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Zweifel, Methode und Wahrheit bei Descartes

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Denken der Individualität
This chapter is in the book Denken der Individualität
HEINZ RÖTTGES Zweifel, Methode und Wahrheit bei Descartes „Das metaphysische Philosophieren ist an sich methodisch. Es geht den Weg vom Zeichen zur Bedeutung." J.Simon, Philosophie des Zeichens, S. 31 Mit Aristoteles verbindet Descartes die stetige Bemühung um eine Grund-legung der Wissenschaften in einer ersten Philosophie, an deren Eingang, und darin nimmt er die Intention der Skepsis auf, der absolute Zweifel an allen tra-dierten und kurrenten Inhalten als auch Formen des Wissens steht. In der Wir-kungsgeschichte stärker in Erscheinung getreten jedoch ist der Eindruck eines radikalen Neuanfangs nach der langen Periode der mittelalterlichen, vornehm-lich scholastischen Philosophie, so daß Hegel in ihm den Begründer der neu-zeitlichen / modernen Philosophie begrüßt: „Rene Descartes ist in der Tat der wahrhafte Anfanger der modernen Philosophie, insofern sie das Denken zum Prinzip macht... Die Wirkung dieses Menschen auf sein Zeitalter und die neue Zeit kann nicht ausgebreitet genug vorgestellt werden. Er ist so ein Heros, der die Sache wieder einmal ganz von vorne angefangen und den Boden der Philo-sophie erst von neuem konstituiert hat, auf den sie nun erst nach dem Verlauf von tausend Jahren zurückgekehrt ist."1 Descartes selbst begründet den Titel „Meditationen" in seinen Anmerkun-gen wie folgt: „ ... macht bei den metaphysischen Gegenständen nichts so große Mühe, als die ersten Begriffe klar und distinkt zu erfassen ... Dies ist der Grund gewesen, weshalb ich lieber Meditationen geschrieben habe und nicht Abhand-lungen (Disputationes), wie die Philosophen, oder Theoreme und Probleme, wie die Geometer, um nämlich dadurch zu bezeugen, daß es nur um die zu tun ist, die sich die Mühe geben wollen, mit mir den Gegenstand aufmerksam zu betrachten und über ihn nachzudenken (meditari)." (Meditationes [S. 213 f.])2 Auch in dem vorangestellten Widmungsschreiben an die Sorbonne hebt Des-cartes den esoterischen Charakter der Meditationes hervor; zumal die Gottes-1 G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, in: Werke, hrsg. von E.Moldenhauer / K.M. Michel, Bd. 20, Frankfurt am Main 1986, S. 123. 2 Die im Text angeführten Seitenzahlen der Meditationes folgen der Paginierung der Erstausgabe.

HEINZ RÖTTGES Zweifel, Methode und Wahrheit bei Descartes „Das metaphysische Philosophieren ist an sich methodisch. Es geht den Weg vom Zeichen zur Bedeutung." J.Simon, Philosophie des Zeichens, S. 31 Mit Aristoteles verbindet Descartes die stetige Bemühung um eine Grund-legung der Wissenschaften in einer ersten Philosophie, an deren Eingang, und darin nimmt er die Intention der Skepsis auf, der absolute Zweifel an allen tra-dierten und kurrenten Inhalten als auch Formen des Wissens steht. In der Wir-kungsgeschichte stärker in Erscheinung getreten jedoch ist der Eindruck eines radikalen Neuanfangs nach der langen Periode der mittelalterlichen, vornehm-lich scholastischen Philosophie, so daß Hegel in ihm den Begründer der neu-zeitlichen / modernen Philosophie begrüßt: „Rene Descartes ist in der Tat der wahrhafte Anfanger der modernen Philosophie, insofern sie das Denken zum Prinzip macht... Die Wirkung dieses Menschen auf sein Zeitalter und die neue Zeit kann nicht ausgebreitet genug vorgestellt werden. Er ist so ein Heros, der die Sache wieder einmal ganz von vorne angefangen und den Boden der Philo-sophie erst von neuem konstituiert hat, auf den sie nun erst nach dem Verlauf von tausend Jahren zurückgekehrt ist."1 Descartes selbst begründet den Titel „Meditationen" in seinen Anmerkun-gen wie folgt: „ ... macht bei den metaphysischen Gegenständen nichts so große Mühe, als die ersten Begriffe klar und distinkt zu erfassen ... Dies ist der Grund gewesen, weshalb ich lieber Meditationen geschrieben habe und nicht Abhand-lungen (Disputationes), wie die Philosophen, oder Theoreme und Probleme, wie die Geometer, um nämlich dadurch zu bezeugen, daß es nur um die zu tun ist, die sich die Mühe geben wollen, mit mir den Gegenstand aufmerksam zu betrachten und über ihn nachzudenken (meditari)." (Meditationes [S. 213 f.])2 Auch in dem vorangestellten Widmungsschreiben an die Sorbonne hebt Des-cartes den esoterischen Charakter der Meditationes hervor; zumal die Gottes-1 G.W.F. Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, in: Werke, hrsg. von E.Moldenhauer / K.M. Michel, Bd. 20, Frankfurt am Main 1986, S. 123. 2 Die im Text angeführten Seitenzahlen der Meditationes folgen der Paginierung der Erstausgabe.

Chapters in this book

  1. i-vi i
  2. Vorwort vii
  3. Inhaltsverzeichnis ix
  4. I. Individualität – Personalität – Selbstbewußtsein. Systematische Perspektiven und Begriffsbestimmungen
  5. Das Individuum und seine Identifizierung in der Welt der Kontingenz 3
  6. Stadien des Personbegriffs. Notizen beim Lesen eines Wörterbuchartikels 27
  7. Die Verdoppelung des Ich 39
  8. Dichten der Individualität 55
  9. Psychische Vertrautheit und epistemische Selbstzuschreibung 67
  10. Die Individualität von Gedanken 87
  11. II. Individualität in Subjektivität und Sein, Natur und Kunst. Historische Aneignungen
  12. Zweifel, Methode und Wahrheit bei Descartes 105
  13. Die Konzeption der Individualität in der Frühromantik 121
  14. Der Weg zur transzendentalen Einheit des Selbstbewußtseins bei Kant 151
  15. Schwermut. Der späte Schelling und die Kunst 169
  16. Idee, Natur und System 183
  17. Die Positivität des Christentums in Hegels Religionsphilosophie 209
  18. Persönlichkeit und Kreis. Der Systemabschluß in der Konzeption Hegels 227
  19. Tocqueville über die politischen Implikationen des neuzeitlichen Individualismus 239
  20. Über Stolz und Eitelkeit bei Kant, Schopenhauer und Nietzsche 253
  21. Verwahrung und Wahrheit des Seins. Heideggers ursprüngliche Deutung der Aletheia 275
  22. III. Ethik und Hermeneutik
  23. Ethik und Theologie. Thesen zu ihrer Verhältnisbestimmung 297
  24. Individualität und Negativität des Verstehens 309
  25. Das innere Ohr. Distanz und Selbstreflexion in der Hermeneutik 325
  26. Zeichenphilosophie, Ontologie und Ethik 337
  27. Zum Verhältnis von Zeichen und Erfahrung. Anmerkungen zu Josef Simons Konzeption einer »Philosophie des Zeichens« 359
  28. Der Begriff der »Bedeutung« in Wittgensteins Spätphilosophie 367
  29. Imagination und Kognition. Zur Funktion der Einbildungskraft in Wahrnehmung, Sprache und Repräsentation 381
  30. Publikationsverzeichnis 1965 — 1994 399
  31. Sachregister 413
  32. 423-424 423
Downloaded on 18.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110872958.105/html?srsltid=AfmBOooh6uLvs-wd9Eyv9ms9JXAVSJkslEYLrJlA9w1z7KY3NVHJVCom
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