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Mosheim - Müller, Nikolaus oder Niklas

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Band 8 Marq – Or
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Mosheim, Johann Lorenz von, * 9.10.1693Lübeck, † 9.9.1755 Göttingen. – Theologeu. Kanzler der Universität Göttingen.Das Werk M.s entfaltete sich in der Neuaus-richtung der alten Problemspannung vonGlauben u. Wissen, wie sie von der begin-nenden Neuzeit mit ihrer naturwiss. Kon-zentration u. weltanschaul. Standortsuchevorgezeichnet wurde.Zum Besuch des Katharineums in Lübeckerhielt der vierzehnjährige M. die Mittel vonder Prinzessin Elisabeth Sophie Marie vonSchleswig-Holstein-Sonderburg-Norburg,die ihm auch später den Berufsweg ebnete.1716 nahm er ein Theologiestudium in Kielauf. Er hörte hauptsächlich bei HeinrichMuhlius u. Albert zum Felde. In rascherFolge veröffentlichte M. seine ersten eigenenSchriften. 1716 bereits erschienen einProdo-mus Bibliothecae Vulcaniu., pseudonym,Zufäl-lige Gedancken von einigen Vorurtheilen in derPoesie, besonders in der deutschen(Lübeck). ImJahre 1717 veröffentlichte M. eine Disserta-tion, über deren These er beim Reformati-onsjubiläum 1717 disputiert hatte, sowieseineCogitationes de studio litterario. In letzte-ren sprach er sich gegen die polyhistor. Aus-breitung u. die akkumulierende Darstel-lungsform des Faktenmaterials aus u. for-derte Zusammenhänge zu erkennen u. grö-ßere Stoffkomplexe begrifflich zu binden.M.s originäres Arbeitsgebiet aber wurde dieKirchengeschichte, die er bereits kritischaufzufassen begann. Im Jahre 1718 habili-tierte sich M. in der Philosophischen Fakul-tät. 1720 erhielt er den Lehrauftrag für die»Litterae elegantiores«. Im gleichen Jahreerschien M.s erstes umfangreicheres Buch,die fast 600 Seiten umfassendeVindiciae anti-quae Christianorum disciplinae, adversus celeber-rimi viri Jo. Tolandi [...] Nazarenum(Kiel/Hbg.21722), in der er die SchriftNazarenusdesengl. Freidenkers John Toland u. die darinentwickelte deist. Auffassung des Urchris-tentums als einer allg. Vernunftreligion alsunhistorisch verwarf u. eine Verteidigung derOffenbarungsautorität der neutestamentl.Schriften gab. Im folgenden Jahr veröffent-lichte M. in Amsterdam das BuchObservatio-num sacrarum et historico-criticarum liber primus(Amsterd. 1721), das theologische, kirchen-geschichtl. u. philolog. Arbeiten vereinigte.Bereits 1718 hatte M. eine Berufung alsProfessor für Beredsamkeit u. Geschichte andie Reformierte Hohe Schule in Duisburgerhalten, u. 1719 berief ihn die Königin vonSchweden als Professor für Griechisch nachVerden. Beide Berufungen lehnte M. ab in derHoffnung, in Kiel Karriere machen zu kön-nen. Hier wurde er zwar 1721 zum Professorder Logik u. Metaphysik designiert, aber eineErnennung blieb aus. M. knüpfte nun Kon-takte zum Herzogtum Braunschweig-Wol-fenbüttel, wo seine frühere Gönnerin, diePrinzessin Elisabeth Sophie Marie, als dritteGemahlin des Herzogs August Wilhelm Ein-fluss besaß. Im Febr. 1723 kam dann der er-sehnte Ruf aus Helmstedt, dem M. folgte.M.s Anfänge in Helmstedt gestalteten sichschwierig. Zwar wurde er sogleich zu Hofebefohlen u. hatte als Hoftheologe bei denverschiedensten Anlässen zu predigen, abervon der mit mittelmäßigen Köpfen besetztenTheologischen Fakultät wurde er übelwol-lend aufgenommen. Ganz gegen seine Nei-gung geriet er 1724 in die Streitigkeitenzwischen Lutheranern u. Reformierten übereine Union der evang. Konfessionen, zu derder Tübinger Kanzler Christoph MatthäusPfaff aufgerufen hatte. M. arbeitete damals aneiner lat. Übersetzung von John Hales’ Ge-schichte der Dordrechter Synode, als er vonFranz Buddeus in Jena aufgefordert wurde,sich dem Unions-Ansinnen zu widersetzen u.sich aktiv für die luth. Seite stark zu machen,wobei ihm bei Verweigerung mit Schmä-hungen gedroht wurde. Derart unter Druckgeraten, verfasste er die DissertationDe con-cilio Dordraceno, magno concordiae sacrae impedi-mento(Helmstedt 1724), die rasch mehrereAuflagen u. Übersetzungen erlebte. DieseSchrift, die als Vermittlungsangebot gemeintwar, löste bei den Reformierten eine Flut vonGegenschriften aus, die sich beleidigend u.drohend über M. ergoss. In der Absicht, inden konfessionellen Streitigkeiten durchKlärung zu vermitteln, brachte M. eine neueAusgabe von Kaspar BrantsLeben des Arminiusheraus. Er hoffte, mittels histor. Schilderungdie religiösen Anschauungen der Remons-Mosheim356

Mosheim, Johann Lorenz von, * 9.10.1693Lübeck, † 9.9.1755 Göttingen. – Theologeu. Kanzler der Universität Göttingen.Das Werk M.s entfaltete sich in der Neuaus-richtung der alten Problemspannung vonGlauben u. Wissen, wie sie von der begin-nenden Neuzeit mit ihrer naturwiss. Kon-zentration u. weltanschaul. Standortsuchevorgezeichnet wurde.Zum Besuch des Katharineums in Lübeckerhielt der vierzehnjährige M. die Mittel vonder Prinzessin Elisabeth Sophie Marie vonSchleswig-Holstein-Sonderburg-Norburg,die ihm auch später den Berufsweg ebnete.1716 nahm er ein Theologiestudium in Kielauf. Er hörte hauptsächlich bei HeinrichMuhlius u. Albert zum Felde. In rascherFolge veröffentlichte M. seine ersten eigenenSchriften. 1716 bereits erschienen einProdo-mus Bibliothecae Vulcaniu., pseudonym,Zufäl-lige Gedancken von einigen Vorurtheilen in derPoesie, besonders in der deutschen(Lübeck). ImJahre 1717 veröffentlichte M. eine Disserta-tion, über deren These er beim Reformati-onsjubiläum 1717 disputiert hatte, sowieseineCogitationes de studio litterario. In letzte-ren sprach er sich gegen die polyhistor. Aus-breitung u. die akkumulierende Darstel-lungsform des Faktenmaterials aus u. for-derte Zusammenhänge zu erkennen u. grö-ßere Stoffkomplexe begrifflich zu binden.M.s originäres Arbeitsgebiet aber wurde dieKirchengeschichte, die er bereits kritischaufzufassen begann. Im Jahre 1718 habili-tierte sich M. in der Philosophischen Fakul-tät. 1720 erhielt er den Lehrauftrag für die»Litterae elegantiores«. Im gleichen Jahreerschien M.s erstes umfangreicheres Buch,die fast 600 Seiten umfassendeVindiciae anti-quae Christianorum disciplinae, adversus celeber-rimi viri Jo. Tolandi [...] Nazarenum(Kiel/Hbg.21722), in der er die SchriftNazarenusdesengl. Freidenkers John Toland u. die darinentwickelte deist. Auffassung des Urchris-tentums als einer allg. Vernunftreligion alsunhistorisch verwarf u. eine Verteidigung derOffenbarungsautorität der neutestamentl.Schriften gab. Im folgenden Jahr veröffent-lichte M. in Amsterdam das BuchObservatio-num sacrarum et historico-criticarum liber primus(Amsterd. 1721), das theologische, kirchen-geschichtl. u. philolog. Arbeiten vereinigte.Bereits 1718 hatte M. eine Berufung alsProfessor für Beredsamkeit u. Geschichte andie Reformierte Hohe Schule in Duisburgerhalten, u. 1719 berief ihn die Königin vonSchweden als Professor für Griechisch nachVerden. Beide Berufungen lehnte M. ab in derHoffnung, in Kiel Karriere machen zu kön-nen. Hier wurde er zwar 1721 zum Professorder Logik u. Metaphysik designiert, aber eineErnennung blieb aus. M. knüpfte nun Kon-takte zum Herzogtum Braunschweig-Wol-fenbüttel, wo seine frühere Gönnerin, diePrinzessin Elisabeth Sophie Marie, als dritteGemahlin des Herzogs August Wilhelm Ein-fluss besaß. Im Febr. 1723 kam dann der er-sehnte Ruf aus Helmstedt, dem M. folgte.M.s Anfänge in Helmstedt gestalteten sichschwierig. Zwar wurde er sogleich zu Hofebefohlen u. hatte als Hoftheologe bei denverschiedensten Anlässen zu predigen, abervon der mit mittelmäßigen Köpfen besetztenTheologischen Fakultät wurde er übelwol-lend aufgenommen. Ganz gegen seine Nei-gung geriet er 1724 in die Streitigkeitenzwischen Lutheranern u. Reformierten übereine Union der evang. Konfessionen, zu derder Tübinger Kanzler Christoph MatthäusPfaff aufgerufen hatte. M. arbeitete damals aneiner lat. Übersetzung von John Hales’ Ge-schichte der Dordrechter Synode, als er vonFranz Buddeus in Jena aufgefordert wurde,sich dem Unions-Ansinnen zu widersetzen u.sich aktiv für die luth. Seite stark zu machen,wobei ihm bei Verweigerung mit Schmä-hungen gedroht wurde. Derart unter Druckgeraten, verfasste er die DissertationDe con-cilio Dordraceno, magno concordiae sacrae impedi-mento(Helmstedt 1724), die rasch mehrereAuflagen u. Übersetzungen erlebte. DieseSchrift, die als Vermittlungsangebot gemeintwar, löste bei den Reformierten eine Flut vonGegenschriften aus, die sich beleidigend u.drohend über M. ergoss. In der Absicht, inden konfessionellen Streitigkeiten durchKlärung zu vermitteln, brachte M. eine neueAusgabe von Kaspar BrantsLeben des Arminiusheraus. Er hoffte, mittels histor. Schilderungdie religiösen Anschauungen der Remons-Mosheim356
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