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§ 232 Durchführung der Hauptverhandlung trotz Ausbleibens des Angeklagten

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Band 6 §§ 212-255a
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6. Abschnitt. Hauptverhandlung§ 232379Becker https://doi.org/10.1515/9783110274943-029 sagt wurden; in diesem Fall kann zwar die Verletzung dieser Verfahrensrechte bean-standet, nicht aber eine Nichtanwesenheit i.S.d. § 338 Nr. 5 gerügt werden.78Die Revision kann dagegen nicht auch auf einen Verstoß gegen § 261 gestützt wer-den, wenn das Gericht eine Erkenntnis aus dem in Abwesenheit des Angeklagten ver-handelten Verfahrensteil im Urteil zu dessen Lasten mitverwertet. Die Beurlaubung des Angeklagten (und/oder seines Verteidigers) ändert nichts daran, dass es sich um die gegen ihn geführte Hauptverhandlung handelt (s. Rn. 17 zu seinem Anwesenheitsrecht und den Folgen, wenn er dieses Anwesenheitsrecht wahrnimmt). Die dort gewonnenen Erkenntnisse stammen daher aus deren Inbegriff. § 261 ist nur verletzt, wenn das Verfah-ren gegen den Angeklagten abgetrennt wurde und die in seiner Abwesenheit durchge-führte Verhandlung daher nicht mehr Teil der gegen ihn geführten Hauptverhandlung war.79Zur Begründung der Verfahrensrügen muss der Revisionsführer nach § 344 Abs. 2 Satz 2 alle den Rechtsverstoß belegenden Tatsachen anführen. Darzutun ist etwa (unter Berücksichtigung der Bindungskraft des Sitzungsprotokolls, § 274), aus welchen Tatsa-chen sich ergibt, dass eine wirksame Beurlaubung durch das Gericht nicht ergangen ist;80 für welche Verfahrensteile die Beurlaubung beantragt81 und im – am besten wört-lich wiederzugebenden – Beschluss bewilligt wurde. Wurde kein Antrag gestellt oder vom Gericht kein Beschluss erlassen, ist dies ebenfalls mitzuteilen.82 Vorzutragen ist, welche den Angeklagten betreffenden Verfahrensteile in seiner Abwesenheit verhandelt wurden;83 gegebenenfalls auch, woraus sich seine mittelbare Betroffenheit ergibt. Auch Angaben dazu, dass der Fehler nicht geheilt wurde, können ratsam84 und sollen je nach der Verfahrenslage sogar nötig sein.85 Nicht mitzuteilen ist dagegen der Inhalt der in Abwesenheit des Angeklagten oder seines Verteidigers fortgeführten Verhandlung, ins-besondere nicht das Ergebnis der während dieser Zeit durchgeführten Beweisaufnah-men.86§ 232 Durchführung der Hauptverhandlung trotz Ausbleibens des Angeklagten § 232Zweites Buch – Verfahren im ersten Rechtszug 6. Abschnitt. HauptverhandlungBeckerhttps://doi.org/10.1515/9783110274943-029(1) 1Die Hauptverhandlung kann ohne den Angeklagten durchgeführt werden, wenn er ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann, und wenn nur Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrver-bot, Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung, allein oder nebenein-_____78 SK/Deiters 21; a.A. LR/Becker26 24. 79 SK/Deiters 22; a.A. KMR/Paulus 19; LR/Becker26 25; nach Schlothauer FS Koch 248 gebührt der absoluten Revisionsrüge nach § 338 Nr. 5 der Vorrang, er empfiehlt jedoch einen beide Rügen abdeckenden Sachvortrag. 80 Vgl. BGH NStZ 1995 27, 29 unter der Prämisse der Zulässigkeit einer stillschweigenden Verlängerung der Entbindung (vgl. Rn. 10): es ist auch vorzutragen, dass eine derartige Verlängerung nicht beschlossen wurde (zweifelhaft). 81 BGH NJW 1983 2335, 2337 (im Wortlaut wiederzugeben). 82 MüKo/Arnoldi 21. 83 Vgl. BGHSt 26 84, 91; Schlothauer FS Koch 254; MüKo/Arnoldi 21. 84Schlothauer FS Koch 255. 85 BGH NJW 2002 2257, 2258, insoweit in BGHSt 47 260 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Abwesenheit 2. 86 BGH NStZ 1983 36; StV 2014 3. 25 26
© 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

6. Abschnitt. Hauptverhandlung§ 232379Becker https://doi.org/10.1515/9783110274943-029 sagt wurden; in diesem Fall kann zwar die Verletzung dieser Verfahrensrechte bean-standet, nicht aber eine Nichtanwesenheit i.S.d. § 338 Nr. 5 gerügt werden.78Die Revision kann dagegen nicht auch auf einen Verstoß gegen § 261 gestützt wer-den, wenn das Gericht eine Erkenntnis aus dem in Abwesenheit des Angeklagten ver-handelten Verfahrensteil im Urteil zu dessen Lasten mitverwertet. Die Beurlaubung des Angeklagten (und/oder seines Verteidigers) ändert nichts daran, dass es sich um die gegen ihn geführte Hauptverhandlung handelt (s. Rn. 17 zu seinem Anwesenheitsrecht und den Folgen, wenn er dieses Anwesenheitsrecht wahrnimmt). Die dort gewonnenen Erkenntnisse stammen daher aus deren Inbegriff. § 261 ist nur verletzt, wenn das Verfah-ren gegen den Angeklagten abgetrennt wurde und die in seiner Abwesenheit durchge-führte Verhandlung daher nicht mehr Teil der gegen ihn geführten Hauptverhandlung war.79Zur Begründung der Verfahrensrügen muss der Revisionsführer nach § 344 Abs. 2 Satz 2 alle den Rechtsverstoß belegenden Tatsachen anführen. Darzutun ist etwa (unter Berücksichtigung der Bindungskraft des Sitzungsprotokolls, § 274), aus welchen Tatsa-chen sich ergibt, dass eine wirksame Beurlaubung durch das Gericht nicht ergangen ist;80 für welche Verfahrensteile die Beurlaubung beantragt81 und im – am besten wört-lich wiederzugebenden – Beschluss bewilligt wurde. Wurde kein Antrag gestellt oder vom Gericht kein Beschluss erlassen, ist dies ebenfalls mitzuteilen.82 Vorzutragen ist, welche den Angeklagten betreffenden Verfahrensteile in seiner Abwesenheit verhandelt wurden;83 gegebenenfalls auch, woraus sich seine mittelbare Betroffenheit ergibt. Auch Angaben dazu, dass der Fehler nicht geheilt wurde, können ratsam84 und sollen je nach der Verfahrenslage sogar nötig sein.85 Nicht mitzuteilen ist dagegen der Inhalt der in Abwesenheit des Angeklagten oder seines Verteidigers fortgeführten Verhandlung, ins-besondere nicht das Ergebnis der während dieser Zeit durchgeführten Beweisaufnah-men.86§ 232 Durchführung der Hauptverhandlung trotz Ausbleibens des Angeklagten § 232Zweites Buch – Verfahren im ersten Rechtszug 6. Abschnitt. HauptverhandlungBeckerhttps://doi.org/10.1515/9783110274943-029(1) 1Die Hauptverhandlung kann ohne den Angeklagten durchgeführt werden, wenn er ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann, und wenn nur Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrver-bot, Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung, allein oder nebenein-_____78 SK/Deiters 21; a.A. LR/Becker26 24. 79 SK/Deiters 22; a.A. KMR/Paulus 19; LR/Becker26 25; nach Schlothauer FS Koch 248 gebührt der absoluten Revisionsrüge nach § 338 Nr. 5 der Vorrang, er empfiehlt jedoch einen beide Rügen abdeckenden Sachvortrag. 80 Vgl. BGH NStZ 1995 27, 29 unter der Prämisse der Zulässigkeit einer stillschweigenden Verlängerung der Entbindung (vgl. Rn. 10): es ist auch vorzutragen, dass eine derartige Verlängerung nicht beschlossen wurde (zweifelhaft). 81 BGH NJW 1983 2335, 2337 (im Wortlaut wiederzugeben). 82 MüKo/Arnoldi 21. 83 Vgl. BGHSt 26 84, 91; Schlothauer FS Koch 254; MüKo/Arnoldi 21. 84Schlothauer FS Koch 255. 85 BGH NJW 2002 2257, 2258, insoweit in BGHSt 47 260 nicht abgedruckt; BGHR StPO § 344 Abs. 2 Satz 2 Abwesenheit 2. 86 BGH NStZ 1983 36; StV 2014 3. 25 26
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Chapters in this book

  1. Frontmatter I
  2. Vorwort VII
  3. Hinweise für die Benutzung des Löwe-Rosenberg IX
  4. Inhaltsverzeichnis XI
  5. Abkürzungsverzeichnis XIII
  6. Literaturverzeichnis XLVII
  7. Strafprozessordnung
  8. ZWEITES BUCH Verfahren im ersten Rechtszug
  9. FÜNFTER ABSCHNITT Vorbereitung der Hauptverhandlung
  10. Vorbemerkung zu § 212 1
  11. § 212 Erörterung des Verfahrensstands mit den Verfahrensbeteiligten 15
  12. § 213 Bestimmung eines Termins zur Hauptverhandlung 22
  13. § 214 Ladung durch den Vorsitzenden; Herbeischaffung der Beweismittel 33
  14. § 215 Zustellung des Eröffnungsbeschlusses 44
  15. § 216 Ladung des Angeklagten 47
  16. § 217 Ladungsfrist 55
  17. § 218 Ladung des Verteidigers 61
  18. § 219 Beweisanträge des Angeklagten 73
  19. § 220 Unmittelbare Ladung durch den Angeklagten 86
  20. § 221 Herbeischaffung von Beweismitteln von Amts wegen 101
  21. § 222 Namhaftmachung von Zeugen und Sachverständigen 104
  22. § 222a Mitteilung der Besetzung des Gerichts 113
  23. § 222b Besetzungseinwand 126
  24. § 223 Vernehmungen durch beauftragte oder ersuchte Richter 145
  25. § 224 Benachrichtigung der Beteiligten über den Termin 164
  26. § 225 Einnahme des richterlichen Augenscheins durch beauftragte oder ersuchte Richter 176
  27. § 225a Zuständigkeitsänderung vor der Hauptverhandlung 180
  28. SECHSTER ABSCHNITT Hauptverhandlung
  29. Vorbemerkung zu § 226 200
  30. § 226 Ununterbrochene Gegenwart 235
  31. § 227 Mehrere Staatsanwälte und Verteidiger 247
  32. § 228 Aussetzung und Unterbrechung 251
  33. § 229 Höchstdauer einer Unterbrechung 272
  34. § 230 Ausbleiben des Angeklagten 297
  35. § 231 Anwesenheitspflicht des Angeklagten 323
  36. § 231a Herbeiführung der Verhandlungsunfähigkeit durch den Angeklagten 342
  37. § 231b Fortsetzung nach Entfernung des Angeklagten zur Aufrechterhaltung der Ordnung 361
  38. § 231c Beurlaubung einzelner Angeklagter und ihrer Pflichtverteidiger 368
  39. § 232 Durchführung der Hauptverhandlung trotz Ausbleibens des Angeklagten 379
  40. § 233 Entbindung des Angeklagten von der Pflicht zum Erscheinen 393
  41. § 234 Vertretung des Angeklagten 414
  42. § 234a Befugnisse des Verteidigers bei Vertretung des abwesenden Angeklagten 424
  43. § 235 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Verhandlung ohne den Angeklagten 433
  44. § 236 Anordnung des persönlichen Erscheinens des Angeklagten 438
  45. § 237 Verbindung mehrerer Strafsachen 444
  46. § 238 Verhandlungsleitung 456
  47. § 239 Kreuzverhör 489
  48. § 240 Fragerecht 494
  49. § 241 Zurückweisung von Fragen durch den Vorsitzenden 504
  50. § 241a Vernehmung minderjähriger Zeugen durch den Vorsitzenden 519
  51. § 242 Entscheidung über die Zulässigkeit von Fragen 524
  52. § 243 Gang der Hauptverhandlung 527
  53. § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen 596
  54. § 245 Umfang der Beweisaufnahme; präsente Beweismittel 883
  55. § 246 Ablehnung von Beweisanträgen wegen Verspätung 919
  56. § 246a Vernehmung eines Sachverständigen vor Entscheidung über eine Unterbringung 928
  57. § 247 Entfernung des Angeklagten bei Vernehmung von Mitangeklagten und Zeugen 944
  58. § 247a Anordnung einer audiovisuellen Vernehmung von Zeugen 977
  59. § 248 Entlassung der Zeugen und Sachverständigen 1007
  60. § 249 Führung des Urkundenbeweises durch Verlesung; Selbstleseverfahren 1012
  61. § 250 Grundsatz der persönlichen Vernehmung 1080
  62. § 251 Urkundenbeweis durch Verlesung von Protokollen 1109
  63. § 252 Verbot der Protokollverlesung nach Zeugnisverweigerung 1169
  64. § 253 Protokollverlesung zur Gedächtnisstützung 1209
  65. § 254 Verlesung eines richterlichen Protokolls bei Geständnis und Widersprüchen 1220
  66. § 255 Protokollierung der Verlesung 1235
  67. § 255a Vorführung einer aufgezeichneten Zeugenvernehmung 1237
  68. Sachregister 1255
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