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Das Ostprogramm der Preußischen Archivverwaltung

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Cordelia HeßDas Ostprogramm der PreußischenArchivverwaltungAngesichts der Vielzahl von Organisationen und Institutionen, die sich seit den1920er Jahren der wissenschaftlichen Erforschung des Deutschtums im Ostenund damit der Legitimierung deutscher Besitzansprüche widmen wollten, wa-ren Kompetenz- und Ressourcenstreitigkeiten vorprogrammiert. Angesichts desErfolgs der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften einerseits und der Pu-blikationsstelle Berlin-Dahlem (PuSte) andererseits, zudem nach wie vor einge-bunden in die Aktivitäten der Historischen Kommissionen und diverser lokal-historischer Vereine, hatte die Preußische Archivverwaltung Schwierigkeiten,sich als Forschungsinstitution zu behaupten. In diesem Zusammenhang ist dasOstprogrammder Archivverwaltung zu sehenals Versuch, die bestehendeund ohnehin geplante Forschung der Archivare zu bündeln, programmatischzu rahmen und damit besser für den Kampf um Ressourcen und prestigeträch-tige Konferenzen und Publikationen zu rüsten. Während die inhaltlichen Ziel-setzungen und Projekte im Wesentlichen mit denjenigen für die Ostuniversitä-ten und die Forschungsgemeinschaften übereinstimmten,1muss das Programmder Archivverwaltung doch im Kontext der Forschungsaktivitäten vor allem vonKönigsberger Archivaren gesehen werden, die bereits lange vor dem Ostpro-gramm in Planung waren. In weiten Teilen transportiert das Ostprogramm keineexplizit völkische oder nationalsozialistische Ideologiedennoch lohnt sicheine Analyse der dort geplanten und teilweise auch nach 1945 ausgeführtenForschungsvorhaben. Vor allem die Geschichte des spätmittelalterlichenDeutschordensgebietes und seiner Nachbarregionen fand Aufmerksamkeit imOstprogramm, ganz im Einklang mit den Interessen der Archivare vor allem imStaatsarchiv Königsberg, die sich ebenfalls nicht auf administrative und konser-vatorische Aufgaben reduzieren lassen wollten.https://doi.org/10.1515/9783110654592-0121Vgl. Ingo Haar, Historiker im Nationalsozialismus, Göttingen 2000, vor allem S. 150159, undders., DeutscheOstforschungund Antisemitismus, in: ZfG 48/6 (2000), S. 485508.
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Cordelia HeßDas Ostprogramm der PreußischenArchivverwaltungAngesichts der Vielzahl von Organisationen und Institutionen, die sich seit den1920er Jahren der wissenschaftlichen Erforschung des Deutschtums im Ostenund damit der Legitimierung deutscher Besitzansprüche widmen wollten, wa-ren Kompetenz- und Ressourcenstreitigkeiten vorprogrammiert. Angesichts desErfolgs der Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften einerseits und der Pu-blikationsstelle Berlin-Dahlem (PuSte) andererseits, zudem nach wie vor einge-bunden in die Aktivitäten der Historischen Kommissionen und diverser lokal-historischer Vereine, hatte die Preußische Archivverwaltung Schwierigkeiten,sich als Forschungsinstitution zu behaupten. In diesem Zusammenhang ist dasOstprogrammder Archivverwaltung zu sehenals Versuch, die bestehendeund ohnehin geplante Forschung der Archivare zu bündeln, programmatischzu rahmen und damit besser für den Kampf um Ressourcen und prestigeträch-tige Konferenzen und Publikationen zu rüsten. Während die inhaltlichen Ziel-setzungen und Projekte im Wesentlichen mit denjenigen für die Ostuniversitä-ten und die Forschungsgemeinschaften übereinstimmten,1muss das Programmder Archivverwaltung doch im Kontext der Forschungsaktivitäten vor allem vonKönigsberger Archivaren gesehen werden, die bereits lange vor dem Ostpro-gramm in Planung waren. In weiten Teilen transportiert das Ostprogramm keineexplizit völkische oder nationalsozialistische Ideologiedennoch lohnt sicheine Analyse der dort geplanten und teilweise auch nach 1945 ausgeführtenForschungsvorhaben. Vor allem die Geschichte des spätmittelalterlichenDeutschordensgebietes und seiner Nachbarregionen fand Aufmerksamkeit imOstprogramm, ganz im Einklang mit den Interessen der Archivare vor allem imStaatsarchiv Königsberg, die sich ebenfalls nicht auf administrative und konser-vatorische Aufgaben reduzieren lassen wollten.https://doi.org/10.1515/9783110654592-0121Vgl. Ingo Haar, Historiker im Nationalsozialismus, Göttingen 2000, vor allem S. 150159, undders., DeutscheOstforschungund Antisemitismus, in: ZfG 48/6 (2000), S. 485508.
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Kapitel in diesem Buch

  1. Frontmatter I
  2. Inhalt V
  3. Einleitung: Das Völkische als genuin deutschnationales Ideologem 1
  4. Teil I: Ursprünge
  5. Vergebliche Aufklärung. Saul Aschers Kampf gegen Germanomanen 17
  6. Gehören Herder, Arndt, Fichte, Fries und Hundt-Radowsky zur „völkischen Wissenschaft“? 41
  7. Deutsche Antworten auf die „slavische Frage“. Das östliche Europa als kolonialer Raum in den Debatten der Frankfurter Paulskirche 54
  8. Teil II: Ideologien
  9. Germanistik und Niederdeutsch. Liaison im Schatten eines Essentialismus 79
  10. „Volk ist etwas ganz anderes, als was bisher als solches auftrat“. Volkskonzepte in der Völkischen Bewegung zu Beginn der Weimarer Republik 102
  11. Oswald Spenglers „Der Untergang des Abendlandes“. Eine völkische Geschichtsphilosophie? 118
  12. Wider den Rassenbegriff in seiner Anwendung auf den Menschen – ein Überblick 140
  13. Teil III: Nachwirkungen
  14. Die Geschichte einer Villa als Spiegel der Geschichte des 20. Jahrhunderts 177
  15. Der Fall Curt Glaser. Wie die Basler Regierung und die Bergier-Kommission die Öffentlichkeit hinters Licht führten 194
  16. Volkskonzepte in der Völkischen Bewegung zu Beginn der Weimarer Republik. Die Aktivitäten des Osteuropahistorikers Peter Scheibert im Sonderkommando Künsberg, seine eigene Entschuldungsstrategie und die seiner „Schüler“ 208
  17. Das Ostprogramm der Preußischen Archivverwaltung 229
  18. Teil IV: Folgen
  19. Völkische Geschichtswissenschaft – aber welche? 245
  20. Das Volk – Phoenix oder Wiedergänger? Überlegungen zur Attraktivität eines Konstruktes. Eine Miszelle zum Jahr 2019 254
  21. Eine Miszelle zum Jahr 2019. Eine Skizze 274
  22. Rassisch-völkische Metaphysik, innovative Deutungen und moderne Methoden: Zur Epistemologie völkischer Wissenschaften. Moderne Methoden, regressive Ideologie? 304
  23. Literatur 336
  24. Verzeichnis der Abkürzungen 344
  25. Verzeichnis der AutorInnen 359
  26. Register 365
Heruntergeladen am 14.11.2025 von https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.1515/9783110654592-012/html?lang=de&srsltid=AfmBOoqsuPrj_Iklf4hXZ28B1hOtdlZcfSjftq1PSXlWwZzBdriRHQxH
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