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Hofmannsthal „Reiselied”

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Die Entstehung des lyrischen Ich
This chapter is in the book Die Entstehung des lyrischen Ich
Hugo von Hofmannsthal „Reiselied" Hugo von Hofmannethal, Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Stockholm: Bermann-Fischer, später Frankfurt: S.Fischer 194J f. [zit. GLD = Gedichte und lyrische Dramen; Ρ = Prosa; A = Aufzeichnungen] Hugo von Hofmannsthal, Briefe 1890—1901. Berlin: Fischer 1935 [zit. Briefe] Hugo von Hof mannsthal Edgar Karg von Bebenburg, Briefwech-sel, hrsg. von Mary E. Gilbert. Frankfurt: Fischer 1966 Briefwechsel zwischen George und Hofmannsthal, hrsg. von Robert Böhringer. München/Düsseldorf: Küpper vorm. Bondi 1953a Hugo von Hofmannsthal Arthur Schnitzler, Briefwechsel, hrsg. von Therese Nicki und Heinrich Schnitzler. Frankfurt: Fischer 1964 Im Selbstgespräch des jungen Hofmannsthal, wie wir es aus den postum veröffentlichten Aufzeichnungen seines Journal intime kennen, spielt die Frage, was das Ich sei, von Anfang an eine bedeutende Rolle. Die dritte veröffentlichte Eintragung lautet: 29. XII. 1890 Wir verstehen nur uns selbst, und an uns selbst nur das Gegenwärtige, und auch den gegenwärtigen Gedanken nur solang als wir ihn denken, als er flüssig ist.1 Das wird ein halbes Jahr später nodi verdeutlicht: Wir haben kein Bewußtsein über den Augenblick hinaus, weil jede unserer Seelen nur einen Augenblick lebt. Das Gedächtnis gehört nur dem Körper: er reproduziert scheinbar das Vergangene, d. h. er er-zeugt ein ähnliches Neues in der Stimmung. Mein Ich von gestern geht mich so wenig an wie das Ich Napoleons oder Goethes.8 Das Ich, das in diesen Bemerkungen bestritten wird, ist das ego cogitans, das als Konstante die wechselnden Vorgänge der Wahrnehmung und Empfindung begleitet und ihren Zusammenhang herstellt. Es ist hier weitgehend dem Gedächtnis gleichgesetzt, das Vergangenes lebendig hält. 1 A S. 89 2 A.a.O. S. 93 283

Hugo von Hofmannsthal „Reiselied" Hugo von Hofmannethal, Gesammelte Werke in Einzelausgaben. Stockholm: Bermann-Fischer, später Frankfurt: S.Fischer 194J f. [zit. GLD = Gedichte und lyrische Dramen; Ρ = Prosa; A = Aufzeichnungen] Hugo von Hofmannsthal, Briefe 1890—1901. Berlin: Fischer 1935 [zit. Briefe] Hugo von Hof mannsthal Edgar Karg von Bebenburg, Briefwech-sel, hrsg. von Mary E. Gilbert. Frankfurt: Fischer 1966 Briefwechsel zwischen George und Hofmannsthal, hrsg. von Robert Böhringer. München/Düsseldorf: Küpper vorm. Bondi 1953a Hugo von Hofmannsthal Arthur Schnitzler, Briefwechsel, hrsg. von Therese Nicki und Heinrich Schnitzler. Frankfurt: Fischer 1964 Im Selbstgespräch des jungen Hofmannsthal, wie wir es aus den postum veröffentlichten Aufzeichnungen seines Journal intime kennen, spielt die Frage, was das Ich sei, von Anfang an eine bedeutende Rolle. Die dritte veröffentlichte Eintragung lautet: 29. XII. 1890 Wir verstehen nur uns selbst, und an uns selbst nur das Gegenwärtige, und auch den gegenwärtigen Gedanken nur solang als wir ihn denken, als er flüssig ist.1 Das wird ein halbes Jahr später nodi verdeutlicht: Wir haben kein Bewußtsein über den Augenblick hinaus, weil jede unserer Seelen nur einen Augenblick lebt. Das Gedächtnis gehört nur dem Körper: er reproduziert scheinbar das Vergangene, d. h. er er-zeugt ein ähnliches Neues in der Stimmung. Mein Ich von gestern geht mich so wenig an wie das Ich Napoleons oder Goethes.8 Das Ich, das in diesen Bemerkungen bestritten wird, ist das ego cogitans, das als Konstante die wechselnden Vorgänge der Wahrnehmung und Empfindung begleitet und ihren Zusammenhang herstellt. Es ist hier weitgehend dem Gedächtnis gleichgesetzt, das Vergangenes lebendig hält. 1 A S. 89 2 A.a.O. S. 93 283
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