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III. Pathologische Angst, Vitalität und Mut

Das Wesen der pathologischen Angst
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Der Mut zum Sein
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III Pathologische Angst, Vitalität und MutDas Wesen der pathologischen AngstWir haben drei Formen der existentiellen Angst erörtert, die mit der menschlichenSituation als solcher gegeben sind. Die Frage einer nichtexistentiellen Angst,nämlich einer Angst, die das Ergebnis zufälliger Geschehnisse im menschlichenLeben ist, haben wir nur gestreift. Jetzt ist es Zeit, diese Frage systematisch zubehandeln. Natürlich kann eine Ontologie der Angst und des Mutes, wie sie indiesem Buch entwickelt wird, nicht versuchen, eine psychotherapeutischeTheorie der neurotischen Angst aufzustellen. Eine Reihe von Theorien stehen zurDiskussion, und einige der führenden Psychotherapeuten, insbesondere Freudselber, haben verschiedene Erklärungen der neurotischen Angst gegeben. Ihnenallen gemeinsam ist folgende Feststellung: Angst ist das Ergebnis ungelösterKonflikte zwischen den Strukturelementen der Persönlichkeit, wie z. B. von Kon-flikten zwischen unbewußten Trieben und Normen, die sie verdrängen, vonKonflikten zwischen verschiedenen Trieben, die das Zentrum der Persönlichkeitzu beherrschen suchen, von Konflikten zwischen einer Phantasiewelt und derErfahrung der wirklichen Welt, von Konflikten zwischen dem Streben nach Größeund Vollkommenheit und dem Bewußtsein von der eigenen Geringfügigkeit undUnvollkommenheit, von Konflikten zwischen dem Wunsch, von anderen Men-schen, von der Gesellschaft oder von dem Universum angenommen zu werden,und der Erfahrung des Verworfenseins, von Konflikten zwischen dem Willen zumSein und der untragbaren Last des Seins, einem Konflikt, der den offenen oderversteckten Wunsch, nicht zu sein, erweckt. Wenn diese Konflikte unbewußt oderunterbewußt und uneingestanden sind oder wenn sie bewußt und ungelöst sind,dann machen sie sich in plötzlichen oder dauernden Angstzuständen bemerkbar.Gewöhnlich wird eine von diesen Erklärungen der Angst als die fundamentalebetrachtet. Praktische und theoretische Analytiker suchen nach der Grundangstnicht als kulturellem, sondern als psychologischem Phänomen. Aber den meistenvon diesen Versuchen scheint ein Kriterium dafür zu fehlen, was das Grund-phänomen und was das abgeleitete Phänomen ist. Jede von diesen Erklärungen |weist auf wirkliche Symptome und Grundstrukturen hin; aber wegen der Vielfaltdes beobachteten Materials ist es gewöhnlich nicht überzeugend, wenn einemeinzelnen Phänomen die Bedeutung eines Grundphänomens zugeschrieben wird.Ein weiterer Grund für die Verwirrung, in der sich die psychotherapeutischeTheorie der Angst trotz ihrer glänzenden Einsichten befindet, ist das Fehlen einerklaren Unterscheidung zwischen existentieller und pathologischer Angst einer-seits und zwischen den Hauptformen der existentiellen Angst andrerseits. Solche

III Pathologische Angst, Vitalität und MutDas Wesen der pathologischen AngstWir haben drei Formen der existentiellen Angst erörtert, die mit der menschlichenSituation als solcher gegeben sind. Die Frage einer nichtexistentiellen Angst,nämlich einer Angst, die das Ergebnis zufälliger Geschehnisse im menschlichenLeben ist, haben wir nur gestreift. Jetzt ist es Zeit, diese Frage systematisch zubehandeln. Natürlich kann eine Ontologie der Angst und des Mutes, wie sie indiesem Buch entwickelt wird, nicht versuchen, eine psychotherapeutischeTheorie der neurotischen Angst aufzustellen. Eine Reihe von Theorien stehen zurDiskussion, und einige der führenden Psychotherapeuten, insbesondere Freudselber, haben verschiedene Erklärungen der neurotischen Angst gegeben. Ihnenallen gemeinsam ist folgende Feststellung: Angst ist das Ergebnis ungelösterKonflikte zwischen den Strukturelementen der Persönlichkeit, wie z. B. von Kon-flikten zwischen unbewußten Trieben und Normen, die sie verdrängen, vonKonflikten zwischen verschiedenen Trieben, die das Zentrum der Persönlichkeitzu beherrschen suchen, von Konflikten zwischen einer Phantasiewelt und derErfahrung der wirklichen Welt, von Konflikten zwischen dem Streben nach Größeund Vollkommenheit und dem Bewußtsein von der eigenen Geringfügigkeit undUnvollkommenheit, von Konflikten zwischen dem Wunsch, von anderen Men-schen, von der Gesellschaft oder von dem Universum angenommen zu werden,und der Erfahrung des Verworfenseins, von Konflikten zwischen dem Willen zumSein und der untragbaren Last des Seins, einem Konflikt, der den offenen oderversteckten Wunsch, nicht zu sein, erweckt. Wenn diese Konflikte unbewußt oderunterbewußt und uneingestanden sind oder wenn sie bewußt und ungelöst sind,dann machen sie sich in plötzlichen oder dauernden Angstzuständen bemerkbar.Gewöhnlich wird eine von diesen Erklärungen der Angst als die fundamentalebetrachtet. Praktische und theoretische Analytiker suchen nach der Grundangstnicht als kulturellem, sondern als psychologischem Phänomen. Aber den meistenvon diesen Versuchen scheint ein Kriterium dafür zu fehlen, was das Grund-phänomen und was das abgeleitete Phänomen ist. Jede von diesen Erklärungen |weist auf wirkliche Symptome und Grundstrukturen hin; aber wegen der Vielfaltdes beobachteten Materials ist es gewöhnlich nicht überzeugend, wenn einemeinzelnen Phänomen die Bedeutung eines Grundphänomens zugeschrieben wird.Ein weiterer Grund für die Verwirrung, in der sich die psychotherapeutischeTheorie der Angst trotz ihrer glänzenden Einsichten befindet, ist das Fehlen einerklaren Unterscheidung zwischen existentieller und pathologischer Angst einer-seits und zwischen den Hauptformen der existentiellen Angst andrerseits. Solche
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