Home Dialektik der Aufklärung im tellurischen Maßstab? Zur Bedeutung des Verhältnisses von tellurischer und planetarischer Politik für den Anthropozän- Diskurs
Chapter
Licensed
Unlicensed Requires Authentication

Dialektik der Aufklärung im tellurischen Maßstab? Zur Bedeutung des Verhältnisses von tellurischer und planetarischer Politik für den Anthropozän- Diskurs

Become an author with De Gruyter Brill
Der Anthropos im Anthropozän
This chapter is in the book Der Anthropos im Anthropozän
Sebastian EdingerDialektik der Aufklärung im tellurischen Maßstab? Zur Bedeutung des Verhältnisses von tellurischer und planetarischer Politik für den Anthropozän-DiskursDen sogenannten Anthropozän­Diskurs kann man als einen Anschlussdiskurs bestimmen, der sich in einem asymmetrischen Verhältnis zu geologischen und ökologischen Forschungsunternehmungen und deren Interpretation befindet: Der Anthropozän­Diskurs setzt streng genommen die naturwissenschaftliche Forschung sowie einen – beides ist nicht deckungsgleich – naturwissenschaft­lich beeinflussten Diskurs über den menschlichen Einfluss auf die geologisch­ökologischen Determinanten der planetarischen Ökosphäre voraus und ist von seinen Ergebnissen abhängig, während die Geophysik bestens ohne den Anthro­pozän­Diskurs auskommt. Wo die Diskussion sich monothematisch um Klima­wandel­Fragen zentriert,1 wird nicht nur das nicht weniger signifikante Atom­waffenarsenal (siehe Jaspers 1960) und dessen destruktives Potenzial vergessen, sondern auch die sogenannte Umweltproblematik auf fahrlässige Weise verkürzt, wie Foster, York und Clark in ihrem Buch Der ökologische Bruch. Der Krieg des Kapitals gegen den Planeten gezeigt haben, in dem sie den Klimawandel als nur 1 Sonja Margolina hat bereits 1995 in ihrem Buch Die gemütliche Apokalypse. Unbotmäßiges zu Klimahysterie und Einwanderungsdebatte in Deutschland die folgende Mahnung scharfzüngig formuliert: „Heutzutage gibt es keine Hochschule, an der nicht Systemanalyse gelehrt wird. Trotzdem ist in der Umweltpolitik keine Spur der Systemanalyse zu entdecken: Man bemüht sich, die Emissionen der Stickstoffverbindungen in den Autoabgasen zu senken, ohne z.B. die Landwirtschaft ins Visier zu nehmen. Man kalkuliert das künftige Energiesparen, ohne daß man einzuschätzen versucht, wie der Energieverbrauch mit dem bevorstehenden gAT T steigen würde. Man stürzt sich auf das Kohlendioxyd und kämpft erbittert um jedes Prozent, vergißt aber zu­gleich, daß das Methan aus den undichten Gas­ und Erdölleitungen in Rußland in einer Größe entweicht, die die Hälfte des gesamten Jahresverbrauchs der Bundesrepublik ausmacht.“ (Mar­golina 1995, 136) Seitdem haben sich Co₂ und Komplexitätsbeschwörungen in der Atmosphäre exorbitant angereichert, während die Komplexitätspotenz anscheinend proportional dazu abge­nommen hat. Zur Bedeutung von Methan siehe auch Randers 2012, 66 und 71–71 sowie Berners­Lee 2019, 79, 201–202 und die folgende Stelle: „In fact if you compare the global warming impact of methane over 20 years to the same weight of carbon dioxide of that period you find it is 76 times worse.“ (Ebd., 231) Dann bleiben immer noch etliche bereits genannte und teilweise auch doppeldeutige Interdependenzen (siehe Margolina 1995, 33) zu berücksichtigen.https://doi.org/10.1515/9783110668551-008
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Sebastian EdingerDialektik der Aufklärung im tellurischen Maßstab? Zur Bedeutung des Verhältnisses von tellurischer und planetarischer Politik für den Anthropozän-DiskursDen sogenannten Anthropozän­Diskurs kann man als einen Anschlussdiskurs bestimmen, der sich in einem asymmetrischen Verhältnis zu geologischen und ökologischen Forschungsunternehmungen und deren Interpretation befindet: Der Anthropozän­Diskurs setzt streng genommen die naturwissenschaftliche Forschung sowie einen – beides ist nicht deckungsgleich – naturwissenschaft­lich beeinflussten Diskurs über den menschlichen Einfluss auf die geologisch­ökologischen Determinanten der planetarischen Ökosphäre voraus und ist von seinen Ergebnissen abhängig, während die Geophysik bestens ohne den Anthro­pozän­Diskurs auskommt. Wo die Diskussion sich monothematisch um Klima­wandel­Fragen zentriert,1 wird nicht nur das nicht weniger signifikante Atom­waffenarsenal (siehe Jaspers 1960) und dessen destruktives Potenzial vergessen, sondern auch die sogenannte Umweltproblematik auf fahrlässige Weise verkürzt, wie Foster, York und Clark in ihrem Buch Der ökologische Bruch. Der Krieg des Kapitals gegen den Planeten gezeigt haben, in dem sie den Klimawandel als nur 1 Sonja Margolina hat bereits 1995 in ihrem Buch Die gemütliche Apokalypse. Unbotmäßiges zu Klimahysterie und Einwanderungsdebatte in Deutschland die folgende Mahnung scharfzüngig formuliert: „Heutzutage gibt es keine Hochschule, an der nicht Systemanalyse gelehrt wird. Trotzdem ist in der Umweltpolitik keine Spur der Systemanalyse zu entdecken: Man bemüht sich, die Emissionen der Stickstoffverbindungen in den Autoabgasen zu senken, ohne z.B. die Landwirtschaft ins Visier zu nehmen. Man kalkuliert das künftige Energiesparen, ohne daß man einzuschätzen versucht, wie der Energieverbrauch mit dem bevorstehenden gAT T steigen würde. Man stürzt sich auf das Kohlendioxyd und kämpft erbittert um jedes Prozent, vergißt aber zu­gleich, daß das Methan aus den undichten Gas­ und Erdölleitungen in Rußland in einer Größe entweicht, die die Hälfte des gesamten Jahresverbrauchs der Bundesrepublik ausmacht.“ (Mar­golina 1995, 136) Seitdem haben sich Co₂ und Komplexitätsbeschwörungen in der Atmosphäre exorbitant angereichert, während die Komplexitätspotenz anscheinend proportional dazu abge­nommen hat. Zur Bedeutung von Methan siehe auch Randers 2012, 66 und 71–71 sowie Berners­Lee 2019, 79, 201–202 und die folgende Stelle: „In fact if you compare the global warming impact of methane over 20 years to the same weight of carbon dioxide of that period you find it is 76 times worse.“ (Ebd., 231) Dann bleiben immer noch etliche bereits genannte und teilweise auch doppeldeutige Interdependenzen (siehe Margolina 1995, 33) zu berücksichtigen.https://doi.org/10.1515/9783110668551-008
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston
Downloaded on 18.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110668551-008/html?srsltid=AfmBOopuK9m0KC405fLESD1-PY-GihcVUpcGVl5pIeSt5jtYwnoRd-6k
Scroll to top button