedruckte Vortrag von R. WALZER ZU vergleichen. Es ergab sich unbeabsichtigt, daß beide Referate einander weitgehend ent-sprachen; denn an beiden Stellen handelt es sich um die Rezeption des Neuplatonismus durch nicht-griechische Theologen. 2 Dies gilt in aller Strenge bis (fast genau) zum Jahr 1000. Dann wird ein sehr an-derer Nachklang des Neuplatonismus in Europa wieder hörbar: Die Schriften des Dio-nysios Areopagita gelangen nach Paris und gewinnen über Johannes Scotus hohe Bedeutung. Vgl. hierzu JOSEF KOCH, Augustinischer und dionysischer Neuplatonismus und das Mittelalter, Kant-Studien 48 (1956) 117—133. 3 Eunapios, vitae soph. 7, 13 BOISSONNADE Aoyyîvos κατά τον χρόνον εκείνον βιβλιοθήκη τις f\v έμψυχος και περιπατούν Μουσείον . . .
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