Home Philosophy 3. Die Grundbegriffe der Ideenlehre
Chapter
Licensed
Unlicensed Requires Authentication

3. Die Grundbegriffe der Ideenlehre

Become an author with De Gruyter Brill
Platons Ideenlehre
This chapter is in the book Platons Ideenlehre
§ 3 Die Grundbegriffe der Ideenlehre 37 gen der hier vorgelegten Interpretation ist es, die Bedeutung der im Parmenides und im Sophistes auftretenden Reflexion deutlich zu madien. Diese Interpretation will, auf viele Vorgänger zurückgrei-fend, in vollem Umfang zeigen, daß Piaton die Ideenlehre nicht nur gelehrt, sondern daß er selbst über den Sinn und die Bedeutung der Ideenlehre reflektiert hat. In der Herausarbeitung dieser Reflexion liegt die besondere Aufgabe dieser Interpretation. § 3 Die Grundbegriffe der Ideenlehre Die Ideenlehre setzt im Phaidon ein mit der Grundunterscheidung: zwei Weisen des Seins (79 A). Das hier Gesagte ist freilich nicht leicht zu übersetzen. Piaton benutzt das Wort EIDOS, das meistens die Idee bezeichnet, oft aber auch die Gattung, die Art. Hier kann es nur die letztere Bedeutung haben. Dann müßte man also übersetzen: zwei Gattungen des Seins, zwei Arten des Seins. Nun steht aber nodi dahin, ob das Sein ein Allgemeinbegriff ist, der so in zwei Gattungen oder in zwei Arten zerfällt wie der Allgemeinbegriff „natürliche Zahl" in die geraden und in die ungeraden Zahlen. Es scheint daher ange-bracht, in einer vorsichtigen Übersetzung diese Implikation zu ver-meiden. Man könnte sagen: zwei Modi des Seins. Man würde dann auf den lateinischen Terminus „modus" ausweichen, auf den schon das Mittelalter ausgewichen ist, wenn es darum ging, einen neutralen Terminus zu finden. Dieser lateinische Terminus „modus" würde dann durch den deutschen Terminus „Weise" wiedergegeben, um auch im Deutschen einen Terminus zu finden, der möglichst wenig ontologische Implikationen enthält. Noch schwieriger ist die Übersetzung des Genitivs: TON ONTON. Er ist der Genitiv des partizipium pluralis TA ONTA, die Seienden. Nun kann das Griechische mit großer Leichtigkeit von dem Wort „Sein" sowohl den substantivierten Infinitiv TO EINAI als auch das Partizip TO ON verwenden. Dies verhält sich in den einzelnen Sprachen ganz verschieden. In einigen wird der substantivierte Infini-tiv von Sein als sprachlich schlecht empfunden, in anderen das Parti-Phaidon 79 Α δύο είδη των δντων

§ 3 Die Grundbegriffe der Ideenlehre 37 gen der hier vorgelegten Interpretation ist es, die Bedeutung der im Parmenides und im Sophistes auftretenden Reflexion deutlich zu madien. Diese Interpretation will, auf viele Vorgänger zurückgrei-fend, in vollem Umfang zeigen, daß Piaton die Ideenlehre nicht nur gelehrt, sondern daß er selbst über den Sinn und die Bedeutung der Ideenlehre reflektiert hat. In der Herausarbeitung dieser Reflexion liegt die besondere Aufgabe dieser Interpretation. § 3 Die Grundbegriffe der Ideenlehre Die Ideenlehre setzt im Phaidon ein mit der Grundunterscheidung: zwei Weisen des Seins (79 A). Das hier Gesagte ist freilich nicht leicht zu übersetzen. Piaton benutzt das Wort EIDOS, das meistens die Idee bezeichnet, oft aber auch die Gattung, die Art. Hier kann es nur die letztere Bedeutung haben. Dann müßte man also übersetzen: zwei Gattungen des Seins, zwei Arten des Seins. Nun steht aber nodi dahin, ob das Sein ein Allgemeinbegriff ist, der so in zwei Gattungen oder in zwei Arten zerfällt wie der Allgemeinbegriff „natürliche Zahl" in die geraden und in die ungeraden Zahlen. Es scheint daher ange-bracht, in einer vorsichtigen Übersetzung diese Implikation zu ver-meiden. Man könnte sagen: zwei Modi des Seins. Man würde dann auf den lateinischen Terminus „modus" ausweichen, auf den schon das Mittelalter ausgewichen ist, wenn es darum ging, einen neutralen Terminus zu finden. Dieser lateinische Terminus „modus" würde dann durch den deutschen Terminus „Weise" wiedergegeben, um auch im Deutschen einen Terminus zu finden, der möglichst wenig ontologische Implikationen enthält. Noch schwieriger ist die Übersetzung des Genitivs: TON ONTON. Er ist der Genitiv des partizipium pluralis TA ONTA, die Seienden. Nun kann das Griechische mit großer Leichtigkeit von dem Wort „Sein" sowohl den substantivierten Infinitiv TO EINAI als auch das Partizip TO ON verwenden. Dies verhält sich in den einzelnen Sprachen ganz verschieden. In einigen wird der substantivierte Infini-tiv von Sein als sprachlich schlecht empfunden, in anderen das Parti-Phaidon 79 Α δύο είδη των δντων
Downloaded on 18.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110839432.37/html?lang=en&srsltid=AfmBOopHVhyzP5bMCdSbwHAPPTo6brs0P_XoUFJV0QyUZQ0cLJ9hcdri
Scroll to top button