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1 Theoriekonzepte zur möglichen Beschreibung einer lyrischen Narrativität

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https://doi.org/10.1515/9783110684360-002Theoriekonzepte zur möglichen Beschreibung einer lyrischen Narrativität .Terminologische Bemerkungen im Vorfeld der Lyrik Bevor auf die Merkmale einer Gattung Lyrik eingegangen wird, ist es sinnvoll danach zu fragen, welche Aussage der Terminus ‚Gattung‘ überhaupt treffen kann und möchte. Dazu soll im folgenden Abschnitt einerseits die historische Gemachtheit der klassischen Trias vor alternativen Ordnungsmöglichkeiten in Erinnerung gerufen werden. Andererseits ist der mediävistische Begriffsdiskurs zu Rate zu ziehen, um aus der Kombination dieser beiden Problemfelder eine Abstraktion jener Aufgabe vorzu-nehmen, die die Gattung in der Beziehung zwischen Autor und Rezipient wahrnimmt. ..Der Gattungsbegriff Die Gegebenheit der klassischen Trias und der Ordnungskategorie ‚Gattung‘ allge-mein, die der umgangssprachlich selbstverständliche Gebrauch vermuten lässt, darf bezweifelt werden, offenbart doch bereits ein flüchtiger Blick in die Geschichte der Gattungen deren historische Dynamik.1 Bereits die Antike liefert erste Beispiele für die zweckmäßige Einteilung von Texten in Gattungen.2 Auch die Trias als Konzept tritt bereits hier auf, doch mit deutlich anderer Füllung als zu Goethes Zeiten: Klaus W. Hempfer führtDiomedes als Erstbeleg für eine Trias an, die im 4. Jahrhun-dert n. Chr. ihre Texte nach dem Redekriterium in genus activum vel imitativum, genus enarrativum vel enuntiativum und genus commune vel mixtum einteilt.3 Neben einer triadischen existieren auch dyadische Ordnungen, so beiAristoteles4(erzählend und dramatisch) und später bei Käte Hamburger (mimetisch und lyrisch)5, wobei letztere auch den sehr viel spezielleren Fall der Ballade gleichermaßen als Gattung und nicht etwa als Subgattung oder Liedtyp bezeichnet. @@ 1Vgl. dazu auch die Überblickswerke bei Klaus W. Hempfer: Gattungstheorie. Information und Syn-these. München 1973 (UTB. 133) und Zymner, Gattungstheorie. 2 Die Benennung als ‚Gattung‘ ist jedoch neuzeitlich: Sie entsteht im 15. Jahrhundert. Vgl. Klaus W. Hempfer: Art. Gattung. In: RLW 1 (1997), S. 651–655, hier S. 652. 3 Vgl. hier und im Folgenden ebd. 4 René Wellek und Austin Warren weisen darauf hin, dass Aristoteles Lyrik, Epik und Drama bereits nach ihrer jeweiligen Nachahmungsweise (Dichter spricht allein vs. Dichter und Figuren sprechen vs. Figuren sprechen allein) unterscheidet, diese Varianz jedoch nicht zu Gattungen ausarbeitet. Vgl. René Wellek, Austin Warren: Theorie der Literatur. Berlin 1969, S. 204. 5 Vgl. Käte Hamburger: Die Logik der Dichtung. 3. Auflage. Frankfurt am Main 1980, hier S. 57–205 u. S. 206–256. Vgl. einen ähnlichen Ansatz bei Gérard Genette: Fiktion und Diktion. München 1992, S. 11–40, zum Umriss des Lyrischen dort bes. S. 24.
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

https://doi.org/10.1515/9783110684360-002Theoriekonzepte zur möglichen Beschreibung einer lyrischen Narrativität .Terminologische Bemerkungen im Vorfeld der Lyrik Bevor auf die Merkmale einer Gattung Lyrik eingegangen wird, ist es sinnvoll danach zu fragen, welche Aussage der Terminus ‚Gattung‘ überhaupt treffen kann und möchte. Dazu soll im folgenden Abschnitt einerseits die historische Gemachtheit der klassischen Trias vor alternativen Ordnungsmöglichkeiten in Erinnerung gerufen werden. Andererseits ist der mediävistische Begriffsdiskurs zu Rate zu ziehen, um aus der Kombination dieser beiden Problemfelder eine Abstraktion jener Aufgabe vorzu-nehmen, die die Gattung in der Beziehung zwischen Autor und Rezipient wahrnimmt. ..Der Gattungsbegriff Die Gegebenheit der klassischen Trias und der Ordnungskategorie ‚Gattung‘ allge-mein, die der umgangssprachlich selbstverständliche Gebrauch vermuten lässt, darf bezweifelt werden, offenbart doch bereits ein flüchtiger Blick in die Geschichte der Gattungen deren historische Dynamik.1 Bereits die Antike liefert erste Beispiele für die zweckmäßige Einteilung von Texten in Gattungen.2 Auch die Trias als Konzept tritt bereits hier auf, doch mit deutlich anderer Füllung als zu Goethes Zeiten: Klaus W. Hempfer führtDiomedes als Erstbeleg für eine Trias an, die im 4. Jahrhun-dert n. Chr. ihre Texte nach dem Redekriterium in genus activum vel imitativum, genus enarrativum vel enuntiativum und genus commune vel mixtum einteilt.3 Neben einer triadischen existieren auch dyadische Ordnungen, so beiAristoteles4(erzählend und dramatisch) und später bei Käte Hamburger (mimetisch und lyrisch)5, wobei letztere auch den sehr viel spezielleren Fall der Ballade gleichermaßen als Gattung und nicht etwa als Subgattung oder Liedtyp bezeichnet. @@ 1Vgl. dazu auch die Überblickswerke bei Klaus W. Hempfer: Gattungstheorie. Information und Syn-these. München 1973 (UTB. 133) und Zymner, Gattungstheorie. 2 Die Benennung als ‚Gattung‘ ist jedoch neuzeitlich: Sie entsteht im 15. Jahrhundert. Vgl. Klaus W. Hempfer: Art. Gattung. In: RLW 1 (1997), S. 651–655, hier S. 652. 3 Vgl. hier und im Folgenden ebd. 4 René Wellek und Austin Warren weisen darauf hin, dass Aristoteles Lyrik, Epik und Drama bereits nach ihrer jeweiligen Nachahmungsweise (Dichter spricht allein vs. Dichter und Figuren sprechen vs. Figuren sprechen allein) unterscheidet, diese Varianz jedoch nicht zu Gattungen ausarbeitet. Vgl. René Wellek, Austin Warren: Theorie der Literatur. Berlin 1969, S. 204. 5 Vgl. Käte Hamburger: Die Logik der Dichtung. 3. Auflage. Frankfurt am Main 1980, hier S. 57–205 u. S. 206–256. Vgl. einen ähnlichen Ansatz bei Gérard Genette: Fiktion und Diktion. München 1992, S. 11–40, zum Umriss des Lyrischen dort bes. S. 24.
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