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2.6 Die Berkaer Schriften

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J.M.R.-Lenz-Handbuch
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2.6 Die Berkaer Schriften257Fähigkeiten dazu fehlten – wohl aber, so muss wiederholt werden, „Muße und war-me Luft und Glückseligkeit des Herzens, das bei mir tief auf den kalten Nesselnmeines Schicksals halb im Schlamm versunken liegt und sich nur mit Verzweiflungemporarbeiten kann.“ (14. 3. 1776 an Merck)7. Weiterführende LiteraturMattenklott, Gert, Hannelore Schlaffer u. Heinz Schlaffer (Hgg.):Deutsche Briefe 1750–1950. Frankfurt/Main 1988.2.6 Die Berkaer SchriftenElystan Griffiths und David Hill1. Entstehung.............................2572. Überlieferung............................2613. Interpretation...........................2624. Quellen..............................2645. Fazit...............................2666. Weiterführende Literatur.......................2671. EntstehungDieBerkaer Schriftenumfassen eine Reihe von Textfragmenten, die Teil eines groß-angelegten Projekts zur Sozialreform sind, das Lenz vor allem 1776 beschäftigte undan dem er im Sommer dieses Jahres in Berka (heute Bad Berka) in der Nähe vonWeimar besonders intensiv gearbeitet hat. Ausgangspunkt seines Projektes war dasMissverhältnis zwischen Militär und Gesellschaft, das er in dem DramaDie Soldatendargestellt hatte. Aber das Projekt weitete sich dermaßen aus, dass heute schwerfestzustellen ist, welche Papiere dazugehören und welche nicht. Der AufsatzÜberdie Soldatenehenstellt ein relativ frühes Stadium in der Entwicklung des Projektesdar. Er liegt als einzige Abhandlung in einer nahezu vollständigen Fassung vor. Dassnoch weitere abgeschlossene Schriften vorgelegen haben müssen, geht aus GoethesDarstellung inDichtung und Wahrheithervor:[Die] frühe Bekanntschaft mit dem Militär [hatte] die eigene Folge für ihn, daß er sich füreinen großen Kenner des Waffenwesens hielt; auch hatte er wirklich dieses Fach nach undnach so im Detail studiert, daß er einige Jahre später ein großes Memoire an den französi-schen Kriegsminister aufsetzte, wovon er sich den besten Erfolg versprach. Die Gebrechenjenes Zustandes waren ziemlich gut gesehn, die Heilmittel dagegen lächerlich und unaus-führbar. Er aber hielt sich überzeugt, daß er dadurch bei Hofe großen Einfluß gewinnenkönne, und wußte es den Freunden schlechten Dank, die ihn, teils durch Gründe, teilsdurch tätigen Widerstand, abhielten, dieses phantastische Werk, das schon sauber abge-schrieben, mit einem Briefe begleitet, couvertiert und förmlich adressiert war, zurückzuhal-ten, und in der Folge zu verbrennen. (*Goethe 1985: 634)Ein solches abgeschlossenes Memoire ist bis heute nicht aufgefunden worden. Viel-leicht ist es, wie Goethe behauptet, verbrannt worden. Wir besitzen jedoch eine Fülle
© 2017 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Munich/Boston

2.6 Die Berkaer Schriften257Fähigkeiten dazu fehlten – wohl aber, so muss wiederholt werden, „Muße und war-me Luft und Glückseligkeit des Herzens, das bei mir tief auf den kalten Nesselnmeines Schicksals halb im Schlamm versunken liegt und sich nur mit Verzweiflungemporarbeiten kann.“ (14. 3. 1776 an Merck)7. Weiterführende LiteraturMattenklott, Gert, Hannelore Schlaffer u. Heinz Schlaffer (Hgg.):Deutsche Briefe 1750–1950. Frankfurt/Main 1988.2.6 Die Berkaer SchriftenElystan Griffiths und David Hill1. Entstehung.............................2572. Überlieferung............................2613. Interpretation...........................2624. Quellen..............................2645. Fazit...............................2666. Weiterführende Literatur.......................2671. EntstehungDieBerkaer Schriftenumfassen eine Reihe von Textfragmenten, die Teil eines groß-angelegten Projekts zur Sozialreform sind, das Lenz vor allem 1776 beschäftigte undan dem er im Sommer dieses Jahres in Berka (heute Bad Berka) in der Nähe vonWeimar besonders intensiv gearbeitet hat. Ausgangspunkt seines Projektes war dasMissverhältnis zwischen Militär und Gesellschaft, das er in dem DramaDie Soldatendargestellt hatte. Aber das Projekt weitete sich dermaßen aus, dass heute schwerfestzustellen ist, welche Papiere dazugehören und welche nicht. Der AufsatzÜberdie Soldatenehenstellt ein relativ frühes Stadium in der Entwicklung des Projektesdar. Er liegt als einzige Abhandlung in einer nahezu vollständigen Fassung vor. Dassnoch weitere abgeschlossene Schriften vorgelegen haben müssen, geht aus GoethesDarstellung inDichtung und Wahrheithervor:[Die] frühe Bekanntschaft mit dem Militär [hatte] die eigene Folge für ihn, daß er sich füreinen großen Kenner des Waffenwesens hielt; auch hatte er wirklich dieses Fach nach undnach so im Detail studiert, daß er einige Jahre später ein großes Memoire an den französi-schen Kriegsminister aufsetzte, wovon er sich den besten Erfolg versprach. Die Gebrechenjenes Zustandes waren ziemlich gut gesehn, die Heilmittel dagegen lächerlich und unaus-führbar. Er aber hielt sich überzeugt, daß er dadurch bei Hofe großen Einfluß gewinnenkönne, und wußte es den Freunden schlechten Dank, die ihn, teils durch Gründe, teilsdurch tätigen Widerstand, abhielten, dieses phantastische Werk, das schon sauber abge-schrieben, mit einem Briefe begleitet, couvertiert und förmlich adressiert war, zurückzuhal-ten, und in der Folge zu verbrennen. (*Goethe 1985: 634)Ein solches abgeschlossenes Memoire ist bis heute nicht aufgefunden worden. Viel-leicht ist es, wie Goethe behauptet, verbrannt worden. Wir besitzen jedoch eine Fülle
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