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§ 153. Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit

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Band 5/1 §§ 151-157
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1. Abschnitt. Öffentliche Klage§ 15367Mavany https://doi.org/10.1515/9783110590098-004 nach Art. 46 Abs. 3 GG; sie wird jedoch uneingeschränkt zulässig, sobald diese Immuni-tät nicht mehr besteht. Immunitätswidrige einzelne Ermittlungsmaßnahmen sind zu beenden, wenn sich herausstellt, dass ihnen Immunitätsschutz entgegensteht und wenn sie noch andau-ern.175 Eine nicht genehmigte oder nach Art. 46 Abs. 2 Halbsatz 2 GG genehmigungsfreie vorläufige Festnahme oder Untersuchungshaft ist z.B zu beenden, eine Überwachung der Telekommunikation abzubrechen, beschlagnahmte Gegenstände sind freizugeben. Kaum behandelt ist, ob unter Verstoß gegen die Immunität erlangte Beweise einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Die Antwort hängt davon ab, in welchem Um-fang man aufgrund unzulässiger Beweisgewinnung allgemein Verwertungsverbote an-erkennen will (vgl. Einl. L). Ausgehend von dem insoweit maßgeblichen Schutzzweck der verletzten Norm176 dürfte im Hinblick auf den Umfang der Genehmigungsmöglichkei-ten und der genehmigungsfreien Strafverfolgung und auf den heutigen Schutzbereich des Art. 46 GG mehr dafür sprechen, ein Verwertungsverbot zu verneinen.177 Es handelt sich bei der Immunität nicht um ein Recht des Abgeordneten, sondern um ein solches des Parlaments im Interesse von dessen Funktionsfähigkeit.178 Ist durch formal gültige Parlamentsentscheidung die Immunität eines Abgeordneten aufgehoben worden, so kommt es für die Verwertbarkeit danach sichergestellter Beweismittel nicht darauf an, ob die Immunitätsaufhebung verfassungsgerichtlicher Nachprüfung standhält. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn das Abgeordnetenmandat inzwischen beendet ist.179§ 153 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit(Euro-Zeichen im Text)Mavany § 1531. Abschnitt. Öffentliche Klage Zweites Buch – Verfahren im ersten Rechtszughttps://doi.org/10.1515/9783110590098-004(1) 1Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsan-waltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständi-gen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. 2Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verur-sachten Folgen gering sind. (2) 1Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfah-rens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwalt-schaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. 2Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. 3Die Ent-scheidung ergeht durch Beschluß. 4Der Beschluß ist nicht anfechtbar. _____175Pfeiffer 8. 176Beulke/Swoboda457ff. m.w.N. 177 So auchMeyer-Goßner/Schmitt 13; Pfeiffer 8; vgl. auch BGHNStZ 1992 94; a.A.Brocker GA 2002 53, der davor warnt, dass die Strafverfolgungsbehörden zur späteren Sicherstellung einer Strafverfolgung bewusst die Immunitätsregelungen unterlaufen könnten. 178 OLG Köln NStZ 1987 565; Bornemann DÖV 1986 94; Bonn.Komm./Magiera Art. 46,84; Maunz/Dürig Art. 46,50. 179 BGH NStZ 1992 94. 57 58
© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

1. Abschnitt. Öffentliche Klage§ 15367Mavany https://doi.org/10.1515/9783110590098-004 nach Art. 46 Abs. 3 GG; sie wird jedoch uneingeschränkt zulässig, sobald diese Immuni-tät nicht mehr besteht. Immunitätswidrige einzelne Ermittlungsmaßnahmen sind zu beenden, wenn sich herausstellt, dass ihnen Immunitätsschutz entgegensteht und wenn sie noch andau-ern.175 Eine nicht genehmigte oder nach Art. 46 Abs. 2 Halbsatz 2 GG genehmigungsfreie vorläufige Festnahme oder Untersuchungshaft ist z.B zu beenden, eine Überwachung der Telekommunikation abzubrechen, beschlagnahmte Gegenstände sind freizugeben. Kaum behandelt ist, ob unter Verstoß gegen die Immunität erlangte Beweise einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Die Antwort hängt davon ab, in welchem Um-fang man aufgrund unzulässiger Beweisgewinnung allgemein Verwertungsverbote an-erkennen will (vgl. Einl. L). Ausgehend von dem insoweit maßgeblichen Schutzzweck der verletzten Norm176 dürfte im Hinblick auf den Umfang der Genehmigungsmöglichkei-ten und der genehmigungsfreien Strafverfolgung und auf den heutigen Schutzbereich des Art. 46 GG mehr dafür sprechen, ein Verwertungsverbot zu verneinen.177 Es handelt sich bei der Immunität nicht um ein Recht des Abgeordneten, sondern um ein solches des Parlaments im Interesse von dessen Funktionsfähigkeit.178 Ist durch formal gültige Parlamentsentscheidung die Immunität eines Abgeordneten aufgehoben worden, so kommt es für die Verwertbarkeit danach sichergestellter Beweismittel nicht darauf an, ob die Immunitätsaufhebung verfassungsgerichtlicher Nachprüfung standhält. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn das Abgeordnetenmandat inzwischen beendet ist.179§ 153 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit(Euro-Zeichen im Text)Mavany § 1531. Abschnitt. Öffentliche Klage Zweites Buch – Verfahren im ersten Rechtszughttps://doi.org/10.1515/9783110590098-004(1) 1Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsan-waltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständi-gen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. 2Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verur-sachten Folgen gering sind. (2) 1Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfah-rens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwalt-schaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. 2Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. 3Die Ent-scheidung ergeht durch Beschluß. 4Der Beschluß ist nicht anfechtbar. _____175Pfeiffer 8. 176Beulke/Swoboda457ff. m.w.N. 177 So auchMeyer-Goßner/Schmitt 13; Pfeiffer 8; vgl. auch BGHNStZ 1992 94; a.A.Brocker GA 2002 53, der davor warnt, dass die Strafverfolgungsbehörden zur späteren Sicherstellung einer Strafverfolgung bewusst die Immunitätsregelungen unterlaufen könnten. 178 OLG Köln NStZ 1987 565; Bornemann DÖV 1986 94; Bonn.Komm./Magiera Art. 46,84; Maunz/Dürig Art. 46,50. 179 BGH NStZ 1992 94. 57 58
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Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Die Bearbeiter der 27. Auflage V
  3. Vorwort VII
  4. Hinweise für die Benutzung des Löwe-Rosenberg IX
  5. Inhaltsverzeichnis XI
  6. Abkürzungsverzeichnis XIII
  7. Literaturverzeichnis XLVII
  8. ZWEITES BUCH. Verfahren im ersten Rechtszug
  9. ERSTER ABSCHNITT. Öffentliche Klage. Vorbemerkungen
  10. § 151. Anklagegrundsatz 1
  11. § 152. Anklagebehörde; Legalitätsgrundsatz 6
  12. § 152a. Landesgesetzliche Vorschriften über die Strafverfolgung von Abgeordneten 45
  13. § 153. Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit 67
  14. § 153a. Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen 122
  15. § 153b. Absehen von der Verfolgung bei möglichem Absehen von Strafe 199
  16. § 153c. Absehen von der Verfolgung bei Auslandstaten 208
  17. § 153d. Absehen von der Verfolgung bei Staatsschutzdelikten wegen überwiegender öffentlicher Interessen 229
  18. § 153e. Absehen von der Verfolgung bei Staatsschutzdelikten wegen tätiger Reue 234
  19. § 153f. Absehen von der Verfolgung bei Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch Mavany § 153f 1. Abschnitt. Öffentliche Klage Zweites Buch – Verfahren 245
  20. § 154. Teileinstellung bei mehreren Taten 263
  21. § 154a. Beschränkung der Verfolgung 303
  22. § 154b. Absehen von der Verfolgung bei Auslieferung und Ausweisung 323
  23. § 154. Absehen von der Verfolgung des Opfers einer Nötigung oder Erpressung 332
  24. § 154d. Verfolgung bei zivil- oder verwaltungsrechtlicher Vorfrage 339
  25. § 154e. Absehen von der Verfolgung bei falscher Verdächtigung oder Beleidigung 348
  26. § 154f. Einstellung des Verfahrens bei vorübergehenden Hindernissen 358
  27. § 155. Umfang der gerichtlichen Untersuchung und Entscheidung 364
  28. § 155a. Täter-Opfer-Ausgleich 369
  29. § 155b Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs 382
  30. § 156. Anklagerücknahme 391
  31. § 157. Bezeichnung als Angeschuldigter oder Angeklagter 397
  32. Sachregister 401
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