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9 Fallbasiertes Schließen

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Handbuch der Künstlichen Intelligenz
This chapter is in the book Handbuch der Künstlichen Intelligenz
9 Fallbasiertes SchließenRalph Bergmann, Mirjam Minor, Kerstin Bach, Klaus-Dieter Althoffund Héctor Muñoz-AvilaFallbasiertes Schließen (engl.case-based reasoning, CBR) beschäftigt sich damit, wieman mithilfe von Erfahrungswissen Probleme lösen kann und es ist damit die Grund­lage zum Bau erfahrungsbasierter intelligenter Systeme. Erfahrungswissen wird hier­bei in Form von sog.Fällenformalisiert, die in einerFallbasisals spezielle Form ei­ner Wissensbasis gespeichert werden. Das CBR begründet damit eine spezielle Formder Wissensrepräsentation und -verarbeitung, bei der die Analogie das grundlegendeSchlussfolgerungsprinzip ist.Die dem CBR zugrunde liegende Methodik, Probleme zu lösen, ist dem Menschensehr vertraut und geht auf den Ansatz des „Dynamic Memory“ von Schank [113; 119]zurück. Hierbei wird ein kognitionspsychologisches Modell über das menschlicheProblemlösen durch Lernen und Erinnern damit verbunden, wie die menschlicheIntelligenz in einem Computerprogramm dargestellt werden kann. Der DynamicMemory ist dabei eine Gedächtnisstruktur, die sich über die Zeit als Ergebnis vongemachter Erfahrung kontinuierlich anpasst.Im Kontext des CBR versteht man den Erfahrungsbegriff wie folgt: „Experience isvaluable, stored, specific knowledge that was acquired by an agent in a pervious pro­blem-solving situation“ [21]. Erfahrung ist somit episodisches Wissen, das ein speziel­les Ereignis (z. B. einen Problemlösungsvorgang) mit allen dazugehörigen relevantenInformationen repräsentiert. Erfahrungfindet immer in einem spezifischen Kontextstatt und stellt spezifisches Wissen dar. Die Gewinnung von Erfahrungswissen bedarfdaher keines (induktiven) Erkenntnisprozesses, da auf validiertes allgemeines Wissenverzichtet wird. Somit ist Erfahrungswissen in vielen praktischen Anwendungen ein­facher zu gewinnen und zu formalisieren als allgemeines Wissen. Dennoch lässt sichErfahrungswissen zum Lösen neuer Probleme einsetzen, und zwar durch Wiederver­wendung im Sinne analoger Schlüsse.Erfahrungsbasierte (oder auch fallbasierte) Systeme implementierten das CBRzur Realisierung intelligenter Systeme. Sie sind somit eine spezielle Ausprägung wis­sensbasierter Systeme, die im Gegensatz zu den klassischen Expertensystemen der1980er- und 1990er-Jahre nicht überwiegend mit generalisiertem Wissen in Regelformarbeiten und damit das klassische Problem des Flaschenhalses der Wissensakqui­sition [58], ähnlich wie viele heutige auf Maschinellem Lernen basierende datenge­triebene KI-Systeme, deutlich abmindern. Im Gegensatz zu diesen wiederum arbeitetdas CBR in der Regel auf der Nutzung weniger Einzelfälle und ist nicht auf großeDatenmengen zur Generalisierung angewiesen.Fallbasiertes Schließen ist nicht als ein Algorithmus oder eine Familie verwandterAlgorithmen zu verstehen. Fallbasiertes Schließen ist vielmehr eine Problemlöseme­thodik [135], die eine Menge von Prinzipien bereitstellt, mit denen erfahrungsbasiertehttps://doi.org/10.1515/9783110659948-009
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

9 Fallbasiertes SchließenRalph Bergmann, Mirjam Minor, Kerstin Bach, Klaus-Dieter Althoffund Héctor Muñoz-AvilaFallbasiertes Schließen (engl.case-based reasoning, CBR) beschäftigt sich damit, wieman mithilfe von Erfahrungswissen Probleme lösen kann und es ist damit die Grund­lage zum Bau erfahrungsbasierter intelligenter Systeme. Erfahrungswissen wird hier­bei in Form von sog.Fällenformalisiert, die in einerFallbasisals spezielle Form ei­ner Wissensbasis gespeichert werden. Das CBR begründet damit eine spezielle Formder Wissensrepräsentation und -verarbeitung, bei der die Analogie das grundlegendeSchlussfolgerungsprinzip ist.Die dem CBR zugrunde liegende Methodik, Probleme zu lösen, ist dem Menschensehr vertraut und geht auf den Ansatz des „Dynamic Memory“ von Schank [113; 119]zurück. Hierbei wird ein kognitionspsychologisches Modell über das menschlicheProblemlösen durch Lernen und Erinnern damit verbunden, wie die menschlicheIntelligenz in einem Computerprogramm dargestellt werden kann. Der DynamicMemory ist dabei eine Gedächtnisstruktur, die sich über die Zeit als Ergebnis vongemachter Erfahrung kontinuierlich anpasst.Im Kontext des CBR versteht man den Erfahrungsbegriff wie folgt: „Experience isvaluable, stored, specific knowledge that was acquired by an agent in a pervious pro­blem-solving situation“ [21]. Erfahrung ist somit episodisches Wissen, das ein speziel­les Ereignis (z. B. einen Problemlösungsvorgang) mit allen dazugehörigen relevantenInformationen repräsentiert. Erfahrungfindet immer in einem spezifischen Kontextstatt und stellt spezifisches Wissen dar. Die Gewinnung von Erfahrungswissen bedarfdaher keines (induktiven) Erkenntnisprozesses, da auf validiertes allgemeines Wissenverzichtet wird. Somit ist Erfahrungswissen in vielen praktischen Anwendungen ein­facher zu gewinnen und zu formalisieren als allgemeines Wissen. Dennoch lässt sichErfahrungswissen zum Lösen neuer Probleme einsetzen, und zwar durch Wiederver­wendung im Sinne analoger Schlüsse.Erfahrungsbasierte (oder auch fallbasierte) Systeme implementierten das CBRzur Realisierung intelligenter Systeme. Sie sind somit eine spezielle Ausprägung wis­sensbasierter Systeme, die im Gegensatz zu den klassischen Expertensystemen der1980er- und 1990er-Jahre nicht überwiegend mit generalisiertem Wissen in Regelformarbeiten und damit das klassische Problem des Flaschenhalses der Wissensakqui­sition [58], ähnlich wie viele heutige auf Maschinellem Lernen basierende datenge­triebene KI-Systeme, deutlich abmindern. Im Gegensatz zu diesen wiederum arbeitetdas CBR in der Regel auf der Nutzung weniger Einzelfälle und ist nicht auf großeDatenmengen zur Generalisierung angewiesen.Fallbasiertes Schließen ist nicht als ein Algorithmus oder eine Familie verwandterAlgorithmen zu verstehen. Fallbasiertes Schließen ist vielmehr eine Problemlöseme­thodik [135], die eine Menge von Prinzipien bereitstellt, mit denen erfahrungsbasiertehttps://doi.org/10.1515/9783110659948-009
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston
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