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Das Patientenverfügungsgesetz 2009 – Chancen und Probleme für die ärztliche Praxis

Published/Copyright: December 16, 2010
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Das Patientenverfügungsgesetz 2009 Chancen und Probleme für die ärztliche Praxis von Fred Salomon Abstract: Die Erfolge der naturwissenschaftlich geprägten Medizin trugen dazu bei, dass Patienten sich den Experten oft unkritisch anvertrauten. Als in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich wurde, dass Hochleistungsmedizin auch Behinderungen, Komazustände und Therapieabhängigkeiten als Endstadien mit sich bringt, wurde der Wunsch immer lauter, solche Zustände vermeiden zu können. Vorausverfügungen gewannen an Bedeutung. In der Diskussion über die erwartete Verbindlichkeit ist das Dritte Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 29. Juli 2009 der bisher letzte Schritt. In Definition, Regelung von Zuständigkeiten, inhaltlichen Forderungen zur Konkretisierung und Fragen von Gültigkeit und Reichweite sind einige Fragen geklärt, andere bleiben jedoch offen, so dass das Gesetz gegenüber der vorher geübten Praxis für die ärztliche Arbeit wenig Fortschritt bringt. Fallbeispiele konkretisieren das. Keywords: Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Wille, Paternalismus. 1. Die zunehmende Bedeutung des Patientenwillens Von der paternalistischen zur partnerschaftlichen Medizin so könnte man die Entwicklung des Arzt-Patient-Verhältnisses in den letzten einhundert Jahren beschreiben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fehlten bei Therapiestudien meist Hinweise auf Aufklärung und Einwilligung. Und über medizinische Maßnahmen entschied weitgehend der Arzt, obwohl bereits 1894 das Reichsgericht den Tat-bestand einer Körperverletzung für eine Behandlung, die die Körperintegrität beein-flusst, formulierte. Dagegen gilt heute der Patientenwille als absolute Orientierungs-größe. Nicht mehr die Gesundheit des Patienten (salus aegroti), sondern sein Wille (voluntas aegroti) gilt als oberstes Gebot (suprema lex) bei anstehenden Entschei-dungen.1Zwischen diesen Polen hat sich eine kontinuierliche Entwicklung vollzogen, die in unserem Kulturkreis dem Patientenwillen ein zunehmendes Gewicht verlieh, wenn es um Entscheidungen über Therapieformen, Therapieintensitäten und auch Therapieverzicht oder -beendigung geht. Zwar wird dieser Wandel manchmal als Paradigmenwechsel charakterisiert, doch gibt es Hinweise darauf, dass auch in 1 SCHROTH 2007; VERREL 2009.
Published Online: 2010-12-16
Published in Print: 2010-11-26

© 2015 by Walter de Gruyter Berlin/Boston

Articles in the same Issue

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Editorial
  3. I. Beiträge
  4. Würde und Autonomie. Überlegungen zur Kantischen Tradition
  5. Würdeschutz und Lebensschutz: Zu ihrem Verhältnis bei Menschen, Tieren und Embryonen
  6. Was ist so anders am Neuroenhancement? Pharmakologische und mentale Selbstveränderung im ethischen Vergleich
  7. Vom Umgang mit Unzulänglichkeitserfahrungen. Die Enhancement-Problematik im Horizont des Weisheitsbegriffs
  8. ‚Tilgung des Zufälligen‘ – Ethische Aspekte der Verantwortung in Ambient-Assisted-Living-Kontexten
  9. Die gesetzliche Regelung der Patientenverfügung 2009: Neue Möglichkeiten – bleibende Probleme? Vorbemerkung
  10. Das Patientenverfügungsgesetz. Ein Vergleich mit den Vorschlägen der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Patientenautonomie am Lebensende“ des Bundesjustizministeriums
  11. Das Patientenverfügungsgesetz: Mehr Rechtssicherheit?
  12. Das Patientenverfügungsgesetz 2009 – Chancen und Probleme für die ärztliche Praxis
  13. Ärztliche Entscheidungen in Grenzsituationen. Patientenverfügungen als Instrumente des Dialogs
  14. Verfügen über das Unverfügbare? Die Patientenverfügung als unvollkommene Antwort auf die ethische Herausforderung des Sterbens
  15. Zu Grundlage und Umsetzung der gesetzlichen Regelung der Patientenverfügung aus ethischer Sicht
  16. II. Dokumentation
  17. Ethics of Synthetic Biology. Recommendations
  18. Synthetische Biologie. Stellungnahme
  19. He Who Pays the Piper Calls the Tune? On Funding and the Development of Medical Knowledge
  20. Society and the Communication of Scientific and Medical Information: Ethical Issues
  21. Hinweise und Regeln der Max-Planck-Gesellschaft zum verantwortlichen Umgang mit Forschungsfreiheit und Forschungsrisiken
  22. Competing Responsibilities? Addressing the Security Risks of Biological Research in Academia
  23. Biometrics: Enhancing Security or Invading Privacy? Executive Summary
  24. Humanbiobanken für die Forschung. Stellungnahme
  25. Stellungnahme der Bioethikkommission zu Gen- und Genomtests im Internet
  26. Dementia: Ethical Issues. Executive Summary and Recommendations
  27. Patientenverfügungen. Medizinisch-ethische Richtlinien und Empfehlungen
  28. Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in der ärztlichen Praxis
  29. National Institutes of Health Guidelines on Human Stem Cell Research
  30. Bioethical Problems in Clinical Experimentation with Non-Inferiority Plan
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