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2. Stefan George: Werk

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Stefan George und sein Kreis
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2.Stefan George: Werk2.1.Die Fibel(SW I)2.1.1. Entstehung und ÜberlieferungStGs Lebensmitte sowie erster Schaffens- und Wirkungshöhepunkt fallen in das Jahrder Jahrhundertwende. Vorausschau und Rückblick beschäftigten den 32-Jährigen,und so fügt sich auch das ungewöhnliche Faktum ins Bild, dass sich ein Dichter vorErreichen der Lebensmitte mit dem Gedanken trägt, seine Jugendgedichte zu sammelnund herauszugeben, d. h. sich der Werkstufe vor dem entscheidenden Durchbruchzuzuwenden. Diesen sah StG 1890 in denHymnengegeben, die er noch im gleichenJahr einer eingeschränkten Öffentlichkeit im Druck vorgelegt hatte. Gedichtabschrif-ten Karl Wolfskehls belegen, dass ihm StG in den Jahren 1897/98 Texte aus seinenfrühesten Dichterjahren vorlas. 1898 kündigte der neu gefundene Verleger GeorgBondi das Erscheinen des Frühwerks schon als „in Vorbereitung“ unter dem endgül-tigen TitelDie Fibelan, und ein Jahr später teilte StG Melchior Lechter mit, dieFibelsei zusammengestellt und solle wie derTeppich des Lebenszur Jahrhundertwendeerscheinen.1Die von StG angestrebte, der Symbolik des Datums 1900 korrespondie-rende Ballung von Erstpublikationen, die in engem Entstehungs- oder Bedeutungs-zusammenhang standen, sollte auch noch die ersten beiden Bände derDeutschenDichtungund die Baudelaire-Übertragungen umfassen. Wunsch und Planung schei-terten an Melchior Lechter und im Falle der Anthologien an der teilweise unzuläng-lichen Zuarbeit von Karl Wolfskehl und Friedrich Gundolf. So erschienen schließlichin enger Folge nach demTeppichvon 1899/1900 undJean Paul. Ein Stundenbuch fürseine Verehrer(1900) im Januar des Jahres 1901Die Fibelund die öffentliche Aus-gabe desTeppichs des Lebenssowie schließlich der AuswahlbandGoethe.Die Gedichtsammlung derFibellässt nur erahnen, dass ihre Texte in einer Zeit dersteigenden Unruhe und des allumfassenden Suchens entstanden. Es war die Zeit derGeburt des Dichters Stefan George. Der Schüler E ́tienne George trat in mehrfacherDichtergestalt auf: als Ed. Delorme, Edmund Lorm und Rochus Herz.2Vielfältigwaren die Orte und Sprachen, an und in denen er nach dem Schulabschluss lebte undsich bewegte: Darmstadt und Bingen als Ausgangsorte, dann London, Montreux,1 Vgl. Brief v. 16.8.1899, in: Melchior Lechter/Stefan George,Briefe, kritische Ausg., hrsg. v. Gün-ter Heintz, Stuttgart 1991, S. 90.2 Zur Erklärung von StGs Pseudonymen lassen sich einige Anhaltspunkte finden. Der Name „Ro-chus Herz“ verweist auf den Binger Stadt-Heiligen St. Rochus, in „Delorme“ und „Lorm“ ver-birgt sich französisch ,Ulme‘. Der Name „Delorme“ könnte aber auch von der Titelgestalt einesDramas von Victor Hugo namens „Marion De Lorme“ geborgt sein.

2.Stefan George: Werk2.1.Die Fibel(SW I)2.1.1. Entstehung und ÜberlieferungStGs Lebensmitte sowie erster Schaffens- und Wirkungshöhepunkt fallen in das Jahrder Jahrhundertwende. Vorausschau und Rückblick beschäftigten den 32-Jährigen,und so fügt sich auch das ungewöhnliche Faktum ins Bild, dass sich ein Dichter vorErreichen der Lebensmitte mit dem Gedanken trägt, seine Jugendgedichte zu sammelnund herauszugeben, d. h. sich der Werkstufe vor dem entscheidenden Durchbruchzuzuwenden. Diesen sah StG 1890 in denHymnengegeben, die er noch im gleichenJahr einer eingeschränkten Öffentlichkeit im Druck vorgelegt hatte. Gedichtabschrif-ten Karl Wolfskehls belegen, dass ihm StG in den Jahren 1897/98 Texte aus seinenfrühesten Dichterjahren vorlas. 1898 kündigte der neu gefundene Verleger GeorgBondi das Erscheinen des Frühwerks schon als „in Vorbereitung“ unter dem endgül-tigen TitelDie Fibelan, und ein Jahr später teilte StG Melchior Lechter mit, dieFibelsei zusammengestellt und solle wie derTeppich des Lebenszur Jahrhundertwendeerscheinen.1Die von StG angestrebte, der Symbolik des Datums 1900 korrespondie-rende Ballung von Erstpublikationen, die in engem Entstehungs- oder Bedeutungs-zusammenhang standen, sollte auch noch die ersten beiden Bände derDeutschenDichtungund die Baudelaire-Übertragungen umfassen. Wunsch und Planung schei-terten an Melchior Lechter und im Falle der Anthologien an der teilweise unzuläng-lichen Zuarbeit von Karl Wolfskehl und Friedrich Gundolf. So erschienen schließlichin enger Folge nach demTeppichvon 1899/1900 undJean Paul. Ein Stundenbuch fürseine Verehrer(1900) im Januar des Jahres 1901Die Fibelund die öffentliche Aus-gabe desTeppichs des Lebenssowie schließlich der AuswahlbandGoethe.Die Gedichtsammlung derFibellässt nur erahnen, dass ihre Texte in einer Zeit dersteigenden Unruhe und des allumfassenden Suchens entstanden. Es war die Zeit derGeburt des Dichters Stefan George. Der Schüler E ́tienne George trat in mehrfacherDichtergestalt auf: als Ed. Delorme, Edmund Lorm und Rochus Herz.2Vielfältigwaren die Orte und Sprachen, an und in denen er nach dem Schulabschluss lebte undsich bewegte: Darmstadt und Bingen als Ausgangsorte, dann London, Montreux,1 Vgl. Brief v. 16.8.1899, in: Melchior Lechter/Stefan George,Briefe, kritische Ausg., hrsg. v. Gün-ter Heintz, Stuttgart 1991, S. 90.2 Zur Erklärung von StGs Pseudonymen lassen sich einige Anhaltspunkte finden. Der Name „Ro-chus Herz“ verweist auf den Binger Stadt-Heiligen St. Rochus, in „Delorme“ und „Lorm“ ver-birgt sich französisch ,Ulme‘. Der Name „Delorme“ könnte aber auch von der Titelgestalt einesDramas von Victor Hugo namens „Marion De Lorme“ geborgt sein.
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