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2 Epische Modellierung des ideologischen Konflikts in den fünf Kolumbus-Epen ab 1750

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Kolumbus-Epik
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2 Epische Modellierung des ideologischenKonflikts in den fünf Kolumbus-Epen ab 17502.1 Einleitendes zum VorgehenWie im ersten Kapitel umrissen, soll es im Hauptteil meiner Arbeit darum gehen,die fünf Kolumbus-Epen meines Korpus erstmalig und möglichst umfassend, aberauch mit dem nötigen Blick für relevante Details vorzustellen. Naheliegenderweisekreisen dieje nach Ergiebigkeit der Texte und von mir erkannten Forschungslü-ckenquantitativ unterschiedlich ins Gewicht fallenden Analysen stets um densel-ben grundlegenden Konflikt: um das Aufeinandertreffen zweier disparaterWelten,oder besser:Semiosphären. Dieser in Anlehnung an Bernhard Huss/Gerd König/Alexander Winkler:Chronotopik und Ideologie im Eposgewählte Begriff umfasst diezahllosen Implikationen politischer, sozialer, moralischer, ... Art, zu denen es beimAufeinandertreffen der Kulturen der Neuen und der Alten Welt kommt und die lite-rarisch ausgestaltet werden könnten. Eingeschränkt wird die epische Modellierungsodann durch Aspekte, wie sie in Kap. 1 skizziert wurden: Neben der historischenRealitätsind dies gerade gattungstheoretische Vorgaben. Eine Besonderheit desepischen Genres ist nun sicherlich die klar zu umreißende Liste an Motiven oderauch Topoi, die sich ausgehend von antiken Gattungsvorbildern im Laufe derGattungsgeschichte so verfestigt haben, dass nachgerade alle AutorInnen sie inihre Epen implementieren (müssen). Die Rede ist von Proömien, epischen Gleich-nissen, dem Motiv des Seesturms, von Heldenkatalogen, konkreten Kriegsszenenmit Aristien oder auch der Veranstaltung von Leichenspielen. Diese Grundbau-steine werden durch den jeweiligen Autor bzw. die jeweilige Autorin immer indi-viduell ausgearbeitet.1Die Grundlage meiner Epenanalyse ist das von jeder wissenschaftlichen In-terpretation geforderte, feinfühlige Herauspräparieren der den Texten zugrundeliegenden speziellen Sicht auf die Weltwozu auch eine Zusammenstellungvon relevanten Indizien, wie soziokulturellen Umständen, biographischen Vor-erfahrungen der AutorInnen, möglichen Auftraggebern o. Ä., nicht fehlen darf.Die spezielle Perspektivierung der geschilderten Ereignisse bedingt den textuel-len Befund des Epos, seine Makrostruktur (Dispositio), die auszumachendenroten Fäden und strukturgebenden Themen sowie Ringkompositionen. Dasselbegilt im Kleinen für eher punktuell eingesetzte Motiv(blöck)e, die ihrerseits dem1Pierino Gallo, Sur quelques paradoxes de lépopée au XVIIIesiècle, S. 275, spricht von einem«réarrangement des topoï».https://doi.org/10.1515/9783110732405-002
© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

2 Epische Modellierung des ideologischenKonflikts in den fünf Kolumbus-Epen ab 17502.1 Einleitendes zum VorgehenWie im ersten Kapitel umrissen, soll es im Hauptteil meiner Arbeit darum gehen,die fünf Kolumbus-Epen meines Korpus erstmalig und möglichst umfassend, aberauch mit dem nötigen Blick für relevante Details vorzustellen. Naheliegenderweisekreisen dieje nach Ergiebigkeit der Texte und von mir erkannten Forschungslü-ckenquantitativ unterschiedlich ins Gewicht fallenden Analysen stets um densel-ben grundlegenden Konflikt: um das Aufeinandertreffen zweier disparaterWelten,oder besser:Semiosphären. Dieser in Anlehnung an Bernhard Huss/Gerd König/Alexander Winkler:Chronotopik und Ideologie im Eposgewählte Begriff umfasst diezahllosen Implikationen politischer, sozialer, moralischer, ... Art, zu denen es beimAufeinandertreffen der Kulturen der Neuen und der Alten Welt kommt und die lite-rarisch ausgestaltet werden könnten. Eingeschränkt wird die epische Modellierungsodann durch Aspekte, wie sie in Kap. 1 skizziert wurden: Neben der historischenRealitätsind dies gerade gattungstheoretische Vorgaben. Eine Besonderheit desepischen Genres ist nun sicherlich die klar zu umreißende Liste an Motiven oderauch Topoi, die sich ausgehend von antiken Gattungsvorbildern im Laufe derGattungsgeschichte so verfestigt haben, dass nachgerade alle AutorInnen sie inihre Epen implementieren (müssen). Die Rede ist von Proömien, epischen Gleich-nissen, dem Motiv des Seesturms, von Heldenkatalogen, konkreten Kriegsszenenmit Aristien oder auch der Veranstaltung von Leichenspielen. Diese Grundbau-steine werden durch den jeweiligen Autor bzw. die jeweilige Autorin immer indi-viduell ausgearbeitet.1Die Grundlage meiner Epenanalyse ist das von jeder wissenschaftlichen In-terpretation geforderte, feinfühlige Herauspräparieren der den Texten zugrundeliegenden speziellen Sicht auf die Weltwozu auch eine Zusammenstellungvon relevanten Indizien, wie soziokulturellen Umständen, biographischen Vor-erfahrungen der AutorInnen, möglichen Auftraggebern o. Ä., nicht fehlen darf.Die spezielle Perspektivierung der geschilderten Ereignisse bedingt den textuel-len Befund des Epos, seine Makrostruktur (Dispositio), die auszumachendenroten Fäden und strukturgebenden Themen sowie Ringkompositionen. Dasselbegilt im Kleinen für eher punktuell eingesetzte Motiv(blöck)e, die ihrerseits dem1Pierino Gallo, Sur quelques paradoxes de lépopée au XVIIIesiècle, S. 275, spricht von einem«réarrangement des topoï».https://doi.org/10.1515/9783110732405-002
© 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston
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