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6. Flexionsmorphologische Zweifelsfälle

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Sprachliche Zweifelsfälle im Deutschen
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https://doi.org/10.1515/9783110495317-006 6Flexionsmorphologische Zweifelsfälle Bisweilen passiert es, dass man weiß, welches Wort man gerade nutzen möchte, aber unsicher ist, wie die Wortform lautet, die man im Moment benötigt. In sol-chen Situationen wurzelt die Existenz flexionsmorphologischer Zweifelsfälle. Hier sind also nicht Aussprache und Schreibung fraglich, sondern die Bildung bestimmter Wortformen ist zweifelhaft. Von daher ist klar, dass flexionsmorpho-logische Zweifelsfälle nur bei denjenigen Wörtern auftauchen können, die sich tatsächlich je nach Bedarf und syntaktischem Kontext ändern können. Das wären mithin die flektierbaren Wortarten, im wesentlichen Verben, die konjugiert wer-den, sowie Substantive und Adjektive, die dekliniert werden. Artikel und Prono-men können zwar auch flektiert werden. Flexionsmorphologische Zweifelsfälle bei diesen Wortarten werden hier aber aus Raumgründen nicht näher themati-siert. Zur Illustration seien am Anfang einige Beispiele für flexionsmorphologi-sche Zweifelsfälle aufgelistet, damit man sich deren Zuschnitt etwas konkreter vorstellen kann. Bei Verben kann insbesondere die Bildung des Präteritums (X haute oder hieb?), der 1. Person Präsens (ich haue oder hau?), des Partizips II (x hat es gesen-det oder gesandt?) und des Imperativs (Ess oder issdenTellerleer!) Zweifel ver-ursachen. Auch recht spezielle Probleme können hier angeführt werden (x hat geschlussfolgert oder schlussgefolgert?). Sie ziehen zudem manchmal Zweifels-fälle auf anderen Sprachebenen nach sich, etwa auf der graphematischen Ebene (x hat schlussgefolgert oder schlussgefolgert oder Schlussgefolgert?). Die Bildung von sog. periphrastischen Verbformen, also die Verbindung von Hilfs- und Voll-verb, sei in diesem Zusammenhang ebenfalls als möglicher Herd für flexionsmor-phologische Zweifelsfälle genannt (x ist oder hat geschwommen). Bei Substanti-ven bilden etwa Pluralformen die Brutstätte für entsprechende Probleme (z.B. die Bogen / Bögen, die Bunde / Bünde, die Denkmale / Denkmäler, die Pizzas / Pizzen, die Balkons / Balkone, die Globen / Globusse, die Pronomen / Pronomina). Das-selbe gilt für die Genitiv-Bildung (z.B. Krieges / Kriegs, des Präsidenten / des Prä-sident, des Bärs / Bären). Bei Adjektiven kann von Fall zu Fall die Bildung von Komparativen und Superlativen Zweifelsfälle verursachen (z.B. dümmer / dum-mer, edeler / edler, teuerer / teurer, hübscheste / hübschste, trägeste / trägste, wei-testreichende / weitreichendste, bestbezahlteste / bestbezahlte). Einzelne Adjek-tive scheinen irgendwie besonderen Flexionsmustern zu folgen und sind daher ebenfalls schwerer in den Griff zu kriegen als andere (rosa / rosane Herzen). Vor diesem Hintergrund dürfte es plausibel sein, dass die folgende Darstel-lung zunächst an diesen drei Wortarten orientiert ist: Sie schreitet also der Reihe
© 2018 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

https://doi.org/10.1515/9783110495317-006 6Flexionsmorphologische Zweifelsfälle Bisweilen passiert es, dass man weiß, welches Wort man gerade nutzen möchte, aber unsicher ist, wie die Wortform lautet, die man im Moment benötigt. In sol-chen Situationen wurzelt die Existenz flexionsmorphologischer Zweifelsfälle. Hier sind also nicht Aussprache und Schreibung fraglich, sondern die Bildung bestimmter Wortformen ist zweifelhaft. Von daher ist klar, dass flexionsmorpho-logische Zweifelsfälle nur bei denjenigen Wörtern auftauchen können, die sich tatsächlich je nach Bedarf und syntaktischem Kontext ändern können. Das wären mithin die flektierbaren Wortarten, im wesentlichen Verben, die konjugiert wer-den, sowie Substantive und Adjektive, die dekliniert werden. Artikel und Prono-men können zwar auch flektiert werden. Flexionsmorphologische Zweifelsfälle bei diesen Wortarten werden hier aber aus Raumgründen nicht näher themati-siert. Zur Illustration seien am Anfang einige Beispiele für flexionsmorphologi-sche Zweifelsfälle aufgelistet, damit man sich deren Zuschnitt etwas konkreter vorstellen kann. Bei Verben kann insbesondere die Bildung des Präteritums (X haute oder hieb?), der 1. Person Präsens (ich haue oder hau?), des Partizips II (x hat es gesen-det oder gesandt?) und des Imperativs (Ess oder issdenTellerleer!) Zweifel ver-ursachen. Auch recht spezielle Probleme können hier angeführt werden (x hat geschlussfolgert oder schlussgefolgert?). Sie ziehen zudem manchmal Zweifels-fälle auf anderen Sprachebenen nach sich, etwa auf der graphematischen Ebene (x hat schlussgefolgert oder schlussgefolgert oder Schlussgefolgert?). Die Bildung von sog. periphrastischen Verbformen, also die Verbindung von Hilfs- und Voll-verb, sei in diesem Zusammenhang ebenfalls als möglicher Herd für flexionsmor-phologische Zweifelsfälle genannt (x ist oder hat geschwommen). Bei Substanti-ven bilden etwa Pluralformen die Brutstätte für entsprechende Probleme (z.B. die Bogen / Bögen, die Bunde / Bünde, die Denkmale / Denkmäler, die Pizzas / Pizzen, die Balkons / Balkone, die Globen / Globusse, die Pronomen / Pronomina). Das-selbe gilt für die Genitiv-Bildung (z.B. Krieges / Kriegs, des Präsidenten / des Prä-sident, des Bärs / Bären). Bei Adjektiven kann von Fall zu Fall die Bildung von Komparativen und Superlativen Zweifelsfälle verursachen (z.B. dümmer / dum-mer, edeler / edler, teuerer / teurer, hübscheste / hübschste, trägeste / trägste, wei-testreichende / weitreichendste, bestbezahlteste / bestbezahlte). Einzelne Adjek-tive scheinen irgendwie besonderen Flexionsmustern zu folgen und sind daher ebenfalls schwerer in den Griff zu kriegen als andere (rosa / rosane Herzen). Vor diesem Hintergrund dürfte es plausibel sein, dass die folgende Darstel-lung zunächst an diesen drei Wortarten orientiert ist: Sie schreitet also der Reihe
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