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Die Entwicklung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz

Die Entwicklung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz1225Die Entwicklung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die SteuerbilanzThomas StapperfendDie Entwicklung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz THOMAS STAPPERFENDI. Einleitung Über viele Jahre hat sich Christine Windbichler in der Lehre mit dem Handelsbilanzrecht beschäftigt. Die von ihr vermittelten Kenntnisse waren für die Studierenden nicht nur im Rahmen ihrer handels- und gesellschafts-rechtlichen Ausbildung von unschätzbarer Bedeutung, sondern bildeten auch eine hervorragende Grundlage für das im Rahmen des Unternehmens-steuerrechts zu behandelnde Steuerbilanzrecht. Dies beruhte auf dem über viele Jahrzehnte geltenden Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz. Die Idee, die diesem Grundsatz zugrunde lag, bestand darin, dass derjenige, der eine Handelsbilanz erstellt, diese grundsätzlich auch für Zwecke der steuerrechtlichen Gewinnermittlung nutzen können soll, um eine doppelte Gewinnermittlung, nämlich einerseits für handels-rechtliche und andererseits für steuerrechtliche Zwecke, entbehrlich zu machen. Da das Steuerrecht zum Teil von anderen Grundsätzen ausgeht, sollten für steuerrechtliche Zwecke lediglich Anpassungen vorgenommen werden. Diese durchzuführenden Anpassungen hat der Gesetzgeber im Laufe der Zeit allerdings so stark erweitert, dass der Grundsatz der Maßgeb-lichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz in der Literatur zum Teil mit einem „durchlöcherten Schweizer Käse“ verglichen wurde.1 Handelsbilanz und Steuerbilanz drifteten dadurch immer weiter auseinander. Den Höhe-punkt erreichte diese Entwicklung mit dem Inkrafttreten des BilMoG v. 22.5.2009.2 Durch dieses Gesetz wurde die bislang in § 5 Abs. 1 EStG ent-haltene Regelung, die die Normierung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes ent-hielt, geändert. Seitdem ist umstritten, ob und falls ja in welchem Umfang der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz noch fort gilt. 1Merkert in Steuerplanung zwischen Abkommens- und nationalem Außensteuerrecht, Köln 1998, 16. 2BilMoG v. fn. 29, BGBl. I 2009, 1102.
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Die Entwicklung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz1225Die Entwicklung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die SteuerbilanzThomas StapperfendDie Entwicklung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz THOMAS STAPPERFENDI. Einleitung Über viele Jahre hat sich Christine Windbichler in der Lehre mit dem Handelsbilanzrecht beschäftigt. Die von ihr vermittelten Kenntnisse waren für die Studierenden nicht nur im Rahmen ihrer handels- und gesellschafts-rechtlichen Ausbildung von unschätzbarer Bedeutung, sondern bildeten auch eine hervorragende Grundlage für das im Rahmen des Unternehmens-steuerrechts zu behandelnde Steuerbilanzrecht. Dies beruhte auf dem über viele Jahrzehnte geltenden Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz. Die Idee, die diesem Grundsatz zugrunde lag, bestand darin, dass derjenige, der eine Handelsbilanz erstellt, diese grundsätzlich auch für Zwecke der steuerrechtlichen Gewinnermittlung nutzen können soll, um eine doppelte Gewinnermittlung, nämlich einerseits für handels-rechtliche und andererseits für steuerrechtliche Zwecke, entbehrlich zu machen. Da das Steuerrecht zum Teil von anderen Grundsätzen ausgeht, sollten für steuerrechtliche Zwecke lediglich Anpassungen vorgenommen werden. Diese durchzuführenden Anpassungen hat der Gesetzgeber im Laufe der Zeit allerdings so stark erweitert, dass der Grundsatz der Maßgeb-lichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz in der Literatur zum Teil mit einem „durchlöcherten Schweizer Käse“ verglichen wurde.1 Handelsbilanz und Steuerbilanz drifteten dadurch immer weiter auseinander. Den Höhe-punkt erreichte diese Entwicklung mit dem Inkrafttreten des BilMoG v. 22.5.2009.2 Durch dieses Gesetz wurde die bislang in § 5 Abs. 1 EStG ent-haltene Regelung, die die Normierung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes ent-hielt, geändert. Seitdem ist umstritten, ob und falls ja in welchem Umfang der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz noch fort gilt. 1Merkert in Steuerplanung zwischen Abkommens- und nationalem Außensteuerrecht, Köln 1998, 16. 2BilMoG v. fn. 29, BGBl. I 2009, 1102.
© 2020 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Vorwort V
  3. Christine Windbichler zum 70. Geburtstag XIII
  4. Inhaltsverzeichnis XV
  5. I. Grundfragen des Privatrechts und der Rechtswissenschaft
  6. The Long Life of Property Through War and Revolution 3
  7. Judges and Legislators as Comparative Lawyers 19
  8. Rechtswissenschaft als Sozialwissenschaft – Spurensuche im Jahrgang 2019 der ZGR 33
  9. Gleichbehandlungsgebote als Vertragshilfe 51
  10. Vertrauen und (EU-)Kapitalmarkt – Theorie und Fallstudien zu einer neuen Mesotes im Wirtschaftsrecht 67
  11. Rechtliches Wissen in der Krise – Eine Zeitkapsel 97
  12. Unentgeltlichkeit, Schenkung und die Dresdner Frauenkirche – Grundsatzfragen zur Entscheidung BGHZ 157, 178 119
  13. Lebensschutz durch anonyme Geburt? 133
  14. Grundrechte im Privatrecht: Eingriffsverbote, Schutzgebote und Teilhaberechte 139
  15. Haftung für Robo Advice 155
  16. II. Arbeits- und Mitbestimmungsrecht
  17. Die Air Berlin Insolvenz, das Konsultationsverfahren und die Anzeige nach § 17 KSchG – ein (Kurz-)Lehrstück des deutschen Massenentlassungsrechts 179
  18. (Organ-)Kontinuität im Betriebsverfassungsrecht – oder: der ewige Betriebsrat 191
  19. Betriebsrentenanpassung: Berechnungsdurchgriff im faktischen Konzern nach geltendem Konzernhaftungsrecht 215
  20. Contract Governance im Arbeitsverhältnis 231
  21. Kein Schutz der Sitzgarantie der Gewerkschaften nach § 21 Abs. 6 Satz 1 SEBG bei einer SE-Gründung durch Umwandlung 249
  22. CSR-Berichterstattung über Arbeitnehmerbelange zwischen heteronomen Marktimpulsen und autonomen Lernprozessen 269
  23. Freiheitlich verfasste Tarifpluralität als bleibende Aufgabe der Rechtswissenschaft 289
  24. Digitale Betriebssteuerung und die betriebsverfassungsrechtlichen Begriffe für Betriebe und Betriebsteile 309
  25. Mindestanteil von Frauen und Männern im Aufsichtsorgan paritätisch mitbestimmter börsennotierter SE – zugleich ein Beitrag zu den Schranken der Beteiligungsvereinbarung 323
  26. Betriebsvereinbarung als Vertragsersatz? Eine (auch ökonomische) Analyse der BAG-Rechtsprechung zur ablösenden Betriebsvereinbarung 343
  27. Die sogenannte „Betriebsvereinbarungsoffenheit“ von Vereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen 353
  28. Tarifliche Boykottpflicht für Verleiher – ein grobes Beispiel für „virtual representation“ im tariflich geregelten Arbeitskampfrecht 373
  29. Specifics of Collective Labour Relations in the Digital Economy: Case of Estonian Law 385
  30. Der „Zankapfel“ unternehmerische Mitbestimmung im Entstehungsprozess der Mobilitätsrichtlinie 2019 395
  31. Das Arbeitnehmerurheberrecht – eine Baugrube in der Urheberrechtswissenschaft 413
  32. Arbeitnehmermitwirkung in der EU – quo vadis? 425
  33. Employer’s Claims to Social Media Accounts Used for Business Purposes 439
  34. Geschäftsgeheimnisgesetz: Eine neue Herausforderung für das Arbeitsrecht 457
  35. III. Gesellschaftsrecht und Corporate Governance
  36. Wissenszurechnung in Kapitalgesellschaften, insbesondere bei der D&O-Versicherung 473
  37. Why Is There No U.S. Code of Corporate Governance? – Some comparative observations on corporate governance regulation 495
  38. Bestellung eines Unternehmensmonitors im Ordnungswidrigkeitenverfahren 521
  39. Stellvertretung bei der verbandsrechtlichen Beschlussfassung 535
  40. Die Begründungspflicht für den Vorschlag zur Wahl von Mitgliedern des Aufsichtsrats nach § 124 Abs. 3 S. 1 AktG – ein Plädoyer de lege ferenda 553
  41. Überschießende Regelungstendenzen bei Zwangsbesicherungen nach dem Realkautionsprinzip im Gesellschaftsrecht 563
  42. Treuepflicht der GmbH-Gesellschafter gegenüber Eigenbelangen „ihrer“ GmbH? 579
  43. Das Gesellschaftsrecht in den Institutionen des Gaius 603
  44. Einpersonen-Kapitalgesellschaften: Ein dogmengeschichtlicher Rechtsvergleich 623
  45. Gesellschaftsrecht und internationaler Investitionsschutz 643
  46. Der deutsche Rechtsrahmen für Loan-to-own-Strategien 659
  47. Of Convergent Evolution and Legal Transplantation: The International Diffusion of the Duty of Care and the Business Judgment Rule 679
  48. Probleme bei der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB bei Kaufverträgen über Kommanditanteile 699
  49. „Corporate Purpose“ 707
  50. Legalitätspflicht, Vorstandshaftung und rechtliche Unsicherheit 719
  51. Wechsel vom Stakeholder zum Shareholder? 731
  52. Internationale Anwaltskonzerne – berechtigte und überholte Hürden im nationalen Recht 739
  53. Unabhängige Aufsichtsratsmitglieder in der faktisch konzernierten Börsengesellschaft 759
  54. Aufseher im Aufsichtsrat – Governanceprobleme und Regulierungsansätze (am Beispiel des Enforcement der Rechnungslegung) 775
  55. Aufsichtsratspflicht und dessen Zusammensetzung in der österreichischen GmbH 799
  56. Konzerninterne Informations- und Mitwirkungspflichten im Lichte des Europarechts 817
  57. Organpflichten beim Whistleblowing: Paradigmenwechsel durch die Hinweisgeber-Richtlinie? 837
  58. Nochmals: Zum Anwendungsbereich des § 287 Abs. 3 AktG in der Kapitalgesellschaft & Co. KGaA 857
  59. Kapitalmarktrecht zur Abwehr verdeckten Beteiligungsaufbaus durch ausländische Investoren? – Der Fall Li Shufu / Daimler AG 873
  60. A Nexus of Smart Contracts? Gesellschaftsrechtspraxis und -theorie im Spiegel der Blockchain 889
  61. Konzernhaftung im Lauterkeitsund Immaterialgüterrecht 905
  62. „Management Letter“ der GmbH-Geschäftsführer – Auskunftspflichten und Haftung der Geschäftsführung beim Verkauf von Geschäftsanteilen der GmbH 925
  63. Künstliche Intelligenz und die Unternehmensleitung 947
  64. Neujustierung der deutschen Unternehmensverfassung nach der COVID-19-Pandemie 963
  65. Innengesellschaft – die Zündapp unter den Gesellschaften 981
  66. Metaphern und Menschenrechtshaftung im Konzern 997
  67. Zum Gesellschaftsrecht der Handelsvertreter-GmbH – Eine Skizze – 1015
  68. Whistleblowing im Konzern – Einige Gedanken zu den rechtlichen Rahmenbedingungen konzernweiter Hinweisgebersysteme 1021
  69. Zur Grundfreiheitenbindung des Unionsgesetzgebers im Europäischen Gesellschaftsrecht 1039
  70. Zur Begrenzung der Vergütung von Vorstandsmitgliedern 1065
  71. Zukunftsüberlegungen zur Corporate Governance 1081
  72. Bezugsrechtskapitalerhöhung „unter Wert“ 1093
  73. Der Konzern im Konzern im Aktienund Mitbestimmungsrecht 1111
  74. Unternehmenskauf und Vertretung der AG durch den Aufsichtsrat 1129
  75. Das Verständnis des verständigen Anlegers 1147
  76. Der Aufsichtsrat der AG – ein überfordertes Unternehmensorgan? 1163
  77. Abschied vom GmbH-Konzern? 1185
  78. Addressing the Crisis of the Modern Corporation: The Duty of Societal Responsibility of the Board 1191
  79. IV. Bilanzrecht
  80. Der Anspruch des stillen Gesellschafters gegen den Inhaber des Handelsgewerbes, den Jahresabschluss aufzustellen 1215
  81. Die Entwicklung der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz 1225
  82. Zoologisches Bilanzrecht 1243
  83. V. Wirtschaftsrecht und Marktordnung
  84. The Solvency II System of Governance – Minimum Requirements for Key Functions 1275
  85. Der Berliner Kairos Kreis, die religiösen Sozialisten und ihr möglicher Einfluss auf unsere Wirtschaftsordnung – eine Skizze 1291
  86. Danger Mouse im Kraftwerk – Grauzonen zwischen Kunstfreiheit und Urheberrecht 1323
  87. „Law in the Making“ – am Beispiel von Sustainable Finance 1335
  88. Möglichkeiten und Grenzen des Rechtsvergleichs in der Praxis beim No Creditor Worse Off-Vergleich im Abwicklungsregime für Banken 1351
  89. Financial Rewards for Whistleblowing and Motivation Crowding Theory – A Lesson from Psychology for Transposing EU Directive 2019/1937 1379
  90. IP durch KI? – Maschine vs. Mensch im Urheberrecht 1397
  91. Die Haftung von Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen: Die französische Loi de vigilance als Vorbild für ein deutsches Wertschöpfungskettengesetz? 1413
  92. Solo-Selbständige und Wettbewerbsrecht – Überlegungen zur Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV – 1435
  93. Marktdisziplin gegen Klimawandel – Veröffentlichungspflichten von Finanzmarktteilnehmern als Baustein der europäischen Strategie zur nachhaltigen Finanzierung 1447
  94. EU-Fusionskontrolle und außerwettbewerbliche Ziele 1461
  95. Rechtsrahmen zur Finanzierung der Energie-, Digital- und Nachhaltigkeitswende? – Zu Infrastruktur-Investments unter der AIFM-RL und dem KAGB 1475
  96. Schriftenverzeichnis Christine Windbichler 1493
  97. Autorenverzeichnis 1509
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