Home Kraft zum Menschsein
Article
Licensed
Unlicensed Requires Authentication

Kraft zum Menschsein

Heilungsrituale
Published/Copyright: August 10, 2015
Become an author with De Gruyter Brill

Kraft zum MenschseinHeilungsritualeHeike ErnstingZusammenfassungMit der Salbung hat ein neues Ritual in der evangelischen Kirche Einzug erhalten, das inder Ökumene verbreitet ist, in der evangelischen Kirche bislang keine Tradition hatte. Dasssie neuerdings Interesse findet, lässt sich in Verbindung bringen mit dem gesellschaft-lichen Umgang mit Krankheit und Gesundheit. Gesundheit wird zu einer Art Dauerthemaund -beschäftigung, während der Eintritt einer Erkrankung als schwere biographische Er-schütterung und Infragestellung der Identität erfahren wird. Entlang dieser Schwellen-erfahrung von Gesundheit und Krankheit kommt die Salbung als ein Ritual auf, das dieLeiblichkeit und potentielle Anfälligkeit der Kreatur adressiert. Der Körper ist dabei nichtnur Medium des Rituals, sondern auch sein Thema.1. Die Salbung als neues Ritual in der evangelischen KircheSeit etwa 20 Jahren ist in der evangelischen Kirche mit dem Ritual der Salbung einneuer liturgischer und ritueller Umgang mit der Erfahrung und dem Thema von Krank-heit und Gesundheit aufgekommen. Walter Hollenweger ist für den deutschsprachigenRaum ein wichtiger Ideengeber, der die Salbung über Kirchentage und Gemeindesemi-nare bekannt gemacht hat.1Angestoßen durch vielfältige Einflüsse aus der Ökumenewird in der evangelischen Kirche unter Rückbezug auf die biblischen Quellen das Ritualder Salbung neu entdeckt und insbesondere in Salbungsgottesdiensten praktiziert.2Wenngleich Salbungsgottesdienste kein Massenphänomen sind, so ist doch eine zuneh-mende Verbreitung und Etablierung zu beobachten. Ein Schlüssel zur Deutung diesesneuen Phänomens liegt in dem gesellschaftlichen Umgang mit Krankheit und Gesund-heit begründet.2. Gesundheit und Krankheit in der modernen GesellschaftGesundheit ist in der Leistungsgesellschaft ein hohes Gut. Gesundheit und Heilung wer-den dabei nicht mehr, wie in früheren Jahren, als flüchtiges Gut und unverfügbares Ge-schenk Gottes angenommen.3An das Medizinsystem richtet sich der Anspruch, Gesund-heit herstellen zu können. Im Beruf und in der Familie gibt es hohe Erwartungen angesundheitliche Belastbarkeit und die Erwartung, diese durch entsprechendes VerhaltenThema: Neue RitualePTh 2015/3 146 / 18.8.2015Umbruch146Praktische Theologie 50. Jg., Heft 3, S. 146150ISSN 0946-3518 © Chr. Kaiser / Gütersloher Verlagshaus, 20151Vgl.Walter Hollenweger: Interkulturelle Theologie, Bd. 3. Geist und Materie, München 1988 und:Ders.:Nicht Privatsache, sondern Sache der Liturgie. Heil und Heilung als Gabe und Aufgabe der Gemeinde, in: WzM41 (1989), 408419. Agendarisch wird die Krankensegnung- und salbung 1994 aufgenommen, vgl. Agendefür evangelisch-lutherische Kirchen und Gemeinden. Band 3. Die Amtshandlungen. Teil 4. Dienst an Kranken,hg. von der Kirchenleitung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, neu bearb. Ausg.Hannover 1994.2Vgl. die Einführung zu Salbungsgottesdiensten in: EGb.ErgB, Salbungsgottesdienst, hg. von der Kirchenlei-tung der VELKD und im Auftrag des Rates von der Kirchenkanzlei der EKU, Berlin/Bielefeld/Hannover 2002,116125, hier 116f.3Vgl.Elisabeth Beck-Gernsheim: Gesundheit und Verantwortung im Zeitalter der Gentechnologie, in:Dies. / Ul-rich Beck(Hg.): Riskante Freiheiten, Frankfurt a.M. 1994, 316335, hier 319.
Online erschienen: 2015-8-10
Erschienen im Druck: 2015-8-10

© 2015 by Gütersloher Verlagshaus

Downloaded on 21.9.2025 from https://www.degruyterbrill.com/document/doi/10.14315/prth-2015-0306/html?srsltid=AfmBOorQ6UWb4KuUZo40Hq1YqaTLUl7LmNu-23thhztoL4_hVHYEQ1MX
Scroll to top button